Uns liegt ein Entwurf des Untersuchungshaftvollzugsgesetzes vor, der zwar lange und intensive Vorbereitungen erfordert hat, der aber auch ein großer Erfolg ist. Heute ist ein guter Tag für den Rechtsstaat in Bayern. Deswegen möchte ich zunächst der Staatsministerin der Justiz, Frau Dr. Merk, und ihrem Haus ganz herzlich für den Entwurf danken und auch für die konstruktiven und sachlichen Verhandlungen.
Dieser Erfolg ist deshalb wichtig, weil es nicht angemessen ist, Untersuchungsgefangene, für die bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt, wie Strafgefangene oder schlechter zu behandeln.
Es gibt mehrere Verbesserungen, die ich ansprechen möchte. Das erste ist etwas rein Systematisches. Ein Gesetz hat naturgemäß eine wesentlich höhere Wertigkeit und verschafft Untersuchungsgefangenen eine andere Rechtsposition als die Verwaltungsvorschriften. Aber auch inhaltlich - das ist das Zentrale - haben wir die Regelungen der Untersuchungshaftvollzugsverordnung nicht nur erhalten, sondern wir haben sie zugunsten der Rechte der Untersuchungsgefangenen ausgebaut. Das betrifft einige zentrale, aber auch viele kleinere Punkte.
Ganz wesentlich ist: Wir werden mit diesem Entwurf das Trennungsprinzip nicht nur erhalten, sondern es erweitern. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Wir werden die Mindestbesuchsdauer erhöhen, und zwar von einer Stunde auf zwei Stunden verdoppeln. Wir werden die Rechtsposition der Untersuchungsgefangenen mit vielen kleinen Dingen verbessern. Lassen Sie mich einige ansprechen: Die erweiterte Aufenthaltszeit im Freien soll zwei Stunden pro Tag für nicht arbeitende Gefangene betragen. Dazu gehören ferner der persönliche Besitz, kein genereller Ausschluss elektronischer Unterhaltungsmedien, der Erhalt des Rechts zur Selbstbeschäftigung und, ganz wesentlich, die Stärkung der Verteidigerrechte, indem Verteidiger über Verlegungen, Zwangsmaßnahmen oder Disziplinarmaßnahmen informiert werden müssen.
Es sind viele Verbesserungen. Wenn man all das sieht, muss man sagen: Der Entwurf ist gut. Ihr Problem, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ist: Wir haben nicht nur die meisten Punkte Ihrer Anträge zur Untersuchungshaft erfüllt, sondern wir sind teilweise darüber hinaus gegangen.
Ich möchte symptomatisch die jungen Gefangenen ansprechen. Im Entwurf der SPD stehen vier Stunden Mindestbesuch im Monat. Im Entwurf, der jetzt vorliegt, stehen vier Stunden Mindestbesuch im Monat; die Besuche der Erziehungsberechtigten werden hierauf nicht angerechnet. Das ist nicht weniger - das ist mehr.
Lassen Sie mich Arbeit und Bildung ansprechen. Das Selbstbeschäftigungsrecht ist enthalten. Auch das Recht auf Bildung für Jugendliche ist konkretisiert. Deswegen muss ich konstatieren: Ihre krampfhafte Suche nach einem Haar in der Suppe erweckt fast schon Mitleid. Ich sehe, dass Sie die Personalsituation im Justizvollzug bemühen müssen, die heute nicht Thema ist, oder die gespaltene Zuständigkeit zwischen materiellem Strafrecht und Strafvollzug, die auch nicht Inhalt dieses Gesetzes ist.
Herr Kollege Streibl, der erste Kritikpunkt in Ihrem Beitrag war die Verweisung auf weitere Artikel. Ich muss Ihnen sagen: Lesen Sie einmal die allgemeinen Grundsätze, wie das im Verwaltungsrecht so üblich ist und wie man das im Studium lernt. Die Verweisung auf weitere Artikel ist eine verbreitete Praxis. Wenn das alles oder der größte Kritikpunkt ist, dann sehe ich den Beratungen gelassen entgegen.
