Es ist bezeichnend, Herr Rinderspacher, dass Ihrem Münchener Oberbürgermeister und auch dem Wirtschaftsreferenten Reiter, der sich als Nachfolger emp
fiehlt, zu Nokia Siemens Networks nicht mehr einfällt, als zu sagen: Am Standort hat es nicht gelegen.
Ich bin bei Ihnen, wenn es um die Einsicht geht, dass es unternehmerische Fehlentscheidungen gab und das Thema Innovation in diesem Unternehmen vielleicht nicht so groß geschrieben wurde, wie wir es uns wünschten. Aber wir müssen eben auch feststellen, dass in München seit vielen Jahren eine Politik praktiziert wird, die darin besteht, sich zurückzulehnen und zu warten, was einem der Freistaat und andere in den Schoß schmeißen.
Des Weiteren müssen wir technologieoffen und fortschrittsfreundlich bleiben. Das geht jetzt eher in die Richtung unserer grünen Freunde. Ich kann natürlich sagen: Neue Technologien, Nanotechnologie, Gentechnologie sind gefährlich und risikobehaftet; darum macht man lieber einen Bogen, das lässt man lieber aus, daran können sich die anderen die Finger verbrennen.
Aber diese Haltung ist zweifelhaft. Bevor man ein Verständnis dafür entwickelt hat, welche Chancen in einer Technologie liegen und welche künftigen Wachstumsperspektiven damit verbunden sind, sollte man nicht die Risiken thematisieren; denn dadurch würde man sich die Chancen von vornherein abschneiden.
Deswegen werben wir dafür, dass Bayern ein fortschrittsfreundliches Land bleibt. Bayern muss den bayerischen Weg gehen. Wir wollen nicht Infrastrukturausbau und Fortschritt um jeden Preis haben, sondern ein intelligentes Wachstum, das alle Aspekte idealerweise vereint, das die Gegensätze, die gerade seitens der Opposition immer wieder aufgebaut werden, zusammenführt und dadurch vielleicht einen neuen bayerischen Exportschlager hervorbringt.
Die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie, Arbeit und Wirtschaft, Mensch und Technik, Stadt und Land - all das ist mit einem intelligenten bayerischen Weg möglich. Es hat einen positiven Außeneffekt. Wir können damit exportieren. Wir haben damit am Markt einen Vorsprung. Aber es gibt auch eine positive Innenwirkung für die bayerische Bevölkerung, weil Verbesserung der Lebensqualität und anderes damit erreicht werden.
Unser Rezept für Wachstum und Wohlstand in Bayern heißt "Aufbruch Bayern". Dazu ist in der vergangenen
Woche viel gesagt worden. Wir wollen Bayern stärken und weiterentwickeln. Bayern ist heute in vielen Bereichen Leitmarkt. Die klassischen Industrien, die Sie alle kennen, haben - darauf sind wir stolz - eine Historie, mit der ich die Opposition heute nicht quälen möchte. Die Aufgabe für die Zukunft heißt, die Dinge um die industriellen Kerne herum weiterzuentwickeln, die Automobilbranche an Elektromobilität und an Karbontechnologie heranzuführen, Bayern zum Vorreiterland für intelligente Mobilität zu machen. Das geht mit der Luftfahrt weiter. Bayern muss zum Vorreiterland für grüne Luftfahrt und neue Treibstoffe gemacht werden. Und das hört bei der Energie auf - wir haben darüber schon öfter diskutiert -: Ziel ist, Bayern zum Vorreiter für intelligente Energiesysteme zu machen.
Es wird natürlich nicht so funktionieren, wie Herr Beyer und Teile der SPD-Fraktion meinen, indem man die Wirtschaft gängelt und an die Kandare nimmt. Sie schütteln den Kopf, Herr Rinderspacher, aber nachdem Herr Oberbürgermeister Ude gesagt hat, das sei vielleicht nicht der ideale Kurs, gibt es auch bei Ihnen möglicherweise eine gewisse Neujustierung. Wir sagen ganz klar: Das geht nicht durch Gängeln, sondern allein durch Anregen. Wir wollen Bayern zum Leitmarkt und Leitanbieter für intelligente Zukunftstechnologie machen.
Wir wollen in diesem Zusammenhang auch die Clusterstrategie als bayerische Erfolgsgeschichte weiterentwickeln. Sie muss die Aufgabe haben, den Mittelstand auch auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten - auf Internationalisierung, Digitalisierung, die hybride Wirtschaft sowie die Anforderung, Dienstleistung und Industrie zusammenzubringen. Wichtig ist auch, neue Themen, zum Beispiel Sicherheit, zu besetzen.
