Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

(Beifall der Abgeordneten Christa Naaß (SPD) und Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Das zeigt mir, dass die bisherigen Bemühungen einfach nicht ausreichen, und, Frau Haderthauer, in Ihrem eigenen Bericht steht, dass die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern nicht gleichmäßig erfolgreich in allen bayerischen Dienststellen angekommen ist. Klarer kann man es doch gar nicht ausdrücken. Hier muss etwas passieren!

(Beifall bei der SPD)

In Führungspositionen gibt es im öffentlichen Dienst immer noch viel zu wenige Frauen. In der Besoldungsgruppe C 4 - ich sage das immer wieder - gibt es nur 8,5 % Frauen, in B 9 6,7 %. Sehr geehrte Frau Ministerin, hier muss sich etwas ändern!

Ich möchte noch einmal an die Diskussion in der vergangenen Woche anknüpfen. Mein Kollege Seidenath hat wie heute auch wieder erklärt, es sei doch so toll,

was in den letzten zehn Jahren, als er im öffentlichen Dienst gearbeitet hat, passiert sei. Die Quote von null ist in den Führungspositionen auf nicht einmal 10 % angestiegen. Herr Seidenath, wir wollen nicht weitere 40 Jahre warten, und es stimmt auch nicht, dass sich dieses Problem von alleine löst.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Al- bert Füracker (CSU))

Es ist richtig, der Staat stellt nach Note ein. Die Frauen haben die besseren Noten und sie werden im öffentlichen Dienst eingestellt. Das bestreite ich überhaupt nicht. Aber kaum sind sie im öffentlichen Dienst angekommen, erhalten sie die schlechteren Bewertungen. Unsere unzähligen Anfragen, die Sie vorhin nannten, haben genau dies ergeben: Frauen werden im öffentlichen Dienst schlechter als Männer bewertet, und dies führt dazu, dass sie eben nicht aufsteigen können.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU)

Dieses Problem löst sich nicht von allein! Das müssen wir angehen,

(Zurufe der Abgeordneten Renate Dodell (CSU))

wenn wir Frauen tatsächlich eine Chance geben wollen, auch in Führungspositionen zu kommen.

(Beifall bei der SPD)

Bewerbungskriterien sind im öffentlichen Dienst immer noch männlich. Dabei geht es nämlich um Dauerpräsenzen, und nicht um Qualität und Können, und dies müssen wir als Allererstes abstellen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe es bereits angesprochen: Wir brauchen ein neues Gender-Bewusstsein. Wir brauchen die Quote. Das Führen in Teilzeit muss gezielt gefördert werden. Ich habe die Zahlen bereits unzählige Male genannt. 40,5 % der Führungspositionen wurden nie in Teilzeit ausgeschrieben. Das zeigt doch, dass hier das Bewusstsein dafür völlig fehlt, dass man auch in Teilzeit führen kann. Wir brauchen Fortbildungsmaßnahmen für Frauen, wir brauchen auch Fortbildungsmaßnahmen, die das Gender-Bewusstsein fördern. Auch hier liegt vieles im Argen.

79 % der Dienststellen haben Frauen nie aufgefordert, an einer Fortbildung teilzunehmen, wohl wissend, dass Fortbildung die Grundlage für den Aufstieg ist. Das ist so, obwohl es in vielen Dienststellen zu wenig Frauen gibt. Da müssen wir etwas ändern, da müssen wir herangehen.

Darüber hinaus brauchen wir endlich überprüfbare Zielvorgaben, Frau Ministerin. Diese müssen auch kontrolliert werden.

Für all diese Dinge sind in erster Linie Sie, Frau Haderthauer zuständig. Sie müssen handeln. Dazu fordere ich Sie noch einmal auf.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN greift vieles auf, was auch Sie wollen. Das sage ich hier ausdrücklich. Ich finde es traurig, wenn Herr Seidenath als einzigen positiven Punkt dieses Entwurfs aufgreift, dass auch Männer gefördert werden sollen. Das zeigt mir Ihr Bewusstsein. Aber das kann doch nicht wahr sein, Herr Seidenath.

Der Entwurf greift viele positive Dinge auf. Es sind Dinge, die wir unterstützen möchten.

Aber ich gebe Ihnen recht, Herr Seidenath: in manchen Detailpunkten meine auch ich, dass die GRÜNEN über das Ziel hinausgeschossen sind. Wir wollen keine bürokratische Aufblähung. Wir wollen gerade kleine Kommunen nicht verschrecken. Aber es hätte dem nichts im Wege gestanden, hier zumindest die positiven Punkte herauszugreifen und diese umzusetzen.

Zusammenfassend kann ich sagen: Es gibt viele gute Ansätze. Diese teilen wir ausdrücklich. Als Beispiele nenne ich Artikel 16 und Artikel 21. Ich nenne auch die Stichwörter Arbeitszeitteilung, Teilzeit, Telearbeit. Aber leider gibt es auch viele bürokratische Vorgaben. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung insgesamt der Stimme enthalten.