Ich verhehle nicht: Ich wünsche mir noch einige Änderungen. Wir werden gemeinsam in Übereinstimmung mit unserem Koalitionspartner einen Änderungsantrag einbringen, der einen zentralen Punkt betrifft, der uns wichtig ist: das Arbeitsentgelt. Das Arbeitsentgelt der
Untersuchungsgefangenen darf nicht unter dem der Strafgefangenen liegen. Das ist der FDP-Fraktion wichtig.
Wir sind mit diesem Gesetzentwurf auf einem guten Weg. Wir sind auf dem richtigen Weg. Ihre Kritikpunkte sind herbeigesucht und können letztlich nicht überzeugen. Heute ist ein guter Tag für den Rechtsstaat.
Halt, halt, Herr Kollege Dr. Fischer, eine Sekunde. Frau Kollegin Stahl hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte.
Lieber Herr Kollege, Sie sagen, Sie haben Mitleid mit der Opposition, die kein Haar in der Suppe finden kann. Wie können Sie sich dann erklären - ad 1 -, dass es eine gemeinsame Stellungnahme der Evangelischen und Katholischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in Bayern, des Deutschen Caritasverbandes, Landesverband Bayern, der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe Bayern, des Diakonischen Werkes Bayern, des Landesverbands der Inneren Mission, des Fachverbands Evangelische Wohnungslosenund Straffälligenhilfe im Diakonischen Werk Bayern, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sowie des Katholischen Büros Bayern zum Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft gibt, in der eine ganze Reihe, über vier Seiten gehende Anregungen gegeben werden, mit denen sie sich eine Verbesserung wünschen? Können Sie sich das in irgendeiner Form erklären? Ad 2. Selbstverständlich hat die personelle Ausstattung etwas mit dem Gesetzentwurf zu tun. Sie selbst verweisen in diesem Gesetzentwurf ständig auf die personelle und die räumliche Situation. Eine ganze Reihe von Punkten, etwa die Gestaltung des Lebens in der Anstalt in Artikel 11, ist abhängig von der jeweiligen personellen, finanziellen und räumlichen Situation.
Lieber Herr Dr. Fischer, wenn Sie Vorwürfe gegen uns erheben, sollten diese substanziiert sein. Ansonsten schweigen Sie besser.
Frau Kollegin Stahl, es ist das Vorrecht der Opposition, Dinge zu fordern, ohne die Finanzierung in irgendeiner Weise in Rechnung zu stellen. Es ist das Vorrecht der Opposition, Wunschlisten zu haben, die beliebig lang sind.
Ich hätte manchen Wunsch. Wenn ich aber sage, wie ich meine Wünsche finanzieren will, muss ich Realist bleiben. Das muss die Opposition nicht. Das haben Sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für wichtig, dass wir bei diesem Thema gesprächsbereit bleiben und dieses Gesetz gemeinsam durch die Beratung bringen. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir uns hier nicht bekriegen sollten.
Es ist das hehre Recht der Opposition, zu fordern. Die Opposition muss nicht sagen, wie diese Forderungen zu finanzieren sind. Ich denke, die karitativen Vereinigungen, die hier mitarbeiten, haben die hehre Verpflichtung, so viel wie möglich an guten Regelungen für die Untersuchungsgefangenen herauszuholen. Eine Regierung hat jedoch die Verpflichtung, innerhalb der Finanzierungsmöglichkeiten zu arbeiten. Ich muss Sie nicht daran erinnern, dass wir gerade für den Strafvollzug enorme Leistungen erbringen müssen. Für Gablingen müssen wir 100 Millionen Euro aufwenden, bei Straubing wissen wir noch nicht, was der Neubau kosten wird. Es gibt noch viele andere Punkte, die alle zugunsten unserer Gefangenen sind.
