Protokoll der Sitzung vom 30.05.2017

Herr Kollege, es findet kein Dialog statt. Sie haben sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Die Antwort wurde gegeben. Jetzt haben wir es, oder?

Das ist in Ordnung.

Vielen Dank, Frau Kollegin Celina. – Jetzt hat Herr Staatssekretär Hintersberger das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unstrittig ist, dass Wohnen ein Urgrundbedürfnis von uns allen ist. Das gilt insbesondere für Familien, aber auch für Menschen im Alter. Darüber gibt es keine Diskussionen. Das ist klar. Die eigene Wohnung zählt zum privaten Lebensraum. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass ältere Menschen in ihren eigenen vier Wänden, wie auch immer diese ausschauen, in Würde alt werden dürfen und alt werden können, sollen. Zu Hause, daheim alt werden, so heißt zusammenfassend die Zielsetzung. Den Wunsch der allermeisten Menschen wahr werden zu lassen, ist unser Ziel. Es gibt sehr viele Wohnwünsche älterer Menschen. Ich sage aber klipp und klar: Wir wollen den Menschen keine staatlichen Verordnungen auferlegen,

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Anreize!)

sondern die Menschen sollen sagen, was sie wollen, wo und wie sie leben wollen. Dies kann und soll und darf nach meiner Überzeugung nicht staatlich verordnet werden. Das ist ein wichtiger Punkt.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Das steht nicht drin!)

Dann kommt immer wieder die Forderung nach noch mehr Haushaltsmitteln. Liebe Kolleginnen und Kolle

gen von der Opposition, das kann man natürlich überall fordern. Diese Dinge liegen auf dem Tisch. Wir haben insgesamt 1,9 Millionen Euro pro Jahr für verschiedene Maßnahmen angesetzt. Für die Koordinationsstelle Wohnen im Alter wurde der Ansatz in diesem Jahr von 80.000 auf 200.000 Euro erhöht. Wann immer Sie eine Veranstaltung machen, kommen die Menschen zu Ihnen: auf eine Fachtagung, zu einem Termin mit der Zielgruppe vor Ort zu den Quartierskonzepten. Im Rahmen der Förderrichtlinie SeLA – Selbstbestimmt Leben im Alter – bieten wir Impulsförderungen an und reizen die Mittel aus. Wir haben keinen Antrag auf der Warteliste; wir müssen keinen Antrag wegen finanzieller Deckelungen zurückweisen. Liebe Kollegen, daher ist es ein Stück weit für das Schaufenster, wenn Sie sagen: Wir brauchen über diese 1,9 Millionen Euro hinaus noch mehr Finanzmittel.

Wir brauchen ein Denken daran, dass die Menschen andere Wohnformen wollen. Frau Kaniber und auch Frau Celina haben es angesprochen. Ich sage es noch einmal: Dies möchte ich aber nicht staatlich verordnen, sondern dies muss von den Menschen ausgehen.

So öde, wie dies manchmal hier dargestellt wird, sind unsere Stadtteile, Städte und Gemeinden gar nicht. Wir werden eine gewisse Renaissance erleben: Familien, auch generationenübergreifend, wollen dieses Miteinander aus privater Initiative heraus wesentlich stärker, als das vor zehn oder vor zwanzig Jahren der Fall war. Die Kommunen sind der entscheidende Ansprechpartner, zum Beispiel im Bereich der Quartierskonzepte. Wir haben die Förderrichtlinien für Konzepte der Nahversorgung und der Mobilität auf vier Jahre ausgeweitet. Nachverdichtungen und Zubauten, um generationsübergreifende Möglichkeiten zu bieten und umzusetzen, sind Sache der Kommunen. Hier ist in der Tat viel Information, Aufklärung und Diskussion notwendig und auch machbar.

Die Veranstaltungsreihe "Zu Hause daheim" haben wir zum zweiten Mal aufgelegt. Einige Kollegen waren bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen dabei. Es gab in einer Woche über 350 Einzelveranstaltungen flächendeckend in ganz Bayern. Toll! Freilich könnten es noch mehr sein. Es werden nächstes Jahr noch mehr. Voriges Jahr waren es 180; jetzt sind es 350. Wir müssen uns fragen, wo wir ansetzen können, um diese Quartiere im Sinne der Menschen so zu gestalten, dass sie sich daheim fühlen, dass die Infrastruktur für die tägliche Nahversorgung sichergestellt wird. Im Rahmen des landesweiten Innovationspreises "Zu Hause daheim" wurden gute, pfiffige, kreative, innovative Beispiele entwickelt und auch in

Flyern und Dokumentationen im Internet dargestellt, um aufgegriffen zu werden.

Frau Kollegin Rauscher, ich wehre mich gegen den Vorwurf, wir würden hier zu wenig machen. Laden Sie uns in Ihren Stimmkreis ein, wohin Sie uns haben wollen! Dann kommen wir, dann machen wir diese Vorschläge, dann bringen wir diese Aspekte ein. In der letzten Woche wurden beispielsweise auf der Messe "Die 66" im Rahmen einer Podiumsdiskussion – einige Kollegen waren dabei – und an vielen Ständen genau diese Aspekte einem interessierten Publikum nahegebracht.

