Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012

möglich. Das heißt, nur Deutschland könnte ein solches Verfahren einleiten, nicht der Freistaat Bayern.

Aber auch aus den übrigen von Ihnen zitierten Vorschriften - dem Aarhus-Übereinkommen, der EspooKonvention und der UVP-Richtlinie; wir haben uns das genau angeschaut und haben nirgends einen Verweis darauf gefunden - lässt sich eine Pflicht Tschechiens zu einem zusätzlichen Erörterungstermin in Deutschland nicht ableiten.

Die einzige Möglichkeit, die ich sehe und die wir jetzt gemeinsam verfolgen sollten, um in Deutschland doch noch zu dem formellen UVP-Erörterungstermin zu kommen, besteht darin, zu versuchen, die tschechische Regierung dazu zu bewegen, es freiwillig zu tun. Da auch für diese internationalen Angelegenheiten nicht der Freistaat Bayern zuständig ist, sondern die Bundesregierung, muss die Bundesregierung das in die Hand nehmen. Das tun wir auch. Der tschechische Premierminister Necas hat der Kanzlerin bereits im Oktober letzten Jahres eine unverbindliche Information zugesichert. Darauf aufsetzend müssen wir das jetzt noch erweitern und die Forderung nach einem formellen Termin hier bei uns in Deutschland noch nachschieben. Das ist genau der Inhalt dessen, was in dem Antrag der CSU-Fraktion gefordert wird.

Wenn ich den FREIEN WÄHLERN noch Folgendes zurufen darf: Der Inhalt Ihres Antrags ist quasi positiv erledigt; denn genau das tun wir schon die ganze Zeit.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Weitermachen!)

- Vielen Dank. Wir nehmen das jetzt als Anfeuerungsruf, dass wir das, was wir ohnehin schon machen, weiter betreiben. Aus diesem Grund bitte ich Sie, dem Antrag der CSU-Fraktion zuzustimmen, weil uns das weit nach vorne bringt. Wir stimmen dem CSU-Antrag zu.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Mit der Unterstützung der FREIEN WÄHLER, da kann man doch zustimmen!)

Moment, Herr Staatsminister! Herr Dr. Fahn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Fahn. Sie haben das Wort.

Herr Umweltminister, das, was Sie zum Schluss zu der Frage gesagt haben, warum Sie dem Antrag der FREIEN WÄHLER nicht zustimmen wollen, ist doch Quatsch.

(Staatsminister Dr. Marcel Huber: Weil er positiv erledigt ist! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir wollen, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, sich bei der tschechischen Regierung dafür einzusetzen. Dem können Sie doch zustimmen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sagen Sie "weiter einsetzen"! Dann muss er zustimmen!)

Wenn Sie das jetzt ablehnen, ist das ein völlig falsches Signal. Sie wollen dem wahrscheinlich nur nicht zustimmen, weil der Antrag von den FREIEN WÄHLERN kommt. Lassen Sie einmal Ihre parteitaktischen Spielchen und stimmen Sie dem Antrag der FREIEN WÄHLER zu!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Minister, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Die Fraktion wird sich überlegen, wie sie abstimmt.

Ich darf ergänzen, weil es unsauber formuliert war: Es ist der gemeinsame Antrag von CSU und FDP.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Volkmar Halb- leib (SPD): Sehr aufmerksam!)

Danke sehr, Herr Minister.

Für die Anträge ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Es ist gute Übung, dass die Abstimmung 15 Minuten, bevor sie durchgeführt werden soll, angekündigt wird. Momentan liegen wir allerdings erst bei neuneinhalb Minuten. Deswegen fahre ich jetzt in der Tagesordnung fort und werde die namentlichen Abstimmungen nach Abschluss des nächsten Tagesordnungspunktes durchführen.

Wir kommen jetzt zur gemeinsamen Beratung:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König, Dr. Florian Herrmann u. a. und Fraktion (CSU), Dr. Andreas Fischer, Tobias Thalhammer, Brigitte Meyer u. a. und Fraktion (FDP) Ehrenamt bei Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen sichern - Keine Ausweitung der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf ehrenamtliche Tätigkeiten! (Drs. 16/11865)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Helga SchmittBussinger u. a. und Fraktion (SPD) Keine Anwendung der künftigen EUArbeitszeitrichtlinie auf das ehrenamtliche Engagement in Freiwilligen Feuerwehren (Drs. 16/11870)

(Unruhe)

- Wenn wir uns im Saal wieder beruhigt haben und erst wenn die Privatunterhaltungen auf allen Seiten eingestellt sind, fahre ich fort. - Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Herr Dr. Andreas Fischer. Bitte sehr, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Stell dir vor, es brennt und keiner geht hin. - Bei uns kann sich das Gott sei Dank niemand vorstellen, und das verdanken wir den mehr als 327.000 Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren in Bayern, die tagtäglich Leben und Gesundheit für unsere Sicherheit riskieren. Dafür bin ich dankbar.

