Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Museumspädagogische Zentren. Im Prinzip versteckt sich dahinter gar nichts Schlechtes, ein Zentrum für ehrenamtliche Museumsarbeit.

(Simone Tolle (GRÜNE): Nein, nein!)

- Ja. Lesen Sie die Anträge einmal genau durch. Lesen Sie Ihre Anträge und halten Sie nicht nur eine über alles hinweggehende staatstragende Rede; denn die bringt uns nicht weiter. Wir bleiben jetzt bei Ihren Anträgen.

(Beifall bei der CSU)

Sie bauen Doppelstrukturen auf. Wir haben das "Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement", wir haben die Landesstelle für nichtstaatliche Museen, die hier genauso zur Seite steht, wir haben all jene Netzwerke, die sich vor Ort gebildet haben. Die meisten Museen in Bayern haben längst Freundeskreise.

(Volkmar Halbleib (SPD): Alles bestens! Alles ideal! Alles wunderbar! Lesen Sie doch einmal den ORH-Bericht! Der kam letzte Woche erst!)

- Herr Halbleib, da kennen Sie mich zu gut als kritischen Abgeordneten. Nur, ich ertrage es nicht, dass Sie sich wieder hier hingestellt und so getan haben, als hätten wir in Bayern außerhalb Münchens kein Museum oder kein ordentlich geführtes Museum. Das lasse ich nicht durchgehen!

(Beifall bei der CSU)

Ich könnte das beliebig fortsetzen, aber man kann in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht auf jeden Antrag eingehen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Bitte! Ja!)

Spannend ist auch die elektronische Inventarisierung. Da wird von Herrn Dr. Dürr wunderbar ausgeführt, dass diese zur Bewahrung unseres kulturellen Erbes unerlässlich sei. Ich frage mich: Wenn wir überhaupt erst seit in paar Jahrzehnten elektronische Verarbeitung haben, wie können wir dann eine jahrtausendealte Tradition in Europa haben? - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Dr. Otto Bertermann (FDP))

Vielen Dank, Herr Kollege. Sie haben schon richtig erkannt, dass Sie noch eine Zwischenbemerkung zu beantworten haben, zu der ich jetzt für die GRÜNEN der Kollegin Christine Stahl das Wort erteile. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich sitze zwar nicht als Mitglied im Kulturausschuss, aber halten Sie uns bitte nicht für dumm.

(Georg Winter (CSU): Doch!)

- Sie können es halten, wie Sie wollen; aber wir in den Regionen wissen doch, wie die Kulturpolitik, die die Staatsregierung betreibt, aussieht.

In Nürnberg gibt es ein neues Museum. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mittlerweile einen Ankaufetat haben. Auf jeden Fall hatten sie ihn über Jahre hinweg nicht. Ich glaube, daran hat sich auch nichts geändert. Wir haben eine ganze Anzahl kleiner kommunaler Museen, die schauen müssen, wie sie sich finanzieren. Die Museumspädagogik vor Ort muss sich anders als in München selbst tragen. Ich habe leider nur zwei Minuten Zeit. Ich könnte Ihnen aus der Region von vielem berichten. Ich bin sehr froh, dass mein Kollege Dürr die Anträge hochgezogen hat, denn so viel habe ich von der CSU zur Kulturpolitik in den vergangenen drei Jahren wirklich nicht gehört wie heute von Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenigstens befassen Sie sich einmal damit. Sie sagten, Kulturpolitik darf nicht staatlich gesteuert sein. Ich möchte Ihnen schon in Erinnerung rufen, dass Sie in der Bayerischen Verfassung spätestens seit 1984 vorher stand es aber auch schon drin - in Artikel 3 Absatz 1 den schönen Satz finden: "Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. Er dient dem Gemeinwohl." Deswegen dürfen wir auch die Forderung erheben, dass sich der Freistaat Bayern auf diesem Gebiet engagiert, und zwar nicht nur, um die kulturelle Überlieferung zu schützen, sondern auch, um Angebote in den Regionen zu schaffen. Also noch einmal: Der Staat ist gefordert, und der Staat soll sich engagieren. Sie sagten uns, wir sollten die Anträge lesen. Ich kann Ihnen nur sagen, Sie haben sie zwar gelesen, aber wohl nicht verstanden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Jörg, zur Erwiderung bitte.

