Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

Sie haben noch 18 Sekunden Zeit; Sie dürfen noch.

Sie haben das nämlich etwas falsch verstanden. Sie haben gesagt: Die Mitarbeiterin aus dem Sozialministerium fand Ihren Antrag inhaltlich ganz toll und richtig. Sie hat sich dabei aber auf die Projekte an sich bezogen, und sie hat die Protokolle auch dahin gehend geändert oder ändern lassen.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN – Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Geändert? Sauber!)

Das gehört einfach berichtigt; das kann man so nicht stehen lassen.

Sie kriegen ja gleich noch mal zwei Minuten. Aber jetzt kommt der Herr Dr. Fahn mit zwei Minuten Redezeit.

Also, find ich ja super, dass ich jetzt hör, dass Protokolle geändert wurden. Also, das ist ja was ganz Neues; das finde ich jetzt also in der Form gar nicht in Ordnung, weil ich die Protokolle habe.

(Unruhe)

Das ist skandalös, sagt der Herr Streibl.

Also, ich hab was gelernt von Ihnen. Sie haben gesagt, wir würden das nur auf das Finanzielle zurückführen. Da haben wir gesagt: Okay. Ich habe ja gelernt aus dieser Diskussion, dass es auch noch um andere Dinge geht, um – zum Beispiel – fachliche Beratung, Beratung von Kommunen, und deswegen den Antrag in dieser Form geändert: "Die Staatsregierung" – und das müssen Sie jetzt dann ablehnen – "wird aufgefordert, generationenübergreifende Wohnformen stärker zu fördern." Da können Sie eigentlich gar nicht dagegen sein. Aber machen Sie das, ist in Ordnung. Da haben Sie gesagt, das lehnen Sie gerne ab – das verstehe ich jetzt zwar nicht –, obwohl Sie eigentlich dafür sind.

Das Projekt "Wohnen für Hilfe" ist insgesamt ganz wichtig. Da sagen Sie immer, es geht um die Finanzierung. Ich hab gestern noch die Unterlagen aus Würzburg bekommen. Die sagen: Sie kriegen, obwohl sie es wollen, überhaupt keine staatliche Förderung. Sie brauchen eigentlich die staatliche Förderung, und sie bekommen keine. Deswegen ist das schon ganz wichtig, dass auch hier konkret angesetzt wird. Und es ist schön, wenn Sie jetzt sagen, es gibt schon elf Städte. Okay; es müssten aber noch viel mehr Städte sein, damit wir dieses geniale Wohnprojekt noch fördern. Dagegen sind Sie doch auch nicht, oder?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön.

Herr Fahn, wenn Sie sagen, wir brauchen noch mehr Geld, dann stimmt das, wenn die Gelder vergriffen sind. Aber sie sind nicht vergriffen. Die Fördertöpfe sind nicht ausgereizt. Wenn das eintritt, können wir gerne noch einmal diskutieren.

Im Übrigen finde ich es echt enttäuschend: Vorhin hatten wir ein Vieraugengespräch. Sie haben mich auf das Projekt in Würzburg angesprochen und gesagt, sie hätten keine Fördermittel bekommen. Ich habe Sie dann gefragt, lieber Herr Fahn: Haben Sie denn einen konkreten Hinweis? Haben die Betreffenden denn wirklich einen Antrag in dieser Form gestellt? – Darauf haben Sie gesagt, Sie hätten das bisher noch gar nicht geprüft. Also, stellen Sie keine Behauptungen auf. – Meine Eltern haben mich gelehrt, gegenüber älteren Herrschaften respektvoll aufzutreten. Klären Sie das doch ab, und dann reden wir weiter!

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Kaniber. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Rauscher. Bitte schön, Frau Rauscher.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstbestimmt im Alter zu leben, ist ein schönes Ziel, das jeder von uns natürlich gerne verwirklichen möchte, wenn es denn irgendwann so weit ist. Zu einem wirklich selbstbestimmten Leben gehört auch, selbst entscheiden zu können, wo und wie und mit wem man wohnen möchte.

