Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Punkt 7: Eine starke Wirtschaft braucht starke Frauen. Die Deutsche Telekom macht es vor. Mittels betriebsinterner Frauenquoten sollen bis Ende 2015 bereits 30 % der mittleren und oberen Führungspositionen mit Frauen besetzt sein. Die Wirtschaft kann auf das Know-how weiblicher Fachkräfte auch in Führungsverantwortung nicht verzichten. Deshalb wird sich die SPD auf Bundesebene für eine verpflichtende Frauenquote auch im Bereich der Wirtschaft einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Auf Landesebene wird die SPD ein Gleichstellungsgesetz verwirklichen, damit im öffentlichen Dienst in Bayern bei gleicher Eignung Frauen in den Bereichen bevorzugt eingestellt werden, in denen sie unterrepräsentiert sind.

(Beifall bei der SPD)

Punkt 8: Die SPD wird in Regierungsverantwortung die Kommunen vom zentralistischen Gängelband der Bayerischen Staatsregierung lösen.

(Beifall bei der SPD)

Die Kommunen beschweren sich mit Recht über den überbordenden Bürokratismus bei Zuschussverfahren, übrigens gerade in Bereichen, die das angeblich freiheitlich geführte Wirtschaftsministerium angehen. Es sind gerade CSU-Bürgermeister und auch Bürgermeister der FREIEN WÄHLER, die sich hierüber beschweren. Wir wollen weniger Bürokratie, mehr Planungssicherheit und mehr Spielräume bei den Finanzen. Die Kommunen sollen selbst maßgebliche Wirtschaftsakteure vor Ort sein, und unsere kommunalfreundliche Politik wird der einheimischen Wirtschaft nutzen.

Punkt 9: Die SPD wird in Regierungsverantwortung die Breitbandförderung intensivieren. Das hat eine lange Geschichte im Freistaat Bayern. Erwin Huber wollte die Breitbandförderung zunächst überhaupt nicht mit der Begründung, das sei keine staatliche Aufgabe. Insofern ist Ihre Formulierung, Herr Staatsminister, Sie hätten die Förderung versechsfacht, fast schon ein bisschen drollig; denn null mal sechs ergibt keinen Eckwert, der Ihnen zur Ehre gereicht.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie von einer 99%igen Versorgungsquote sprechen, um dann trotzdem noch 100 Millionen oben draufzulegen, ist das schon ein Widerspruch in sich. Man kann das dann nur noch auf Halluzinationen im liberalen Endstadium zurückführen.

(Lachen bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (SPD))

Herr Minister Zeil, Sie haben bei der Breitbandförderung ein derart bürokratisches Monstrum in Gang gesetzt, dass die bereitgestellten Gelder von den Kommunen gar nicht vollständig abgerufen wurden. Bei Schwarz-Gelb ist vielerorts die Brieftaube schneller als das E-Mail. Wir werden das ändern.

(Georg Schmid (CSU): Zwei Brieftauben! - Thomas Hacker (FDP): Freiheit für die Brieftauben!)

- Zwei Brieftauben! - Minister für Bürokratieaufbau so darf sich der stellvertretende Ministerpräsident auch bei der Elektromobilität nennen. Zugegeben: Auch hier hat er von Erwin Huber ein unbestelltes Haus übernommen. Während in Baden-Württemberg das Feld der Elektromobilität bereits lange vorher bestellt war - von China, Amerika und Frankreich will ich gar nicht reden -, hat die Staatsregierung erst mit der Delegationsreise Horst Seehofers nach China das Thema der Elektromobilität entdeckt. Ich persönlich war Augen- und Ohrenzeuge, wie der Ministerpräsident des Freistaates Bayern auf der Messe in Peking begeistert davon war, dass Elektromobilität existiert und dass das auch ein Thema für den Freistaat Bayern sein könnte.

(Lachen bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Herrn Rinderspacher können wir mit kleinen Dingen glücklich machen!)