Liebe Frauen, zum Abschluss sage ich: Vor 50 Jahren mussten Frauen ihren Ehemann noch fragen, ob sie den Führerschein machen dürfen. Heute - das hat meine Kollegin von den GRÜNEN schon gesagt - wissen wir: Frauen fahren besser Auto; sie verursachen weniger Unfälle. Probieren wir das doch endlich einmal bei den Führungspositionen aus! Geben wir Frauen doch einmal die Chance! Ich bin mir sicher: Frauen machen auch hier vieles, vieles besser.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Felbinger. Er muss uns jetzt erklären, warum Männer besser Auto fahren als Frauen.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die statistische Angabe, dass Frauen weniger Unfälle machen, kannte ich noch nicht. Aber man lernt nie aus. Man müsste nachlesen, ob es wirklich so ist.

Meine Vorredner haben das Für und Wider ausgiebig diskutiert. Zahlen und Emotionen sind ausgetauscht. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass wir die Gleichstellung immer wieder im Auge haben.

Ich muss den GRÜNEN Anerkennung und Respekt für den umfassenden Entwurf des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes sagen. Er passt - das haben Sie, Frau Kollegin Stamm, gesagt - in die Zeit. Nächste Woche ist der Weltfrauentag. Ich habe gestern mit Freude Ihre Einladung zu der morgigen Veranstaltung vernommen. Ich habe sie intensiv studiert. Ich war erschrocken, wie wenig man den Frauen im vorigen Jahrhundert zugetraut hat. Sie haben schon zitiert, dass eine Frau bis 1957 nicht ohne Zutun des Ehemanns ein eigenes Konto führen durfte. Bis 1977 war der Herd der gesetzlich vorgeschriebene Platz für Frauen. Im Nachhinein muss man sagen: Das ist fast skandalös. Es ist gut, dass sich da vieles geändert hat.

In der Zusammenfassung stand aber auch in Ihrem Flyer, dass große Schritte bewältigt worden sind. Sie geben damit selber eine Antwort in der Richtung, dass eine große Entwicklung stattgefunden hat.

Bezüglich der Fragestellung "Wo stehen wir heute?" haben Sie den Weg aufgezeigt, wie man den neuen Herausforderungen gegenübertreten muss.

Es ist eine neue Herausforderung, das Thema Gleichstellung stetig, kritisch und konstruktiv zu begleiten. Im Gleichstellungsbericht der Staatsministerin wurden im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes gewisse Mängel aufgezeigt. Ich erwähne hier den Punkt "Berücksichtigung von Beanstandungen". Bezüglich des mittelbaren Staatsbereichs sind auch die Gleichstellungskonzepte zu nennen.

In Ihrem Gesetzentwurf gefällt mir besonders gut das möchte ich ausdrücklich unterstreichen -, dass Sie den Blick einer modernen Gleichstellungspolitik nicht nur auf den Abbau teilweise vorhandener Benachteiligungen von Frauen richten, sondern auch zur Kenntnis nehmen, dass mittlerweile auch Männer in einigen gesellschaftlichen und beruflichen Bereichen unterrepräsentiert sind.

Deswegen brauchen wir in der Gleichstellungspolitik eine Weiterentwicklung und nach wie vor verbesserte Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeit und vor allen Dingen den festen Willen, hier wirklich weiterzukommen.

Ich möchte allerdings nicht so weit gehen, Frau Kollegin Stamm, wie Sie, zu behaupten, dass das bisherige Gleichstellungsgesetz ein zahnloser Tiger sei. Dies

ist eine etwas übertriebene Sicht. Denn Fakt ist, dass im öffentlichen Dienst hinsichtlich der Gleichstellung in den vergangenen Jahren viel erreicht wurde, viel mehr als in der freien Wirtschaft. Aber ich gebe Ihnen recht: Wir sind noch nicht weit genug.

Ob wir allerdings mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf ans Ziel kommen, wage ich zu bezweifeln. Ich führe hier den Landesbeauftragten bzw. die Landesbeauftragte für Gleichstellung an, den bzw. die Sie gern einführen möchten. In der Ersten Lesung haben Sie bereits gesagt, dass Sie diese Position beim Ministerpräsidenten ansiedeln wollen. Wahrscheinlich würde er sich durchaus freuen, wenn eine weitere Frau in seinem Umfeld wäre. Aber Spaß beiseite!

Sie möchten dieses Amt mit erheblichen Kompetenzen ausstatten, und zwar in der Art von "Big Brother is watching you". Der bzw. die Landesbeauftragte würde zum Überaufseher über alle staatlichen und kommunalen Behörden und Verwaltungen. Aber da passt der Vergleich, den Sie vorhin mit dem Datenschutzbeauftragten gebracht haben, überhaupt nicht. Denn bei diesem geht es um Informationsweitergabe, während es im vorliegenden Fall um Weisungsbefugnis geht.

