Protokoll der Sitzung vom 12.05.2011

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (Drs. 16/6982) - Zweite Lesung

Hierzu findet keine Aussprache statt. Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der angesprochene Gesetzentwurf und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Umwelt und Gesundheit auf der Drucksache 16/8390 zugrunde.

Der federführende Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz stimmt ebenfalls zu, allerdings mit der Maßgabe, dass in § 2 als Datum des Inkrafttretens der "01. Juni 2011" eingefügt wird. Das ist logisch.

Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle Einstimmigkeit fest.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung nun sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Wer diesem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. - Danke schön. Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der FREIEN WÄHLER, der SPD und der GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. - Keine. Enthaltungen? - Auch keine. Damit ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes".

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Mannfred Pointner u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Sparkassengesetzes (Drs. 16/6191) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache hierzu. Wir haben eine Redezeit von fünf Minuten. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Schweiger. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht jetzt um den Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zur Mitbestimmung von Arbeitnehmern in den Verwaltungsräten der Sparkassen. Dies ist hier im Hohen Hause kein neues Thema. Wir haben es in den letzten Monaten bereits mehrfach diskutiert.

Wir möchten, dass bis zu einem Viertel der Sitze in die Verwaltungsräte auch Arbeitnehmer entsendet werden können. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer selbst ihre Vertreter im Verwaltungsrat haben. Im Bereich der privatrechtlich organisierten Banken ist das seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit, ebenso in 15 von 16 Bundesländern. Damit stellt sich schon die Frage, warum Bayern hier weiterhin am alten Kurs festhalten möchte.

Zu den gerne genannten verfassungsrechtlichen Bedenken möchte ich im Folgenden drei Punkte ausführen.

Der erste Punkt ist das gern genannte Demokratieprinzip. Läge ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip vor, so wären die Regelungen aller anderen Bundesländer verfassungswidrig. Im Jahre 2002 entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zum Lippeverband, dass ein Abweichen von der lückenlosen demokratischen Legitimation außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung möglich ist. Sparkassen gehören zur funktionalen Selbstverwaltung im weitesten Sinne. Doch nehmen sie auch öffentliche Aufgaben wahr, die aus der Kommunalverwaltung ausgegliedert sind. Das heißt also, ein Abweichen vom Demokratieprinzip ist möglich.

Der maßgebliche Einfluss des kommunalen Trägers bleibt in unserem Gesetzentwurf dadurch gewahrt, dass die Anzahl der Vertreter der Beschäftigten im Verwaltungsrat ein Viertel nicht überschreiten darf. Außerdem entscheidet nach unserem Vorschlag der kommunale Träger selbst, ob er die Mitbestimmung zulassen möchte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Argumentation, die Besonderheit in Bayern liege darin, dass die Mitarbeiter direkt beim Träger und nicht bei der Sparkasse angestellt seien, ist für uns kein Hindernis. Vielmehr geht es darum, dass die Mitarbeiter genauso wie bei anderen privaten oder öffentlichen Unternehmen von den Entscheidungen der Unternehmensleitung betroffen sind und mitbestimmen wollen. Diese Auffassung wird auch durch das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom Februar bestätigt, der Folgendes ausführt:

Ausgehend vom Sinn und Zweck einer Unternehmensmitbestimmung kann es keine Rolle spielen, dass die Arbeitnehmer gemäß Art. 12 Abs. 1 SpkG - von Ausnahmefällen abgesehen - vom Träger, also von der Körperschaft, die die Sparkasse errichtet (Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 SpkG), bestellt werden und Beschäftigte des Trägers sind. Entscheidend ist, dass die maßgeblichen, sich auf die Arbeitnehmer auswirkenden Entscheidungen nach Art. 5 SpkG im Verwaltungsrat und im Vorstand, also durch Organe der Sparkasse, und nicht unmittelbar durch den Träger getroffen werden.