Nochmals in Ihre Richtung, Herr Beyer, da Sie mit Ihrer Aussage, Bayern müsse mehr Werkbank statt Hightech sein, Eingang in die Zeitungen gefunden haben: Ich sage Ihnen: Der Zauberschlüssel für Bayern heißt Werkbank plus Hightech.
Wir müssen, zweitens, vorausschauend auf neue Themen und Ideen setzen. Wir hatten auf unserer Klausurtagung das Thema Digitalisierung und Vernetzung in den Mittelpunkt gestellt, weil wir sehen, dass dieses Thema einer der Megatrends ist, mit denen sich Bayern in den nächsten Jahren auseinandersetzen muss und damit positiv von anderen Ländern abheben kann. Es hat natürlich eine Infrastrukturkomponente - Stichwort: Breitbandausbau, superschnelles Internet. Dabei handelt es sich um eine der großen
Infrastrukturaufgaben. Es hat aber auch die Aufgabe, die Wirtschaft und den Mittelstand, wie ich gerade ausgeführt habe, mitzunehmen und neue Branchen anzusiedeln. Auch in dieser Hinsicht könnten Sie sich in der Landeshauptstadt verdient machen, die immer von sich behauptet, sie sei die IT-Hauptstadt in Deutschland. Aktuell bröselt es aber, Herr Rinderspacher. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass man sich dort - ich habe es vorhin schon gesagt hauptsächlich zurücklehnt und wartet, dass etwas kommt. Das Zepter der IT-Hauptstadt Deutschlands ist dabei, nach Berlin übergeben zu werden. Sie können das definitiv nicht der Landespolitik in die Schuhe schieben. Ihr Bürgermeister möchte immer München als Blaupause für Bayern positionieren. Das sollte nicht unser Weg sein, und vor einem solchen kann ich auch nur warnen.
Wir brauchen drittens eine Infrastrukturoffensive Straße, Schiene, Breitband, Flughafen. Das alles macht einen Wirtschaftsstandort aus und gewährleistet, auch in Zukunft Wachstum generieren zu können. Es gibt in Bayern nur eine Kraft, die den Wirtschaftsstandort München und Bayern voranbringt - das ist die Regierungskoalition. Das wurde gestern eindringlich im Münchner Rathaus demonstriert. Die rot-grüne Koalition hat in dieser Frage keine Mehrheit. Christian Ude hat keine eigene Mehrheit, wenn es um die dritte Startbahn und dergleichen geht. Einer solchen Koalition sollte man Bayern nicht anvertrauen.
Ich komme zum Schluss: Ludwig Erhard hat einmal gesagt, Wirtschaftspolitik sei zu 50 % Psychologie. Ich kann Sie auch im Hinblick auf Ihre weiteren Wortmeldungen nur dringend bitten: Halten Sie sich daran und reden Sie den Standort Bayern mit den hier tätigen Unternehmen nicht schlecht, sondern tun Sie alles, um mit uns anzuschieben, damit der Freistaat Bayern auch in fünf oder zehn Jahren nicht nur Spitzenreiter in Deutschland, sondern auch in Europa ist.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Minister Zeil im Dezember und Ministerpräsident Seehofer im Januar ist es jetzt das dritte Mal, dass wir die guten Wirtschaftsdaten in Bayern thematisieren. Das ist gut, aber ich finde es schade, dass die Landeshauptstadt konsequent schlechtgeredet wird. Das ist bemerkenswert für einen Abgeordneten aus der Landeshauptstadt.
Diese Aktuelle Stunde scheint aber auch die Gelegenheit zu sein, den Nachwuchstalenten der CSU-Fraktion die Chance zur Profilierung zu geben. Leider nut
zen sie die Chance dazu nicht. Es ist sicherlich nachvollziehbar, dass die Regierungsfraktionen das Thema aufgreifen wollen. Der Erfolg hat immer viele Väter, nur der Misserfolg ist ein Stiefkind. Lassen Sie uns noch einmal darüber reden, und lassen Sie uns vor allen Dingen das glänzende Bild Bayerns ein bisschen näher betrachten.
Für die Regierungsparteien ist es gut, zu versuchen, die Urheberschaft für die guten Wirtschaftsdaten bei der hervorragenden Politik des Wirtschaftsministeriums zu verorten. Ich sage Ihnen aber, das ist ein Verdienst der hart arbeitenden Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Es ist ein Verdienst des Mittelstands in Bayern. Das größte Verdienst des Wirtschaftsministeriums dabei ist, nicht allzu störend eingegriffen zu haben.