Liebe Frau Vizepräsidentin, jetzt haben Sie so gut angefangen. Es hätte Spaß gemacht, mit Ihnen zu diskutieren, weil Sie nämlich die Finger auf die eine oder andere Wunde legten. Ich nenne nur unsere staatlichen Zweigmuseen, bei denen wir in der Tat einiges machen müssen, was eine interessante Herausforderung ist. Sie wurden aber gleich wieder generalisierend und fuhren im selben Duktus wie Ihr Kollege Dr. Dürr fort. Selbstverständlich sind wir ein Kulturstaat. Selbstverständlich macht dieser Staat auch einiges für die Kultur. Sie suggerieren schon wieder, dass wir nichts machen würden. Das kann ich nicht tolerieren. Diesen Unterton lasse ich hier nicht durchgehen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen für Zwischenbemerkungen liegen mir nicht vor. Die nächste Rednerin ist Kollegin Isabell Zacharias für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Jörg, wenn das eben kein dramatischer Auftritt war, weiß ich nicht, was gutes Theater heute noch wert ist.

(Beifall bei der SPD - Karl Freller (CSU): Zur Sache!)

- Lassen Sie mich doch einfach ruhig und sachlich bleiben. Ich muss mich zusammenreißen, damit ich nicht wieder so schlimme Sachen von mir gebe.

(Karl Freller (CSU): Zur Sache!)

- Zur Sache, Schätzchen! Ganz genau! Zur Sache sage ich jetzt gerne etwas, wenn Sie mir aufmerksam folgen wollen.

(Georg Schmid (CSU): Aber gern!)

Herr Jörg, Sie sagten, Sie empfänden das Kulturverständnis, welches die GRÜNEN hier an den Tag legen, als befremdlich. Soll ich Ihnen sagen, was ich als befremdlich empfand? Bei der Anhörung zu den Kulturleitlinien, zur Frage, wo es denn mit der Kultur in Bayern hingeht, hat uns der erste Experte, ein bekannter Opernintendant aus München, nach ein paar Auswüchsen nach einer Dreiviertelstunde verlassen. Als dann die wirklichen Expertinnen und Experten zu Wort kamen, ging die Spitze des Wissenschaftsministeriums. Sie hat sich nicht angehört, was bei dieser Anhörung von den Expertinnen und Experten zu diesem Thema gesagt wurde. Das empfinde ich als befremdlich.

(Beifall bei der SPD - Ulrike Gote (GRÜNE): Das hätte ihnen auch sehr weh getan!)

- Das hat ihnen auch sehr weh getan, und deswegen sind sie gegangen und haben sich zu Hause die Pflaster aufgelegt.

Jetzt zu den fünfzehn Anträgen. Lieber Sepp Dürr, herzlichen Dank für diese phantastischen Anträge. Sie sind zu Recht hochgezogen worden, weil sie im Hochschulausschuss abgefrühstückt wurden. Es hat kaum eine Aussprache dazu gegeben, die Anträge wurden mit immer dergleichen Argumentation abgebügelt. Sie haben es verdient, dass darüber länger inhaltlich gesprochen wird.

(Beifall bei der SPD)

Unter den Anträgen waren viele Berichts- und Konzeptanträge. Ich frage mich immer, welches Konzept es im Freistaat Bayern für die Museen und für die Kulturlandschaft gibt. Die Lage der Museen ist Folgende: Die Kulturreferenten der großen Städte in Bayern haben uns unlängst erklärt, dass sie wegen der freiwilligen Leistungen des Freistaates Bayern an die Kommunen in höchstem Maße beunruhigt seien, weil sie nicht wissen, wie viel die nächsten Doppelhaushalte noch ausspucken werden. Deswegen denken Sie, wenn auch kontrovers, darüber nach, ob die Kultur zu einer kommunalen Pflichtaufgabe werden

muss, damit die Häuser vor Ort geschützt werden können; das gilt übrigens auch für Museen.

