Wir waren darüber erstaunt, in welchem Ausmaß rechtsextremistische Kräfte trotz all unserer Warnungen und Hinweise an die Staatsregierung zum Zuge kommen konnten. Auch ich, der ich mich als Oberfranke seit Jahren mit dieser Materie befasst habe - in Oberfranken ist leider ein Nest der Neonazis -, war davon überrascht, was sich hier zusammengebraut hat.
Meine Damen und Herren, ich möchte hier deutlich sagen: Wir dürfen es uns nicht zu einfach machen. Es gibt keine einfachen Rezepte gegen und Antworten auf Neonazis, vor allem auf jugendliche Neonazis.
Mich hat am meisten überrascht, dass es uns trotz vieler präventiver Maßnahmen, trotz vieler Aktionen auch an den Schulen nicht gelungen ist, viele Jugendliche davon abzuhalten, mit diesen Gruppen in Kontakt zu treten. Daran müssen wir arbeiten.
Ein Schritt ist sicher das schon angesprochene NPDVerbot, das wir Sozialdemokraten auf den Weg gebracht haben. Ich danke allen hier im Haus, dass wir gemeinsam das NPD-Verbotsverfahren einleiten konnten. Jetzt ist die Zeit, in der wir diese Anträge und Beschlüsse brauchen. Deswegen sage ich Herrn Kollegen Freller, der daran mitgearbeitet hat, ausdrücklich herzlichen Dank. Ich glaube, es ist eine Sternstunde des Parlaments, diese Aktion gemeinsam durchzusetzen.
Die Gründe dafür sind schon genannt worden: Wir dürfen keine Partei finanziell unterstützen - das versteht niemand -, die die Demokratie bekämpft. Diese Partei ist im rechtsradikalen Umfeld tätig. Es geht hier vor allem um die Opfer. Wir dürfen den Opfern nicht zumuten, dass wir auf die Äußerungen einer Partei, die verboten gehört, keine Antworten haben.
Ich möchte hier den Kommentar "Aufstand der Unfähigen" von Heribert Prantl in der "Süddeutschen Zeitung" zitieren:
Die Demokratie kann gewalttätige Neonazis aushalten, ein Einwanderer nicht. Ein Verbot der NPD kann also vorbeugender Opferschutz sein.
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber ganz deutlich sagen: Ein NPD-Verbot löst nicht alle Probleme. Wir dürfen nicht in einen Aktionismus verfallen und sagen, schaut her, was wir Demokraten alles zusammen tun, und von den Problemen ablenken, anstatt darauf zu schauen, was falsch gelaufen ist. Wir müssen genau hinschauen, was wir besser machen könnten. Deswegen, meine Damen und Herren, meine ich, dass der Beitrag von Natascha Kohnen in die richtige Richtung gegangen ist. Er war keine politische Profilierung, sondern gab klare Antworten auf die Frage, was wir besser machen müssen.
Die Diskussion darüber darf nicht wieder so geführt werden, als handle es sich beim Verbot um den großen Exorzismus, der vom Neonazismus befreit. Sie darf auch nicht von den unfasslichen staatlichen Fehlern bei der Organisation von Sicherheit ablenken. Zu diesen Ablenkungsmanövern gehören geplante neue Register und Organisationszentralen.
Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, davon haben wir wirklich schon genug. Überwachung hat stattgefunden, und trotzdem konnte so etwas passieren.
Herr Innenminister, Martin Wiese hat eine langjährige Haftstrafe abgesessen, ist allerdings dadurch nicht schlauer geworden, sondern hat sofort danach wieder Kontakt aufgenommen. Mir ist unerklärlich, wie dem vom Freistaat so zugeschaut werden konnte.
Vor allem Theo Ziegler von Wieses Führungsaufsichtsstelle geriet deshalb in die Kritik. Zu Unrecht, wie er selbst sagt. "Natürlich überwache ich Wiese, aber ich habe keine Mitarbeiter, die ich einsetzen könnte. Da bin ich auf die Polizei angewiesen." Die Polizei jedoch arbeitet langsam. Jedenfalls hatten die Beamten auch bis Mittwoch - drei Tage nach Wieses Aufmarsch also - das Landgericht noch nicht informiert.
