Protokoll der Sitzung vom 07.04.2011

Denken sie einmal darüber nach, ob es nicht Sinn machen würde, den bayerischen Finanzämtern Personal nach dem tatsächlichen Bedarf zuzuweisen. Zuvor müssen Sie dazu aber eine schon seit zehn Jahren fällige Personalbedarfsberechnung endlich durchführen. Das tun Sie doch deshalb nicht, damit Ihre Pressemitteilungen, wie gut die bayerische Steuerverwaltung aufgestellt sei, nicht an der Realität zerbrechen. Diese Pressemitteilungen klingen zwar wohlfeil, inhaltlich aber sind sie völlig frei erfunden. Solange Sie alle Ihre Pflichtaufgaben nicht erfüllen, solange werden die GRÜNEN Ihre Politik nicht mittragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur steuerpolitischen Geisterfahrt wurde schon einiges gesagt. Ich erinnere nur an einen einzigen Aspekt, über den wir in der Ausschussdebatte gesprochen haben. Sie wollten uns ernsthaft weismachen, man würde an unserer wirtschaftlichen Lage merken, wie toll das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sei. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass die Steuergeschenke für die Hotelbesitzer die Erholung des vom Export getragenen Aufschwungs in Deutschland begründet haben. Mit solchen absurden Begründungen kommen Sie bei mir nicht an. Unverdrossen fordern Sie weitere Steuersenkungen bei der Erbschaftsteuer, bei der Gewerbesteuer und bei der Einkommensteuer, obwohl Sie genau wissen, dass jedes Bundesland mit Ausnahme Sachsens einen negativen Finanzierungssaldo im Staatshaushalt hat. Hier fehlt die Redlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil das so ist, werden wir auch die Ansprüche der Beschäftigten im öffentlichen Dienst unterstützen. Es geht nicht zuvörderst darum - das ist bei jedem, glaube ich, angekommen -, ob die Beamtinnen und Beamten jetzt 1,5 % mehr bekommen oder nicht. Es geht um den mutwilligen Bruch der Regel "gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Das Sonderopfer der 42-StundenWoche für die Beamten haben Sie zurücknehmen müssen, weil es niemanden gab, dem Sie erklären konnten, warum die Beamtin am Schreibtisch, die das Gleiche tut wie der Angestellte gegenüber, länger arbeiten muss. So können Sie auch das Sonderopfer der Nullrunde niemandem als gerecht verkaufen. Es ist und bleibt ungerecht. Wer sich mutwillig arm macht, wie es der bayerische Finanzminister mit dem bayerischen Staatshaushalt tut, wird nicht darauf zählen können, dass seine Beamtinnen und Beamten bereit sind, die Zeche dafür zu zahlen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manche Ihrer steuerpolitischen Forderungen mögen durchaus richtig sein, so zum Beispiel die Forderung, den Mittelbereich der Steuerprogression etwas zu glätten und dort die Progression abzuschwächen, weil man durch steigende Durchschnittslöhne ohnehin in eine höhere Progression kommt. Das mag für sich begründet und richtig sein. Da der Staat jedoch kein Geld übrig hat, müssen alle diese Versprechungen und Ansätze solide gegenfinanziert werden, und zwar schon zum Zeitpunkt ihrer Forderung. Diese Unverantwortlichkeit müssen wir Ihnen vorwerfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was machen Sie stattdessen? Sie betreten die Bundesbühne als großer neuer Spiegelfechter.

Damit sind wir bei der Diskussion über den Länderfinanzausgleich. Der Finanzminister redet im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich von Solidarität und kündigt zugleich eine Verfassungsklage an. Der Länderfinanzausgleich ist ein einnahmebezogener Ausgleich. Der Versuch, mit der Aussage, die in Bremen finanzierten damit kostenlose Kindertagesstätten, Neid zu schüren, geht völlig an der Sache vorbei. Jedes Land kann über seine Ausgaben frei entscheiden. Das ist ein selbstverständliches Recht. Das würden wir auch erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die einen Länder investieren die Gelder in Bildung und die Energiewende, Sie machen Nachträge zum Straßenbau. Das ist die Realität.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Länderfinanzausgleich ist nach einer Klage, die partiell erfolgreich war, nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes neu justiert worden. Es ist völlig unwahrscheinlich, dass eine weitere Verfassungsklage gegen dieses Verfassungsgerichtsurteil Erfolg haben könnte.

Im Übrigen sollten Sie zur Kenntnis nehmen, dass der Vorvorgänger von Ministerpräsident Kretschmann "Ministerpräsident Kretschmann" hört sich gut an Herr Oettinger, CDU, gewesen ist. Herr Oettinger hat als damaliger Vorsitzender der Föderalismuskommission zum Abschluss am 12. Juni 2006 im Bundesrat erklärt: Wir haben entschieden, dass der Länderfinanzausgleich so umgesetzt wird, wie er beschlossen worden ist.

