Was haben wir konkret vor, oder was bringt es uns? Bisher steht in Artikel 141 der Verfassung, dass es zu den Aufgaben des Staates gehört, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen. Wir wollen, dass hier noch das Wort Klima eingefügt wird. Würde heute die Bayerische Verfassung neu geschrieben, wäre ganz klar, dass der Klimaschutz dabei wäre, weil der Klimaschutz eine der wichtigsten politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts darstellt. Wir können dazu einfach nicht mehr schweigen. Boden- und Gewässerschutz stehen in der Verfassung und sind daher, wenn man das so sieht, gegenüber dem Klimaschutz explizit höher bewertet, was aber nicht mehr der Realität entspricht. Wenn wir den Klimaschutz in die Verfassung aufnehmen, wird dies Bayern wieder in eine Vorreiterrolle bringen, wie wir sie früher schon einmal hatten.
Wir freuen uns auch, dass die Fraktion der GRÜNEN bereits im Jahr 2007 einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht hat. Die GRÜNEN nannten es damals ein Gebot der Stunde. Wir meinen: Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern bereits fünf nach zwölf. Auch die SPD möchte den Klimaschutz in der Verfassung verankern. Die CSU - so war die bisherige Argumentation - sagt: Es gibt wichtigere Dinge. Der Um
weltschutz steht schon in der Verfassung; das Ganze sind nur semantische Ergänzungen. Wir sehen das völlig anders. Wir meinen, der Klimaschutz ist das große Ganze und der Umweltschutz ist nur ein Detail. Klimaschutz mit Verfassungsrang, meine Damen und Herren, verpflichtet Bürger und Politiker zum richtigen Handeln.
Außerdem geht es um Artikel 152. Der Staat hat die Aufgabe, die Energieversorgung des Landes unter Berücksichtigung auch regionaler Gesichtspunkte auf erneuerbare Energien umzustellen. Für die FREIEN WÄHLER ist der Gedanke einer regionalen Wertschöpfung durch erneuerbare Energien ein wichtiger Gesichtspunkt auch zur Stärkung des ländlichen Raums. Wir haben die energieautarken Kommunen bzw. die lokale Energieautarkie zum Ziel. Durchschnittlich fallen in Bayern - das als ein Beispiel - pro Einwohner rund 3.000 Euro an gesamten Energiekosten an. Auf ganz Bayern bezogen macht dies 36 Milliarden Euro aus. Wir sind der Überzeugung, dass ein großer Teil dieses Geldes zukünftig in der Region, in der Kommune bleibt und dadurch die regionale Wertschöpfung steigt.
Wir haben unsere Formulierung von verschiedenen Juristen prüfen lassen. Sie bereitet den Boden für die erneuerbaren Energien, schreibt sie aber - das ist uns auch wichtig - den Kommunen nicht unmittelbar vor. Die kommunale Selbstverwaltung bleibt auf jeden Fall erhalten.
Meine Damen und Herren, in den Ausschüssen wurde schon von SPD und GRÜNEN die Aufnahme in den Landesentwicklungsplan angeregt. Auch von uns wurde unterstützt, den Klimaschutz und zum Beispiel den Ausstieg aus der Kernenergie in den Entwicklungsplan aufzunehmen. Deswegen meine ich, dass es wichtig ist, den Klimaschutz und erneuerbare Energien konkret in die Bayerische Verfassung aufzunehmen. Kollege Schindler, der im Moment nicht da ist, hat am 26. Januar gesagt, dass der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER Material für interfraktionelle Gespräche verkörpert. Wir meinen, dass wir den Klimaschutz und die erneuerbaren Energien auf jeden Fall in der Bayerischen Verfassung verankern sollten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Wir haben den Sachverhalt in mehreren Ausschüssen diskutiert und im wahrsten Sinne des Wortes ausdiskutiert. Bei der gesamten Debatte ist eigentlich klar gewesen, dass die Verfassung das Grundsatzprogramm eines Staates ist
Wir müssen angesichts der Fehler, die gemacht worden sind, endlich auch einmal sagen: Okay, wir wollen das nicht mehr haben; wir müssen keine weiteren Fehler hinterher schicken.
