Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

(Beifall bei der CSU)

Das liegt natürlich maßgeblich an den Menschen, die bereit sind, hauptamtlich und ehrenamtlich weit über ihre Kräfte hinaus tätig zu sein. Das liegt aber auch daran, dass offensichtlich die richtigen Weichenstellungen vorgenommen wurden, damit die Integration gelingen kann. Dabei geht es vor allem um die Sprache. Wir haben im Bildungspaket, das jetzt auf den Weg gebracht worden ist, noch einmal mehr Geld investiert, um einen Beitrag zum Gelingen der Integration zu leisten.

Die Hanns-Seidel-Stiftung hat eine Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass sich in Bayern 80 % der Menschen mit Migrationshintergrund sehr wohlfühlen. Ich bitte Sie, das zu registrieren. Wir müssen natürlich auch über diejenigen reden, die sich noch nicht so gut integriert fühlen und die sich bei uns noch nicht wohlfühlen. Hin und wieder rentiert es sich aber festzustellen, wo die Integration gelingt. Wir haben sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern, bei denen die Integration gelungen ist, und viele dieser Menschen sind Leistungsträger in unserer Gesellschaft. Das sollten wir bei allen Herausforderungen nicht vergessen.

Viele Menschen, die zu uns kommen, sind jung. Wir müssen deshalb genau schauen, wie wir diese jüngeren Menschen noch besser integrieren können. Wir müssen über Bildung und Wohnraum erreichen, dass diese Menschen noch besser ankommen; denn diese Menschen werden voraussichtlich lange bei uns bleiben und irgendwann einmal unsere Renten zahlen. Deswegen ist das wichtig.

Integrationsmaßnahmen sind auch Teil der Familienpolitik. Wer eine gute Familienpolitik betreibt, hilft auch den Menschen mit Migrationshintergrund, in Deutschland gut anzukommen. Ich danke deshalb unserer Staatsministerin; denn sie ist die Verfechterin der Linie, verschiedenste Leistungen zu fördern, damit es den Familien hier gutgeht. Entscheidend wird aber sein, dass wir verstehen, dass Familien völlig unterschiedlich strukturiert sind. Wir haben verschiedenste familiale Lebensformen. Wir müssen dafür sorgen, dass jede Familie so leben kann, wie sie es möchte. Dazu gehört der Ausbau der Kindergärten und der Krippen, was sehr gut gelungen ist. Dazu gehören aber auch die Themen Mütterrente und Landeserziehungsgeld. Damit helfen wir den Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben und dort ihre Verantwortung zu übernehmen.

(Florian von Brunn (SPD): Und Männer?)

Gerne auch Männer. Herr Kollege, Sie dürfen gern das Vorbild sein und sagen: Ich nehme meine Zeit und bleibe als Vater zu Hause. – Hier geht es um die

Erwerbstätigkeit. Bayern hat es mit einer Erwerbstätigenquote von 73 % bei den Frauen geschafft, eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen. Natürlich kann Bayern auch hier noch besser werden. Ich bin aber dagegen, immer alles schlechtzureden und nicht herauszuheben, was gut läuft.

(Florian von Brunn (SPD): Also schönreden!)

Nein, hier geht es nicht ums Schönreden. Es wird nicht besser, wenn Sie noch ein paarmal dazwischenbrüllen. So funktionieren die Beiträge nicht.

(Beifall bei der CSU)

Offensichtlich sind wir einer Meinung, dass wir die Familien gern unterstützen wollen. Deshalb werden wir auch gemeinsam in den Bundestagswahlkampf ziehen, um die Mütterrente zu vertreten. Hier herrscht noch die Ungerechtigkeit, dass Mütter von Kindern, die vor dem Jahr 1992 geboren wurden, anders behandelt werden als die Mütter, deren Kinder danach geboren wurden. Diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen, und deshalb müssen wir darum kämpfen, dass hier ausgeglichen wird.

Frau Kollegin Schorer-Dremel hat gemeinsam mit Frau Staatsministerin Emilia Müller darüber gesprochen, dass wir die Kinderrechte ins Grundgesetz bringen. Hier geht es nicht nur darum, die Kinderrechte herauszustellen, sondern wir müssen schauen, wie wir die Kinderrechte noch stärker in den Fokus nehmen können, damit nicht nur der Blickwinkel der Eltern, sondern auch jener der Kinder wertgeschätzt wird.