Die nächste Frage hat der Kollege schon erwähnt. Es geht um die Berücksichtigung der Zuwanderung in den staatlichen und nichtstaatlichen Museen in Bayern. Wie unterstützt der Freistaat, allen voran das Wissenschaftsministerium mit seiner Leitung, die Museen darin, dass die Zuwanderungsgeschichte überhaupt bei ihnen Einzug hält? Vor wenigen Wochen haben wir das fünfzigjährige Bestehen des Anwerbeabkommens mit der Türkei gefeiert. Großmundige Reden wurden dazu gehalten. Wo finden wir dieses Thema in den Museen? So gut wie gar nicht. Die museumspädagogischen Erkenntnisse sind phantastisch und wunderbar. Jeder weiß das. Kollege Jörg hat es ausgeführt. Wie schön ist es, wenn Schulklassen und Kinder in Museen gehen und mit leuchtenden Augen das anfassen, angreifen und fühlen dürfen, was ein Museum bedeutet. In kaum einem Haus ist das eingeführt worden. Was macht denn der Freistaat? Was macht das Wissenschaftsministerium, um die Museumspädagogik zu unterstützen? Ich sage: Gar nichts!

(Beifall bei der SPD)

Der ORH-Bericht ist doch nur peinlich. In diesem Bericht einer unabhängigen Einrichtung wird gesagt, dass es seit 2002 ein Agreement mit dem Wissenschaftsministerium gibt - dazu gibt es einen Landtagsbeschluss -, dass etwas für die Zweigmuseen getan werden muss. Wenn meine Mathekompetenz stimmt, dann ist dieses Agreement neun Jahre alt. Nichts ist gemacht worden. Es ist sogar schlimmer, der Zustand der Zweigmuseen ist noch schlechter geworden. Er ist schlechter denn je. Schämen Sie sich dafür, Herr Minister, dass Sie das zugelassen haben. Ich schäme mich dafür, dass wir hier die Nase dafür hinhalten müssen. Hier ist nichts getan worden. Dies positiv darzustellen, verlangt eine Rhetorik, auf die ich gespannt bin.

Jetzt komme ich zur Frage, wo das Konzept bleibt, Herr Minister. Auf Ihr Konzept bin ich nämlich sehr gespannt. Wo wollen wir denn mit unseren Museen 2020 oder 2030 hin? Wie gestalten wir denn die Zukunft der Erinnerungsarbeit, der Begegnungskulturen und der Orte, wo wir Geschichte erleben, ergreifen, erfühlen und ertasten können? Ich darf Ihnen dazu einen Vorschlag machen, weil Sie immer sagen, dass keine konkreten Vorschläge im Raum sind. Wir wollen einmal ein Museum haben, in dem Forschung, Bildung und Innovation die Hauptintention sind. Wir wollen ein Museum für Forschung, Bildung und Innovation für alle Schulklassen von nah und fern. Wie wäre es denn, wenn wir das Museum für Mensch und Natur kühn erweitern würden? Wir müssten es deswegen

kühn erweitern, weil wir wissen, dass zurzeit ungefähr 1.300 Schulklassen in dieses wunderbare Museum nach München ins Nymphenburger Schloss kommen. Mehr als doppelt so viel wollten aber in dieses Museum kommen. Erweitern wir also dieses Museum und machen es zu einem Naturkundemuseum, dem ersten seiner Art in Bayern. Damit könnten wir alle Schülerinnen und Schüler erreichen. Wir hätten damit ein Museum für Bildung, Forschung und Innovation. Das ist doch eine Zukunftsaufgabe. Das wäre eine Investition für die Zukunft unserer Kinder und Schülerinnen und Schüler hier in Bayern. Das sind junge Menschen, die eine Kultureinrichtung besuchen wollen. Seien wir doch ehrlich: Der Konzertsaal erreicht zwar auch Menschen, aber Menschen, deren Durchschnittsalter nicht dem der Schülerinnen und Schüler Bayerns entspricht.