(Doris Rauscher (SPD): Ich mache mir gleich eine Notiz!)

Was "Wohnen für Hilfe" und "Selbstbestimmt Leben im Alter" betrifft: Die vorhandenen Mittel werden derzeit nicht ausgeschöpft. Es liegt also an uns, diese Aspekte noch stärker zu vermitteln, ohne die Menschen zu sehr zu beeinflussen. Dies ist mir wichtig.

Unsere Maßnahmen werden passgenau entwickelt. Dies ist entscheidend. Die Forderung nach noch mehr, ohne dies verifizieren zu können, ist der falsche Ansatz.

Mit der Förderung konnten generationenübergreifende Wohnprojekte, Quartierskonzepte und "Wohnen für Hilfe" umgesetzt werden. In einem neuen Flyer und auch im Internet werden die einzelnen Förderrichtlinien dargestellt.

Die bisherigen Mittel reichen aus; sie werden nicht ausgeschöpft. Daher empfehle ich wie Kollegin Kaniber zuvor, diese Anträge abzulehnen. Erörtern und vermitteln Sie mit uns diese Themen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Bevor ich mit den Zwischenbemerkungen fortfahre, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion zu dem Antrag auf Drucksache 17/14222 namentliche Abstimmung beantragt hat. – Zwischenbemerkung: Herr Kollege Dr. Fahn, bitte.

Ich begrüße es, dass es eine namentliche Abstimmung gibt. – Herr Staatssekretär, auch ich will keine staatliche Verordnung. Das haben wir nie gesagt. Es geht darum, vielleicht Anreize zu schaffen, damit es noch mehr wird.

Ich habe eine Schriftliche Anfrage gestellt. In der Antwort wurde vom Sozialministerium ausgeführt, es gebe in Bayern nur 47 generationenübergreifende

Wohnformen mit 241 Wohnungen. Darunter steht: Ein Ausbau ist wünschenswert. – Ich habe diese Anregung Ihres Ministeriums aufgenommen und diesen Antrag gestellt, eigentlich in Ihrem Sinn. Bei der Beratung im Ausschuss sagte die Dame vom Ministerium, dass der Antrag in dieser Form richtig sei. Ich habe gesagt, die Finanzierung ist für mich nicht das Primäre, und habe das deswegen im Antrag weggelassen, sodass es nur noch heißt: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, generationsübergreifende Wohnformen stärker als bisher zu fördern." Das wollen Sie jetzt ablehnen? Ich glaube, da machen Sie einen großen Fehler.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Staatssekretär!

Das Zitat der Mitarbeiterin ist gerade richtiggestellt worden. Sie hat sich mit ihrer Aussage auf die Initiative "Wohnen für Hilfe" bezogen. Fangen wir also jetzt nicht irgendwelche Wortklaubereien an.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Zweite war das Mehr in finanzieller Hinsicht. Die Mittel, die uns vom Hohen Haus für die Initiativen zur Verfügung gestellt werden, werden von den Menschen abgerufen, aber nicht in der Höhe, wie wir sie zur Verfügung stellen.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Mehr Werbung machen!)

Wir machen alle miteinander Werbung; aber es gibt keine Verordnungen des Staates. Wir werben in allen möglichen Medien, auf Fachtagungen, in Konferenzen, bei Messen, in Einzelgesprächen, bei Koordinierungsstellen und vor Ort. Auch bei allen Gesprächen in Mehrgenerationenhäusern und in den Landesarbeitsgemeinschaften stehen diese Themen am Anfang der Tagesordnung. Von daher ist es letztlich nicht richtig, dass man dem Anliegen allein durch ein Mehr an Finanzen entgegenkommt. Dies ist falsch. Von daher ist der Antrag nicht passgenau und nicht zielführend. Er wird von meiner Seite abgelehnt.

Herr Staatssekretär, verbleiben Sie bitte für eine weitere Zwischenbemerkung am Mikrofon. Bitte schön, Frau Kollegin Rauscher.

Herr Hintersberger, ich möchte nur ganz kurz auf Ihre Äußerung zur staatlichen Verordnung eingehen. Von staatlicher Verordnung kann bei allen unseren Debatten zu dem Thema der alternativen Wohnformen und des Ausbaus von

Wohnformen für Senioren wirklich nicht die Rede sein. Darum geht es nicht.

(Staatssekretär Johannes Hintersberger: Dann ist es ja gut!)

Aber man muss feststellen: Der Bedarf ist wirklich sehr groß. Dass der Staat oder zumindest die Kommunen nicht ganz untätig sind, ist schon klar. Aber man sollte die Kommunen einfach noch stärker ermuntern; denn es fehlt zum Teil an Kooperationspartnern, und es fehlt zum Teil auch an der Bereitschaft, Grundstücke für solche Wohnformen zur Verfügung zu stellen. Das Thema ist ein bisschen komplexer zu betrachten. Aber es steht fest, dass die Staatsregierung da quasi stärker ermuntern muss. Die älteren Herrschaften rennen zumindest mir die Türen ein. Vor Ort wird wirklich deutlich, dass die Nachfrage groß ist und überall alternative Wohnformen gesucht werden, deswegen die Idee, draußen mit stärkerem Nachdruck dafür zu sorgen, dass solche Wohnformen entstehen.

