Protokoll der Sitzung vom 14.02.2012

Auf die Äußerungen von Herrn Kretschmann komme ich noch zurück. Er hat sich konkret geäußert; das, was er gesagt hat, kann man gar nicht überbieten.

Aber die SPD ist wieder einmal dabei, die Kurve nicht zu bekommen. Angesichts der Sachlage - Bayern schultert mittlerweile mehr als die Hälfte der Lasten aus dem Länderfinanzausgleich -wäre es doch das Minimum, dass auch die bayerische SPD sagen würde: Das kann so nicht bleiben, das muss geändert werden! Da sind wir auf der Seite der bayerischen Interessen und der Staatsregierung, auch wenn sie von CSU und FDP getragen wird.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Ihr legt doch kein Konzept vor!)

Das tun Sie nicht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Sie regieren doch!)

- Herr Rinderspacher, ich habe mir mitgeschrieben, was Kollege Halbleib ausgeführt hat. Als Erstes verstecken Sie sich hinter dem, was vor Jahren ausgehandelt wurde, und sagen: Es muss ja richtig sein, wenn es Stoiber gemacht hat. - Das sagen Sie sonst nicht, aber in diesem Punkt sagen Sie es.

(Lachen bei der SPD - Zuruf von der SPD: See- hofer hat doch auch zugestimmt!)

Das ist eine falsche Reihenfolge. Lassen Sie doch diese Art des Argumentierens weg, dieses Verstecken! Sagen Sie doch ganz konkret: Wir wollen die Änderung!

(Markus Rinderspacher (SPD): Wir haben doch gesagt, dass wir eine Änderung wollen! )

Das ist der Punkt.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir müssen in dieser Frage eine gemeinsame Position in Bayern haben. Sagen Sie doch klar, wie Sie sich eine Änderung vorstellen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Haben wir schon gesagt!)

Der Herr Minister wird gleich darlegen, welche Änderungen er sich vorstellen kann. Sie von der SPD haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, Ihre Änderungsvorstellungen darzulegen. Ich wiederhole: Solidarität wird auch mit 25, 22 oder 20 Milliarden Euro geübt, in Deutschland.

Nächster Punkt: die drei Säulen. Vorhin verlief die Debatte entlang der Begriffe "vertikal" und "horizontal". Bereits jetzt verteilt der bayerische Staat die Hälfte vertikal und die andere horizontal. Zwischen den Bundesländern werden sieben Milliarden Euro verteilt, 14,6 Milliarden Euro zahlt der Bund in Form von Bundesergänzungszuweisungen. In unserem Bund-Länder-Finanzausgleichssystem lag das Verhältnis zwischen horizontaler und vertikaler Umverteilung einschließlich Umsatzsteuerausgleich in den letzten Jahren bei fifty-fifty.

Kürzlich hat Herr Kretschmann dargelegt, was er sich vorstellen könnte: Er sprach sich für eine Abschaffung des Länderfinanzausgleichs aus; zumindest sei dieser "hochgradig reformbedürftig". Insoweit überbietet er die SPD. Auch sagte Herr Kretschmann, der gegenwärtige Länderfinanzausgleich liefere Anlass für "populistische Neiddebatten". Sinnvoller sei es, wenn der Bund den Ausgleich vornehme.

Folgender Ansatz wäre denkbar: Der Bund bleibt bei seinen Ergänzungszuweisungen in jetziger Höhe. Diese Mittel müssten dann entsprechend verteilt werden. Es kann nicht sein, dass nur noch drei Länder einzahlen und alle anderen Empfänger sind. Das Ganze hat sich enorm verzerrt. Deswegen müssen wir da einen Deckel draufsetzen, das heißt den von den Geberländern zu zahlenden Anteil nach oben begrenzen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Es kann nicht sein, dass sich der von Bayern zu tragende Anteil im nächsten Jahr weiter erhöht. Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, ich glaube, wir können schnell zusammenkommen, wenn wir sagen: Wir greifen die Anregung Kretschmanns auf und lassen die Ergänzungszuweisungen des Bundes bestehen. Auch der Bund hilft den Schwachen. Für die Länder muss eine Obergrenze eingezogen werden. Es darf nicht sein, dass ein Land allein mehr als die Hälfte der gesamten Zahllast trägt. Das ist das Minimum dessen, was wir erreichen wollen. Wenn wir so vorgehen, erreichen wir, dass der Länderfinanzausgleich bzw. die Umsatzsteueranteile gedeckelt werden. Damit bleibt alles auch für uns überschaubar.

Man muss sich bewusst machen, was Bayern durch die bisherige Regelung verloren geht: 3,7 Milliarden Euro durch unsere Einzahlung in den Länderfinanzausgleich, 1,7 Milliarden als Folge der umsatzsteuerlichen Regelungen. Bei den Bundesergänzungszuweisungen wären es nach Einwohnern 2 Milliarden Euro. Allein im Jahr 2011 entgingen uns sieben Milliarden Euro. Rechnen Sie das mal zwei, dann wäre das ewige Thema "Landesbank" restlos vergessen. Das ist die Größenordnung des heutigen Bund-Länder-Finanzausgleichs. Dieses Thema übertrifft bei Weitem andere Themen, über die wir sonst tagein, tagaus diskutieren. Das bisherige System ist unmäßig, unverhältnismäßig, überzogen und nicht mehr nachvollziehbar.

