Protokoll der Sitzung vom 27.03.2012

2030 schuldenfrei - wenn es einer schafft, dann Bayern, meine Damen und Herren. Darum wünschen wir uns, dass jeder auf diesem Weg nicht nur mäkelt oder nörgelt, sondern ganz konkrete Vorschläge macht.

Im Nachtragshaushalt geht es übrigens nicht nur um Tilgen, sondern es geht insgesamt um Vorsorge. Der Tilgungscharakter hat tief präventiven Vorsorgecharakter für die Zukunft. Durch Schuldentilgung und den

Pensionsfonds, den wir jetzt auf den Weg bringen, schaffen wir ein sehr kräftiges Vorsorgepaket. Jährlich fließen 100 Millionen Euro in die beiden vereinten Fonds ein, in den bayerischen Pensionsfonds der Zukunft. Beide Seiten, unsere Staatsdiener und der Haushaltsgesetzgeber, tragen künftig dazu bei, Vorsorge zu treffen, sodass bereits ab 2023 die Zuführung zur Dämpfung bei den Pensionen erfolgen kann. Wir haben auch klar vereinbart, dass wir ab 2030 die 1 Milliarde Euro, die wir uns dann an Zinsen sparen man muss sich das überlegen: 1 Milliarde Euro Zinsen, die jetzt im Grunde verlorenes Geld sind -, künftig auch zur Vorsorge bei den Beamten einsetzen. Darum kann man schon sagen: Es gibt kaum ein Land, das so nachhaltig vorsorgt wie der Freistaat Bayern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

In dem Zusammenhang ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass Pensionen wie Gehälter keine verdeckten Schulden sind. Schulden sind das, wofür man Zinsen bezahlen muss. Pensionen sind keine Schulden, sondern Verpflichtungen für lebenslange Leistung. Unsere Beamten verrichten eine hervorragende Tätigkeit. Wir stehen zu ihnen. Sie haben einen Anspruch auf eine sichere Altersversorgung. Ich würde herzlich darum bitten, wenn wir über die Zukunft der Beamtenversorgung reden, dass es nicht immer so dargestellt wird, als wären uns die Beamten eine Last. Ganz im Gegenteil, wir stehen zu ihnen und sorgen für eine gerechte Alimentierung. Der Beamtenbund unterstützt uns auf dem Weg dort hin.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zurufe der Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD), Volkmar Halbleib (SPD) und Ludwig Wörner (SPD))

- Herr Wörner, der Nachtragshaushalt ist Tilgung und Vorsorge, aber auch Investition und Teilhabe. Zur Investitionsquote werden die Kollegen Winter, Klein und andere, die aus ihren Fraktionen einen Beitrag dazu bringen, deutliche Ausführungen machen. Die Investitionsquote von über 12 % ist deswegen wichtig, weil sie das Testat für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine Investition in die Infrastruktur ist. Davon leben Handel, Handwerk und Industrie, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir haben aber auch Teilhabe für die Kommunen. Es gilt schon herauszustellen, wie die derzeitige Lage ist. Mit über 7 Milliarden Euro haben wir den höchsten Finanzausgleich für die Kommunen in der bayerischen Geschichte. Dass alle kommunalen Spitzenverbände dafür am Ende ein Lob ausgesprochen haben, zeigt, dass das der richtige Weg ist. Wenn wir alle Leistun

gen des Nachtragshaushalts zusammenrechnen, nicht nur den Finanzausgleich, wird fast jeder vierte Euro des Nachtragshaushalts direkt oder indirekt den Kommunen zugutekommen. Eine bessere Unterstützung der kommunalen Basis als dieser Nachtragshaushalt ist nicht denkbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Man muss sehen, dass auch unsere Kommunen enorme Zuwächse an Steuergewinnen haben. Wir sind Spitzenreiter bei den Investitionen. Die bayerischen Kommunen hatten 2010 eine Investitionsquote von 23,4 %, die Kommunen der westlichen Flächenländer insgesamt übrigens nur 14,9 %. Die ProKopf-Verschuldung der bayerischen Kommunen ist im Schnitt mit 1.049 Euro je Einwohner die zweitniedrigste Pro-Kopf-Verschuldung der Flächenländer West.