- Herr Minister, wie kann so etwas sein? - Hier müssen wir ansetzen und diesen gefährlichen Leuten das Handwerk legen.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Rabenstein. - Als Nächste hat Frau Kollegin Tausendfreund das Wort. - Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben noch drei Minuten für Ihre Fraktion.
eingehen. Wir halten ein NPD-Verbot für dringend erforderlich. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass die Neonazis dadurch nicht verschwinden, sondern sich auf andere Art und Weise wieder organisieren werden. Wir wollen aber das NPD-Verbot, weil es unerträglich ist, dass diese Partei staatlich finanziert wird.
Das Scheitern des Verbotsverfahrens im Jahr 2003 war ein fatales Signal. Es hat der NPD erst zur Popularität verholfen. Grund für dieses Scheitern war der exzessive V-Mann-Einsatz, der auch heute noch stattfindet. Zahlreiche Funktionäre der NPD wurden für ihre fragwürdigen Informationen vom Verfassungsschutz bezahlt. Die Zuordenbarkeit des Handelns wurde damit infrage gestellt. Es liegt auf der Hand, dass ein neues NPD-Verbotsverfahren wieder scheitern wird, wenn von dieser V-Mann-Praxis nicht Abstand genommen wird.
Herr Innenminister Herrmann, Sie verteidigen den VMann-Einsatz und wollen daran festhalten. Wir müssen aber darauf verzichten, wenn wir dem NPD-Verbotsverfahren eine Chance geben wollen. Der VMann-Einsatz steht dem NPD-Verbot nicht nur entgegen, sondern er ist auch höchst problematisch.
Die V-Leute bleiben in erster Linie Neonazis. Sie geben ihre rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Haltung nicht auf. Nur in zweiter Linie sind sie Informanten für den Staat. Von der Qualität der Informationen kann man halten, was man will. Das muss man genau untersuchen. Ich halte von der Qualität der Informationen von solchen Leuten nicht besonders viel.
Für die NPD und sonstige rechtsextremistische Organisationen sind die Honorare offensichtlich ein wichtiger Bestandteil des Strukturaufbaus. Staatliche Finanzierung über die Honorare der V-Leute, die in die Strukturen der Rechtsextremisten fließen, ist unerträglich.
Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass die V-Leute mehr schaden, als dass sie nützen können.
Der bessere Weg wäre der Einsatz von verdeckten Ermittlern. Ich weiß auch, dass es schwierig ist, verdeckte Ermittler in die Szene einzuschleusen. Das ist aber der einzig korrekte Weg.
Wir brauchen öffentliche Aufklärung. Wir müssen aber auch das Parlamentarische Kontrollgremium einschalten. Dieses kleine Gremium ist dafür verantwortlich, die Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu kontrollieren. Ich habe bereits eine Sondersitzung beantragt; sie wird am nächsten Dienstag stattfinden. Eine erste Unterrichtung wird erfolgen. Wir brauchen aber nicht stehen zu bleiben. Weil dieses Gremium nur aus sieben Personen besteht und eine genaue Kontrolle durch dieses Gremium meines Erachtens nicht ausreichend gewährleistet ist, brauchen wir einen Sonderermittler,
der dann einen Bericht abgibt. Das Parlamentarische Kontrollgremium muss dann die Ergebnisse der Ermittlungen dem Landtag in möglichst öffentlicher Form präsentieren.
Im Kontrollgremium können wir in die Tiefe gehen. Wir können nachsehen: Welche Erkenntnisse lagen dem Landesamt für Verfassungsschutz vor? 1998 hat es die Information gegeben, dass die Zwickauer Terrorbande untergetaucht ist. Diese Information ist an alle Bundesländer und alle Landesämter für Verfassungsschutz weitergegeben worden. Sie sind mit Haftbefehl gesucht worden. Ich brauche keine Vorratsdatenspeicherung, um diese Informationen für die Strafverfolgung, für die weiteren Ermittlungen, für die Tätigkeit des Verfassungsschutzes nutzen zu können.
Wir müssen untersuchen, welche konkreten Informationen wir aufgrund der V-Leute gewonnen haben. Das ist Aufgabe dieses Gremiums. Nächste Woche fangen wir damit an.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun noch einmal Herr Staatsminister Herrmann das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, Hohes Haus! Ich möchte mich für die überwiegend sehr angemessene Aussprache herzlich bedanken. Auf die Beiträge, die aus dem Rahmen fielen, will ich jetzt nicht näher eingehen; denn das würde dem gemeinsamen Anliegen, dass wir - daran halte ich nach wie vor fest - in einer gemeinsamen Anstrengung aller Demokraten Rechtsextremismus bekämpfen wollen, nicht guttun.