Nun zu den Themen Erzieher und Erzieherquote: Natürlich ist es wichtig, wie viele Erzieher wir im Verhältnis zu der Zahl der Kinder haben. Zunächst müssen wir aber diese Erzieher haben. Dann geht es um die gesellschaftliche Herausforderung, was uns die Arbeit am Menschen wert ist. Dabei geht es um die Frage der Gehälter. Darüber können wir im Landtag zwar nicht entscheiden, aber wir müssen darüber diskutieren. Gerade angesichts der Herausforderung, dass wir in den Kindergärten immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund haben, müssen wir unsere Erzieherinnen und Erzieher so aufstellen und ausstatten, dass sie ihrer Arbeit gerecht werden können. Wir müssen auch über eine steuerliche Entlastung und über die Wertschätzung der Erzieherinnen und Erzieher reden. Natürlich hat das Geld mit der Wertschätzung zu tun. Allerdings rentiert es sich auch, den Müttern und Vätern einen ganz herzlichen Dank dafür zu sagen, dass sie mit ihrem Herzblut und ihrem Engagement für ihre Familien da sind und sich nicht all denen, die sie immer wieder schlechtreden, beugen.

Wir alle können stolz auf die Mütter und Väter sein, die für ihre Familien und damit für die gesamte Gesellschaft Leistungen erbringen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schreyer. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schmidt. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Schreyer, ich weiß jetzt, warum in Ihrer Parteibezeichnung der Buchstabe C, christlich, steht. Das erinnert mich an ein Bibelzitat: Sie säen nicht, und sie ernten doch. Ich möchte Ihnen eines sagen: Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz war ein Gemeinschaftsprojekt der Kinderkommission, kein Projekt einer einzigen Kollegin. Das haben Sie nicht allein gesät.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Ministerin, wir sprechen über knapp 1,4 Millionen Menschen, die armutsgefährdet sind. Diese Menschen stehen in Ihrem Bericht als Zahl, gut versteckt und gut dekoriert. Meine Damen und Herren, hier geht es um knapp jeden einhundertsten Menschen in Bayern. Das sind Gesichter und Schicksale. Liebe Zuhörer, auf die Zuschauertribüne passen etwa einhundert Leute. Einer von Ihnen ist armutsgefährdet. Mir macht das Angst, auch wenn es uns gut geht. Hier geht es um Menschen und um Familien, die Aufmerksamkeit und keine Schönrednerei verdient haben.

Wir sprechen gar nicht darüber, dass der Bericht wieder einmal viel zu spät gekommen ist. Bei den Zahlenwerken aus den Jahren 2015 und 2014 handelt es sich um Durchschnittswerte. Das ist von Ihnen so gewollt, aber sicher nicht von uns. Wir wollen einen fairen Bericht. Ich möchte einen Punkt herausgreifen: Erfreulich ist, dass mittlerweile auch die Zahl der Wohnungslosen erfasst wird. Das sind die Schwächsten der Gesellschaft, die nicht einmal die sozialen Angebote annehmen können. Aber wissen Sie, wann die Wohnungslosen gezählt wurden? – Im Sommer. Die Wohnungslosen wurden im Sommer von den kommunalen und sozialen Trägern gezählt. Diese Menschen müssten aber im Winter gezählt werden. Im Bericht steht die Zahl 12.053. Außerdem steht in dem Bericht, dass Sie für diese Menschen großartige 430.000 Euro ausgeben. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, dass wir schon immer für eine Erhöhung dieser Mittel auf eine Million Euro eingetreten sind. Ihre Leistung sind "großartige" 6 Cent pro Tag und pro Kommune für jeden Wohnungslosen, unabhängig davon, ob das München, Nürnberg oder Erlangen ist.