Meine Damen und Herren, dann hat er Martin Zeil beauftragt. Dann war es wie so häufig in der Bayerischen Staatsregierung: Es entwickelt sich der übliche Streit zwischen FDP und CSU, ob und wo es in Bayern Modellregionen für Elektromobilität geben soll und wo gegebenenfalls strukturpolitische Placebo-Beruhigungspillen verteilt oder nicht verteilt werden.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Im Oktober dieses Jahres führt dann der Minister mit den Regionen einen durchaus bemerkenswerten Schlagabtausch. Es lohnt sich, die Pressemitteilungen zu lesen. Die Modellregionen, beispielsweise in Ostbayern, fragen, wer denn nun völlig unfähig ist. Der Minister antwortet: Ich bin es nicht, die Unfähigen sind die Akteure vor Ort und die Modellregionen. Meine Damen und Herren, es ist eine ungewohnte Form der

Wirtschaftspolitik, die Akteure vor Ort seitens des Wirtschaftsministeriums über Pressemitteilungen zu beschimpfen.

(Beifall bei der SPD)

Das brachte der Präsident des Bundesverbandes eMobilität Kurt Sigl vor einigen Wochen auf den Punkt:

Bei der Elektromobilität hat Bayern die rote Laterne. Die Ausschreibungen zu den bundesweiten Modellregionen hat die Staatsregierung verschlafen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Kollege Thomas Beyer wird meine Ausführungen gleich ergänzen und einige Schlaglichter auf den Arbeitsmarkt und die Verkehrs- und Infrastrukturpolitik in Bayern werfen. Bayerns Frauen und Männer haben Bayern zu dem gemacht, was es heute ist: ein wunderbares und starkes Land. Unsere Heimat lebt von dem starken Charakter und dem unbändigen Fleiß ihrer Menschen. Sie nehmen ihr Leben aktiv in die Hand. Sie haben Bayern zu dem gemacht, was es ist, nicht diese Bayerische Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD)

Starke Werte, hohe Verantwortungsbereitschaft, Kreativität, - all das ist in Bayern daheim. Lassen Sie uns diese großartigen Chancen und Potenziale besser nutzen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Dr. Bernhard. Ihm folgt Herr Muthmann.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungserklärung des Wirtschaftsministers hat einmal mehr gezeigt, dass Bayern ein Premiumland ist. Ich verstehe nicht, dass Sie es, wenn wir das mit vielen Fakten beschreiben, als arrogant empfinden. Denn gleichzeitig sagen Sie, dass Sie sich darüber freuen und stolz darauf sind.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Dies ist mir nicht ganz verständlich.

Der Wirtschaftsminister hat sich zu Wachstum, Arbeitslosenquote etc. geäußert. Ich will nur auf einen Aspekt hinweisen, der vielleicht auch Sie interessieren müsste. Wir haben in Bayern die geringste Armutsquote. Das zeigt, dass wir auch die Balance zwi

schen Wirtschaft und dem Feld der Sozialpolitik sehr gut schaffen und damit in Bayern eine vorbildliche soziale Marktwirtschaft haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie haben natürlich recht - wir betonen es auch immer wieder -, dass wir es hier mit dem Ergebnis des unternehmerischen Potenzials und der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer zu tun haben. Aber Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass dieses Ergebnis auf einer langfristigen und richtigen wirtschaftspolitischen Strategie in Bayern beruht und es uns gelungen ist, einen Weg zu beschreiten, der zu dieser positiven Entwicklung geführt hat.

Hier spielte und spielt die Mittelstandsförderung eine Rolle. Zwar sind die großen Unternehmen genauso wichtig, aber wir haben den Mittelstand frühzeitig gefördert. Inzwischen ist das ein Modell für ganz Deutschland. Wir haben es im Rahmen der Globalisierung weiterentwickelt, was die Anpassung der Förderung an die neuen Bedingungen anlangt. Wir haben den Mittelstandsschirm geschaffen. Im Übrigen leistet die bayerische Politik mit der LfA - das ist heute noch gar nicht erwähnt worden - eine ganz wichtige Unterstützung, die sich sehr positiv auswirkt. Der Mittelstand ist - das war immer unsere Politik - das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft.

Zu unserem Erfolgsrezept gehört auch die berufliche Bildung; auch diese ist heute noch nicht erwähnt worden. Seit vielen Jahren fördern wir gemeinsam mit den Kammern die Bildung nachhaltig. Aber wir stehen jetzt natürlich vor der neuen Herausforderung des Fachkräftemangels.