Die Aktionswoche "Zu Hause daheim" hat gezeigt, dass es für Senioren und Seniorinnen in Bayern viele verschiedene tolle und innovative Wohnformen gibt. Eine davon wurde in meinem Landkreis verwirklicht; sie hat den zweiten Platz im Wettbewerb bekommen. Sie hat aber auch gezeigt, dass die Nachfrage deut

lich größer ist als das Angebot, unabhängig davon, ob es sich um generationenübergreifende Wohnformen oder um Wohnen unter Senioren handelt. An dieser Situation wird sich so schnell auch nichts ändern, wenn die Staatsregierung in diesem Bereich nicht endlich einen kraftvolleren Einsatz zeigt, und zwar durch finanzielle Unterstützung bei der Etablierung der Wohnprojekte zum einen, aber zum anderen – und das ist besonders wichtig – auch im Bereich einer besseren Informationspolitik dazu.

In vielen Gesprächen haben mir ältere Frauen und Männer immer wieder bestätigt, dass sie im Alter gerne ein bisschen mehr Leben um sich hätten, etwa durch spielende Kinder in einem Innenhof, durch junge Leute, denen man begegnet und die vielleicht mal bei der Gartenarbeit oder beim Einkauf helfen, durch die Familien, die sich über einen Babysitter am Abend freuen, denen man vielleicht selbst diese Dienstleistung anbieten kann und mit denen man einfach mal so ins Plaudern kommen kann; denn viele haben berechtigte Angst vor Vereinsamung. Für sie wäre Wohnen zusammen mit unterschiedlichen Generationen die Wohnform schlechthin, sei es im klassischen Mehrgenerationenhaus oder auch im Rahmen von Quartierskonzepten. Doch noch immer findet leider nur ein Bruchteil der Betroffenen in Bayern so ein Angebot vor.

"Generationenübergreifend" heißt auch, sich gegenseitig dort, wo es nötig ist, unter die Arme zu greifen. Auch hier gibt es, wie schon erwähnt wurde, ganz tolle Konzepte wie das "Wohnen für Hilfe". Gerade in Ballungsräumen oder in Städten, in denen bezahlbarer Wohnraum Mangelware ist, ist das eine großartige Herausforderung für beide Generationen: Die ältere erhält Unterstützung in den Dingen des Alltags, die sie nicht mehr ganz alleine schaffen kann, und die jüngere bekommt Unterstützung durch Wohnraum gegen Hilfe im alltäglichen Leben. So kommt es zu einer Win-win-Situation für alle, einer Situation, die die Staatsregierung mit ein bisschen mehr Einsatz deutlich besser unterstützen könnte und müsste.

(Beifall bei der SPD)

Seit Jahren schon fordert auch die SPD-Landtagsfraktion mehr Engagement für alternative Wohnformen und die Angebote für Mehrgenerationen-Wohnformen; denn den Trend zum selbstbestimmten Wohnen gibt es schon seit einigen Jahren, nicht erst jetzt. Schon länger bekannt ist auch, dass die Nachfrage deutlich größer ist als das Angebot. Im Rahmen der Beratung der Anträge im sozialpolitischen Ausschuss wurde immer wieder darauf verwiesen. Obwohl die Staatsregierung selbst den Bedarf festgestellt hat, lehnt die CSU-Fraktion im Hohen Haus diese Vorstöße perma