Wir haben ein glänzendes Bild Bayerns gesehen. Lassen Sie mich, wie es Aufgabe der Opposition ist, auf einige matte Flecken hinweisen. Sie sind klein und stören die Sicht auf Bayern noch wenig. Aber genauso wie ein Steinschlag in einer Autoscheibe haben sie die fatale Tendenz, immer größer zu werden und die ganze Sicht zu vernebeln, wenn es nicht gelingt, schon im Ansatz einzugreifen.
Es ist gut, Herr Blume, wenn Sie selbst sagen, die Spitzenstellung sei eine Dauerherausforderung und wir dürften im Hinblick auf dieses Ziel nicht nachlassen. Lassen Sie mich deshalb vier Punkte ansprechen, bei denen wir in Bayern aktiv werden müssen.
Das ist zum einen eine nachlassende Dynamik in dem Zukunftssegment Forschung und Entwicklung in Bayern. Einige Zahlen: Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in Bayern betragen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, 2,97 %. In Baden-Württemberg sind es 4,62 % und selbst in Berlin 3,53 %. Bayern ist damit immer noch in der Spitzengruppe in Deutschland, aber die Aufwendungen stagnieren seit den Neunzigerjahren, und der Abstand zu Baden-Württemberg wird immer größer. Auch im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Dies bezieht sich nicht nur auf Sprüche, wie wir sie eben gehört haben. Es setzt vielmehr voraus, sich auf eine Richtung festzulegen. Zum Beispiel: Bin ich für Gen-Technik, bin ich dagegen, bin ich halb dafür oder halb dagegen? Es wäre richtungsweisend, wenn Sie sich dabei einigen würden.
Wir brauchen eine Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen. Wir brauchen aber auch den Abbau der massiven Ungleichverteilung von For
schungs- und Entwicklungsaktivitäten in den einzelnen Regionen, die durch die Leuchtturmpolitik der Staatsregierung hervorgerufen worden ist. Wir brauchen eine gezielte Ansiedlung staatlicher Forschungseinrichtungen in den peripheren Regionen. Das ist ein wunderbares Mittel zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, weil es hochqualifizierte Arbeitsplätze und damit Zukunftschancen für die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Regionen bringt.
Wir brauchen ein konsequentes Vorgehen bei der Energiewende und nicht nur einen Wirtschaftsminister, der im Bremserhäuschen sitzt. Wir brauchen konsequente Maßnahmen gegen den sozialen Missstand, dass immer noch Hunderttausende trotz harter Arbeit zum Amt gehen müssen, um sich ihren Lohn auf Sozialhilfeniveau aufstocken zu lassen. Dieses Ergebnis ist das Gegenteil von guter Arbeit, sondern es handelt sich um einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Sie haben schon bei der Energiewende im Hinblick auf die Atompolitik eine Kehrtwende hingelegt. Machen Sie es auch hier, stimmen Sie endlich mit uns für Mindestlöhne.
Ich kann es nicht oft genug sagen: Zu einem guten Wirtschaftsstandort Deutschland gehören gute Daten - Datenautobahnen und keine Stolperstraßen. Hier ist ein konsequenter Ausbau der Dateninfrastruktur erforderlich.
Wirtschaft, Wachstum, Wohlstand - WWW. Ich meine, Sie hätten es auch überschreiben können mit: Weiter Weihrauch wiederholen.
Ihres Vortrags ändert sich nichts. Sie sonnen sich weiter in den Leistungen der Wirtschaft und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir sind dankbar, dass es diese Leistungen gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber ausschließlich Jubelarien sind meiner Ansicht nach zu wenig, wenn man die wirtschaftliche Situation in diesen Zeiten betrachtet, in denen wir auch die eine oder andere bittere Nachricht zur Kenntnis nehmen müssen - Nokia Siemens Networks zum einen, Manroland zum anderen; auch bei Schlecker wissen wir es nicht ganz genau. Würde die Wirtschaft so arbeiten wie unsere Wirtschaftspolitik und das Wirtschaftsministerium, wären wir derzeit nicht in einer so guten Lage.
Ich will einmal in der Sprache der Wirtschaft die Beurteilung eines Abteilungsleiters in einem gut dastehenden Unternehmen versuchen. Er ist selbstgefällig und erkennt die Probleme nicht ausreichend. Das kommt mindestens in drei Punkten zum Ausdruck: Erstens bringen Sie, sehr geehrter Herr Zeil, die angekündigten Produkte nicht rechtzeitig auf den Markt, zweitens verzögern Sie die Neuausrichtung des Unternehmens, und drittens fehlt es auch an der Innovationskraft im Unternehmen, weil keine Kritikfähigkeit und Veränderungsbereitschaft besteht. An diesen drei Punkten will ich es Ihnen beispielhaft deutlich machen.