Mit unserer Clusterpolitik haben wir eine wichtige wirtschaftspolitische Innovation geschaffen. Diese überarbeiten wir gegenwärtig. Sie befördert den Technologietransfer und ist zu einem ganz wichtigen Standortvorteil geworden.

Wir haben - manche erinnern sich daran noch - die Revierferne der 50er- und 60er-Jahre und den Nachteil, den Bayern dadurch hatte, beseitigt und für wettbewerbsfähige Strompreise gesorgt. Nachdem jetzt regenerative Energien zur Verfügung stehen, haben wir die Energiewende beschlossen und setzen sie um. Natürlich hat das viele Herausforderungen und Umstrukturierungen zur Folge. Den Arbeitsplatzabbau bei Eon kann man nicht darauf zurückführen, dass wir privatisiert haben; RWE und Areva machen das Gleiche. Hier handelt es sich um Konsequenzen der Energiewende, die wir in Kauf nehmen müssen.

Wir müssen darauf achten, dass die Wertschöpfung bei der Stromproduktion in Zukunft in Bayern ver

bleibt. Ich sehe da durchaus gewisse Gefahren. Denn Eon hat erklärt, in Bayern werde kein Gaskraftwerk gebaut werden, und Herr Oettinger verfolgt eine Strategie, nach der in Europa 40 neue Kernkraftwerke mit EU-Förderung gebaut werden sollen. Darauf müssen wir ein Auge haben.

Auch auf die Strompreisstrategie müssen wir im Hinblick auf die Wirtschaft achten. Wir dürfen nicht die Stromfresser auf Kosten des Mittelstands entlasten, wie es nach meiner Ansicht zum Teil schon geschehen ist; das ist meines Erachtens ein schwerer Fehler gewesen. Daneben müssen wir die Belastbarkeit der Verbraucher im Auge behalten, die ja im Wege der Umlagefinanzierung perspektivisch durch die EEGUmlage mit 20 Milliarden Euro und zusätzlich mit Strompreissteigerungen belastet werden. Ökonomisch gesehen kostet dies Kaufkraft und schwächt damit ein Stück weit die Binnenwirtschaft.

Wir treten seit vielen Jahren für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern ein. Hier spielen die Regionalförderung und der Einsatz der europäischen Förderinstrumente eine Rolle. Wir werden die Dinge auch wieder im LEP festschreiben, im Übrigen auch in die Verfassung aufnehmen.

Wenn auch Sie jetzt hastig Texte zur Verfassungsänderung vorlegen, dann freut uns das. Aber es handelt sich dabei irgendwie um einen Fall des Plagiierens in der Wirtschaftspolitik. Davon sollten Sie lieber ablassen.

In der Diskussion hierüber haben wir klargestellt, dass wir durchaus für Henzler-Türme in den Metropolregionen sind. Aber es müssen Leuchttürme im ganzen Land sein. Die gibt es auch tatsächlich. Das entspricht unserer Politik. Politik ist am Ende mehr, als ökonomische Effizienzanalysen abzuschreiben; das sage ich ganz deutlich.

Wir haben im ganzen Land Fachhochschulen geschaffen, die wirtschaftliche Kristallisationspunkte sind. Wir bemühen uns mit unserer Bildungspolitik, die Bildungsstruktur im ganzen Land trotz des demografischen Wandels zu erhalten.

Ein wichtiger Teil unserer Wirtschaftspolitik war immer auch die Infrastrukturpolitik. Ich erwähne Schiene, Straße, Breitband, aber auch die Energieinfrastruktur. Da sehen wir Sie auf der linken Seite des Hauses häufig auf den Barrikaden oder in Verwirrung und Orientierungslosigkeit, wie wir es bei der SPD hinsichtlich des Themas dritte Startbahn kennen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie haben Herrn Ude angesprochen. Es reizt mich als Münchener Abgeordneten, dazu einiges zu sagen. Wir erleben Herrn Ude in München sehr häufig als einen Blockierer und Protestierer. Er war der Kämpfer gegen die Autobahnumgehung West. Er war der Kämpfer gegen den Mittleren Ring. Er hat gegen den Transrapid gekämpft, ohne dass heute jemand sagen kann, wie wir die Anbindung an den Flughafen finanzieren sollen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Aber er hat doch recht gehabt!)

- Da würde ich einmal ein bisschen vorsichtig sein.