Ich war am letzten Mittwoch gemeinsam mit 2.000 aufgebrachten Bürgern in der Meistersingerhalle in Nürnberg. Der Informationsgewinn der Veranstaltung war zwar bescheiden, weil man aufgrund der vielen Pfeifkonzerte kaum ein Wort verstehen konnte. Aber der Eindruck war umso gewaltiger. Mich wundert nicht, dass sich die Menschen wirklich allein gelassen fühlen. Die Menschen fühlen sich allein gelassen, weil man ihre Ängste und Sorgen nicht ernst nimmt. Die Ängste und Sorgen sind zum einen: Was muss ich denn von dieser Trasse erwarten? Wie schaut es mit der Strahlenbelastung aus? Da bleiben Sie Antworten schuldig. Die Staatsregierung hat hier versäumt, vor ein, zwei Jahren Informationskampagnen zu machen,
Sie haben versäumt, die Menschen in diesem Bereich mitzunehmen. Wenn wir 100 % erneuerbare Energien wollen – Sie haben heute auch noch einmal unterstrichen, dass wir aus der Atomkraft und aus der Kohle aussteigen wollen –, dann wird es nicht ohne die Verbesserung des Leitungsnetzes gehen. Wir brauchen die Thüringer Strombrücke. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das heute noch einmal unterstrichen haben.
Aber wir brauchen auch noch eine zusätzliche funktionierende und verlässliche Nord-Süd-Trasse. Der Stromumweg über Polen kann doch keine Dauerlösung sein.
Dann sagen Sie: Jetzt muss ich alles ganz neu machen. Was ist denn an der Novelle des EEG so neu? Es wird nachjustiert. Wir haben Veränderungen in bestimmten Bereichen, aber es wird nicht komplett auf den Kopf gestellt. Sie stellen jetzt wegen der Nachjustierung des EEG die komplette Trasse in Frage. Da wundere ich mich wirklich. Wenn ich mir jetzt ein neues Elektroauto kaufe, frage ich mich doch auch nicht: Müssten wir dann extra neue Straßen bauen? Die Antriebstechnologie hat doch nichts mit Trassen, mit Straßen zu tun. Hier besteht keinerlei kausaler Zusammenhang. Sie haben hier die Zusammenhänge einfach nicht begriffen. Ihr geschätzter Kollege, der Herr Gabriel, den Sie heute noch einmal erwähnten, hat Ihnen heute auch noch einmal ausdrücklich widersprochen. Es gibt eben keine neue Geschäftsgrundlage.
Zum Schluss: Herr Seehofer, Sie handeln nach dem Motto "Nach mir die Sintflut". Ihnen scheint nur noch Weniges wichtig zu sein. Wir fragen uns: Was ist Ihr Motiv? Eine von zwei möglichen Interpretationen ist gnadenloser Populismus wegen des Kommunalwahlkampfs. Heute wurde ja schon gefragt, was nach dem 15. März ist. Können sich die Bürger auf Ihre Aussagen verlassen? Ich sage Nein. Das Vertrauen haben Sie in den letzten Jahren verspielt. Die zweite mögliche Erklärung ist: eine konsequente Sabotage der Energiewende. Über Ihr genaues Motiv will ich nicht spekulieren. Sie machen auf mich jeden Fall den Eindruck, als wäre Ihnen nach dieser Legislatur alles egal.
Sie versäumen es auch, die Menschen mitzunehmen. Bei allen schwierigen Projekten, bei Trassen, bei Pumpspeichern ducken Sie sich weg. Sie sind kein Macher mehr, Sie sind ein Kneifer. Herr Blume wirft uns vor, dass wir keine Verantwortung übernehmen wollen oder können. Da muss ich schon wirklich lachen. Wir sollen uns vom Acker machen! Das ist schon wirklich eine Frechheit, Herr Blume. Ich glaube, da haben Sie die letzten Monate wirklich genauso geschlafen wie unser Ministerpräsident.
Wir meinen es ernst. Wir reden mit den Menschen und versuchen auch, die Energiewende umzusetzen. Wir wollen heraus aus der gefährlichen Atomkraft. Wir wollen den Klimakiller Braunkohle endlich abschaffen. Wenn durch die Energiewende Lasten entstehen, setzen wir uns dafür ein, dass sie gerecht verteilt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass nicht in Vergessenheit gerät, für wen wir die Energiewende eigentlich machen, nämlich für unsere Kinder und Enkel.
Wenn wir so auftreten, dann können wir die Menschen vor Ort überzeugen. Wenn wir ihre Sorgen und Ängste ernst nehmen und das technisch Machbare tun, um die Belastungen zu reduzieren, dann können wir sie mitnehmen. Das kostet viel Kraft, die wir aber gerne einsetzen.