Dieser Betrag ist lächerlich. Wir haben eine hohe Dunkelziffer. Wenn ich das zusammenzähle, stehen für jeden Wohnungslosen pro Tag 12 Cent zur Verfügung. Das ist eine Schande für das reiche Land Bayern. Das muss ich Ihnen so mitgeben. Zählen Sie bitte im Winter. Unterstützen Sie hier gewaltig. Unterstützen Sie die Kommunen. Alle Eingliederungsmaßnahmen, die Sie im Sozialbericht betonen, fallen in Zukunft unter das Bundesteilhabegesetz. Da ist SGB XII § 67 einschlägig. Alle sozialen Träger, die sich darum kümmern, fallen unter diese Regelung. Das heißt auch, dass diese mit den Sozialpädagogen und den Mitarbeitern nur noch befristete Arbeitsverträge abschließen können. Das betrifft die Schwächsten der Gesellschaft. Solche Sachen müssen doch Sie merken, nicht ich als Vertreterin der Opposition. So etwas muss doch im Sozialbericht stehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zu den Einkommensverhältnissen, zur Lohngleichheit zwischen Mann und Frau. Hierzu haben wir etliche Diskussionen im Ausschuss gehabt. Da hieß es, der Unterschied wäre nicht groß und würde überbewertet. Männer und Frauen unterscheiden sich aber im Einkommen noch mit gut oder auch knapp 1.000 Euro; denn die einen sagen so und die anderen so. Die einen sagen, das ist knapp, die anderen sagen, das ist gut. Das bedeutet aber weibliche Altersarmut. Für Sie ist das vielleicht nicht so sehr von Bedeutung, aber für eine alleinerziehende Mutter, für Familien, die nicht gut verdienen, ist das schon tragisch. Meine Damen und Herren, 12,9 % der Frauen sind von Altersarmut gefährdet. Mir macht das Angst.

(Zurufe von der CSU: Ah, ah!)

Ja, meine Oma ist 90 Jahre alt. Ich denke, meine Eltern werden genauso alt. Sie haben ein Arbeiterleben hinter sich. Wir wissen, was das bedeutet. Meine Mutter hat Kindererziehungszeiten gehabt. Darüber brauchen wir nicht zu reden. Da brauchen Sie jetzt auch nicht "Ah" zu rufen. Die meisten in der Bevölkerung betrifft das – uns als Abgeordnete vielleicht nicht –, aber das sind doch die Menschen, um die sich eine Sozialministerin kümmern muss,

(Gudrun Brendel-Fischer (CSU): Oder die Familien!)

nicht nur um die 60 %, die vorne dran stehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD – Ingrid Heckner (CSU): Da müssen sich doch auch vielleicht mal die Familien kümmern!)

Dazu sagen Sie dann etwas in Ihrer Redezeit. Ich habe die Alleinerziehenden schon genannt. 2013

waren 33,6 % der Alleinerziehenden betroffen. Sie sagten in Ihrer Rede: Das ist nicht schön, darüber müssen wir reden. – Darüber haben wir im Ausschuss aber schon geredet, und wir haben gemeinsam nach Lösungen gesucht. 2015 ist die Zahl auf mittlerweile 36,7 % angestiegen. Das sind Frauen und Kinder, das sind Menschen, die sich überlegen, wie sie Schulhefte kaufen können, wie sie einen Schulausflug finanzieren können, wen sie anbetteln können. Das sind Menschen da draußen, für die Sie genauso zuständig sind wie für jeden Besserverdiener.

Es heißt immer, sozial ist, was Arbeit schafft und: Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Das betrifft aber nicht nur die Alleinerziehende, die zum Mindestlohn putzt. Immer mehr Akademiker befinden sich in befristeten Arbeitsverhältnissen. Das ist in diesem Sozialbericht aber überhaupt nicht abgebildet. Der Freistaat Bayern ist da im Übrigen kein gutes Vorbild, wirklich nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die befristeten Stellen werden nämlich immer mehr. Wie aber sollen diese jungen Menschen Hoffnung auf eine Familiengründung haben? Wie sollen sie an Familiengründung denken, wenn sie Jahr für Jahr nur einen befristeten Vertrag bekommen? – Bitte zeigen Sie das doch auch das nächste Mal auf; denn das ist ein wichtiger Marker für die Familien und für die Familienzufriedenheit in Bayern.

Sie betonen im Bericht, wie großartig es ist, dass die Ausgleichsabgabe stetig gestiegen ist. Die Ausgleichsabgabe für Menschen mit Behinderung steigt aber nur, wenn wir weniger Menschen mit Handicap auf dem Arbeitsmarkt haben. Das muss man doch bedenken. Das ist keine Zahl, derer man sich rühmen kann. Die Einnahmen steigen prozentual, aber das heißt, wenn die Zahl gestiegen ist, dann haben wir nicht mehr Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Entschuldigung, der erste Arbeitsmarkt ist ungerecht. Es heißt also, dass wir nicht mehr Menschen in Firmen gebracht haben. Auch hier ist der Freistaat Bayern kein gutes Beispiel. Ich weiß, letztes Jahr sind Sie von der Bundesarbeitsagentur aufgefordert worden, sich hier mehr zu bemühen.

