Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

mit den Bürgern der betroffenen Regionen geschehen. Die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf setzt diesen Dialogprozess durch zahlreiche Gespräche mit den Verantwortlichen vor Ort in hervorragender Weise um. Das ist ein klares Zeichen, dass der Austausch mit den betroffenen Bürgern und Gemeinden sowohl der Bayerischen Staatsregierung als auch der CSU-Fraktion ganz besonders wichtig ist.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

Damit sind wir auf einem guten und konstruktiven Weg. Wir alle wissen: Es gibt klare gesetzliche Kriterien, die bei der Ausweisung eines Nationalparks erfüllt sein müssen. Diese sind in § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes und in Artikel 13 des Bayerischen Naturschutzgesetzes aufgeführt. Zudem sollten natürlich auch die international gültigen – das kennen Sie auch – IUCN-Kriterien erfüllt sein. Dies alles gilt es bei einer Prüfung objektiv zu berücksichtigen. So eine Prüfung benötigt eine entsprechende Zeit. Jetzt fordern Sie von den FREIEN WÄHLERN in Ihrem Dringlichkeitsantrag den Abbruch des gesamten Prüfungsprozesses, anstatt die Ergebnisse des Dialogprozesses erst mal abzuwarten. Ich kann das unterstreichen, Herr von Brunn, wenn auch als Einziges.

(Volkmar Halbleib (SPD): Oh, jetzt sind wir enttäuscht!)

Das ist wirklich ein populistischer Schnellschuss, der nur darauf abzielt, einen Keil zwischen den Minister

präsidenten, die Ministerin und die CSU-Fraktion zu treiben.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Gibt es da Meinungsverschiedenheiten? – Florian von Brunn (SPD): Das ist ein hehres Ziel, aber durch andere!)

Das wird Ihnen aber nicht gelingen. – Sie, meine Damen und Herren von der SPD, liefern einen Dringlichkeitsantrag ab, der durch überspitzte Formulierungen – Sie haben das gerade ein bisschen überspitzt dargestellt – diesen sachlichen Dialog- und Entscheidungsprozess nur unnötig emotional aufheizt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Was ist daran überspitzt?)

Wir haben, wie Sie wissen, im Umweltausschuss mehrfach Angebote unterbreitet, die eine gemeinsame Antragsformulierung ermöglicht hätten. Doch das wollten Sie nicht. Sie haben unsere Angebote aus parteitaktischem Kalkül ausgeschlagen, und das einzig und allein, um Stimmung zu machen.

(Florian von Brunn (SPD): Nein, Sie haben unser Angebot ausgeschlagen! – Volkmar Halbleib (SPD): Kollege, was ist daran überspitzt? Das weiß kein Mensch!)

Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, torpedieren den Dialogprozess unter anderem, indem Sie permanent fordern, dass der gesamte nördliche Steigerwald in eine Machbarkeitsstudie für den Nationalpark aufgenommen werden muss.

(Florian von Brunn (SPD): Zu Recht!)

Da frage ich Sie: Wie wollen Sie denn dort die gültigen Rechtskriterien anwenden? Sie wissen doch ganz genau, wie die Struktur im nördlichen Steigerwald ist. Dort ist eine vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte vorzufinden, ein dichtes Straßennetz, zahlreiche von landwirtschaftlicher Nutzung zergliederte Waldteilflächen und ein nicht unerheblicher Anteil von Körperschafts- und vor allem Privatwald. Der Ministerrat hat dies erkannt, weshalb er den Steigerwald zu Recht nicht zum Gegenstand der Betrachtungen gemacht hat. Übrigens gibt es dazu eine Studie von Prof. Rößner, die Ihnen natürlich bekannt ist. Er ist Mitglied im Bund Naturschutz und hat sich gerade aus den von mir eben genannten Gründen gegen einen Nationalpark Steigerwald ausgesprochen. Sie ignorieren das schlichtweg und wollen auch damit Stimmung machen. Schon alleine deswegen müssen wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen.

Kollege von Lerchenfeld, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Herrn von Brunn?

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Am Ende. – Selbstverständlich begrüßen wir es, dass die Bayerische Staatsregierung einen dritten Nationalpark anstrebt. Aber dieses Vorhaben muss im Einklang mit dem geltenden Naturschutzrecht und den Interessen der direkt vor Ort betroffenen Menschen umgesetzt werden. Wir werden den Dialogprozess der Staatsregierung gemäß Ministerratsbeschluss abwarten. Wir treffen keine Vorfestlegungen, weder in die eine noch in die andere Richtung. Wir fordern die Staatsregierung in unserem Antrag auf – das haben Sie sicherlich gelesen –, den Dialogprozess im notwendigen Umfang weiterzuführen und ihn zeitnah abzuschließen. Auch darauf kommt es uns an. Uns ist wichtig, dass mit der Bevölkerung in der Region gesprochen wird und dass kein Nationalpark gegen den Willen der Menschen vor Ort beschlossen wird. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir lehnen die Dringlichkeitsanträge der Opposition ab.