Zum Schluss noch zu unserem Erdkabel-Antrag ein paar Worte. Die Staatsregierung hat heute die Möglichkeit, einen großen Fehler zu beheben. Sie hat nämlich im Bundestag ein Gesetz beschließen lassen, das eine Erdverkabelung bei der Südostpassage grundsätzlich ausschließt. Das kann man reparieren. Ergreifen Sie so schnell wie möglich über den Bundesrat die Initiative zur Änderung des entsprechenden Gesetzes, und machen Sie den Weg frei, dass bei der geplanten HGÜ-Trasse Lauchstädt – Meitingen eine Erdverkabelung möglich wird. Wenn Sie guten Willens sind, dann bringen Sie das auf den Weg. Ich bin mir sicher, Sie bekommen dafür im Bundestag und im Bundesrat eine parlamentarische Mehrheit. Die Unterstützung der GRÜNEN haben Sie auf alle Fälle.
Vielen Dank. Frau Kollegin Kohnen steht für die SPD-Fraktion schon bereit. Ich darf noch daran erinnern, dass nach der Debatte
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Blume, Sie können sich noch oft hier herstellen und sagen, wie viele erneuerbare Energien Bayern hat. Sie müssen sich aber daran messen lassen: Bayern hat einen Anteil von 47 % Atomstrom an der Stromerzeugung. Dazu ist kein Wort in dieser Debatte gefallen. Wenn Sie sagen, SPD, GRÜNE oder FREIE WÄHLER hätten überhaupt keine Regierungsverantwortung, so ist das ein Schlag ins Gesicht der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieser Parteien hier in Bayern. Das sei mal klipp und klar gesagt.
Ich empfinde diese Debatte, wie sie heute geführt wurde, als unwürdig. Ich sage Ihnen auch warum. Wenn ein Ministerpräsident sich zu Beginn freut und darüber feixt, dass es Gewinner- und Verliererreviere in Deutschland bei dem Jahrhundertprojekt Energiewende gibt, dann empfinde ich das als unsäglich. Uns vorzuwerfen, wir stünden nicht an der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - - Ich frage Sie: Gibt es in Deutschland Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse? Sie freuen sich darüber, dass NRW hohe, höchste Beträge in die EEG-Umlage für den Ökostrom einbezahlen muss und wir in Bayern davon profitieren. Das kann wohl nicht wirklich Ihr Ernst sein, und Sie können sich hier nicht in diesem Maße aufführen.
Sie, Herr Seehofer, behaupten, Sie hätten einen Superdraht zu Sigmar Gabriel und würden sich unheimlich gut mit ihm verstehen und gut mit ihm kommunizieren. Dann können Sie ihm auch kommunizieren, wie Sie sich hier über Nordrhein-Westfalen bei dieser nationalen Energiewende äußern.
Es wundert mich ein wenig, dass um 14.44 Uhr die dpa heute meldet, lieber Herr Seehofer: "Die Bundesregierung hat Kritik aus Bayern am geplanten Ausbau der Stromnetze zurückgewiesen." Mit der angestrebten Ökostrom-Reform ändere sich auch die Geschäftsgrundlage beim Netzausbau. Das lässt der Bund nicht gelten. Das lässt Ihnen der Sprecher Gabriels über die Agentur ausrichten. Sie können nachher einmal durchrufen, wie es denn so steht.
Ich kann nicht beurteilen – und dazu habe ich auch keine Lust nach den Reden, die ich aus Ihren Reihen gehört habe –, was Ihren Ministerpräsidenten dazu bewegt, eine so kopflose Energiepolitik zu fabrizieren,
wie er es gerade macht. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie in den letzten Tagen mit Wirtschaftsverbänden in Kontakt waren, dann hören Sie immer wieder den Begriff "Deindustrialisierung Bayerns". Das ist das, was die Wirtschaft fürchtet. Sie treffen mit Ihrer kopflosen Energiepolitik das Mark in diesem Land. Sie verletzen eine der ganz großen Stärken, die unser Land hat. Da müssten eigentlich bei Ihnen alle Alarmglocken läuten.
Abschließend kann ich nur zur CSU-Fraktion sagen: Ich kann Sie nicht verstehen. Ich kann nicht verstehen, wie man sich so zu einer Marionette eines einzelnen Mannes machen kann.
Sie sind doch hierher gewählt, um selbstständig Ihren eigenen Verstand einzusetzen. Sie können das doch verdammt noch mal besser. Lassen Sie sich doch nicht an der Nase herumführen! Machen Sie sich doch einmal auf den Weg zu einer anständigen Energiewende. Ihr Kollege Göppel im Bundestag macht es doch vor. Er sagt klipp und klar: Wenn die 10-H-Regelung kommt, dann ist es vorbei mit der Energiewende. Leute, ihr habt doch mehr drauf.
Sie können noch so oft arrogant "Äh, äh" sagen. Ich sage Ihnen nur eines: Reden Sie doch einmal mit der IHK, reden Sie mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Informieren Sie sich, dann vergeht Ihnen Ihre verdammte Arroganz, die Sie an den Tag legen. Darauf wäre ich nicht stolz. Aber die "Ohs" werden schon leiser. Denken Sie darüber nach. Sie sollten verdammt leise werden.