Damit gleich noch etwas Stimmung aufkommt, möchte ich den Kollegen Wörner zitieren. Kollege Wörner, es gibt eine wunderschöne Aussage von Ihnen in der 62. Plenarsitzung am 14. Dezember 2010. Ich zitiere wörtlich: "In eine Verfassung gehören aber nach meinem juristischen Laienverstand nur Kernaussagen, aber keine kleinteiligen Regelungen." Kollege Wörner, jetzt kommt der schönste Satz: "Man hätte sonst möglicherweise unter der Ägide der CSU die Kernenergie auch aufgenommen." Das bringt es genau auf den Punkt. Wenn wir Tagesthemen einbringen, wenn wir nur noch Detailfragen und das einbringen, was gerade gefällt, haben wir keine Verfassung mehr. Das kann und darf nicht Aufgabe der Verfassung und auch von uns als verfassungsgebende Versammlung sein. Deshalb: Hände weg von unserer Verfassung!
Noch etwas zum Umweltschutz. Kollege Dr. Fahn, Sie haben sich große Mühe gegeben. Sie hätten einfach Artikel 141 BV ganz lesen sollen. Dort ist ausdrücklich verankert, worum es geht. Damit ist auch Ihrem Petitum, das im Grunde genommen nicht falsch ist, Rechnung getragen, aber eben nicht im Detail, sondern in der Gesamtschau. Dort gehört es auch hin.
Alle Ausschüsse, die sich mit dieser Frage befasst haben, haben sich eindeutig erklärt. "Alle Ausschüsse" heißt: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen; Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit; Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. Alle haben dasselbe empfohlen: Ablehnung.
Danke schön, Herr Kollege Heike. - Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Wörner gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heike, meine Sätze sind immer gut; die kann man auch zitieren.
Ich bleibe dabei: Eine Verfassung - das sind die Leitplanken eines Staates. Daran kann man nicht nach Belieben herumbasteln.
Ich betone ausdrücklich: Die Paktiererei, wenn es um den Klimaschutz geht, ist auch mir zu wenig. Aber wenn deswegen gleich an der Verfassung geschraubt werden sollte, dann wäre das etwas zu viel. Wir müssen einen Zwischenweg finden. Ich bin überzeugt: Es gibt einen. Wir werden uns deshalb dem Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER nicht anschließen, sondern uns der Stimme enthalten.
Wir glauben durchaus, dass es notwendig ist, den Klimaschutz auf geeignete Weise zu verankern. Aber ich bleibe dabei: Wenn der Klimaschutz als Solitär stünde, dann würde er in eine neue Verfassung mit Sicherheit aufgenommen. Aber in die heutige Verfassung wollen wir ihn nicht schreiben.
Ich wiederhole: Das Paktieren, das zurzeit in Fragen des Klimaschutzes gepflegt wird, ist zu wenig. Wir werden einen geeigneten Weg suchen, um sicherzustellen, dass der Klimaschutz in Bayern so verankert wird, dass er auch praktiziert werden muss und nicht wie heute noch - der Zufälligkeit ausgeliefert ist, etwa wenn es heißt: "Na ja, vielleicht mögen wir gerade" oder: "Die aktuelle wirtschaftliche Lage erlaubt uns Klimaschutz."
Meine Damen und Herren, wir werden uns von der Vorstellung, wir könnten danach fragen, ob uns die wirtschaftliche Lage Klimaschutz erlaube, verabschieden müssen. Die Schäden, die wir anrichten, werden uns einmal auf den Kopf fallen - im wahrsten Sinne des Wortes. Dann wird die wirtschaftliche Lage kein Thema mehr sein. So viel können wir gar nicht mehr erwirtschaften, um das zu reparieren, was uns dann bevorsteht.
Lassen Sie uns gemeinsam nach einem anderen Weg suchen. Wir werden Ihnen demnächst einen Vorschlag unterbreiten.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bei unserer Verfassung handelt es sich nicht um ein Scrabble-Wortspiel. Sie ist auch nicht geeignet als Spielball für unseren Ministerpräsi
Ich möchte in die Auseinandersetzung etwas Pathos bringen: 1946, in einem eiskalten Hungerwinter, wurde die Bayerische Verfassung entworfen und verabschiedet. Das geschah, kurz nachdem die letzten KZ-Überlebenden entlassen worden waren; viele Männer waren noch in Kriegsgefangenschaft. Die Menschen hatten ein extremistisches Terror-Regime erlebt. Umso wichtiger war es, dass wir uns bzw. unserer Gesellschaft ein Regelwerk für das Zusammenleben gegeben haben, das die Würde des Einzelnen, des Subjekts in den Vordergrund stellt.