(Beifall bei der FDP, der CSU, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

324.000 von ihnen tun dies in den 7.694 Freiwilligen Feuerwehren ehrenamtlich. Diese Zahl belegt sehr eindrucksvoll: Ohne Freiwillige Feuerwehren wäre der Brandschutz in Bayern undenkbar.

Um dieses System beneidet man uns in ganz Europa. Dies ist ein System, das auch die EU-Kommissarin für internationale Zusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Krisenreaktion, Frau Georgieva, sehr beeindruckt hat. Umso unverständlicher ist das, was die EU-Kommission jetzt plant. Man möchte nämlich in bestimmten Fällen die ehrenamtliche Tätigkeit auf die Arbeitszeit anrechnen lassen. Geplant ist eine Erweiterung der EURichtlinie 2003/88/EG. In Zukunft soll nicht mehr zwischen Ehrenamtlichen und Angestellten unterschieden werden, insbesondere dann nicht, wenn die Ehrenamtlichen Tätigkeiten ausführen, die auch von Angestellten oder Beamten erbracht werden. Eine Konsequenz daraus könnte lauten: Ehrenamt ist für Feuerwehren Arbeitszeit.

Eine Ausnahme für ehrenamtliche Bereiche lehnt die EU-Kommission bislang ausdrücklich ab. Das würde eine zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden bedeuten. Die Gefahr bestünde, dass Vollerwerbstätigen jedes ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich unmöglich gemacht würde. Zu Recht warnen deshalb sowohl der Landesfeuerwehrverband als auch der Deutsche Feuerwehrverband vor dieser Entwicklung.

Ein Blick in die Praxis zeigt sehr deutlich: Was machen jene, die Feuerwehrdienst leisten? Neben dem wöchentlichen Dienst an Fahrzeugen und in der Wehr, der im Durchschnitt schon fünf bis zehn Stunden beträgt, fallen Ausbildungen und Lehrgänge an. Im Durchschnitt sind das 70 Stunden pro Jahr. Weitere 40 bis 50 Stunden entfallen auf die Einsätze, auf mehr als 250.000 Einsätze in Bayern. Mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie wäre all das nicht mehr zu bewältigen. Wenn ein Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr in seinem Beruf 40 Stunden arbeitete, hätte er nur noch acht Stunden Zeit für dieses Ehrenamt. Wir könnten das Modell der Feuerwehren - das betrifft in gleicher Weise den Rettungsdienst und den Katastrophenschutz - ad acta legen.

Es geht nicht nur um die Arbeitszeit, sondern auch um die Ruhezeit von elf Stunden und um die einmal pro Woche erforderliche 24-stündige Ruhezeit, die jede Kombination von Arbeitsverhältnis und Ehrenamt unmöglich macht.

Es geht aber nicht nur um die innere Sicherheit. Heute ist im Maximilianeum eine Ausstellung der Katholischen Landjugendbewegung - KLJB - zum ländlichen Raum zu sehen. Im ländlichen Raum schlägt das Herz Bayerns. Der ländliche Raum lebt vom ehrenamtlichen Engagement. Dabei geht es um den Sportverein, um die Landjugend oder den Chor. Welche Auswirkungen die Richtlinie der EU-Kommission hierauf haben könnte, wenn wir ihr nicht alles an Engagement entgegensetzen, das wir haben, ist völlig offen.

Ist dies nur eine Schlamperei, ist dies ein verhängnisvoller Fehler oder gar Absicht? Wir wissen es nicht. Aber wir wissen eines: Dies kann dazu führen, dass im schlimmsten Fall der Handwerker abends nicht mehr als Fußballtrainer tätig sein darf, dass die Verkäuferin nicht mehr auf der Laienbühne spielen oder ein Arbeiter nicht mehr an einer Feuerwehrübung teilnehmen kann. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist absurd!

(Beifall bei der FDP)

Wir dürfen uns das Ehrenamt in diesem Land von niemandem kaputt machen lassen, auch nicht von der EU.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fischer. Als Nächster hat der Kollege Dr. Florian Herrmann das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem heutigen Dringlichkeitsantrag wollen wir die Staatsregierung dazu auffordern, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die EU-Arbeitszeitrichtlinie hinsichtlich der Höchstgrenze der Arbeitszeit von 48 Wochenstunden namentlich bei den Freiwilligen Feuerwehren, den Rettungsdiensten und vergleichbaren Organisationen nicht auf ehrenamtliches Engagement angewendet wird.

Viele haben das vielleicht noch gar nicht mitbekommen: Es geht darum, dass wir uns bereits zum jetzigen Zeitpunkt darum kümmern, dass nicht seitens der Europäischen Union ein Angriff auf das Ehrenamt in unserem Land stattfindet. Ob dies wirklich droht, kann man noch nicht sagen; aber man kann sagen: Wehret den Anfängen!

