Protokoll der Sitzung vom 29.03.2017

(Zuruf von der CSU)

Dann gibt es benachteiligte Kinder. Das können Sie hier mit noch so schönen Worten nicht wegreden. Sie haben sich selber entlarvt, sorry,

(Widerspruch bei der CSU)

weil Sie ziemlich am Ende Ihrer Rede die Kostenfrage gestellt haben. Damit haben Sie dem Hohen Haus

hier klargemacht: Für Sie ist die Verhinderung von Kinderarmut eine Kostenfrage, und sonst nichts.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Sie sagen hier, die Kosten seien nicht geklärt. Ich kann sie Ihnen nennen. Über die Kosten müssten Sie als Fachministerin doch Bescheid wissen. Eine Kindergrundsicherung kostet ohne Gegenrechnung brutto 14 Milliarden Euro.

(Margit Wild (SPD): 14 Milliarden Euro!)

Das habe ich gesagt. 14.

"17" hat er vorhin gesagt, "35" sagt die Böckler-Stiftung!

14 Milliarden Euro. Davon muss man abziehen, was bei der Kindergrundsicherung wegfällt, nämlich die Gegenfinanzierungsbeträge. Dann haben Sie noch einen Betrag, der zur Verhinderung der Armut darstellbar ist. Wenn man wirklich ernst machen will mit der Verhinderung von Kinderarmut, dann kann man das in Kauf nehmen. Liebe Frau Ministerin, Sie haben gesagt, unser System – –

Herr Kollege, die Zeit ist um!

Letzter Satz.

(Widerspruch bei der CSU)

Zwei Minuten sind zwei Minuten.

Unser System wäre erfolgreich. Ihr "Erfolg" bedeutet 15 % arme Kinder in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Pfaffmann, liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann am meisten tun, wenn man Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit bringt,

(Beifall bei der CSU)

wenn man Menschen aus dem Hartz-IV-System herausbringt. Deswegen habe ich vorhin in meinem Statement angesprochen, dass wir den ganzheitlichen Ansatz brauchen. Das praktizieren wir in Nürnberg. Das praktizieren wir in Fürth. Wir wollen das jetzt, gemeinsam mit der Regionaldirektion, auf weitere Standorte in Bayern ausweiten. Mit unseren Modellen,

die wir gemacht haben und die immer noch laufen, konnten wir erreichen, dass 50 % der Menschen, die aus Hartz IV gekommen sind, eine neue Lebensperspektive erhalten haben. Damit haben auch die Kinder dieser Menschen bessere Voraussetzungen bekommen. Gleichzeitig möchte ich erwähnen, dass Menschen, die Hartz IV empfangen, keine Unkosten haben, wenn sie ihre Kinder in einen Kindergarten geben. Das wird finanziert.

Die weiteren Leistungen für Bildung und Teilhabe, die darüber hinaus aufgelegt worden sind, habe ich Ihnen vorher schon genannt. Mir ist es ein Anliegen, die Familien zu unterstützen. Wir wollen Familien, die auf der Schattenseite des Lebens stehen, speziell deren Kinder, fördern, damit sie eine Zukunftsperspektive haben.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben noch eine weitere Zwischenbemerkung der Kollegin Celina.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte einmal von den vielen Zahlen wegkommen, die im Sozialhaushalt stehen, und auf die Kernfrage zurückkommen: Alle Studien, die ich kenne, kommen zu dem Ergebnis, dass vom Staat mehr Geld an Kinder aus begüterten Elternhäuser fließt, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, als an die Kinder aus armen Familien, also an die Kinder, die auf der Schattenseite des Lebens stehen, wie Sie das vorhin gesagt haben.

Jetzt einmal unabhängig von der Gesamtsumme: Ist es Ihrer Meinung nach gerecht, dass Kinder dem Staat unterschiedlich viel wert sind, je nachdem, ob sie in einer armen oder in einer reichen Familie aufwachsen?

(Jürgen W. Heike (CSU): Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Frau Celina, eine solche Rechnung kann man doch gar nicht aufmachen. Wenn jemand langzeitarbeitslos ist oder noch nie gearbeitet hat, bekommt er Sozialleistungen. Hier ist der Staat gefordert.

Ich habe bereits Herrn Kollegen Pfaffmann gesagt, dass bei den Teilhabe- und den Bildungsleistungen nachgebessert worden ist, damit Kinder aus ärmeren Haushalten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und einen Platz finden. Wir sind diesbezüglich gut aufgestellt. Wir können aber in manchen Bereichen sicher noch besser werden, zum Beispiel bei der frühkindlichen Bildung. Auch bei den Ganztagsschulen muss nachgebessert werden, damit die Kinder am

Nachmittag gut aufgehoben sind, und die Eltern ihrer Arbeit nachgehen können.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 17/16139, die in namentlicher Form durchgeführt wird. Ich eröffne die Abstimmung. Dafür stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.53 bis 17.58 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung und darf Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen, da wir jetzt eine einfache Abstimmung durchführen müssen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/16155. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen damit zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/16138. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Dafür stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.59 bis 18.02 Uhr)

Die Zeit ist um. Es wird wieder außerhalb des Sitzungssaales ausgezählt.