Ich kann nur noch eines sagen: Ihren Antrag lehnen wir ab. Der zweite Absatz ist völlig unklar. Was sind angemessene Regelungen für Onshore-Anlagen? Benennen Sie sie doch. 60 bis 80 %! Setzen Sie sich dafür ein.
Der dritte Absatz leidet unter Schizophrenie. Sie wollen Bundesratsinitiativen zur Erdverkabelung. Komisch, dass Sie es vorher abgelehnt haben. Sie sind in der Bundesregierung. Also bitte!
Beim vierten Punkt sind wir bei der 10-H-Regelung. Ich habe Ihnen schon erläutert, warum das überhaupt nicht infrage kommt für uns. Da schließen wir sogar eine Allianz mit Ihrem Kollegen Göppel aus der CSUBundestagsfraktion.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben alle miteinander noch nicht begriffen, an welch ernsthaftem Punkt der bayerischen Geschichte wir uns derzeit bewegen.
Wir diskutieren das Thema Energiewende wie ein Kasperltheater. Meine Damen und Herren, draußen sind Investoren, die Hunderttausende, die Millionen von Euro in Planungen gesteckt haben. Sehr viele Investoren warten auf politische Klarheit, um endlich investieren zu können, um diese Energiewende gelingen zu lassen. Und uns fällt nichts anderes ein, als seitens der Staatsregierung jedes halbe Jahr "Kommando zurück" zu pfeifen und in die andere Richtung zu rennen.
Meine Damen und Herren, wenn wir so weitermachen, dann versündigen wir uns am Wirtschaftsstandort Bayern und werden diese Fehler nicht mehr korrigieren können.
Sie haben im Sommer letzten Jahres dem Trassenausbau im Bundestag und im Bundesrat zugestimmt. Und heute weiß man nichts mehr davon. Heute stellt sich der Kollege Füracker in Neumarkt vor seine Wähler und sagt, davon weiß er nichts, sein Bundestagskollege genauso. Meine Damen und Herren, entweder haben Sie wirklich geschnarcht und geschlafen, obwohl Sie in Verantwortung sind, oder Sie lügen jetzt die Leute an. Die Menschen draußen kennen sich nicht mehr aus.
Ich sage Ihnen in wenigen Sätzen, worauf es jetzt ankommt. Sie müssen die Energiewende vor Ort zulassen, zumindest dort, wo eine große Übereinstimmung besteht, anstatt wie in Langenzenn auf die Bremse zu treten, ein Projekt monatelang zu verzögern und erst unter dem massiven Eindruck der öffentlichen Proteste dann doch widerwillig grünes Licht zu geben, anstatt dorthin zu gehen und zu sagen: Jawohl, das ist eine Musterregion, andere können das nachahmen.
Man hat schlicht den Eindruck, dass Lobbyisten versuchen, die Energiewende zu verhindern, dass sie versuchen, Monopole festzuklopfen, und sie den Eindruck erwecken wollen, eine Energiewende wäre seitens der Bürger gar nicht erwünscht. Dieser Eindruck
ist draußen flächendeckend vorhanden. Wenn Sie mit den Leuten sprechen, sagt keiner: Nein, das ist nicht so. Jeder sagt, die Großen wollen Reibach machen, dass wir Kleinen Geld verdienen, das wollen die gar nicht. Das unterschreibt Ihnen am Stammtisch jeder.
Lassen Sie regionale Konzepte zu, unterstützen Sie die und verhindern Sie sie nicht mit Ihrer unsäglichen 10-H-Regelung, aus der Sie jetzt versuchen herauszukommen, weil Sie merken, dass Sie in der Sackgasse stecken.
Zweiter Punkt, auf den wir FREIE WÄHLER immer hinweisen: Versuchen Sie endlich, die Speichertechnik nach vorne zu bringen, die Methanisierung. Dazu habe ich von Ihnen noch nie ein Wort gehört. Sie sagen nur seit Jahren, dass das alles wegen der Grundlastfähigkeit und so weiter nicht gehe. Aufgrund dessen könne man Sonne und Wind nicht als hauptsächliche Energieträger sehen. Sie unterlassen alles, was diesen Zustand ändern würde.
Wenn dann noch Defizite sind, müssen wir gezielt schauen, woher der Strom kommt. Es ist schlicht irreal, eine Trasse eigentlich schon abgesegnet zu haben und irgendwann wahrscheinlich bauen zu wollen, während wir Braunkohlestrom aus Sachsen-Anhalt holen. Dort werden Dörfer abgesiedelt und weggebaggert. Dort holen wir den Strom. Das ist Ihr Energiekonzept, meine Damen und Herren. Wo ist die Wertschöpfung für Bayern?