Ihr Angebot, zu mir in den Landkreis zu kommen, nehme ich gern an. Warten wir mal ab, ob Sie es auch in die Tat umsetzen. Ich bin bei mir im Landkreis sehr dahinter, dass alternative Wohnformen entstehen, weil es wirklich wunderbare Modelle für Senioren sind, die einfach in die heutige Landschaft passen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Rauscher, machen wir es so, und das ist auch wirklich zielführend. Ich komme zu Ihnen, und dann sprechen wir ganz konkret über die Möglichkeiten, die wir realisieren können. Dafür brauchen wir aber keine zusätzlichen Gelder; denn die Gelder, die wir haben, werden nicht abgerufen.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Es wurde namentliche Abstimmung beantragt. Wir dürfen diese namentliche Abstimmung von der Zeit her aber jetzt noch nicht durchführen.

Ich rufe daher den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Antrag der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner, Ruth Müller, Kathi Petersen u. a. (SPD) Irreführende Werbung für sogenannte "Kinderlebensmittel" verbieten (Drs. 17/15502)

Als Erster darf ich Frau Kollegin Müller das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer kennt die Werbeslogans aus dem Fernsehen nicht? "So wertvoll

wie ein kleines Steak" oder "Für die Extra-Portion Milch" oder "Gesunde Vitamine naschen". All das suggeriert, dass Kinderlebensmittel gesund und für das Aufwachsen glücklicher Kinder notwendig sind. Wenn solche Lebensmittel auch noch mit Prinzessin Lillifee, Star-Wars-Helden oder Sammelbildchen aufgepeppt werden, werden Kinder gezielt angesprochen und Eltern schwach. Am Schluss landen aber keine gesunden Vitamine im Einkaufswagen, sondern mehr Fett und Zucker, als man denkt. Die Werbestrategen in den großen Konzernen lassen sich viel einfallen, um dem Verbraucher das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Bei der Vielfalt der Angebote und der ständigen Informations- und Bilderflut fällt es vielen Menschen schwer zu differenzieren, was tatsächlich gesund und für die Ernährung der Kinder wertvoll ist. Sie alle kennen Frühstücksflocken, die den Anschein erwecken, gesund zu sein. Allerdings weisen 85 % der Flocken Untersuchungen zufolge einen Zuckergehalt von mindestens 20 % auf. Das ist weder gesund noch sinnvoll und zudem noch überteuert.

(Beifall bei der SPD)

Das Bayerische Gesundheitsministerium wendet viel Zeit und Energie auf und gibt viel Geld aus, um wunderbare Präventionsprojekte zu starten. So kann man im bayerischen Präventionsplan nachlesen, dass es Programme gibt wie GeliS, "Gesund leben in der Schwangerschaft". Hier sollen die Mütter an einen gesunden Lebensstil während der Schwangerschaft herangeführt werden. "Gesund und fit im Kinder-Alltag" zeigt sechs Wege zur kindgerechten Ernährung und Bewegung auf. In Zusammenarbeit mit den Zahnärzten wird die Aktion "Seelöwe" durchgeführt, um die Zahngesundheit zu fördern. Nicht zuletzt geben wir für die Vernetzungsstellen Schulverpflegung und für das EU-Schulobst- und -gemüseprogramm – Schulfruchtprogramm – in Schulen und Kitas viel Geld aus und erreichen damit auch tatsächlich viele Kinder und Jugendliche, um ihnen Obst und Gemüse schmackhaft zu machen. Allerdings gibt es bisher noch kein Projekt, um Eltern und Kinder vor den Gefahren von Zucker zu warnen.

Doch all die guten Bemühungen werden konterkariert durch das Zuckerbomben-Marketing der großen Konzerne, die um den Lebensmittelmarkt und die künftigen Verbraucher buhlen. Die Bildungs- und Aufklärungskampagnen sind wichtig und wertvoll und setzen auf die Eigenverantwortung des Verbrauchers. Doch sollten wir uns nichts vormachen: Nicht jede Familie hat Zeit und Lust oder die Möglichkeit, an den genannten Programmen teilzunehmen. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein zehnjähriges Kind in Deutschland rund 100 Werbespots am Tag sieht und

hört. Deshalb dürfen wir den Einfluss der Kinder auf das Kaufverhalten der Eltern nicht unterschätzen. Kinder brauchen weder eine Extrawurst mit BärchenMotiv noch eine "Extra-Portion Milch" in Schokolade, die Mütter angeblich schon von ihren Müttern bekommen haben.

Wir wollen, dass unsere bayerischen Kinder gesund aufwachsen und nicht in eine chronische Adipositas hineinwachsen, die lebenslange Behandlungen und Probleme mit sich bringt. Wir wollen, dass Familien beim Einkauf wissen, was in ihrem Einkaufskorb und damit auf dem Esstisch landet.