Das bedeutet: Auch der Verfassungsgerichtshof stellt auf eine funktionale Betrachtungsweise ab. Der von den FREIEN WÄHLERN vorgesehenen Mitbestimmung liegen daher keine rechtlichen Hindernisse im Weg. Selbstverständlich besagt dieses Urteil nicht, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, die Mitbestimmung einzuführen. Dies haben wir in der Debatte zur Verfassungsstreitigkeit klar gemacht. Allerdings besagt das Urteil ausdrücklich, dass der Gesetzgeber nicht daran gehindert wird, eine Mitbestimmung einzuführen.

Zur Argumentation, der Gesetzentwurf gehe nicht weit genug, möchte ich Stellung nehmen. Für die FREIEN WÄHLER steht die kommunale Selbstverwaltung an erster Stelle. Aus diesem Grund wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Kommunen mit der Zeit gehen und die Mitbestimmung einführen können. Wenn die Kommune sich noch nicht dafür aussprechen kann und will, müssen die handelnden Personen vor Ort die Ausgestaltung diskutieren.

Für die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER ist es wichtig, die zeitgemäßen und für die Transparenz notwendigen Weichen zu stellen. Daher bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Zellmeier. Ihm wird Frau Aures folgen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema beschäftigt den Bayerischen Landtag schon seit längerer Zeit. Ich bin davon überzeugt, dass sich dies in Zukunft nicht ändern wird. Liebe Kollegin Schweiger und liebe Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, Sie sollten sich darüber klar werden, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie Vertreter der Beschäftigten in den Verwaltungsräten oder nicht?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Kommunale Selbstverwaltung ist ein Fremdwort für Sie!)

Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann. Ihr Gesetzentwurf dient niemandem. Der Gesetzentwurf schiebt den Kommunen den Schwarzen Peter zu. Der Gesetzentwurf spaltet die Kommunen in arbeitnehmerfreundliche und arbeitnehmerfeindliche Kommunen. Dies führt zu keiner befriedigenden Situation. Mit diesem Gesetzentwurf ist niemandem geholfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus, wir sollten diesen Gesetzentwurf dahin tun, wo er hingehört, nämlich in den Papierkorb. Mehr ist er nicht wert.

Es gibt verschiedene Argumente für die Einführung der Mitbestimmung. Aber alle Spitzenverbände, Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag haben einstimmig entschieden, dass sie die Mitbestimmung nicht wollen. Die FREIEN WÄHLER, die sich als Vertreter der Kommunen sehen, haben sich nur sehr wenig daraus gemacht.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Entscheidungsfreiheit für die Kommunen!)

Sie müssen die Unterschiede zwischen Bayern und anderen Bundesländern berücksichtigen. In Bayern sind die Mitarbeiter der Sparkassen bei den Trägern angestellt und nicht bei der Sparkasse selbst. Das ist eine Sondersituation. Außerdem gibt es eine klare Regelung, wonach die Sparkassen in erster Linie nicht gewinnorientiert arbeiten sollen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Was hat das mit Mitbestimmung zu tun?)

Ich möchte aus dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes zitieren:

Die Sparkassen betätigen sich somit zwar (auch) als Wirtschaftsunternehmen. Ihre Tätigkeit ist aber nicht nur formell öffentlich-rechtlich organisiert, sondern im öffentlichen Interesse durch eine Vielzahl inhaltlicher Vorgaben und Beschränkungen reguliert, deren Einhaltung mit den Mitteln der Rechtsaufsicht zu kontrollieren ist. Von den privatwirtschaftlich organisierten Banken unterscheiden sich die Sparkassen vor allem dadurch, dass die Erzielung von Gewinn nicht ihr Hauptzweck ist. Sie weisen daher weder die für wirtschaftliche Unternehmen typische Gewinnorientierung noch deren Strukturen auf. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Sparkassen nicht als wirtschaftliche Unternehmungen von erheblicher Bedeutung im Sinn des Art. 175 Satz 1 Alt. 2 BV bewertet und deshalb für sie

keine Unternehmensmitbestimmung, gleich welcher Art, eingeführt hat.