Meine Damen und Herren, klar, es gibt immer noch etwas zu verbessern. Wir wollen fortsetzen, was wir schon im Finanzausgleichsgesetz begonnen haben, nämlich strukturschwachen Kommunen besser zu helfen. Wir werden das schwierige Konstrukt des Finanzausgleichs überprüfen, um Justierungen vornehmen zu können, die am Ende den ganz schwachen Kommunen helfen. Die kommunalen Spitzenverbände haben unser Gesprächsangebot - übrigens auch mein Gesprächsangebot - sehr bewusst und positiv aufgenommen. Ich bin sicher, wenn alle, wirklich alle, bereit sind, einen Beitrag zu leisten, kommen wir zu einem guten Ergebnis. Wir wollen, dass die Leistungsfähigen stark bleiben und die Schwächsten eine Chance haben, teilhaben zu können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ein vorletzter Punkt. Für die Zukunft und für die gesamte Haushaltspolitik ist es wichtig, dass Geld verdient wird. Deswegen ist es für die Stabilität eines Haushalts immer wichtig, auf die Wirtschaft zu achten. Es geht uns gut, die Konjunktur ist stabil. Die Frage ist, ob wir uns zutrauen, die Konjunktur zu gefährden. Welche Vorschläge belasten die Zukunft? Meine Damen und Herren, wir als Mehrheitsfraktion und als Staatsregierung wollen Schuldenbremse und Schuldentilgung. Die jüngsten Beschlüsse auf Parteitagen gehen aber in eine andere Richtung. Ich habe gelesen, es gibt eine Partei, die eine Steuersenkungsbremse fordert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Alexander König (CSU): Ja was ist denn das?)

Stellen Sie sich vor, es soll per Verfassung verboten werden - so Teile der Opposition -, den Bürgern Geld zurückzugeben. Einen stärkeren Enteignungseingriff

habe ich noch nie erlebt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das kann nicht der Weg sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bitte die Parteien, die heute in der Opposition sind, ganz herzlich, mit ihren Kollegen in anderen Ländern zu reden. Sie müssen sich vorstellen: Derzeit stockt ein Verfahren im Bundesrat, die verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des Grundfreibetrages und die steuermoralisch zutiefst gerechtfertigte Änderung bei der kalten Progression endlich anzugehen. Das Verfahren kommt nicht voran. Das Einfachste, was man überhaupt machen kann und das evident ist, wird derzeit blockiert. Leider sieht es so aus, als ob das noch weiterginge.

(Markus Rinderspacher (SPD): 20 Milliarden Nettoneuverschuldung im Bund! Die CSU ist dabei!)

Herr Rinderspacher, Sie haben auf Ihren Parteitagen nicht nur beschlossen, dass Sie möglicherweise auch für eine Schuldenbremse sind, Sie haben auch ein klares Konzept dargestellt, wie das geschehen soll. Dieses Konzept, meine Damen und Herren, geht in die Richtung, nicht über Ausgaben zu reden, sondern Einnahmen zu generieren. Und diese Einnahmen sind für Sie in erster Linie Steuern. Meine Damen und Herren, wer Steuern erhöhen will, der schafft keine Schulden-, sondern eine Wachstumsbremse.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Und das kann Bayern nicht gebrauchen: eine Steuerpolitik, die eine massive Erhöhung der Einkommensteuer, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die Rücknahme von steuerlichen Entlastungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, die Abschaffung jeder Steuererleichterung für Agrardiesel und anderer ökologischer Steuererleichterungen vorsieht, ein Programm, das im Endeffekt weit über 20 Milliarden Euro Belastungen für unsere Wirtschaft und die Bürger zur Folge hätte. Da kann ich nur sagen: Andere Länder beneiden uns um unsere Konjunktur.

(Alexander König (CSU): So ist es!)

Offenkundig geht es uns schon so gut, dass wir uns aufs Eis wagen wollen. Ich kann nur sagen, Achtung vor der Steuerschraube! Steuererhöhungen sind Gift für Arbeitsplätze und für die Konjunktur in unserem Land.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wenn es immer heißt, es gebe keine Unterschiede: Hier liegen sie auf dem Tisch. Wir wollen Schulden tilgen und nicht neue Schulden machen. Wir wollen

Schulden tilgen und nicht Steuern erhöhen. Wir wollen eine solide Haushaltspolitik machen, die Investitionen, Teilhabe und Integration ermöglicht, und wir setzen, meine Damen und Herren, auf die Zukunft. Das ist der entscheidende Punkt für einen schuldenfreien Haushalt. Das Entscheidende ist, dass wir uns unabhängig machen wollen.

Gestern tagten viele Experten zu der Frage: Wie werden Finanzmärkte auf künftige Rettungsschirme reagieren? Wir wollen für Bayern keine Rettungsschirme, wir wollen aus eigener Kraft die Leistung erbringen. Wir sind stark genug, um unabhängig von Finanzmärkten nicht bei anderen um Rettungsschirme zu betteln. Wir wollen es aus eigener Kraft schaffen, und dafür ist dieser Haushalt eine Grundlage.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Staatsminister Dr. Söder. - Als Nächster hat der Kollege Volkmar Halbleib das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Abschluss der Beratungen zum Nachtragshaushalt 2012 steht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit drei Ereignissen, die ganz unabhängig vom Abschluss der Haushaltsberatungen ein Schlaglicht auf die finanzpolitische Kompetenz sowie die finanzpolitische Verantwortung von CSU und FDP werfen.

