- Nein, weil Sie zu langsam sind. Wir kommen nicht weiter, weil Sie immer auf Berlin warten. Das ist wirklich ärgerlich.
Bereits seit dem Jahr 2006 haben die Länder die Möglichkeit, von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch zu machen. Die Bundesländer Bremen und Berlin haben bereits Spielhallengesetze verabschiedet. Auch das schwarz-gelb regierte Land Hessen steht kurz vor der Verabschiedung eines solchen Gesetzes. Wir wollen, dass auch Bayern diesen Weg geht. Unser Gesetzentwurf orientiert sich an dem Gesetzentwurf, den die Hessische Landesregierung eingebracht hat, um Ihnen die Zustimmung zu erleichtern. Vielleicht klappt es diesmal. Wir wollen eine Begrenzung des Wachstums der Spielhallen. Wir fordern einen umfassenden Jugendschutz, und wir for
dern Präventionsmaßnahmen gegen die Spielsucht. Schließlich fordern wir Handlungsmöglichkeiten der Kommunen.
Kurz einige Stichpunkte aus unserem Gesetzentwurf: Mindestabstand zwischen Spielhallen, Verbot von Mehrfachkonzessionen, Regelung des Problems der Geldwäsche, Beschränkung der Werbung für Spielhallen und Ausweiskontrollen am Eingang, damit Halbwüchsige nicht spielen können. Die Betreiberinnen und Betreiber sollen verpflichtet werden, auf Präventions- und Suchtberatungsangebote hinzuweisen. Im Gesetzentwurf werden außerdem die Sperrzeiten geregelt und das Verbot ausgesprochen, EC-Automaten direkt in den Spielhallen aufzustellen. Für suchtabhängige Spielerinnen und Spieler soll es Sperrdateien geben. Für zusätzlich aufgestellte Automaten soll eine Aufstellgebühr erhoben werden. Damit verfolgen wir den Weg, den wir schon einmal gegangen sind, dass wenigstens ein Teil der Gewinne abgeschöpft werden soll, um den Kommunen die Finanzierung ihrer Präventionsmaßnahmen zu ermöglichen. Die Kommunen sollen außerdem eine Höchstzahl von Spielhallen in ihrem Gebiet festlegen können. Bei Verstößen gegen einzelne Regelungen dieses Gesetzes sollen Bußgelder erhoben werden.
Zwischen dem Gesetzentwurf unserer Fraktion und dem Gesetzentwurf der SPD gibt es nur kleinere Unterschiede. Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, ich bin mir sicher, dass wir uns in den Beratungen einigen können. Meine Damen und Herren von der CSU und der FDP, wichtiger wäre es jedoch, dass Sie sich bewegen und endlich einmal sagen: Ja, wir brauchen in Bayern ein Gesetz, das es den Kommunen ermöglicht, zu handeln. Der Innenminister hat bei diesem Thema bisher immer auf das Baurecht verwiesen. Dieser Verweis hat sich bisher leider als unzureichend erwiesen.
- Ja. Viele Kommunen haben aber auch Prozesse verloren. Die Stadt Donauwörth wollte beispielsweise erreichen, dass neben dem dortigen Schulzentrum keine Spielhalle errichtet werden darf. Sie hat diesen Verwaltungsprozess verloren. Viele Kommunen verlieren Prozesse, wenn es um die Errichtung von Spielhallen in Bahnhofsnähe geht, wo viele Schülerinnen und Schüler umsteigen; denn Bahnhofsgebiete sind keine reinen Wohngebiete. Die Kommunen brauchen deshalb mehr Handlungsspielraum. Mit unseren Gesetzentwürfen bieten wir Ihnen diesen Handlungsspielraum. Stimmen Sie daher diesen Gesetzentwürfen zu.
Herr Kollege Stöttner steht schon bereit. Herr Kollege, im Ältestenrat wurden acht Minuten Redezeit vereinbart.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine werten Kolleginnen und Kollegen! Frau Schmitt-Bussinger und Frau Kamm, vielen Dank für Ihre Worte, die ich inhaltlich teile. Die Explosion der Zahl der Spielautomaten in Bayern ist nicht tragbar und führt zu einem großen Schaden für die Entwicklung unserer Jugendlichen. Wir sind uns einig, dass hier etwas getan werden muss.
Ich muss Sie jedoch korrigieren, da Sie sagten, dass die Regierungsparteien im letzten Jahr nichts getan hätten. Das stimmt nicht.
Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2010 müssen Spielarten, die die Gefahr einer Sucht in sich bergen, kohärent, also gleich geregelt werden. Daher hat die Ministerpräsidentenkonferenz bei ihrer Sitzung vom 26. bis 28. Oktober die Billigung des Entwurfs des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags beschlossen. 15 von 16 Bundesländern haben dieser Regelung zugestimmt. Lediglich das Land Schleswig-Holstein hat dagegen gestimmt. Am 15. November wird dieser Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag im bayerischen Ministerrat behandelt werden. Nach der Gesetzeslage wird dieses Gesetz vier Wochen später vom Herrn Ministerpräsidenten unterschrieben. Gleichzeitig wird die Bayerische Staatsregierung einen Gesetzentwurf zur Ausführung dieses Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vorlegen. Dieses Gesetz soll im nächsten Jahr zum 1. Juli 2012 in Kraft treten.
- Zum 1. Juli; denn dieses Gesetz muss zunächst in diesem Hohen Haus ratifiziert werden. Wir werden diesen Gesetzentwurf im Wirtschaftsausschuss im Schulterschluss behandeln und ich hoffe, dass wir eine Lösung finden werden, mit der Ihre beiden Parteien leben können.
Ich muss dazu sagen, dass bereits andere Länder, nämlich Berlin, Hessen, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ein solches Gesetz erlassen haben. Diese Länder werden jedoch zum 1. Juli nächsten Jahres ihre Gesetze ändern müssen. Würden wir jetzt ein bayerisches Gesetz einführen, müss
ten wir es zum 1. Juli nächsten Jahres wieder abschaffen, weil wir ein Ausführungsgesetz für Bayern beschließen müssen. Daher sind diese Gesetzentwürfe gut gemeint, schaffen aber keine Lösung, die langfristig halten würde.
Die von Ihnen angesprochenen Themen Erteilung von Glücksspielerlaubnissen, Bau von Spielhallen und Werbung für Glücksspiele werden in unserem Gesetzentwurf Berücksichtigung finden. Das gilt auch für Mehrfachkonzessionen und die Mindestabstände. Die Sperrzeitverlängerung um drei Stunden ist bereits enthalten. Eine weitere Verlängerung der Sperrzeiten kann durchaus noch in die Durchführungs- und Ausführungsbestimmungen aufgenommen werden. Das von Ihnen angesprochene Spielverbot für Minderjährige ist bereits in der Spielverordnung des Bundes geregelt. Ebenso ist das Verbot der Aufstellung solcher Spielgeräte an Orten, wo sich Kinder und Jugendliche besonders häufig aufhalten, bereits Gesetzeslage. Auch die Werbung im umfangreichen Bereich der Geldspielgeräte ist bereits gesetzlich geregelt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Zielsetzung sind wir uns weitgehend einig. Wir mahnen aber, und da gebe ich Frau Kollegin Kamm ausdrücklich recht, eine effektive Umsetzung nun schon seit Langem an. Natürlich, Herr Kollege Stöttner, haben Sie damit recht, dass sich zum 01.07.2012 die Rechtslage ändern soll. Es mag sein, dass dann Anpassungen erforderlich werden. Aber die Frage ist: Wie lange sollen wir denn warten? - Ich meine, es ist sinnvoll und richtig, dass der Bayerische Landtag ein Zeichen setzt, wie er es gerne hätte.
Ob die von SPD und GRÜNEN vorgelegten Gesetzentwürfe nun der Weisheit letzter Schluss sind, ist eine andere Frage. Wir begrüßen vieles in diesen Gesetzentwürfen; es gibt aber auch eine ganze Reihe von Regelungen, die wir in den Ausschüssen noch etwas genauer betrachten müssen.
Wir FREIE WÄHLER verfolgen einen etwas anderen Ansatz, um dem Ziel, die Überschwemmung von Kommunen mit Spielhallen einzudämmen, näher zu kommen. Es handelt sich dabei um ein Ärgernis, vor allen Dingen deswegen, weil die Akteure vor Ort, die
Bürgermeister und Gemeinderäte, aber auch die Bürger über den Weg der direkten Bürokratie keinen Einfluss nehmen können. Wir stellen die zentrale Forderung, zu ermöglichen, dass die Gemeinden und Städte selbst über den Umfang der Zulassung von Spielhallen entscheiden können. Wir haben deshalb beantragt, den Kommunen im Baurecht die Festsetzung von Konzentrationsflächen zu ermöglichen.
Ihre Konzeption ist die: Alle 500 Meter darf eine Spielhalle sein. Bei Ihnen ist es eine Luftlinie, wir ziehen Kreise. Ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist. Stellen Sie sich eine Kommune mit einer Fläche, ich sage einmal, von 30 Quadratkilometern vor. Sie können sich ausrechnen, wie viele Spielhallen dort zulässig wären. Die würden dann aber teilweise an Orten stehen, wo sie überhaupt nicht hingehören.
Ich persönlich würde es befürworten, wenn den Kommunen ermöglicht würde, diese Vergnügungsstätten an bestimmten Orten, in bestimmten Straßen oder meinetwegen in bestimmten Vierteln zu konzentrieren. Umgekehrt sollte es dann möglich sein, den Rest der Gemeinde bzw. der Stadt spielhallenfrei zu halten. Das Suchtpotenzial und die Gefahr, die Spielsucht zu wecken, sind größer, wenn die Spielhallen flächendeckend verteilt sind, als wenn sie sich in einer oder in zwei Straßen konzentrieren.
Ich weiß auch nicht, ob alles, was Sie in diesen Gesetzentwurf hineinschreiben, sein muss. Teilweise sind die darin enthaltenen Regelungen so bürokratisch, dass man in der Abwägung mit den anderen Zielen Fragezeichen dahinter setzen muss.
Ich weise noch auf ein paar Dinge hin, die mir aufgefallen sind: Möglicherweise überspannt man den Bogen, wenn man eine aktive Information über die Glücksspielsucht fordert. Wir müssen darüber reden, wie das gemeint ist. Wenn das in Form eines Aushangs geschehen soll, habe ich persönlich kein Problem damit. Es würde aber sicher zu weit führen, wenn man die Inhaber dazu verpflichtet, jeden, der die Spielhalle betritt, über die Glücksspielsucht und Beratungsangebote sowie die Behandlung der Sucht aufzuklären. Jemand, der, ohne süchtig zu sein, eine Spielhalle aufsucht - solche Leute gibt es schließlich auch -, würde sich wohl bevormundet fühlen. Das geht sicherlich zu weit.
Es gefällt mir gut - da spreche ich die Kollegen von der SPD-Fraktion an -, dass Sie in Artikel 11 Absatz 2 Nummer 1 ein Verbot der Kreditgewährung zu Spielzwecken aufnehmen. Das ist ein Mittel, mit dem Glücksspielsucht sehr aktiv und unbürokratisch bekämpft werden kann. Derjenige, der Geld aufnimmt, um damit zu spekulieren, muss geschützt werden. Die
einen oder anderen werden sich an die Regelungen des BGB zu Spiel und Wette erinnern; das sind unvollkommene Verbindlichkeiten. Der Gesetzgeber hat schon um 1900 erkannt, dass ein besonderer Bedarf besteht, die Menschen vor sich selbst zu schützen. Ob man allerdings Personen ein Spielverbot erteilen kann, die erkennbar wirtschaftlich nicht zum Spielen in der Lage sind, wage ich zu bezweifeln. Woran wollen Sie das festmachen? Wollen Sie sagen, derjenige, der etwas heruntergekommen gekleidet ist oder von dem man weiß, dass er gerade in der Lehre ist, muss die Spielhalle verlassen, obwohl er weitere Einkünfte hat? Vor dem Hintergrund des Datenschutzes bin ich skeptisch, ob wir das ins Gesetz aufnehmen sollten.
Wir stehen vor den Beratungen der Gesetzentwürfe in den Ausschüssen. Wir werden die Details in den Ausschussberatungen besprechen können. Das grundsätzliche Ziel ist, keine weiteren Spielhallen mehr zulassen zu müssen. Zweitens steht die Suchtbekämpfung im Fokus. Wir sollten allerdings vorsichtig sein; denn wir können über diesen Umweg den Inhabern bestehender Spielhallen nicht die Ausübung ihres Gewerbes verbieten. Deswegen, Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig mit Äußerungen zu einer Dezimierung des Bestands. So weit darf es sicherlich nicht gehen.
Auch wenn der Schutz des Einzelnen vor Suchtgefahren im Vordergrund steht, müssen wir die Interessen von Unternehmern berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung muss man auch deren Interessen gewichten.