(Alexander König (CSU): Jawohl!)

Wir haben es bei europäischen Themen schon häufiger erlebt, dass wir viel zu spät von den Auswirkungen von Gesetzgebungsvorhaben und -verfahren erfahren haben. Ob diese Auswirkungen wirklich beabsichtigt sind oder nicht, kann man dahingestellt sein lassen; aber wir haben diese Auswirkungen nicht früh genug erkannt, sodass Fakten geschaffen wurden, von denen wir nur mit erheblichen Klimmzügen wieder weggekommen sind.

Ich verweise nur auf die Problematik des Feuerwehrführerscheins. Wir können dem bayerischen Innenminister immer noch dafür dankbar sein, dass eine praktikable Lösung gefunden wurde, wobei die Ursache darin lag, dass die europäische Ebene mit ihrer Perspektive für das Ganze die Auswirkungen im Detail nicht im Blick hat.

Worum geht es? Die Europäische Arbeitszeitrichtlinie soll geändert werden und befindet sich derzeit im Konsultationsverfahren. Die zurzeit geltende Richtlinie liegt in Artikel 6 fest, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit inklusive Überstunden eine Gesamtstundenzahl von 48 nicht überschreiten darf. - So weit, so gut. Presseberichten ist jedoch zu entnehmen - Kollege Fischer hat es bereits ausgeführt -, dass zu der normalen beruflichen Arbeitszeit auch jene ehrenamtliche Tätigkeit gerechnet werden soll, die von Angestellten oder Beamten ausgeübt wird. Das Problem dabei ist, dass dies natürlich auch für Feuerwehrleute oder ehrenamtliche Rettungsdienstleistende bzw. vergleichbare Tätigkeiten gelten würde.

Derzeit verhandeln die Sozialpartner über Änderungen der Arbeitszeitrichtlinie, zunächst bis September 2012. Sollte dabei Einvernehmen erzielt werden, wird die Kommission dies übernehmen, und den Mitgliedstaaten obliegt die nationale Umsetzung. Sollten die Verhandlungen scheitern, so ist ein Änderungsvorschlag der EU-Kommission zu erwarten. Der zuständige EU-Kommissar László Andor hält eine Ausnahme von Feuerwehrleuten und explizit auch von Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren nicht für angemessen. Er befürwortet vielmehr, in der Richtlinie künftig besondere Bestimmungen für Feuerwehrangehörige festzuschreiben, auch für Angehörige von Freiwilligen Feuerwehren. Dies geht aus einem Schreiben von Anfang 2012 hervor.

Nach meiner Überzeugung sowie nach der Überzeugung des Deutschen und des Bayerischen Feuerwehrverbandes fehlt es aber ehrenamtlich Tätigen an klassischen Arbeitnehmereigenschaften, die jedoch die Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Arbeitszeitrichtlinie sind. Wenn man aber nun die Freiwilligen Feuerwehren in diese Richtlinie ausdrücklich aufnimmt und erwähnt, so würde dies der Argumentation zuwiderlaufen. Darum sind wir der festen Überzeugung, dass die Arbeitszeitrichtlinie für Feuerwehren nicht gelten kann. Deshalb dürfen die Feuerwehren auch nicht in diese Richtlinie aufgenommen werden; denn sonst könnte drohen, dass durch Rechtsprechung kontraproduktive Entscheidungen getroffen werden und die Regelung faktisch ausgeweitet wird. Wenn also beispielsweise ehrenamtliche Feuerwehrtätigkeit der Berufstätigkeit gleichgesetzt würde, könnte ein Arbeitnehmer, der im Beruf 40 Stunden arbeitet, nur noch acht Stunden ehrenamtlich für die Feuerwehr tätig sein. Da auch der Bereitschaftsdienst zur ehrenamtlichen Tätigkeit gerechnet wird, würde sich dies eventuell noch krasser auf Rettungsdienstsanitäter, ehrenamtliche THWler und ähnliche auswirken. Die Konsequenz wäre letztlich das Ende des Systems der ehrenamtlichen Tätigkeit für diese Organisationen, da jemand, der 40 Stunden im Beruf tätig ist, nur noch acht Stunden ehrenamtlich übrig hätte. Das bedeutet, ein Vollzeitbeschäftigter könnte letztlich nicht im Ehrenamt tätig sein, und das wäre der Frontalangriff auf das Ehrenamt in unserem Land. Dazu darf es aber nicht kommen.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Wir alle wissen: Das bayerische Hilfeleistungssystem verfügt im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr über ein enormes Potenzial. Insgesamt stehen dem Freistaat bei den Feuerwehren, den freiwilligen Hilfsorganisationen und dem THW flächendeckend nahezu 500.000 Menschen als kompetente Helfer im Katastrophen- und Zivilschutz zur Verfügung. 450.00