Ein Letztes, meine Damen und Herren von CSU und FDP. Ich darf Ihnen einmal den Begriff "Leuchtturm" erklären. Es wird hier immer von den Leuchtturmprojekten, vom Konzertsaal in München oder vom Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg, gesprochen. Soll ich Ihnen sagen, was ein Leuchtturm ist? Als eine, die von der Küste kommt, weiß ich, was ein Leuchtturm ist. Ein Leuchtturm dreht sein Licht, damit die Schiffer auf hoher See die Küste gut erkennen und anlanden können. Im Leuchtturm selber sitzt übrigens nur der Leuchtturmwärter, aber kein Besucher. Ist das bei Ihnen die Vorstellung von einem Leuchtturmprojekt? Herr Minister, stellen Sie uns endlich ein Konzept für die museale Landschaft in den nächsten Jahrzehnten vor und hören Sie auf, darauf herumzuhacken, dass die Anträge der GRÜNEN kleingeistig seien. Sie sind richtig und gut, und wir haben keinem Antrag widersprochen.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Kollege Fahn für die FREIEN WÄHLER.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Jörg, wenn Sie kritisieren, das habe keinen Sinn, das sei in Bayern alles pauschal geregelt, haben Sie recht. Dass es außerhalb Münchens gute Museen und kulturelle Angebote gibt, bestreiten wir nicht. Aber unserer Auffassung nach ist in Bayern das Ganze zu stark auf München konzentriert. Das muss sich in der Kulturlandschaft insgesamt ändern.

Die GRÜNEN haben hierzu 15 Anträge gestellt. Den Anträgen Nummer 29 bis 42 stimmen wir insgesamt zu. Das haben wir in den Ausschüssen bereits getan.

Stellung nehmen möchte ich allerdings zur Entscheidung betreffend das Haus der Bayerischen Geschich

te, weil ich heute Morgen um 08.06 Uhr eine von drei interessanten E-Mails zu diesem Thema bekam. Was uns nach wie vor stört - das gilt für die gesamte Kulturpolitik -, ist die Entscheidungsfindung auf diesem Gebiet; denn diese ist vor allem beim Haus der Bayerischen Geschichte nicht transparent gewesen. Die politischen Gremien im Bayerischen Landtag, insbesondere der Hochschulausschuss, wurden lediglich im Nachhinein informiert, aber nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden. Das ärgert uns, wenngleich wir einerseits sagen: Die Entscheidung für Regensburg ist gefallen. Okay, wir gratulieren Regensburg. Andererseits müssen wir in die Zukunft schauen und versuchen, das Ganze zu verbessern; denn es kann nicht sein, dass gesagt wird: Herr Minister, wir haben einen wissenschaftlichen Beirat, der schon alles macht. Zudem gibt es einen Beirat für das Haus der Bayerischen Geschichte. Aber wo sind hier die politischen Ausschüsse? Diese werden in die Überlegungen nicht maßgeblich eingebunden, und das ist das Problem.

Im Hochschulausschuss wird zwar über diese Themen gesprochen, und es werden die Kriterien genannt. Aber wenn gefragt wird, wie viel es kostet, wird nichts gesagt. Ich lese in den Zeitungen Summen in Höhe von 20 Millionen und 30 Millionen Euro, zum Beispiel in der "Welt am Sonntag" vom 20.11.2011 war von bis zu 55 Millionen Euro die Rede. Was soll man da glauben? Da ist keine sachgerechte Entscheidung möglich. Wenn zudem unsere Landtagspräsidentin in der "Mainpost" richtigerweise zitiert wird, sie sei von anderen Spielregeln ausgegangen, muss im Falle Würzburg an der Kritik etwas dran sein. Ich kann verstehen, dass Bürgermeister Rosenthal verärgert ist; denn einer Stellungnahme zufolge hat der Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, Loibl, behauptet, Würzburg sei über jeden Schritt informiert gewesen. Mittlerweile haben aber Recherchen der Stadt Würzburg ergeben: Das stimmt nicht, eine Vorpräsentation des Gesetzentwurfs fand nicht statt. An zwei Tagen machte lediglich ein Mitarbeiter des Staatlichen Bauamtes in Anwesenheit eines Stellvertreters des Hausmeisters Innenaufnahmen vom Gebäude, jedoch ohne Information der Stadtverwaltung und des Oberbürgermeisters. Das hat mit Transparenz und ergebnisoffener Prüfung nichts zu tun.

Das Interessante ist: Heute Morgen bekam ich um 08.06 Uhr drei E-Mails, unter anderem eine E-Mail mit der Bitte, das eben versandte, zurückgezogene EMail zu ignorieren. Ich habe also heute Früh im Nachhinein per E-Mail Begründungen für die Entscheidung bekommen, warum Regensburg ausgewählt wurde und andere Orte nicht. Die ersten zwei E-Mails waren falsch und enthielten die Bitte, sie zu ignorieren. In der dritten E-Mail wurden Ergänzungen genannt, die