Protokoll der Sitzung vom 29.02.2012

Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich gestehen, dass es mir durchaus Spaß macht, hier zu stehen. Hier würde ich furchtbar gern über Fragen der Wirtschaft reden, aber jetzt widme ich mich dem Thema Rauchmelder.

Der Antrag der SPD hat es durchaus verdient, ernst genommen zu werden. Er greift ein Thema auf, das man ernst nehmen muss. Brand und Feuer sind für die Menschen eine große Gefahr. Unbestritten kommen viele Menschen zu Schaden, weil eine rechtzeitige Alarmierung respektive die Wahrnehmung von Feuer nicht stattfindet.

Dennoch schließe ich mich nicht der Fraktion derer an, die sagen, das sei unvernünftig gedacht, sondern derer, die sagen, dass man über das eine oder andere ernsthafter nachdenken muss. Sicherlich muss man darüber nachdenken, inwieweit wir - Sie gestehen mir als Liberalem sicherlich zu, das zu sagen die Menschen zu etwas verpflichten sollten. Es ist

eine ganz wichtige Frage, ob man ein Muss verhängen oder auf Freiwilligkeit bauen sollte. Es muss jedem unbenommen sein - da pflichte ich Herrn Bernhard bei -, ob er einen Brandmelder installiert.

Gewiss sollte man den Menschen dringend empfehlen, einen Brandmelder zu installieren. Aber eine Verpflichtung hierzu stelle ich infrage. Beispiele aus anderen Ländern beweisen nicht unbedingt den Erfolg von Verpflichtungen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Eck um das Wort gebeten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Roos, wir haben die Ansichten aller politischen Gruppierungen ganz vernünftig und sachlich diskutiert. Dass Sie den Brandmelder in Wohnungen mit der Eurorettung vergleichen und die in Verhandlungen befindlichen politischen Gruppierungen als Brandbeschleuniger bezeichnen, bringt mich dazu, Ihnen zu sagen: Das sollten wir nicht tun.

Es wurde vieles angesprochen. Ich will es nicht wiederholen. Kollege Bernhard hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir uns mit dem Thema zu gegebener Zeit noch einmal beschäftigen sollten. Es ist wichtig, klarzustellen, dass Ihr Antrag nur auf Neubauten abzielt.

Kollegin Kamm von den GRÜNEN hat ausgeführt, dass die Problematik bei Neubauten nicht ganz so groß ist wie bei schon bestehenden Bauten. Allein dies ist für mich ein Beweis dafür, dass der Antrag nicht ausgereift ist.

Auch eine weitere Klarstellung ist nötig, da sie noch nicht angesprochen worden ist. Wenn wir uns jetzt auf Maßnahmen in Neubauten konzentrieren, würden wir innerhalb von zehn Jahren bezüglich der Ausstattung mit Brandmeldern auf eine Quote von ungefähr sieben bis acht, vielleicht neun Prozent kommen. Mit der Werbung zum vernünftigen Umgang mit Brandschutzeinrichtungen in Wohnungen haben wir zurzeit einen Iststand von 30 % erreicht. Diese Tatsache und die Erfahrungen aus den Ländern, insbesondere den neuen Ländern, sollten zusammen das Fundament für die künftigen Beratungen zum Thema Brandmeldeeinrichtungen abgeben.

Aus diesem Grund bitte ich, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 16/6410 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/11418 Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dem Gesetzentwurf dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die SPD-Fraktion und Kollege Glauber aus der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die CSU, die FDP und die FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? - Das sind die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und drei Abgeordnete der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich rufe gemeinsam die Tagesordnungspunkte 3 und 4 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Isabell Zacharias, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern Weiterentwicklung der Verfassung mit dem Ziel der Verankerung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (Drs. 16/7032) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Isabell Zacharias, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) eines Bayerischen Integrationsgesetzes und zur Änderung von Landesgesetzen zur Unterstützung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund (Drs. 16/7033) - Zweite Lesung

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Zuerst hat Frau Kollegin Zacharias für die SPD-Fraktion das Wort.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt gerade ist die Ministerin meines Herzens nicht anwesend. Das empfinde ich als extrem bitter. Ich wollte ihr ein paar Dinge zur Frage einer Verfassungsänderung unter dem Gesichtspunkt unserer beiden Integrationsgesetzentwürfe und zu der Frage der Integrationsgesetzgebung als solcher erzählen. Sie hat gestern im Kabinett eine auf Bayern

heruntergebrochene Sinus-Studie vorgelegt und Zahlen für Bayern genannt.