Einen Satz möchte ich zu Herrn Kollegen Schindler sagen: Sie wissen, dass finanzielle oder personelle Engpässe in den ersten drei Monaten nicht zu einer Beschränkung des Besuchsrechts bei Erwachsenen führen dürfen. Für die jungen Gefangenen gibt es solche Beschränkungen überhaupt nicht. Diese Leute bekommen immer ihre Besuche, wenn sie sie brauchen. Das wollte ich richtig stellen.
Sie haben die besonderen Abteilungen angesprochen, in denen junge Strafgefangene untergebracht werden sollen. Hier brauchen wir Offenheit, weil es Gefangene gibt, die wir in diesen besonderen Abtei
lungen nicht wollen, weil sie dort nicht hineinpassen. Außerdem befinden wir uns in einem Spagat zwischen der Nähe des Untersuchungsgefangenen zu seinem sozialen Umfeld, das manchmal wesentlich wichtiger ist als die Unterbringung in einer besonderen Abteilung, und dem Trennungsgrundsatz. Wir brauchen hier eine Flexibilität im positiven Sinne. Da sind wir einer Meinung. Dieses Ziel peilen wir an.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Ihre Unterstützung, damit dieser Gesetzentwurf rasch durchgeht. Natürlich müssen alle Punkte, die von Ihnen angesprochen worden sind, noch einmal diskutiert werden. Dies muss jedoch in einer guten Atmosphäre erfolgen. Das sind wir der Sache, die uns so wichtig ist, schuldig.
Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Damit besteht Einverständnis. Es ist so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Anpassung von Gesetzen an das Gesetz zum Neuen Dienstrecht in Bayern (Drs. 16/9083) - Erste Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (Drs. 16/9110) - Erste Lesung
Den Gesetzentwurf der Staatsregierung begründet für das Finanzministerium Herr Staatssekretär Pschierer. Ihm wird dann Herr Kollege Sprinkart folgen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will diesen Gesetzentwurf in aller Kürze begründen. Er wird in den Ausschüssen sicherlich umfangreich beraten. Ich möchte aber einige wenige Aspekte ansprechen.
Sie wissen, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes, was die konkurrierende Gesetzgebung im Bereich des öffentlichen Dienstes angeht, aufgehoben worden ist. Diese Kompetenz wurde vollumfänglich
den Ländern übertragen. Der Freistaat Bayern und selbstverständlich auch dieses Hohe Haus waren dabei immer beteiligt und haben versucht, die Interessen der Freistaates Bayern geltend zu machen.
Nach dem Abschluss der Föderalismusreform wollte der Freistaat Bayern seinen Handlungsspielraum sehr schnell nutzen und von dieser Kompetenz Gebrauch machen. Nach einem Jahr stelle ich rückblickend fest, dass der Freistaat Bayern von dieser Kompetenz sehr schnell, umfangreich und effektiv Gebrauch gemacht hat. Bundesweit ist uns hier etwas Einmaliges gelungen. Ich bedanke mich dafür bei allen Fraktionen des Hohen Hauses, insbesondere beim federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes.
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält insbesondere redaktionelle Anpassungen. Sie wissen, dass wesentliche Bestandteile des neuen Dienstrechts in Bayern ein neues Bayerisches Besoldungsgesetz, ein Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz sowie ein Gesetz über die Leistungslaufbahn und für die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamtinnen und Beamten sind. Sage und schreibe 40 Landesgesetze aus den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Ressorts müssen angepasst werden, weil in diesen Landesgesetzen Vorschriften zitiert werden, die ab dem 1. Januar 2011 keine Geltung mehr haben.
Darüber hinaus wird in den neuen Landesgesetzen, insbesondere im Leistungslaufbahnrecht, eine völlig andere Terminologie verwendet. Deshalb ist die Anpassung des Landesrechts wichtig und soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgenommen werden. Ich darf Sie bitten, den Gesetzentwurf der Staatsregierung in den Ausschüssen zu unterstützen und ihn eingehend zu beraten.