Eines möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben: Was war denn eigentlich der Grundgedanke bei der Schaffung von Nationalparks? – Ich höre immer wieder, ein Nationalpark bringe etwas für den Tourismus und den wirtschaftlichen Aufschwung einer Region. Das allein kann aber hier nicht gelten; denn Triebfeder war nie die Ökonomie, sondern immer die Ökologie im Einklang mit dem gesunden Menschenverstand zum Wohle unserer bayerischen Bevölkerung. Gegen den Willen – das darf ich hier nochmal ganz deutlich zum Ausdruck bringen – der Bevölkerung in der Region wird kein weiterer Nationalpark in Bayern beschlossen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege von Lerchenfeld. – Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen, zunächst Herr Kollege Dr. Herz und dann Herr Kollege Dr. Magerl. Herr Dr. Herz, bitte.

Herr Kollege von Lerchenfeld, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede von 100 % Zustimmung der Bevölkerung gesprochen. Wir alle wissen doch, dass das unrealistisch ist. Das wird es nicht geben. Wir müssen hier von Mehrheiten reden. Diese Einschränkung werden Sie zulassen.

Sie haben von einem vorbildlichen Dialogprozess der Ministerin gesprochen. Ich sage, auch meine Fraktion ist nicht zu 100 % dagegen oder dafür. Auch bei uns gibt es andere Meinungen. Da Sie diese Sache mit

Ihrer Fraktion nicht unmaßgeblich beeinflussen werden, bitte ich Sie: Erklären Sie einmal einem Durchschnittsbürger die Situation. Der Ministerpräsident sagt aus einer Bierlaune heraus, ein weiterer Nationalpark könnte nicht schaden. Ich habe häufig erlebt, wie Frau Ministerin Scharf den Nationalpark befürwortet hat. Vor Ort ist jedoch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses Peter Winter, der sich an die Spitze der Bewegung der Gegner gestellt hat. Das müssen Sie den Bürgern erklären.

Ich habe eine zweite Frage: Wie wollen Sie es schaffen, eine übereinstimmende Meinung bei der Bevölkerung zu diesem Thema zu erreichen? Bei den Diskussionen erlebe ich, dass der Bewohner eines 8. Stockes in München einen Nationalpark süß findet. Das gilt auch für den Bewohner eines 3. Stockes in Aschaffenburg. Die Menschen vor Ort, in den ländlichen Räumen, sagen uns jedoch mehrheitlich, dass sie diesen Nationalpark nicht wollen. Ich bitte dazu um schlüssige Erklärungen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Lieber Herr Kollege Dr. Herz, bei Ihrer ersten Bemerkung, die die 100 % Zustimmung betraf, haben Sie recht. Da geht es um Mehrheiten. Das ist vollkommen richtig. Ich bin ein emotionaler Redner; deshalb habe ich 100 % genannt.

Bei Ihrer zweiten Frage haben Sie festgestellt, dass die Gesellschaft in der Region natürlich mitgenommen werden muss. Ich habe das auch in meinen Ausführungen gesagt. Die Staatsministerin führt in der Region, die sich dafür gemeldet hat bzw. die von der Staatsregierung als geeignet empfunden wird, einen hervorragenden Dialogprozess. Wir werden abwarten, was dieser Dialogprozess bringt.

(Beifall bei der CSU)

Die zweite Zwischenbemerkung kommt von Herrn Kollegen Dr. Magerl. Bitte schön.

Herr Kollege von Lerchenfeld, Sie haben gesagt, der Steigerwald käme nicht infrage, weil es dort befahrene Straßen gebe. Damit haben Sie ein Plädoyer für eine Machbarkeitsstudie gehalten. Aufgabe einer Machbarkeitsstudie ist es, Lösungen zu entwickeln, zum Beispiel durch das Vorsehen von Überquerungshilfen oder Unterquerungshilfen. Wir waren beide im Banff National Park bei einer Ausschussreise und haben gesehen, wie elegant diese Probleme gelöst werden können. Sie haben gesagt, im Steigerwald gebe es ein paar Straßen. Das weiß ich. Das ist mir bekannt. Aber welche

Lösung bieten Sie dann für den kleinen Feldweg namens BAB 3 an, der mitten durch den Spessart hindurchführt? Das ist eine sechsspurige Autobahn. Das spielt offensichtlich keine Rolle. Eine Staatsstraße im Steigerwald ist dagegen ein K.o.-Kriterium. Erklären Sie einmal dem Hohen Haus, wie Sie das zusammenbringen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Lieber Herr Kollege Dr. Magerl, vergleichen Sie bitte Banff nicht mit dem Steigerwald. Banff als der älteste Nationalpark hat ganz andere Voraussetzungen als irgendeine Region in Europa. Das hängt auch mit der Bevölkerungsdichte, der Zersiedlung und den wenigen Straßen, die durch diesen Nationalpark führen, zusammen. In Banff gibt es ein Skigebiet, das künstlich beschneit wird. Das ist aber ein anderes Thema.