Es ist wohl nicht nötig, uns Abgeordneten die SinusStudie vorzulegen, weil es nur um fünf Lizenzen geht, die natürlich mit bayerischen Staatsgeldern finanziert wurden. Sie wurde uns jedenfalls nicht zur Kenntnis gegeben. Frau Haderthauer und Herr Seehofer, ich ahne, dass in dieser Studie genau das steht, was es nicht zu veröffentlichen gilt, und das einen Tag, bevor die beiden großen Gesetzentwürfe der Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag zum zweiten Mal zur Disposition stehen. Ich frage hier und heute: Warum wurde uns die Studie nicht zur Kenntnis gebracht?

Nun komme ich zum eigentlichen Inhalt. Unsere beiden Gesetzentwürfe hatten einen großen Auslöser: Die immer wiederkehrenden "Seehoferesken" unseres Ministerpräsidenten, der unser Land immer wieder einmal bis zur letzten Patrone verteidigen möchte, der gerne einmal die Grenzen zur Türkei schließen möchte, der am Aschermittwoch in wohlfeilen Reden schwadroniert: Ich bringe ein Integrationsgesetz ein; ich bringe etwas zur Verfassung ein. - Bis heute, lieber Herr Ministerpräsident, habe ich von Ihnen nichts gesehen. Im Gegenteil höre ich immer wieder schwadronierende, diskriminierende, traurige Angriffe und - wie soll ich sagen? - ideologisierende Sätze, die die Migrantinnen und Migranten draußen sehr wohl verletzen und irritieren. Wenn ich eines ganz klar darstellen muss, so ist dies Folgendes: Das Thema Migration und Integration spaltet nicht die Gesellschaft, sondern die CSU, und das, wo doch Integration ein großes Zukunftsthema ist. Es gibt doch den partiellen Fachkräftemangel. Wir wissen doch, dass es das große Zukunftsthema ist, das Sie selber postulieren. Und was tun Sie? Gar nichts.

Wir haben diese Gesetzentwürfe eingebracht und haben sie übrigens mit den Frauen und Männern, die ausländische Wurzeln haben, entwickelt. Wir haben alle gefragt: Was würdet ihr eigentlich in einem solchen Gesetz haben wollen? Was braucht ihr? Was muss geregelt werden? Welche verlässlichen Rahmenbedingungen muss es geben, damit ihr eine Willkommenskultur nicht nur manchmal spürt, sondern auch tatsächlich erlebt und sie zur Not auch einklagen könnt? Diese Fragen haben wir sehr vielen Migrationsorganisationen und den Ausländerbeiräten in allen Städten gestellt. Diese haben mit uns zusammen jene Gesetzentwürfe entwickelt. Diese sind von Menschen für Menschen gemacht. Das ist etwas, das auch Ihnen von der CSU und der FDP sehr gut zu Gesicht stehen würde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will noch einmal daran erinnern, was in unserem Integrationsgesetz steht; denn ich habe bei der Befassung der Ausschüsse den Eindruck gehabt, dass kaum jemand es, schon gar nicht das Berliner Gesetz, richtig gelesen hat. Es geht um Gremienbesetzungen für Frauen und Männer mit Migrationshintergrund. Es geht darum, dass in einer Kommune mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einbewohnern Integrations-, Ausländer- oder Migrationsräte mit Kompetenzen verpflichtend eingesetzt werden müssen. Es geht darum, dass ein interkulturelles Integrationskonzept für die Verwaltung, für den öffentlichen Dienst, verpflichtend eingerichtet wird. Sie brauchen nur einmal auf die Landeshauptstadt München zu schauen, um zu sehen, wie gut es dort funktioniert, auf allen Ebenen Frauen und Männern und auch Jugendlichen mit Migrationshintergrund Arbeit anzubieten und somit auch eine authentische Wirkung nach draußen zu haben.

Es geht um anonyme Bewerbungen. Sie brauchen sich nur die Kölner Erfolge anzusehen, um zu wissen, wie gut anonyme Bewerbungen sind, bei denen man nicht trotz seines Nachnamens, sondern wegen seiner Kompetenzen eingeladen wird.

Im großen Paket geht es natürlich um die soziale Gerechtigkeit, um Gleichbehandlung in Bildungsfragen. Ich brauche Ihnen hier nicht noch einmal zu erzählen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund insofern signifikant benachteiligt sind.