Ich weiß nicht, wie Sie sich das konkret vorstellen. Denn der bzw. die Landesbeauftragte bekäme Weisungsbefugnis gegenüber allen Dienststellenleitern. Ich wäre gespannt, zu erleben, was in den einzelnen bayerischen Dienststellen los wäre, wenn der Landesbeauftragte den Dienststellenleiter eines Finanzamts plötzlich anweist, eine bestimmte Dame oder einen bestimmten Herrn an einer bestimmten Stelle einzusetzen und nicht dort, wo es der Dienststellenleiter vielleicht in einem ohnehin unterbesetzten Bereich geplant hatte. Der bzw. die Landesbeauftragte soll nach Ihren Vorstellungen auch dem Bürgermeister einer Kommune in dessen Personalhoheit hineinreden können. Ja, er bzw. sie könnte schlimmstenfalls sogar eine Kündigung, die von einer örtlichen Gleichstellungsbeauftragten beanstandet wird und der von der Dienststelle nicht abgeholfen wird, durchsetzen und bindend machen.

Nein, liebe Kollegin Frau Stamm, so kommen wir mit der Gleichstellung nicht weiter!

Auch die Ausweitung der Kompetenzen des bzw. der Gleichstellungsbeauftragten ist natürlich ein begehrenswertes Vorhaben. Aber auch hier steht das Weisungsrecht hinsichtlich der Erstellung des Gleichstellungskonzepts und großzügigerer Fristen für die Monierung von Missständen im Weg.

Für sehr bedenklich halten wir das gewünschte Klagerecht, falls kein kommunales Gleichstellungskonzept

erstellt wird. So etwas macht in unseren Augen absolut keinen Sinn. Wenn sich nämlich eine Behörde pflichtwidrig nicht um die Gleichstellung kümmert, haben wir schon jetzt genügend Instrumente, dem entgegenzuwirken. Im kommunalen Bereich ist es die Kommunalaufsicht, und wenn es im staatlichen Bereich vorkommt, folgt der normale Instanzenzug der Behörde. Dann muss man eben aufsichtsrechtlich vorgehen, und das geschieht bisher auch schon.

Ihr Vorschlag, einen Gleichstellungsbeauftragten auch in Kommunen ab 3.000 Einwohnern vorzusehen, ist in meinen Augen realitätsfern. Vorhin haben Sie den Kollegen Seidenath gefragt: Wo sind denn die Kosten? Wo ist denn die Bürokratie? Ich kann Ihnen das genau aufzeigen. Das ist eine A-11-Stelle. Eine Kommune wird sich bedanken, wenn man ihr diese aufdrückt. Das wäre ein unverhältnismäßig großer Aufwand.

Sie wollen den Gleichstellungsbericht in einem kürzeren Abstand vorgelegt bekommen. Ich habe es vergangene Woche schon gesagt: Das ist ein Bürokratiemonster ohnegleichen und verursacht zudem Kosten.

Ich komme zum Fazit. Ziel von uns allen ist es, in allen Lebensbereichen noch bessere Rahmenbedingungen hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern, echte Chancengleichheit zu schaffen. Mit dem Grundgesetz, der Bayerischen Verfassung und mit dem Bayerischen Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern aus dem Jahr 1996 für den öffentlichen Dienst - hierüber sprechen wir im Übrigen; das verlieren Sie anscheinend immer aus den Augen - haben wir schon eine solide Grundlage.

Der öffentliche Dienst hat eine Vorbildfunktion und nimmt diese auch wahr. Der 50-prozentige weibliche Anteil am Gesamtpersonal im öffentlichen Dienst zeigt dies sehr deutlich. Beim Führungspersonal sind wir immerhin schon bei 30 % angelangt. Im öffentlichen Dienst - das ist nun einmal so - sind immer noch Leistung, Eignung und Befähigung die wesentlichen Kriterien, an denen wir nicht vorbeikommen. Deswegen ist auch eine Quote nicht machbar und würde sogar eine Diskriminierung darstellen.

In diesem Sinne können wir diesem Gesetzentwurf leider nicht zustimmen, weil dieses Gesetz zu deutlich mehr Kosten führen würde, weil es zu einem massiven Bürokratieaufwand käme, weil es eine Einengung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts bedeuten würde und weil es in diesem Maße für den öffentlichen Dienst - ich betone es noch einmal: für den öffentlichen Dienst - nicht zielführend ist.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte kurz noch am Redepult stehen. Frau Stamm hat sich noch gemeldet.

Sehr geehrter geschätzter Herr Kollege Felbinger, Ich freue mich, dass der Einladungsflyer eine Art Fortbildung für Sie war und Sie etwas über die Frauengeschichte gelernt haben. Das finde ich sehr angenehm.