Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kenne niemanden, der auf Sicherheit verzichten möchte, und ich kenne auch niemanden, der keine Freiheit will.
Beide Werte sind zentral für unser Land. Das Ziel ist es, eine vernünftige Balance von Freiheit und Sicherheit zu erreichen. Wenn ich mir dazu so manche Vorschläge aus den Reihen der CSU ansehe, komme ich zu der Prognose: Ihr Gleichgewichtssinn ist ziemlich gestört.
Nehmen wir beispielsweise die Debatte diese Woche im Münchner Stadtrat. Da hat die Münchner CSU allen Ernstes einen kommunalen, bewaffneten Ordnungsdienst gefordert. Das bedeutet, Personal, das keine umfangreiche polizeiliche Ausbildung genossen hat, ist mit geladener Schusswaffe in unserer Stadt unterwegs. Das ist keine seriöse Sicherheitspolitik.
Dann sagte die CSU auch, man solle Angsträume melden, in denen man sich unsicher fühlt. Und das in der sichersten Großstadt! Ganz ehrlich, Herr Herrmann, Sie haben selber gesagt, Bayern sei das sicherste Bundesland. Die Münchner CSU aber tut so, als wären wir in den Favelas von Rio.
Was mir Angst macht, sind nicht irgendwelche Räume in München, sondern solche Vorschläge, die von Männern kommen, die denken, dass Clint-EastwoodFilme die Wirklichkeit sind. Und das alles nur zu Wahlkampfzwecken!
Wirksame Sicherheitspolitik geht anders. Wir GRÜNE möchten einen starken Rechtsstaat, der vor Kriminalität und Terror schützt und den Bürgerrechten verpflichtet ist. Wir wollen eine zielgerichtete und effektive Gefahrenabwehr durch eine starke und bürgernahe Polizei.
Wir GRÜNE denken Sicherheitspolitik noch weiter. Für uns gehören Prävention, Bildung und eine starke Zivilgesellschaft dazu.
Fangen wir mit der Polizei an. Zunächst möchte ich der Polizei herzlichen Dank für ihre gute Arbeit sagen. Wir wissen alle, wie massiv der Überstundenberg aufgelaufen ist. Wir brauchen also mehr Personal, wir müssen die Polizei personell und ressourcenmäßig besser ausstatten, und wir brauchen eine Aufgabenkritik; denn wir können unseren Polizistinnen und Polizisten nicht ständig neue Aufgaben aufbürden, sondern wir müssen sie auch von bestimmten Aufgaben entlasten, damit sie Zeit für die entscheidenden Tätigkeiten haben.
Wenn Sie, Herr Herrmann, nun unsere Polizistinnen und Polizisten zu Grenzkontrollen in einem vereinten Europa einsetzen,
obwohl das Bundesaufgabe ist, frage ich mich schon, wie Sie das als oberster Dienstherr verantworten können.
Wir brauchen auch mehr Spezialistinnen und Spezialisten bei der Polizei, vor allem im Bereich Cyber. Ich finde eine Headline wie "Die besten Hacker sollten zur bayerischen Polizei kommen" besser, als ständig von irgendwelchen Angstträumen zu faseln.
Wir brauchen eine virtuelle Polizeiwache, damit die Menschen in Bayern auch online Strafanzeige stellen können. Wir müssen den Fahndungs- und Ermittlungsdruck auf die rechte Szene erhöhen; denn im Jahre 2016 sind 139 Menschen in Bayern Opfer rechter Gewalt geworden. Ein Mann mit rechtsextremer Einstellung hat neun Menschen bei dem schrecklichen Amoklauf in München getötet. Das ist nicht hinzunehmen.
Um den Terrorismus zu bekämpfen, müssen wir uns außerdem mit den Ursachen beschäftigen, unsere Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen intensivieren und Gefährder engmaschig überwachen. Darüber hinaus fordern wir GRÜNE schon lange, dass die länderübergreifende Zusammenarbeit innerhalb Deutschlands und auch innerhalb Europas endlich intensiviert wird.
Wir wissen alle, dass Terror, Wohnungseinbrüche und Internetkriminalität nicht an Landesgrenzen haltma
Ich finde, wir sollten anfangen, uns auch einmal prinzipiell über die Sicherheitsarchitektur zu unterhalten. Ich mag es nicht, dass von Ihrer Seite immer reflexartig das Argument kommt: Das haben wir schon immer so gemacht. Damit verschließen wir uns jeglicher Änderung. Wenn wir eine veränderte Gefahrenlage haben, muss man auf eine solche Entwicklung dynamisch reagieren.
Nicht zu vergessen, wir müssen auch die Justiz miteinbeziehen. Wenn wir die Justiz nicht gut ausstatten, bildet sich an dieser Stelle ein Flaschenhals. Nur so, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie ich es aufgezeigt habe, schaffen wir Sicherheit. Nur so können die Menschen in Bayern sicher und frei leben. Genau dafür setzen wir GRÜNE uns ein.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg hat viele Väter. So scheint mir die bisherige Debatte auszusehen.