Eine verklausulierte Einladung an die Nehmerländer zu Verhandlungen hat es erst am 27. Januar 2011 gegeben. Sie ist von den Ministerpräsidenten Seehofer und Bouffier unterzeichnet worden. Den dritten Namen müssen Sie sich nicht merken. Ministerpräsident Beck und der Bremer Bürgermeister Böhrnsen haben in ihrem Antwortschreiben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie die Monate zuvor nur heiße Luft verblasen haben, anstatt das Gespräch zu suchen. Vermutlich wissen Sie selber, dass Ihre Verfassungsklage-Rhetorik eine Luftnummer ist.

Herr Kollege Hallitzky, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Meine Redezeit beträgt nur noch 40 Sekunden. Ich schätze, eine Zwischenbemerkung wäre sinnvoller.

Selbstverständlich hätte Bayern ein Konzept zur Reform des Länderfinanzausgleichs schon längst vorle

gen müssen, wenn es Ihnen ernst wäre. Der Länderfinanzausgleich ist in der Tat reformbedürftig. Konzepte von Ihnen gibt es jedoch nicht. Die GRÜNEN haben ein Konzept zur Vertikalisierung des Länderfinanzausgleichs vorgelegt. Sie haben jedoch kein Konzept. Was Sie zum Länderfinanzausgleich produzieren, ist keine ernsthafte Politik, sondern eine Bierzeltnummer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen beinhaltet das alte Märchen vom ausgeglichenen Haushalt, die Verschiebung gewaltiger Lasten in die Zukunft, die dramatische Unterbesetzung und Überalterung in der Finanzverwaltung, das Sonderopfer für die Beamtinnen und Beamten, die steuerpolitische Geisterfahrt und die Konzeptlosigkeit beim Länderfinanzausgleich. Alle, die sich von guten Argumenten überzeugen lassen, werden den Einzelplan des Finanzministeriums deshalb gemeinsam mit uns ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Zwischenfrage wurde jetzt in eine Zwischenbemerkung umgewandelt. Herr Kollege Dr. Kirschner, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Hallitzky, ich habe eine Frage zum Länderfinanzausgleich. Finden Sie den Länderfinanzausgleich, wie er derzeit vollzogen wird, richtig?

(Claudia Stamm (GRÜNE): Das hat er doch schon gesagt!)

- Lassen Sie mich bitte ausreden. Ihren letzten Sätzen konnte ich entnehmen, dass Sie den Länderfinanzausgleich richtig finden. Was erwarten Sie von den sogenannten Nehmerländern, damit der Länderfinanzausgleich wieder tragfähig und gerecht wird?

Herr Kollege Hallitzky, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Dr. Kirschner, zunächst geht es um die Frage, ob die Verfassungsklage etwas bewirkt. Ich sage: Nein, die Verfassungsklage bewirkt nichts. Der jetzige Länderfinanzausgleich ist das Ergebnis des letzten Verfassungsgerichtsurteils.

Zur Beantwortung Ihrer zweiten Frage, ob der Länderfinanzausgleich gerecht ist, wäre eine Exegese des Grundgesetzes, das die Gleichwertigkeit der Lebens

verhältnisse vorschreibt, erforderlich. Klar ist, dass der Länderfinanzausgleich so nicht funktioniert. Der Länderfinanzausgleich funktioniert so nicht, weil es sowohl für die Geber- als auch für die Nehmerländer aufgrund der Umverteilungsmechanismen unrentabel ist, in die eigene Steuerverwaltung zu investieren. Das führt dazu, dass wir in Bayern in Sachen Steuerverwaltung zwar besonders schlimm dastehen, jedoch ist die Lage auch in den anderen Bundesländern so, dass es zu wenig Personal gibt. Allerdings ist die Lage nicht so schlimm wie in Bayern; Bayern ist ein Negativvorbild. Deswegen brauchen wir eine Änderung des Länderfinanzausgleichs. Das ist völlig richtig.

Eine Änderung des Länderfinanzausgleichs kann jedoch nicht mit einer Verfassungsklage erreicht werden. Das geht nur auf der Grundlage vernünftiger Verhandlungen, die bis zum Jahre 2019 ohnehin abgeschlossen sein müssen. Das Konzept der GRÜNEN sieht eine Vertikalisierung des Länderfinanzausgleichs vor. Ein Großteil des Länderfinanzausgleichs findet ohnehin nicht auf der horizontalen Ebene zwischen den Ländern statt, sondern ausgehend von der Bundesebene. Nachdem der Bund den grundsätzlichen Auftrag hat, für die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen zu sorgen, halten wir den Bundesgesetzgeber oder die Bundesebene für die richtige Instanz, um den Ausgleich zwischen den einzelnen Ländern zu vollziehen. Das ist unser Konzept, das wir noch weiter ausfeilen werden. Über solche Konzepte sollten wir reden und keine Schaumschlägerdebatten führen, wie wir vor dem Bundesverfassungsgericht klagen sollen. Und die Begründung, manche leisteten sich kostenlose Kindergartenplätze, geht sowieso an der Realität vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Kollege Karsten Klein das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der letzte Tag der Haushaltsdebatte zum Doppelhaushalt 2011/2012. Auf der Grundlage dessen, was ich in den letzten Tagen von der Opposition gehört habe, kann ich zusammenfassend feststellen: Sie haben keine Alternative zu unserem erfolgreichen Doppelhaushalt 2011/2012.