Das sind klare Aussagen eines aktuellen Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Warum gibt es die Mitbestimmung bei der Landesbank? Tanja Schweiger (FREIE WÄHLER): Sie hätten mir nur zuhören müssen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Eigentümervertreter sind nicht durch Gründung des Unternehmens, durch Kauf oder Erbe in den Verwaltungsrat gekommen. Über die Wahlen zum Oberbürgermeister, zum Landrat oder zum Kreis- oder Stadtrat sind sie demokratisch gewählt worden. Die Sparkassenmitarbeiter haben die Möglichkeit, über demokratische Wahlen mitzubestimmen, wer in den Gremien sitzt und ihre Interessen vertritt. Warum beantragen Sie die Mitbestimmung nicht auch für die kommunalen Unternehmen? Dort arbeiten ebenfalls Mitarbeiter der Kommunen. Warum soll dort keine Mitbestimmung eingeführt werden?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Sie können nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)

Warum fordern Sie die Mitbestimmung nur für die Sparkassen? Das ist zwiespältig und weist darauf hin, dass der Gesetzentwurf weder durchdacht noch zielführend ist.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Das kommt noch!)

- Darauf bin ich gespannt.

Liebe Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, wie werden die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände darauf reagieren? Viel Vergnügen mit Ihrer Basis, die Sie für sich immer in Anspruch nehmen. Die CSU erweist sich dabei als ein besserer Vertreter der Kommunen als Sie.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns die Struktur der Verwaltungsräte ansehen. Über die Hälfte der Sparkassen ist aus Fusionen entstanden. Es gibt eine Vielzahl von Eigentümern. Die Sparkasse meines Stimmkreises ist mit der Sparkasse Dingolfing-Landau fusioniert. Mittlerweile gibt es fünf Eigentümer. Alle wollen zu Recht entsprechend ihrer Einwohnerzahl und ihrer Wirtschaftskraft im Verwaltungsrat vertreten sein. Hinzu kommen die Vertreter, die von der Regierung ernannt werden. Voraussichtlich werden noch mehr Fusionen erfolgen. Das wissen Sie alles. In der Oberpfalz werden diese Diskussionen aktuell geführt. Wenn wir die Gremien mit Vertretern der Mitarbeiter

schaft vergrößern, wird künftig der Einfluss der Eigentümer deutlich zurückgehen.

Herr Kollege, diesen Aspekt können wir leider nicht mehr vertiefen. Sie haben Ihre Redezeit deutlich überschritten. Herr Kollege Pohl hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet. Damit hilft er Ihnen mit zwei Minuten weiter.

Ich habe heute meinen guten Tag. Herr Kollege Zellmeier, es gibt gute und schlechte Vertreter der Kommunen. Sie gehören sicherlich nicht zu den guten Vertretern der Kommunen.

Sie sind der Ansicht, es sei dem Sparkassenwesen nicht eigentümlich, in einem demokratisch legitimierten Gremium Arbeitnehmervertretungen zuzulassen. Ich frage Sie: Warum ist das bei der Bayerischen Landesbank anders? Worin liegt der Unterschied? Haben Sie überhaupt keine Achtung vor kommunaler Selbstverwaltung? Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf den Kommunen und den Eigentümern die Möglichkeit eröffnen und Ihnen das Recht geben, selber über die Regelungen zu entscheiden. Sie dagegen verordnen von oben und sagen: Alle müssen gleich sein und nach unserer Pfeife tanzen. Das ist der wesentliche Unterschied zwischen der Fraktion der FREIEN WÄHLER und Ihrer Fraktion. Wir trauen den Kommunen etwas zu und geben Ihnen die Gestaltungsfreiheit. Sie bezeichnen dies als Schwarzen Peter.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Lieber Herr Kollege Pohl, danke für die vielen Stichworte, die Sie mir gegeben haben. Es gibt einen gravierenden Unterschied: Die Landesbank ist zu 94 % Eigentum des Freistaates Bayern. Deshalb regeln wir es hier so, wie wir es für richtig halten.

Aber wir zwingen den Kommunen keine Regelung auf, die sie nicht wollen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wir auch nicht! - Tanja Schweiger (FREIE WÄHLER): Wir wollen es den Kommunen freistellen!)

Das ist der Unterschied. Sie wollen den Kommunen eine Zuständigkeit geben, die sie gar nicht wollen. Sie wollen den Kommunen etwas aufdrängen. Das ist der gravierende Unterschied.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Überhaupt nicht!)