Ich sage das so pathetisch auch vor folgendem Hintergrund: Wir erleben mit, wie die Menschen in arabischen Ländern versuchen, sich einzurichten und sich eine Verfassung zu geben, und das teilweise unter viel Blutvergießen.
Änderungen unserer Verfassung müssen ausgesprochen gut überlegt und gut dosiert werden. So können Anpassungen an das Heute durchaus Sinn machen, wenn es gelingt, die Lesbarkeit und damit auch die Akzeptanz durch die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, oder wenn Formulierungen entfernt werden müssen, weil sie mit geltendem Recht nicht mehr übereinstimmen; ich denke dabei an das Züchtigungsrecht der Eltern.
Reine Symbolpolitik verbietet sich; das haben alle Redner schon zum Ausdruck gebracht. Ich zitiere an dieser Stelle aus der Rede von Verfassungsrichter Peter Huber, gehalten auf der Verfassungsfeier am 01.12.2011. Er hat dem Ministerpräsidenten unter anderem folgende kritische Anmerkungen mit auf den Weg gegeben:
Weiter führte er aus, es mache keinen Sinn, bundesrechtlich entschiedene oder zu entscheidende Fragen in der Landesverfassung nachzuzeichnen oder in ihr Modethemen zu verankern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sich für den Klimaschutz einzusetzen hat sicherlich keinen symbolischen Charakter. Klimaschutz ist auch kein Modethema. Ich freue mich, dass wir hier, was die Bedeutung des Klimaschutzes anbelangt, mit SPD und FREIEN WÄHLERN Hand in Hand gehen.
Bayern hat einen Pro-Kopf-CO2-Verbrauch von circa sieben Tonnen. Das sind circa 30 % weniger als der
Das Problem ist, dass man in Bayern gedacht hat, deshalb die Hände in den Schoß legen zu können. Unter Ex-Ministerpräsident Stoiber wurde gerade einmal ein Programm für die energetische Gebäudesanierung aufgelegt. Der klimapolitische Effekt ist gering geblieben. Nach wie vor haben wir ein großes Problem beispielsweise mit dem Flugverkehr. Der CO2Ausstoß pro Kopf erreicht hier zwischen vier und fünf Tonnen - viermal so viel wie in Baden-Württemberg.
Wir können also nicht feststellen, dass Klimaschutz hier in Bayern Chefsache sei. Wir sind weit entfernt davon, den Klimaschutz bei der Bayerischen Staatsregierung fest verankert zu sehen. Deshalb ist es mir wichtig zu betonen, dass ich für das Anliegen, das der Verfassungsänderung, die die FREIEN WÄHLER auf den Weg bringen wollen, zugrunde liegt, großes Verständnis habe.
Allerdings handelt es sich bei der beantragten Änderung von Artikel 141 Absatz 1 Satz 4 lediglich um eine verbale Klarstellung; denn der Inhalt der beabsichtigten Änderung ist bereits in der geltenden Fassung enthalten, wenn darin vom "Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen" gesprochen wird. Dazu zählen exemplarisch die Umweltmedien Luft, Wasser und Boden. Es ist sowohl in der Rechtsprechung wie auch in der verfassungsrechtlichen Literatur absolut herrschende Meinung, dass damit auch der Klimaschutzbegriff umfasst ist. Daraus folgt, dass der Klimaschutz bereits bindendes objektives Recht ist.
Leider folgt aus einer Verfassungsänderung oder einer Klarstellung, wie Sie von den FREIEN WÄHLERN gewünscht wird, nicht unbedingt eine substanzielle Änderung der konkreten Rechtsfolgen. Die Staatsregierung müsste - gemessen an dem, was bereits in der Verfassung steht - schon heute handeln. Sie würde es aber auch nach einer Verfassungsänderung nicht tun - leider!
Ich erinnere hier an das Problem mit dem Wald: Wir haben, obwohl der Wald in Artikel 141 Absatz 1 Satz 4 unserer Verfassung explizit genannt wird, eine Privatisierung erlebt - mit Raubbau.
- Das ist eine Interpretation meinerseits. Ich bin der Meinung: Wir haben Raubbau erlebt. Tut mir leid.