(Lachen bei der Opposition)

Sie haben keine Alternative zu einem Haushalt ohne Neuverschuldung vorgelegt. Wir können trotzdem über eine Milliarde Euro in die Zukunft investieren. Dazu haben Sie auch keine Alternative.

(Beifall bei der FDP)

Die Argumente, die ich in den letzten Tagen bis zu dieser Minute aufmerksam verfolgt habe, sind es nicht wert, dass Sie einen Haushalt in diesem Parlament beschließen.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Sie haben suggeriert, die Staatsregierung habe ihr Ziel eines ausgeglichenen Haushalts nicht erreicht, und habe irgendwelche Definitionen eines ausgeglichenen Haushalts vorgelegt. Ein Haushalt ist grundsätzlich immer ausgeglichen. Daran ändert sich auch nichts, wenn Herr Kollege Hallitzky etwas anderes empfindet. In einem ordentlichen Haushalt gleichen sich die Einnahmen und Ausgaben - so viel muss er als Volkswirt wissen - immer aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist, dass wir einen Haushalt ohne Neuverschuldung aufstellen. Wir haben die gute Lage in Bayern dazu genutzt, um mit einem Betrag in Höhe von 100 Millionen Euro an den Stellen Verbesserungen vorzunehmen, an denen es drückt. In diesem Punkt unterscheiden wir uns von denjenigen Ländern, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen. Wir müssen das Grundstockdarlehen im Jahre 2011 nicht in Anspruch nehmen. In den letzten Tagen wurde zu diesem Punkt von Herrn Kollegen Rinderspacher etwas Schattenboxen geübt. Lieber Kollege Halbleib, den allergrößten Teil stecken wir in die Rücklagen. Nordrhein-Westfalen sollte sich ein Beispiel an der Haushaltspolitik der Bayerischen Staatsregierung und der Regierungskoalition im Bayerischen Landtag nehmen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Wir werden heute Mittag wahrscheinlich noch über das Personal diskutieren. Dazu möchte ich noch etwas sagen. Ich bin der Meinung, dass es nach der Rückführung der 42-Stunden-Woche, bei Beibehaltung der Altersteilzeit und der Anhebung der letzten Jahre durchaus vertretbar ist, im Jahre 2011 - ich betone: nur im Jahr 2011 - eine Nullrunde durchzuführen. Im Übrigen ist die Einkommensentwicklung in den letzten Jahren bei den normalen Lohngruppen negativ verlaufen. Im öffentlichen Dienst und bei den Beamtinnen und Beamten haben wir die Gehälter angehoben. Wir haben uns gegenläufig zu den Entwicklungen verhalten. Deshalb kann die Nullrunde durchaus begründet werden.

Ich möchte noch etwas zum Programm "Aufbruch Bayern" sagen. "Aufbruch Bayern" wird immer schlechtgeredet. Es gibt 66 Projekte in ganz Bayern. Ich gestehe Ihnen zu, dass Ihnen vier oder fünf Projekte nicht gefallen. Sie sollten genau erklären, an welchen Stellen Ihnen diese Projekte nicht gefallen.

Das gesamte Programm "Aufbruch Bayern" schlechtzureden, ist unredlich.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie kürzen doch!)

Die Projekte, die von Ihnen kritisiert werden, betragen noch nicht einmal 3 % der Gesamtsumme des gesamten Programms "Aufbruch Bayern". Sie stellen sich jedoch hier hin und verurteilen das gesamte Programm "Aufbruch Bayern". Das ist unredlich und unehrlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat Bayern.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme jetzt zu einer grundsätzlichen Fragestellung. Leider habe ich nicht sehr viel Zeit; es sind nur noch sechs Minuten. Die Politik der CSU und der FDP und die des Finanzministers Fahrenschon richtet die Ausgaben an den Einnahmen aus. Ich habe erfreut zur Kenntnis genommen, Frau Kollegin Biedefeld, dass es bei Ihnen umgekehrt ist. Sie richten die Einnahmen nach den Ausgaben aus. Es ist gut, das festzuhalten. Wahrscheinlich steht Bayern in Deutschland mit seiner Politik alleine, die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten. Das wollte ich hier festhalten.

(Beifall bei der FDP - Susann Biedefeld (SPD): Wir würden gerne mehr einnehmen, um mehr ausgeben zu können! - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))