Und ganz ehrlich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Ich hätte so gerne noch viel mehr hineingepackt. Ein solches Artikelgesetz hat aber seine Grenzen, vor allen Dingen Ländergrenzen. Wie gerne - liebe FDP, in euch habe ich eine große Unterstützerin - hätte ich das kommunale Wahlrecht hineingepackt. Das ist eine Riesenbitte aller, die nicht wählen dürfen, weil sie nicht EU-Bürger sind. Das können wir leider nur auf Bundesebene regeln. Und selbstverständlich hätte ich gerne die doppelte Staatsbürgerschaft geklärt. Aber auch das obliegt nicht uns im Land, sondern das kann nur auf Bundesebene geregelt werden.

Dennoch muss ich noch etwas zur Debatte anmerken. Sie haben immer so schön gesagt: Ein Migrations-, ein Integrationsgesetz brauchen wir nicht. Es kostet zu viel Geld, und außerdem läuft draußen alles gut. Ich bitte alle CSU- und FDP-Mitgliederinnen und -mitglieder, einfach einmal draußen mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Es funktioniert eben nicht reibungslos, auch wenn es in großen Teilen jeden Tag gute Ergebnisse gibt. Aber es gibt auch Altersarmut, Nicht-Bildungspartizipation usw. Das habe ich Ihnen längstens alles vorgehalten. Das funktioniert draußen nicht gut. Die Menschen möchten ein Integrationsge

setz. Sich arrogant hinzustellen und zu sagen, wir brauchen kein Integrationsgesetz, weil doch alles gut läuft, ist ein Verschließen der Augen vor den Tatsachen draußen in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Lieber Herr Minister Seehofer -

(Erwin Huber (CSU): Ministerpräsident! - Josef Zellmeier (CSU): Ministerpräsident!)

- Ja, "Ministerpräsident", Sie haben so recht! Herzlichen Dank, Herr Huber. Wenn ich Sie nicht hätte, was würde ich hier tun?

(Inge Aures (SPD): Bundespräsident! - Ulrike Gote (GRÜNE): Bundespräsidentenvertreter!)

- Herr geschäftsführender Bundespräsident sogar. Sei’s drum. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten heute Geschichte schreiben können. Wir hätten das Signal nach draußen geben können: Jawohl, wir im Bayerischen Landtag nehmen euch offen an; wir haben eine Willkommenskultur, und wir bieten euch zwei Gesetze, in denen klar wird: Mit euch zusammen gestalten wir das Bayern der Zukunft.

Diese Geschichte hat übrigens Nordrhein-Westfalen geschrieben. Nordrhein-Westfalen hat am 8. Februar dieses Jahres ein grandioses Gesetz auf den Weg gebracht, und dies, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, mit Ihren Stimmen,

(Zurufe von der CSU)

- mit den Stimmen Ihrer Schwesterpartei. So viel Familie darf noch sein, oder? Mit den Stimmen Ihrer Schwester ist dieses Gesetz in Nordrhein-Westfalen einstimmig angenommen worden.

Ich höre schon, wie Sie, sich innerlich zerreißend, denken: Verdammt noch mal, mit unseren bayerischen Geldern machen die in Nordrhein-Westfalen ein gutes Integrationsgesetz. - Jawohl, weil sie das Geld richtig anlegen, meine Herren und Damen. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)

Meine Damen und Herren, am Ende des Tages bleibt übrig, dass Ihr Integrationsbeauftragter in seinem letzten Bericht sagt: Jawohl, wir brauchen ein Integrationsgesetz. Ihre wunderbare CSU-Kommission sagt: Jawohl, wir brauchen ein Integrationsgesetz. Lieber Herr Schmid, wie wäre es, wenn Sie einmal eines lieferten? Quatschen Sie nicht herum, erzählen Sie nicht, lamentieren Sie nicht, frotzeln Sie nicht herum.

(Georg Schmid (CSU): Ich frotzele nicht!)

Legen Sie endlich einmal etwas vor. Änderungsanträge wären zulässig gewesen. Dann würde ich nämlich sehen, dass Sie Interesse an der Sachdebatte haben und nicht nur draußen Stammtischparolen bedienen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir hätten also heute Geschichte schreiben können, leider nicht mit Ihnen. Dann müssen wir es halt anders machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. Ich erteile für die CSU-Fraktion Frau Kollegin Guttenberger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Zacharias, Sie sagten gerade, Integration spalte nicht die Menschen, sondern die CSU. Ich sage Ihnen: Integration spaltet weder die Menschen noch spaltet sie die CSU. Bayern ist ein weltoffenes Land.