Alle waren für die Sicherheitspolitik und die guten Zustände in Bayern verantwortlich, außer die CSU. So kann man einiges interpretieren, was hier vorgetragen wurde. Was mir Angst macht, liebe Frau Schulze, ist die Ignoranz, mit der in manchen Teilen unserer Politik mit den Ängsten der Menschen umgegangen wird. Das macht mir Angst. Ich meine, dass man mit Ideologie keine Sicherheitspolitik machen kann.
Sicherheitspolitik wird mit Fakten gemacht und mit Reaktionen des Staates, und wir sind auch als Sicherheitspolitiker verpflichtet, Dinge anzuerkennen, die sich auf uns zubewegen. Darüber hinaus sind wir auch der Wahrheit verpflichtet.
Herr Prof. Gantzer, Sie wissen, dass ich Sie schätze. Ich glaube aber nicht, dass irgendjemand in unserer Fraktion oder in der Politik allgemein Sie oder die SPD als vaterlandslose Gesellen bezeichnet. Darüber
waren Sie doch so erregt. Aber was uns fehlt, ist manchmal die konsequente Umsetzung. Für uns heißt das: Datenschutz darf nicht Täterschutz werden. Diese Punkte sind für uns elementar. Deshalb bringt unser Justizminister in Berlin diese Punkte immer wieder vor. Sie haben vorhin unseren bayerischen Justizminister angesprochen. Die Initiativen zur Strafprozessordnung und auf vielen anderen Feldern, die in den letzten Monaten angestoßen wurden, sind von unserem Justizminister, sind von Bayern ausgegangen.
Zur Wahrheit gehört auch: Unter der Regierung Stoiber wurden keine Polizeibeamten abgebaut. Das ist Fakt. Es gab eine Verordnung zum Abbau von Stellen, in der aber die Polizei ausgenommen wurde. Seit 2008 haben wir kontinuierlich Polizeibeamte eingestellt. Damals lagen schon die Pensionierungszahlen für 2017, 2018 und 2019 vor. Herr Kollege Hanisch hat gesagt, im Jahr 2008 seien die FREIEN WÄHLER in den Landtag gekommen. Dazu kann ich nur sagen: Auch Manfred Ländner, Oliver Jörg und Dr. Winfried Bausback sind im Jahr 2008 in den Landtag gekommen. Suchen Sie sich einen aus, der dafür verantwortlich war, dass seitens der Staatsregierung ganz klare Schwerpunkte gesetzt wurden.
Sie mahnen mehr Polizei an. Dazu sage ich: Ja, mehr Polizei, aber im Vergleich zu anderen Bundesländern. Herr Kollege Lederer hat mir gerade eine Statistik gereicht. Bayern hat, verglichen mit allen anderen Flächenländern der alten Bundesländer, die höchste Polizeidichte. Auf 100.000 Einwohner kommen in Bayern 326 Polizeikräfte. In Baden-Württemberg sind es 225, in Niedersachsen 231 und in Nordrhein-Westfalen 228. Wie gesagt, in Bayern sind es 326.
Die Zahlen sind nicht gefakt, nur weil sie Ihnen nicht gefallen. – In Bayern verdient ein Polizeibeamter, verglichen mit Polizeibeamten der gleichen Gehaltsstufe A 11 in anderen Bundesländern, bis zu 300 oder 400 Euro mehr, weil in Bayern dank unseres Finanzministers die bundesweiten Tariferhöhungen eins zu eins auf die Beamten übertragen werden. In anderen Bundesländern ist dies nicht unbedingt der Fall. Wenn wir die Überstundenzahl von zwei Millionen durch 40.000 Polizeibeamte teilen, kommen nicht 80 Stunden pro Mann heraus, sondern nach Adam Riese 50 Überstunden pro Mann. Deshalb ist es nicht ganz so, wie Sie das unter dem Beifall Ihrer Fraktion dargestellt haben.
Wir leben in Bayern sicherlich nicht im Paradies. Auch unser Ministerpräsident spricht nur von der Vorstufe
des Paradieses. Beim Vergleich mit allen anderen Bundesländern darf ich aber konstatieren, dass unsere Polizei zwar genauso hervorragend arbeitet wie die Polizeien der anderen Bundesländer, dass sie es aber bei der Ausstattung, der Besoldung, der Stärke und den Beförderungsmöglichkeiten um Längen besser hat als die Polizeien in anderen Bundesländern.
Nun zum Thema "angemessen reagieren": Cybercrime. Wir haben in Bayern zum 1. März 2017 bei allen KPIs, mit wenigen Ausnahmen, Cybercrime-Kommissariate eingerichtet. Die dafür notwendigen 71 Stellen sind on top dazugekommen. Jedes Cybercrime-Kommissariat kann derzeit mit fünf Sollstellen besetzt werden. Das ist meiner Meinung nach eine angemessene Reaktion. Wir werden weiterarbeiten. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der anderen Feldpostnummern in diesem Hohen Haus, wenn Sie hier mitarbeiten wollen, ist das wunderbar.
Ich wiederhole meinen Eingangssatz: Der Erfolg hat viele Väter. Wir sollten aber die innere Sicherheit nicht nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip aufbauen: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. Nehmen wir die Fakten zur Kenntnis. Fakt ist, Bayern ist das sicherste Bundesland.