nent als unnötig ab. Das ist schade; denn mit der Zustimmung könnte auch ein starkes politisches Signal gesetzt werden, das die Wichtigkeit des verstärkten Ausbaus noch einmal richtig deutlich machen würde.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Die SPD stimmt heute den Anträgen der FREIEN WÄHLER wie auch schon im Fachausschuss zu. Die finanzielle Unterstützung durch den Freistaat ist notwendig. Das wurde schon erwähnt. Viele trauen sich sonst gar nicht, ein solches Wohnprojekt überhaupt anzugehen. Deshalb hat die SPD in den vergangenen Haushaltsverhandlungen immer wieder mehr finanzielles Engagement gefordert. Außerdem besteht nach wie vor ein hoher Bedarf bei der Öffentlichkeitsarbeit, damit viele Kommunen Nachahmer guter Leuchtturmprojekte werden. An der Umsetzung scheitert es oft, weil Informationen fehlen, wie dieser Wohntraum wahr werden könnte. Oftmals fehlen Ansprech- und Kooperationspartner aufgrund mangelnder Öffentlichkeitsarbeit. Dafür brauchen die Senioren in Bayern mehr Unterstützung. Ein Antrag, der mehr Initiative der Staatsregierung fordert, zielt doch genau darauf ab. Grundsätzlich ist daran überhaupt nichts falsch.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Deshalb lassen Sie uns doch heute in dieser Plenarsitzung ein klares Signal für mehr Unterstützung setzen, damit möglichst viele Seniorinnen und Senioren in Bayern ihren persönlichen Wunschtraum im Alter möglichst bald verwirklichen können. Die Anträge gehen in die richtige Richtung.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön, Frau Kollegin Rauscher. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Celina. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Fahn, die Anträge behandeln beide das absolut wichtige Thema "Wohnen im Alter". Mit dem ersten Antrag wird eine höhere Anschubfinanzierung neuer Projekte für generationsübergreifende Wohnformen gefordert. Mit dem zweiten Antrag soll das Konzept "Wohnen für Hilfe" weiter vorangetrieben werden. Ältere Menschen und Azubis bzw. Studierende kommen zusammen, leben zusammen, lernen sich kennen und unterstützen sich. Das Projekt kenne ich gut. Ich komme aus Würzburg. Die Teilnehmer sind begeistert. Das Projekt ist einfach nur gut. Ich glaube, wir

sind uns darüber einig, dass solche Projekte nicht nur wichtig sind, um Wohnraum besser zu nutzen, sondern auch, um einen gesellschaftsrelevanten Umbau in der Bevölkerung zu erreichen. Wie kommen Menschen generationsübergreifend näher zusammen? Das müssen wir unterstützen.

Ich muss Ihnen recht geben, dass der Ausbau neuer Wohnformen viel zu langsam vorangeht. Herr Fahn, mich frustriert es genauso wie Sie, dass es nicht schneller geht. Das liegt jedoch nicht in einer fehlenden Anschubfinanzierung begründet. Viele Menschen denken erst dann über eine solche Wohnform nach, wenn sie sie tatsächlich brauchen. Sie wissen jedoch nicht, wie sie das Ganze anpacken können. Für eine jahrelange Planung ist es oft zu spät. Mich frustriert es, dass sich Menschen lebensphasenbezogen oft auf traditionelle Wohnformen konzentrieren – die eigene Wohnung, das eigene Haus, am besten mit eigenem Garten. Solange eine Familie im Haus ist, ist das für 99 % der Menschen die beliebteste Wohnform. Ist man aber am Schluss allein in der Wohnung, ist bereits viel Zeit vergangen, in der man Beziehungen hätte aufbauen können.