Wir werden uns mit diesen Gesetzentwürfen intensiv auseinandersetzen müssen. Wir begrüßen es, dass sich der Landtag dieses Themas annimmt, und hoffen, dass vonseiten der CSU und der FDP konstruktive Vorschläge kommen und nicht nur der Hinweis darauf, dass wir vom Bundesgesetzgeber momentan noch keine Vorgaben haben. Denn immerhin hat der bayerische Landesgesetzgeber auch eine Bedeutung. Wir müssen unser Licht nicht unnötig unter den Scheffel stellen.
Vielen Dank, Herr Pohl. Wir fahren in der Beratung der beiden Gesetzentwürfe fort. Nächster Redner ist Herr Kollege Rohde. Ihm folgt Frau Kollegin Schmitt-Bussinger. Bitte schön, Herr Rohde.
uns schon öfter über Spielhallen unterhalten. Sie wissen, dass wir sozusagen in einem Ebenenproblem stecken. Wir haben die Spielverordnung. Für sie ist der Bundeswirtschaftsminister zuständig. Sie wird zum Jahreswechsel kommen. Ich bitte also um noch ein bisschen Geduld.
Der Glücksspieländerungsstaatsvertrag wird voraussichtlich im Dezember von den Ministerpräsidenten unterzeichnet. Insofern kommen Ihre Gesetzentwürfe ein bisschen zu früh. Die Spielhallen haben die Kommunen genehmigt. Damit haben wir unterschiedliche Zuständigkeiten. Das macht das Ganze so schwierig.
Beide Gesetzentwürfe wollen die Abstände zwischen Spielhallen regeln. Ich sehe das positiv. Ich sehe auch die Sperrdatei positiv. Dazu habe ich noch an vielen Stellen Überzeugungsarbeit zu leisten. Ich bin davon überzeugt, dass das eine richtige Sache ist. Über die Ordnungswidrigkeiten brauchen wir ebenfalls nicht im Detail zu sprechen. Grundsätzlich kann man das festlegen. Das sind positive Punkte, die ich herausheben möchte und über die wir diskutieren können.
Frau Kamm hat schon angedeutet: In beiden Gesetzentwürfen gibt es eine große Lücke. Sie betrifft das Problem der Automaten in Gaststätten. Dafür gibt es auf Bundesebene Lösungen.
Dann zu dem, was Herr Pohl gerade angesprochen hat: Natürlich wollen auch wir keine kalte Enteignung des Spielhallenbetreibers, indem man sagt: Die Konzession gilt nur fünf Jahre, danach nicht mehr. So etwas darf nicht sein. Beispielsweise ist ein Gebäude nicht innerhalb von fünf Jahren abgeschrieben. Menschen, die in Gebäude investieren, brauchen dafür Schutz.
Ich freue mich, dass Sie sich gerade hinsichtlich der Sperrdatei der Initiative der Bundesdrogenbeauftragten - da spielt die FDP eine Rolle - angeschlossen haben. Da liegt auch der Schlüssel dafür, dass ich skeptisch bin, wie ein Spielhallengesetz für Bayern ausschauen muss. Wünschenswert wäre natürlich das, was Sie hier vorgestellt haben, Frau Kollegin Schmitt-Bussinger: der Spielerschutz. Aber wie gewährleiste ich den Spielerschutz am besten?
Damit komme ich zu der rechtlichen Seite. Was das Spielhallengesetz regeln könnte - dazu haben Sie etwas vorgelegt -, ist der Zutritt zur Spielhalle. Hier muss man sich vorstellen: Am Eingang steht jemand, der diejenigen, die eintreten, um Vorlage ihres Ausweises bittet und prüft, ob sie gesperrt sind oder min
Damit wäre aber nicht geprüft, ob jemand gleich an zwei oder noch mehr Automaten spielt. Es könnte auch sein, dass der Betreffende gesperrt ist, aber eine falsche Karte vorzeigt. In solcher Hinsicht gibt es noch eine große Lücke. Diese könnte man schließen, indem man eine sogenannte Spielerkarte schafft, die nach Einführung in den Automaten einen Spieler dahin identifiziert, dass er nicht gesperrt ist. Die Spielerkarte könnte auch den Charme haben, das Problem des Spielerschutzes für die Gaststätten mitzuerledigen. Wenn man dies regelt, kommt man in den Bereich der Bundesgesetzgebungskompetenz und der Spielverordnung.
Deswegen bin ich geduldig und warte, ob vielleicht aus Berlin die richtige, bundeseinheitliche Lösung kommt; dies wäre mein Traum. Aber darauf warte ich höchstens noch ein halbes Jahr. Wenn aus Berlin keine Lösung kommt, müssen wir für Bayern eine schaffen.