Aber ein Erfolg kann nur gelingen, wenn sich die Parteien in den Geberländern einig sind und den Nehmerländern mit einer gemeinsamen Position gegenübertreten. Nur dann werden wir überhaupt ernst genommen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wenn ihr mal ein Konzept vorlegt!)

Anderenfalls sagen die Nehmerländer zu Recht: Moment mal! Ihr wollt eine Veränderung? Bei euch herrscht ja nicht einmal untereinander Einigkeit, wie ihr vorgehen wollt! Warum sollen wir uns Gedanken machen, wie man das Ausgleichssystem ändern

muss? Insofern appelliere ich an die SPD. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Winter. - Nächste Wortmeldung für die CSUFraktion: Frau Kollegin Goderbauer. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, vielen Dank! Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in der vergangenen Dreiviertelstunde oft das Wort "Wahlkampfthema" gehört. Wenn man die Emotionen in den Stimmen mit aufgenommen hat, merkt man: Der Wahlkampf ist nicht vonseiten der Regierungsfraktionen in die Debatte getragen worden.

(Markus Rinderspacher (SPD): Nein, überhaupt nicht!)

- Es tut mir leid, Herr Fraktionssprecher der SPD. Kollege Halbleib, ein lieber Kollege im Ausschuss, hat hier ziemlich billig und polemisch argumentiert.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie haben wiederholt von "Lügen" und Ähnlichem gesprochen. Ich hatte ein bisschen mehr von Ihnen erwartet. Wir kennen uns aus der Ausschussarbeit. Ich werde Ihnen zeigen, dass Sie sich auch widersprochen haben.

Das ist kein "CSU-Länderfinanzausgleich". Das wäre allzu einfach; dann hätte er schon vor zehn Jahren anders ausgeschaut.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber die CSU hat schon zugestimmt, oder?)

- Es war ein Kompromiss. Die CSU hat zwar zugestimmt, aber es war und ist kein "CSU-Länderfinanzausgleich". Das möchte ich klarstellen.

Ich sage Ihnen auch klipp und klar: Sie könnten endlich einen Beitrag dazu leisten, dass wir vorankommen. So könnten Sie bei den SPD-Fraktionen der anderen Bundesländer Überzeugungsarbeit leisten, wenn Ihnen das Thema wirklich am Herzen läge.

(Markus Rinderspacher (SPD): Aber es ist schon noch die CSU, die hier regiert, oder?)

Herr Kollege Halbleib, Sie haben hier Berlin und die dortige "soziale Gerechtigkeit" verteidigt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie müssen zuhören, Frau Kollegin!)

- Das haben Sie getan. Das habe ich deutlich gehört; ich habe es mir notiert.

Sie widersprechen sich. Das ist doch genau der Anlass, warum wir heute sagen: So geht es nicht weiter! In Nehmerländern werden soziale Leistungen gewährt: Erlass der Studiengebühren, Erlass der Kitagebühren, Ehrenamtsrente und vieles andere mehr.

(Zurufe von der SPD)

- Ich habe Ihnen zugehört; dann dürfen Sie es auch.

All das geht in diesen Ländern, die fleißig den Großteil unserer im Rahmen des Ausgleichs bereitgestellten Mittel kassieren. Bei uns ist es aber zum Schluss nicht mehr möglich, so etwas zu finanzieren. Die Länder, die uns das Geld abnehmen, tun es.

Eine weitere Bemerkung sei mir erlaubt: Es ist schön, dass Sie von der SPD so vehement bei der inneren Einheit Deutschlands angekommen sind. Zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung Deutschlands stand die SPD ja noch nicht so sicher auf diesem Standpunkt.

(Markus Rinderspacher (SPD): Ich bitte Sie! Also wirklich!)

- Da gibt es nichts zu bitten, das sind historische Fakten. Darüber können Sie nicht hinwegtäuschen, auch wenn Sie noch so laut schreien.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin - Dr. Martin Runge (GRÜNE): Wer hat denn das System Honecker am Leben erhalten? Strauß war das!)

Jetzt zu den GRÜNEN. Lieber Kollege Hallitzky, dass Bayern öffentlich dankbar sein muss, ist überflüssig hier zu erwähnen.

(Beifall des Abgeordneten Georg Schmid (CSU))

Ich sage dir ganz ehrlich, Eike, auch du hast es dir heute relativ einfach gemacht mit deinem Beitrag. Solidarität in Bayern war, was die übrigen Bundesländer angeht, nie infrage gestellt.

München und Berlin sind im Übrigen - darauf will ich kurz eingehen - nicht vergleichbar. Darum hinkt der Vergleich, den du angeführt hast. Deine Aussage, eine Klage hätte keine Aussicht auf Erfolg, hätte ich vor zehn Jahren noch nachvollziehen können, aber heute nicht mehr, weil sich die Situation so gravierend verändert hat, wie das vor zehn Jahren wohl nicht absehbar war. Die Zahler werden immer weniger und diejenigen, die zahlen, zahlen immer mehr. Von daher geht es nicht auf diesem Weg weiter, dass immer weniger immer mehr leisten.