Das fängt schon damit an, wie wir Neubaugebiete planen. In begehrten Wohnlagen findet man problemlos Architekten und Käufer, die bereit sind, hohe Preise für traditionelle Bauprojekte zu bezahlen. Jemand mit kreativen Ideen hat normalerweise auch keine Probleme, einen Bauplatz zu finden oder die Finanzierung zu sichern. Aber es müssen sich die Menschen zusammenfinden, die mitmachen wollen. Das ist das größere Problem. Herr Fahn, ich geben Ihnen recht: Wenn sich nicht mehr ändert, werden wir, die wir jetzt im Landtag sitzen, in wenigen Jahren und Jahrzehnten ganz schön einsam in unseren Wohngebieten überall in Bayern sitzen, egal ob in Unterfranken oder Schwaben. Um diese Abschottung zu verhindern, braucht man attraktive Begegnungsräume, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Quartier als auch in den Wohnprojekten. Tatsächlich müssen wir heute noch nicht einmal mehr zum Einkaufen vor die Tür – Internet macht’s möglich. Die Begegnung mit anderen Menschen außerhalb des eigenen Familienkreises wird immer seltener. Vielleicht trifft man sich gelegentlich noch am Wertstoffhof. Aber wo sonst trifft man sich noch im Dorf, in der Stadt oder im Quartier?

Ich glaube, an dieser Stelle greift der Antrag zu kurz. Hierfür brauchen wir Stadtpolitik, Quartiersmanagement, Vernetzung und kommunale Initiativen. Eine reine Anschubfinanzierung wird dem Ganzen nicht gerecht. Deswegen werden wir uns bei diesem Antrag enthalten, sind aber froh, dass Sie dieses Problem aufgegriffen haben. Wir werden uns im Landtag in den

nächsten Monaten und Jahren immer wieder darüber unterhalten müssen.

Ich möchte noch ein paar Sätze zum Thema "Wohnen für Hilfe" sagen. Ich wünsche mir an dieser Stelle wesentlich mehr Öffentlichkeitsarbeit. Mehr Geld kann dafür hilfreich sein. Das ist aber nicht ganz so einfach. Ich kenne das aus Würzburg. In der regionalen Presse gab es sehr viele Berichte über diese Projekte. Es mangelt nicht an Studenten, die dieses Angebot wahrnehmen wollen, sondern an älteren Leuten, die Wohnraum bereitstellen.

(Die Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER) und Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER) besprechen sich)

Ich wäre froh, wenn ich Blickkontakt zu Herrn Fahn haben könnte. Sie stehen mir etwas im Weg.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Entschuldigung!)

Diese Menschen werden eigentlich über die regionale schriftliche Presse sehr gut erreicht. Wie könnten dann mit mehr Geld bessere Ergebnisse erzielt werden? Hierzu fehlen mir noch ganz konkrete Ideen.

Sie haben vorhin auf die Änderung Ihres Antrags hingewiesen. Wenn die im Antrag genannte Begrenzung auf Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern wegfallen würde, könnten wir mitgehen. Ob es der bestmögliche Weg ist, weiß ich nicht. Es wäre zumindest ein Weg, "Wohnen für Hilfe" besser zu gestalten.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bin froh, dass Sie die Anträge gestellt haben. Ich hoffe, dass wir im Landtag in den nächsten Monaten und Jahren bessere Ideen entwickeln werden. Alle Fraktionen sollten zusammenarbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Celina. Bitte bleiben Sie noch am Rednerpult. Herr Dr. Fahn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Eigentlich sind wir uns ziemlich einig. Um auf die genannten Argumente einzugehen, habe ich die Formulierung offengelassen. Deshalb lautet der Antrag: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, generationsübergreifende Wohnformen stärker als bisher zu fördern." Das ist der Antrag. Die Anschubfinanzierung habe ich in der

Form weggelassen. Das ist nur ein kleines Beispiel. Sie haben völlig recht, es gibt noch viele andere Punkte. Deshalb steht im Antrag nur noch dieser eine Satz. Eigentlich können Sie nicht dagegen sein.

Ich bin nur davon ausgegangen, dass Sie die Einwohnergrenze von 100.000 im zweiten Antrag fallen lassen wollen. Eine weitere Streichung der Forderung nach einer Anschubfinanzierung war mir nicht bewusst.

Ich lese es noch einmal vor. Ich habe den Antrag in der Form geändert.

Herr Kollege, es findet kein Dialog statt. Sie haben sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Die Antwort wurde gegeben. Jetzt haben wir es, oder?