Protokoll der Sitzung vom 13.07.2011

So viel zu dem Vorwurf, das Thema wäre in der Arbeitsgemeinschaft nicht konkret besprochen worden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Alexan- der König (CSU): Das Oppositionsrecht kam doch nie zu kurz! - Weitere Zurufe von der CSU)

Danke, Herr Kollege Güller. Damit ist dieser Themenbereich nun wirklich komplett abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schadensbegrenzung für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Bayern nach Plagiatsaffäre zu Guttenberg (Drs. 16/7949)

Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Ich bitte wie gesagt um Nachsicht; wir hoffen, dass wir in der Zeit bleiben, aber es kann möglicherweise etwas schwierig werden. Bitte sehr, Frau Gote.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Hochschulpolitik ist momentan das Spannendste, was es überhaupt gibt. Wir beobachten mit großem Interesse, welche Pirouetten unser Ministerpräsident in der Frage der Studiengebühren gerade vollführt. Ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen aus dem Hochschulausschuss haben sich wieder gefasst und können sich nun trotzdem einem anderen hochschulpolitischen Thema zuwenden, das sicherlich auch wichtig ist, nachdem einige Zeit seit dem unrühmlichen, aber doch dringend notwendigen Abgang Guttenbergs vergangen ist und nachdem die Universität Bayreuth ihre Untersuchungen zur Causa Guttenberg, wie sie es selbst nennt, abgeschlossen hat, in der sie - hören Sie gut zu, Kolleginnen und Kollegen, denn das stand noch in Abrede, als wir das letzte Mal über diesen Antrag debattierten - zu dem Ergebnis kam, dass Guttenberg bewusst getäuscht habe.

Weitere Plagiatsfälle bei Dissertationen sind ans Licht gekommen - Ich nenne einige: die Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Stoiber, Silvana KochMehrin, Europaabgeordnete der FDP und dort sogar im Forschungsausschuss, ihr Europaparlamentskollege Chatzimarkakis, ein CDU-Kollege aus dem BadenWürttembergischen Landtag und als Letzter der nie

dersächsische Kultusminister Bernd Althusmann, jetzt ohne Doktor, der zurzeit auch noch KMK-Vorsitzender ist. All diese Fälle zeigen, dass es sich um ein brennendes, ernstzunehmendes Thema handelt, mit dem sich die gute Wissenschaftspolitik befassen muss; deshalb bringen wir es heute hier noch einmal zur Diskussion. Es geht um die Qualitätsverbesserung und -sicherung bei Promotionsverfahren.

Die Kolleginnen und Kollegen von FDP und CSU haben heute die Gelegenheit, ihre bisher eher zögerliche Haltung zu unserem Antrag zu korrigieren. Es ist und bleibt mir völlig unverständlich, warum Sie unseren Antrag im Hochschulausschuss im April abgelehnt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wäre damals wichtig gewesen und es ist heute immer noch genauso wichtig, dass wir - damit meine ich uns als Parlamentarier, als diejenigen, die auf einem Gebiet, in dem die Landespolitik wirklich noch wichtig ist, in der Hochschul- und Wissenschaftspolitik Verantwortung tragen für den Wissenschaftsstandort Bayern - uns zu den Vorgängen positionieren und Konsequenzen ziehen.

Prof. Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, hat am 25. Februar 2011 dazu gesagt:

Die deutsche Wissenschaft und deren Qualitätssicherungssysteme sind auch im internationalen Vergleich hoch anerkannt. Diese Reputation darf nicht durch die Bagatellisierung wissenschaftlichen Fehlverhaltens beschädigt werden. Umso wichtiger es, auf der Einhaltung der diese Qualität sicherstellenden Standards zu bestehen und jede Missachtung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis streng zu verfolgen.

Ich denke, das dürfte doch etwas sein, dem wir uns alle anschließen könnten. Auch dies, Kolleginnen und Kollegen, müssten eigentlich alle unterschreiben können: Diebstahl geistigen Eigentums, Verstöße gegen das Urheberrechtsgesetz, Täuschung und Lüge zur Erschleichung eines akademischen Titels verstoßen gegen die Wertebasis unserer demokratischen Gesellschaft und müssen aufgedeckt, klar benannt und geahndet werden.