Unsere Kommunen machen hier oft viel, viel mehr. Wir haben über eine Millionen Menschen mit Schwerbehinderung in Bayern. 2001 waren es 8 %, im Jahr 2015 sind wir bei fast 9 %. Es würde mich interessieren, wie das heute aussieht. Die Daten zu bekommen, dauert vielleicht noch, der sture Verweis auf die Ausgleichsabgabe bringt uns aber nicht weiter. Für die Menschen, die in Werkstätten arbeiten, möchte ich auch noch etwas sagen. Für uns FREIE WÄH

LER ist jeder Arbeitsplatz ein wichtiger Arbeitsplatz. Für uns zählt jeder, der arbeiten will. Für uns ist auch ein Arbeitsplatz in einer Werkstätte ein Arbeitsplatz. Ich zolle meinen größten Respekt den Menschen, die so lange geduldig an die Arbeit herangeführt werden. Wir müssen einen stärkeorientierten Ansatz haben und in Zukunft nicht nur auf die Schwächen eingehen.

Noch etwas zu diesem Thema; das haben Sie im Bericht auch stehen, nämlich die Förderung von Menschen mit Behinderung. Im letzten Jahr ist es ein paarmal passiert: Es konnten noch nicht einmal die 30.000 Euro für die Parität in Werkstattbeiräten ausgegeben werden. Wenn wir von Vereinfachungen im System sprechen und von Inklusion, dann darf es doch für den Freistaat Bayern kein Problem sein, wie ein Mensch mit Behinderung wählen kann, wie ein blinder Mensch wählen kann. Es muss doch möglich sein, die Informationen in einfacher Sprache leichter zugänglich zu machen. Es muss doch etwas für Hör- und Sinnesbehinderte gemacht werden. Es muss benannt werden, dass der Freistaat hier kein gutes Beispiel ist. Auch das ist ein großes Stück des Weges.

Das sind nur einige wenige Beispiele. Ich hätte noch mehr davon. Eines aber möchte ich Ihnen noch mitgeben. Es zeigt sich, dass auch Sie nicht sehr viel Zuversicht in Ihre Ministerin haben. Das sehe ich nämlich an Ihrem Dringlichkeitsantrag Nummer 2 von gestern, mit dem Sie eine Vereinfachung der Förderkulisse wollen. Sie wollen das Ziel "Sicherheit im Alter" noch besser erreichen und das Ansehen sozialer Berufe weiter verbessern. Das ist doch ein MischiMaschi-, Wischi-Waschi-Antrag. In diesem Antrag haben Sie all diese Anliegen drin, für die in den letzten vier Jahren filigran gestrickte Anträge eingereicht und dann von Ihnen abgelehnt worden sind.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich sehe hier keine Zuversicht der CSU in die Frau Ministerin.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schmidt. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm. Bitte schön, Frau Kamm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die "Süddeutsche Zeitung" titelte die Vorberichterstattung zu dieser Aussprache mit: "Schamlose Schönfärberei". Ich möchte hinzufügen: vollkommenes Desinteresse an der Lösung der sozialen Probleme im Freistaat Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Während ich in den Sozialberichten der vergangenen Jahre zu einzelnen Punkten immer noch detaillierte Studien fand, beispielsweise zur Verschuldung Jugendlicher oder Ähnliches, verbunden mit einem Versuch von Lösungsansätzen, ist dieser Bericht eine beliebige Anhäufung von Statistiken. Ich finde keine Konzeption, wie die Probleme angegangen werden sollen, und auch nicht den Versuch einer Bewertung, wie Instrumente bisher genutzt oder auch nicht genutzt wurden.

(Zuruf von der CSU)

Ich denke deshalb, im Vergleich mit den vergangenen Jahren ist dies der unambitionierteste Sozialbericht, den ich bislang vorgefunden habe.

(Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe bei der CSU)

Ehrlich, ich habe die Berichte immer sehr genau gelesen. Sie müssen jetzt gar nicht mit dem Kopf wackeln.

(Heiterkeit bei der CSU)