Der Ministerrat hat in St. Quirin im letzten Jahr ausdrücklich festgelegt, dass der Steigerwald ausgenommen wird. Eine Studie von Herrn Prof. Dr. Rößner, einem Mitglied im Bund Naturschutz, kommt eindeutig zu dem Ergebnis, dass diese Region allein aufgrund der topografischen Gegebenheiten im nördlichen Steigerwald ausgeschlossen ist.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben noch eine dritte Zwischenbemerkung: Herr Kollege von Brunn. Bitte schön.

Lieber Herr Kollege von Lerchenfeld, vielleicht kommen wir doch noch zu einer Einigung. Wir gehen gerne auf Sie zu. Wir schlagen Ihnen vor, die Begründung zu streichen, an der Sie sich gestoßen haben. Wenn das noch nicht reicht, würden wir den ersten Satz umformulieren. Wir würden dann wortgleich die Äußerung des Ministerpräsidenten auf der Kabinettsklausur übernehmen: Der Landtag ist fest entschlossen, einen dritten Nationalpark in Bayern zu gründen. Genau diesen Satz hat der Ministerpräsident formuliert. Wären Sie mit diesen Änderungen bereit zuzustimmen?

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Lieber Herr von Brunn, heute geht es um eine Plenarberatung von vier verschiedenen Dringlichkeitsanträgen und nicht um einen Kuhhandel. Wir werden im Ausschuss sicherlich die Gelegenheit haben, darüber noch öfter zu sprechen, heute nicht.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Freiherr von Lerchenfeld. – Für die Staatsregierung erteile ich jetzt Frau Staatsministerin Scharf das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich staune nicht schlecht über das Selbstbewusstsein der FREIEN WÄHLER. Die FREIEN WÄHLER legen uns hier ein Dokument vor, zu dem ich nur sagen kann: Das ist fortgeschrittene Ahnungslosigkeit. Gleichzeitig stellen Sie einen Antrag auf Entmündigung unserer freien Kommunen im Land. Lieber Herr Kollege Aiwanger, Sie verbieten der Bevölkerung die Diskussion.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie kommen, um die Leute da draußen wachzuküssen!)

Sie wollen den gewählten bayerischen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, den Gemeinderäten und den Landräten von München aus einen Maulkorb verpassen und verhindern, dass in Bayern Regionalentwicklung stattfindet, dass darüber nachgedacht und dass darüber diskutiert wird. Ich kann dazu nur sagen: Gott sei Dank gilt immer noch das alte Volkslied "Die Gedanken sind frei", zumindest außerhalb Ihrer Fraktion.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Frau Scharf, wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Ich sage Ihnen heute klipp und klar: Wir lassen keine Entmündigung der Region durch die FREIEN WÄHLER zu. Im Gegenteil: Wir werden weiterhin mit den Menschen diskutieren. Im Auftrag der Staatsregierung werde ich weiterhin die Möglichkeiten für einen dritten Nationalpark in Bayern prüfen. Dabei bleibt es.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Fakten sortieren, die die FREIEN WÄHLER, entweder aus Unwissenheit oder aus Kalkül, vollkommen durcheinandergeworfen haben:

Erstens. Der Ministerratsbeschluss vom Juli 2016 enthielt einen Auftrag an mich, der lautet: Die Möglichkeiten für einen dritten Nationalpark in Bayern sind umfassend zu prüfen. Weiter heißt es da: Ein neuer Nationalpark stellt ein Angebot dar.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): "Angestrebt" ist das entscheidende Wort!)

"Prüfen" und "Angebot", das sind die beiden Schlüsselbegriffe, mit denen wir in die Regionen gehen. Einen von oben verordneten Nationalpark wird es nicht geben. Wir bieten den geeigneten Regionen ein Premiumprodukt an. Es liegt an den Regionen, darü

ber zu entscheiden, ob sie dieses Angebot annehmen möchten.

Die Stilisierung dieses Diskussionsprozesses als Spaltung halte ich für unredlich. Diese Stilisierung ist selbst der Versuch, eine Spaltung herbeizuführen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Gehen Sie doch raus in den Steigerwald!)