Kolleginnen und Kollegen, es ist notwendig zu fragen, wie in Bayern die Empfehlungen zur Doktorandenausbildung, die der Wissenschaftsrat bereits 2002 herausgegeben hat, umgesetzt werden. Nicht einmal das wollten Sie wissen. Auch das war Teil unseres Antrages. Außerdem haben Sie sich im Ausschuss in Ausreden geflüchtet, indem Sie die Autonomie der Hochschulen ins Feld führten und sagten: Promoti

onsrecht geht uns gar nichts an. Das müssen die Hochschulen ganz allein machen. Oder gar: Artikel 5 des Grundgesetzes, Forschungsfreiheit, Forschung und Wissenschaft sind frei. Aber ganz ehrlich: Einige wollten es auch der Universität Bayreuth überlassen ein Verein, Herr Goppel war das. Aber auch der Wissenschaftsminister sowie wir im Parlament als Wissenschafts- und Hochschulpolitiker und -politikerinnen müssen Interesse daran haben, die Qualitätssicherung bei Promotionsverfahren voranzubringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben viele Instrumente. Es ist einfach nicht richtig, dass das nur die Angelegenheit der Hochschulen ist. Wir können mit den Hochschulen sprechen. Wir können sie beraten und Zielvereinbarungen eingehen, auch zu diesem Bereich, und natürlich können wir auch gesetzgeberische Maßnahmen und Instrumente prüfen. "Prüfen" stand in unserem Antrag, aber noch nicht einmal prüfen wollten Sie unseren Vorschlag, ob vielleicht ein Rahmengesetz, eine Rahmenpromotionsordnung oder Mindeststandards für Promotionsordnungen auch gesetzgeberisch vorgegeben werden können. Natürlich können wir das.

Ihre Redezeit geht zu Ende.

- Ich komme zum Ende.

Ich sage Ihnen: Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! Es geht hier nicht um persönliche oder parteiliche Befindlichkeiten. Stimmen Sie wenigstens heute unserem Antrag zu und tun Sie damit etwas für den Wissenschaftsstandort Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin Gote. - Für die CSU hat sich Herr Sibler zu Wort gemeldet; bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bei dem genannten Antrag müssen wir zwei Ebenen deutlich unterscheiden. Da gibt es auf der einen Seite die sachliche Ebene, bei der es um die Bewertung des Promotionsverfahrens geht. Ja, wir haben viele Fälle, wir haben die Fälle nicht nur in Bayreuth und in Bayern, sondern wir haben sie in Bonn, in Heidelberg, Hamburg und vielen anderen Städten. Der Grundton dieses Antrages bezieht sich sehr stark auf Bayreuth, das möchte ich festhalten. Ich darf einige Punkte nennen.

Erstens. Praktisch alle Beteiligten haben ausgedrückt, dass es keine Bagatellisierung des Vorgehens geben darf.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Ich verweise auf das Ausschussprotokoll und zahlreiche öffentliche Stellungnahmen inklusive die des Herrn Staatsministers, der heute wahrscheinlich auch noch einmal Stellung nehmen wird. Die erste Forderung des Antrages ist also praktisch erfüllt.

Zweitens. Die Uni Bayreuth ist vonseiten der Staatsregierung bei der Aufarbeitung unterstützt worden. Diese zweite Forderung ist also auch erfüllt.

Drittens. Informationen zum Stand der Doktorandenausbildung sind im Ausschuss im mündlichen Vortrag mehrfach gegeben worden. Wir können dies gern noch einmal tun, wenn Ihnen das Freude macht. Ich darf auch auf die Anträge des Kollegen Dr. Rabenstein verweisen, die wir in einer sehr konstruktiven Diskussion begleitet und zu denen wir eine Beschlusslage gefunden haben, die insgesamt positiv ist.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Aber nicht beschlossen! Zurückgestellt haben Sie diese!)

Viertens geht es darum, die Qualitätssicherung zu verbessern. Liebe Frau Gote, Sie haben es selbst gesagt: Kaum ein Bereich im Hochschulgesetz ist so geregelt wie der Promotionsbereich, und es gehört zum eigenständigen und ureigensten Recht der eigenverantwortlich agierenden Hochschule. Wir müssen diese Regeln umsetzen, statt neue zu schaffen. Das muss die Antwort auf diese Frage sein.

Fünftens haben wir immer auch die Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen zu beachten. Dabei müssen wir natürlich auch die Rolle der Doktorväter und -mütter kritisch hinterfragen und es muss geschaut werden: Wie wird eine Arbeit betreut? Wie wird sie umgesetzt? Gibt es einen Austausch, wird er diskutiert, und wird eventuell auch schon frühzeitig auf eine Fehlleistung hingewiesen? Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das getan werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die zweite Seite dieses Antrages ist eine hochpolitische - damals mehr, als es heute der Fall ist. Natürlich kann das Verhalten von Karl-Theodor zu Guttenberg - das ist die Hintergrundmatrix, vor der wir uns bewegen - aus wissenschaftlicher Sicht nicht gutgeheißen werden. Das ist vollkommen klar, ganz eindeutig; das wurde oft gesagt. Aber er hat den Titel zurückgegeben bzw. wurde er zurückgenommen. Er hat seine politischen

Ämter aufgegeben und sich aus der Politik zurückgezogen. Karl-Theodor zu Guttenberg hat für seinen Fehler mehr als genug gebüßt.

(Beifall bei der CSU)

Sein Vater Enoch zu Guttenberg hat in den letzten Tagen ebenfalls noch einmal deutlich gemacht, was alles losgetreten worden ist und wie die Familie angegangen wurde. Aber man darf auch einmal festhalten, was dort gelaufen ist, und wenn sich ein Vater einmal vor seinen Sohn stellt, dann ist das hoch ehrenhaft.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Im Übrigen darf ich darauf verweisen: Ich habe mit Genuss die Protokolle der Hochschulausschusssitzungen nachgelesen. Salbungsvolle Worte von der Kollegin Gote haben wir da gelesen, die leider, liebe Frau Gote, zu einer sehr scharfen Pressemitteilung im Vorfeld der Berichterstattung überhaupt nicht passen wollten. Das haben wir bereits im Ausschuss angesprochen, und laut Protokoll - nun wird es besonders spannend - hat die SPD festgehalten, das Ganze sei nur dann ein politisches Spiel, wenn man den Antrag nicht im Hochschulausschuss, sondern im Plenum behandeln würde. Nun haben Sie die Sache ohne Not hochgezogen und ich unterstelle, Sie spielen hier ein "schäbiges politisches Spiel".

(Beifall bei der CSU - Alexander König (CSU): Die Fortsetzung des Nachmittags ist das!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich festhalten: Das Thema wäre nach den Beratungen im Ausschuss eigentlich erledigt gewesen. Die sachliche Seite ist längst abgearbeitet und - darin sind wir uns im Hohen Hause alle einig - solche Dinge gehen nicht. Aber Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Konsequenzen daraus gezogen. Die weiteren Fälle sind aufzuarbeiten, wir wehren uns jedoch gegen eine politische Deutung, die eindeutig die Implikation wäre, wenn wir diesem Antrag zustimmen würden.

(Beifall bei der CSU)

Herr Sibler, bleiben Sie bitte noch einen Moment hier. Frau Kollegin Gote hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet.

Herr Kollege Sibler, die Formulierung "schäbiges Spiel" ist hart an der Grenze. Das sollte eigentlich nicht der Stil unserer Auseinandersetzung sein; meiner ist es jedenfalls nicht.

Ich hätte den Antrag nicht in das Plenum hochziehen müssen, wenn wir ihn im Ausschuss beschlossen hätten. Sie haben damals argumentiert, wir könnten den Antrag noch nicht beschließen, weil die Universität Bayreuth ihren Bericht noch nicht vorgelegt habe. Schon damals habe ich auf Folgendes hingewiesen: Wenn wir im Plenum endgültig darüber beraten, liegt der Bericht längst vor. Wann also, wenn nicht jetzt sollen wir uns damit befassen? Der Bericht liegt vor, aber Sie behaupten immer noch, der Antrag sei nicht zustimmungsfähig.

Herr Sibler, Sie sprachen davon - wir hören das oft von Ihren Kollegen -, was gegen den armen Herrn zu Guttenberg angeblich alles gelaufen sei. Ich möchte von Ihnen jetzt konkret wissen, was dort gelaufen ist. Ich stelle diese Frage auch deshalb, weil der Vater von Herrn zu Guttenberg kürzlich Ähnliches behauptet hat. Was ist konkret gelaufen? Ich wüsste nicht, dass etwas gelaufen ist. Legen Sie das bitte konkret dar!

Sie haben auch einen Einwurf zur Betreuung durch die Doktorväter bzw. Doktormütter gemacht. Wir brauchen uns nur anzuschauen, wie die Empfehlungen des Wissenschaftsrates 2002 in Bayern umgesetzt worden sind. Schon damals war es ein großes Thema, ob durch die Betreuung nicht Abhängigkeiten erzeugt werden. Wenn wir damals die Empfehlungen anders umgesetzt hätten, wären wir heute vielleicht weiter.

Wir sollten uns auch deshalb damit befassen, weil noch nichts vorangegangen oder erledigt ist. Wir haben von der Universität Bayern e. V. immer noch nicht gehört, welche Konsequenzen gezogen werden sollen. Die Universität Bayreuth will zu dem Thema eine Fachtagung veranstalten. Auch wir müssen uns doch damit befassen. Ich frage mich, welche Rolle wir insoweit als Wissenschaftspolitiker spielen. Es ist noch nichts erledigt.

Ich wiederhole meine Frage: Warum können Sie dem Antrag heute nicht zustimmen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin. - Bitte, Herr Sibler.