Ich gebe bekannt: Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/16140 bis 17/16144 sowie auf den Drucksachen 17/16156 und 17/16157 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Nun gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Rehabilitierung der wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verfolgten" auf Drucksache 17/16137 bekannt: Mit Ja haben gestimmt 57, mit Nein 78, Stimmenthaltungen 4. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Zeichen der Zeit erkennen Rückkehrberatungen und hilfen intensivieren (Drs. 17/15035)

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass die Redezeit 24 Minuten beträgt. Erster Redner ist der Kollege Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Rückkehrhilfen und Rückkehrberatung ist im Moment in aller Munde. Die Bundesregierung sagt, dieses Thema sei wichtig, die Rückkehrhilfen und die Rückkehrberatung müssten gesteigert werden. Allerdings gibt es hier noch großen Nachholbedarf. Deshalb war es uns wichtig, dieses Thema im Plenum zu besprechen. Eine Studie von McKinsey sagt in aller Deutlichkeit, dass freiwillige Ausreisen wichtig seien und dass eine Steigerung auf 300.000 erreichbar sei. Fakt ist, im Jahr 2016 sind aus Deutschland nur 54.000 Flüchtlinge freiwillig ausgereist. Das ist insgesamt einfach deshalb zu wenig, weil es hier um konkrete Kosten geht, nach der Studie von McKinsey um 670 Euro je Person für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Hinzu kommen noch die Kosten für Schlafplätze und für Essen und Trinken. Deswegen wäre es sowohl für uns als auch für die Flüchtlinge wichtig, eine freiwillige Rückkehr zu erreichen. Das ist immer noch besser als Abschiebung, weil es dabei immer wieder bürokratische Probleme gibt.

Wir haben diesen Antrag gestellt und gesehen, dass es sowohl bei der Staatsregierung als auch bei bestimmten Behörden noch Defizite gibt. Auf der Homepage der Zentralen Rückkehrberatung Südbayern war noch am 20.02.2017 Folgendes zu lesen: Aufgrund des großen Andrangs in der Beratungszeit müssen wir aus personellen Gründen vorübergehend die Unterstützung bei der freiwilligen Ausreise einstellen. Ein Ausbau ist angedacht und in Planung.

Meine Damen und Herren, das ist ein konkret eingeräumtes Defizit, dem wir abhelfen müssen. Weiter war auf der Homepage zu lesen: Die zentrale Rückkehrberatung Süd- und Südostbayern ist aufgrund einer gedeckelten Personalkapazität – Urlaub und Krankheit – derzeit nur eingeschränkt besetzt. Man sei bemüht, einen Notbetrieb aufrechtzuerhalten.

Diese Passage hat man jetzt, nachdem wir sie schon einmal im Sozialausschuss behandelt haben, von der Internetseite gestrichen. Aber das ist einfach zu

wenig. Die Personalsituation ist unbefriedigend und muss nachhaltig verbessert werden. Das ist ganz wichtig. Es wurde gesagt, dass wir eine Personalrückgewinnung bräuchten, aber wie dieselbe gelingen solle, wurde leider nicht gesagt. Hier besteht großer Nachholbedarf. Wichtig ist außerdem, die Zahl der Rückkehrberatungsstellen insgesamt zu erhöhen. Wir haben das im Sozialausschuss behandelt; dort wurde gesagt, den vier bestehenden bayerischen Personalberatungsstellen solle eine weitere in Kempten hinzugefügt werden.

Das ist uns aber zu wenig. Deshalb fordern wir unter Nummer 2 unseres Antrags eine konkrete Prüfung der Notwendigkeit zusätzlicher Rückkehrberatungsstellen. Inzwischen gibt es auch ein Gutachten des Sachverständigenrates für Integration und Migration, das klipp und klar fordert, die Rückkehrberatung flächendeckend einzuführen und gesetzlich zu verankern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir unterstützen. "Flächendeckend" heißt für uns, dass in jedem bayerischen Regierungsbezirk eine Rückkehrberatungsstelle eingerichtet wird. Dies ist der Grund für unseren Antrag.

In der erwähnten Sitzung des Sozialausschusses wurde ein Defizit bei den Rückkehrberatungsstellen eingeräumt. Der Vertreter des Sozialministeriums erklärte, aktuell befinde man sich wegen der Ausweitung der Informationskampagnen in Gesprächen. Er hat also gar nicht davon gesprochen, was konkret gemacht wird, sondern nur davon, dass man allgemein in Gesprächen ist. Näheres konnte er uns nicht sagen.