Diese Verabschiedung des Nachtragshaushaltes findet statt, kurz nachdem die CSU eine weitere den Bürgerinnen und Bürgern erklärte rote Linie beim Euro-Rettungsschirm überschritten und damit erneut ein Beispiel dafür gegeben hat, was mit finanzpolitischer Glaubwürdigkeit gemeint ist: Eine rote Linie vorzugeben und sie immer wieder zu überschreiten.

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Besser, eine rote Linie zu haben, als keine!)

Sie findet an einem Tag statt, an dem der Bayerische Oberste Rechnungshof, sehr geehrter Herr Finanzminister, der bayerischen Finanzpolitik genau das Gegenteil der von Ihnen gebrauchten Worte - Stärke, Solidität und moralische Verantwortung - attestiert und der finanzpolitischen Kompetenz ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellt.

Wenn man liest, was der Bayerische Oberste Rechnungshof zu den Milliardenschäden sagt, die durch die Unterausstattung über Jahre und Jahrzehnte durch die CSU entstanden sind - Milliardenschäden an Volkseinkommen des Freistaates Bayern und an

diesem Staatshaushalt -, so ist dies ein denkbar schlechtes Zeugnis für diese Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD - Harald Güller (SPD): Bravo!)

Dem Desaster bei der Bayerischen Landesbank fügen Sie ein weiteres hinzu: die partielle Zerstörung eines Stiftungsvermögens, das für soziale, kulturelle und sonstige Initiativen in diesem Lande sehr wichtig ist. Sie haben - das dokumentiert der Bericht des Rechnungshofes - Volksvermögen in der Landesstiftung zerstört, und das ist nicht solide, sondern das Gegenteil davon.

(Beifall bei der SPD)

Diese Haushaltsberatungen finden nach einer Nacht statt, in der deutlich geworden ist, dass CSU und FDP, die schwarz-gelbe Regierung, in einer ganz zentralen Aufgabe der Infrastrukturpolitik - um nicht zu sagen, in der entscheidenden Aufgabe - verzögert, verschlafen und verdummt hat. Sie versuchen nun förmlich in allerletzter Minute - heute Morgen, gestern Nacht -, Ihre jahrelangen Versäumnisse bei der Breitbandausstattung des Freistaates Bayern im Nachtragshaushaltsentwurf, in Nachschublisten und Tischvorlagen von CSU- und FDP-Fraktion zu korrigieren, nachdem Sie jahrelang die Möglichkeit dazu hatten. Das ist ein denkbar schlechtes Zeugnis für Ihre bisherige Finanz- und Haushaltspolitik.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Insofern war es ein Stück weit Söders Märchenstunde.

(Zurufe von der CSU)

- Ja, wenn ich an diesem Redepult von Solidität und moralischer Verantwortung spreche und vom Bayerischen Obersten Rechnungshof am gleichen Tag dieses Zeugnis ausgestellt bekomme, dann kann ich nur sagen: Das war eine Rede, die schon in den Bereich der Märchenstunde gehört.

(Beifall bei der SPD - Georg Schmid (CSU): Der Rechnungshof hat das bestätigt, was richtig ist! Haben Sie das nicht gelesen?)

Wir kommen in diesem Umfeld zur Abschlussberatung des Nachtragshaushaltes 2012 und auch hier stellen wir fest, dass die hehren Worte und die haushaltspolitische Realität einfach nicht zusammenpassen; denn was ist denn der Nachtragshaushalt 2012 anderes als die Korrektur von Fehlern, Versäumnis

sen und Unzulänglichkeiten, die Sie im Stammhaushalt 2011/2012 zu verantworten haben?

(Georg Schmid (CSU): Nur Not und Elend!)

So kann man den Nachtragshaushalt mit Fug und Recht als Dokument sowie als Zeichen dafür lesen, wie berechtigt die Kritik der Opposition, der SPDFraktion, an den bisherigen Haushaltszahlen war. Die erreichten Verbesserungen sind damit auch der Oppositionsarbeit der SPD und der anderen Oppositionsfraktionen zu verdanken. Sie sind aber vor allem ein Zeugnis dafür, dass Sie bisher massive Versäumnisse in der Haushaltspolitik zu verantworten haben, die Sie nun mühsam korrigieren müssen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU)