Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

(Lachen bei Abgeordneten der CSU – Erwin Huber (CSU): Doch, mich!)

Sie äußern sich nur polemisch und führen Nutellaund-Honig-Gespräche, bringen aber kein sachliches Argument, wieso wir sie brauchen würden. Das Umland hat sich mit der Institution Flughafen arrangiert und lebt mit ihm. Alle, die dort arbeiten, bestätigen uns in unserem Einsatz, die dritte Bahn zu verhindern. Aus vielen Mitarbeitergesprächen wissen wir: Sie ist nicht notwendig. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, erkennen wir, dass sie nicht notwendig ist. Es wäre eine Entscheidung der Vernunft zu sagen: Wir bauen sie nicht; wir haben zwar eine Baugenehmigung, und es stinkt uns, dass wir nicht bauen können; aber unsere Vernunft entscheidet: Weil wir sie nicht brauchen, bauen wir nicht. – Wir haben den Herrn Herrmann und die Frau Scharf. Lassen Sie doch die mal ans Rednerpult! Sie müssten doch eigentlich die Fachleute sein, weil sie aus dem Großraum kommen. Es ist bedauerlich, dass Herr Herrmann hier zu dem Thema nichts sagt. Es ist bedauerlich, dass die Umweltministerin, die auch eine Startbahngegnerin ist, nichts sagt, und dass Sie als Hinter-Münchner sich zu dem Thema äußern müssen. Ich würde mir etwas anderes erwarten; dann würde vielleicht auch die Glaubwürdigkeit größer.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Herr Kollege Zierer, vernünftig wäre es, wenn Sie einmal die Fakten zur Kenntnis nähmen. Ich lasse mir keine Polemik vorwerfen; sie ist wirklich nicht meine Sache. Ich habe Ihnen dargelegt, warum wir diese Startbahn brauchen: weil sich die Tendenz dahin gehend entwickelt, dass wir für den Flughafen, für seine Wachstumschancen,

(Florian von Brunn (SPD): Als ehemaliger Umweltminister!)

für die Münchner Wirtschaft diesen Flughafen brauchen. Darum verstehe ich wirklich nicht, warum Sie immer mit solchen Vorwürfen wie dem der Polemik etc. kommen. Lesen Sie es im Protokoll nach: Ich habe ganz sachlich dargelegt, warum ich glaube und warum wir glauben, dass diese Entwicklung dazu führt, dass wir diese Startbahn brauchen. Das werden wir auch so weiterverfolgen, weil wir sie wirklich für notwendig und nützlich halten.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Kollege Dr. Bernhard. – Jetzt folgt Kollege Dr. Magerl. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon grotesk, was die CSU und insbesondere die Staatsregierung hier abziehen, gerade mit diesem Pseudogipfel.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Bei diesem Pseudogipfel am Sonntagabend haben Sie nach vielen Jahren endlich gemerkt, dass Sie bei den Stickoxiden und beim Diesel in München irgendwas machen müssen. Sie haben das ewig verpennt; aber das werden wir beim nächsten Antrag noch diskutieren. Sie sagen: Wir müssen reduzieren. Gleichzeitig sagen Sie: Beim Ausbau des Flughafens, beim Bau der dritten Startbahn, müssen wir jetzt endlich Gas geben und anschieben. – Damit erhöhen Sie selbstverständlich die Stickoxidbelastung und die sonstige Belastung im Umland weiter. Hoffentlich wird auch in der CSU keiner sagen: Eine Ausweitung des Luftverkehrs bringt nicht gleichzeitig auch eine Ausweitung der Schadstoffe.

Wenn Sie das mir nicht glauben, zitiere ich jetzt aus dem Planfeststellungsbeschluss zur dritten Start- und Landebahn MUC, Seite 540, Kapitel "Entscheidungsgründe", Abschnitt "Umweltverträglichkeitsprüfung": "Mit Blick auf die Stickoxide zeichnet sich der Untersuchungsraum bereits heute" – deshalb auch der Antrag der FREIEN WÄHLER und diese Karte – "durch

eine hohe Vorbelastung aus, die im Planungsfall … weiter verschärft wird. Die damit verbundenen möglichen Negativwirkungen auf das Schutzgut Pflanzen" – man könnte genauso gut sagen: auf Menschen – "könnten daher erheblich sein."

Das sind die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern. Nicht das Umweltbundesamt, nicht das Landesamt für Umwelt, sondern die Regierung von Oberbayern stellt im Genehmigungsbescheid für diesen Flughafen klar fest: Wir haben eine hohe Vorbelastung, die durch eine dritte Startbahn noch mal deutlich ausgeweitet würde. Dazu sage ich: Es ist grotesk, auf der einen Seite zu sagen, wir müssen da ran, und auf der anderen Seite zu sagen: Wir wollen dringend diesen Ausbau.

Wir brauchen für die Region Freising/Erding eine Obergrenze, was die Schadstoffbelastung anbelangt. Sie ist durch die Kapazitäten des Flughafens in seiner aktuellen Gestaltung gegeben und dadurch, wie viele Starts und Landungen dort abgewickelt werden können, nämlich 480.000 Bewegungen. Ich hätte gerne von Ihnen, Herr Söder, etwas dazu gehört. Sie schreiben ja schon viel mit und kommen hoffentlich als nächster Redner. Sie haben in der Presse gesagt, so konnte ich es lesen, die Obergrenze liege bei 430.000 Bewegungen. Sie liegt aber meines Wissens nicht da; das sind Fake News in meinen Augen, sondern sie liegt bei 480.000. Dazu zitiere ich Ihnen auch ganz kurz aus dem Planfeststellungsbeschluss, in diesem Fall aus Seite 417. Darin heißt es: "… da kapazitätsbedingt maximal eine Nachfrage von … 480.000 Flugbewegungen bedient werden kann". Oder lesen Sie nach auf Seite 693: "Die im Prognosenullfall für das Jahr 2025 im Basisszenario maximal abwickelbare Anzahl von 480.000 Flugbewegungen …" Das heißt, Sie wollen mit Ihrer Aussage vorgaukeln, der Flughafen sei kapazitätsmäßig um 50.000 Bewegungen kleiner, als es im Planfeststellungsbeschluss steht. Ich könnte Ihnen auch noch ein Gerichtsurteil zitieren, wenn Sie das haben wollen, oder die Regierung von Oberbayern anführen. Aber die zwei Zitate genügen. Wir haben 480.000 als Grenze, und davon sind wir weit, weit entfernt. Der Ausbau ist nicht notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sagen, wir brauchen den Ausbau. Da sollten Sie einmal die Fakten der letzten zehn Jahre zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Bernhard. 2007/2008 hatten wir 432.000 Bewegungen, und die Zahl ist bis 2016 auf knapp 380.000 zurückgegangen. Da sind 50.000 Bewegungen verloren gegangen. Jetzt muss man sich noch die Prognosen anschauen, auf denen die Planung fußt.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Das ist gerichtlich geprüft und bestätigt!)

Die Prüfung liegt mittlerweile ewig zurück.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Zwei Jahre!)

Nach der Prognose 1 hätten es 166.000 Bewegungen mehr sein sollen. Da sagen Sie, das sind belastbare Zahlen. Das sind Fantasiezahlen und Mondzahlen und nichts anderes. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bayerische Staatsregierung, vertreten durch den Finanzminister Markus Söder, hat im Frühjahr dieses Jahres zweimal in einer großen Debatte hier erklärt, dass wir die Frage der dritten Startbahn politisch und nicht juristisch entscheiden. Diese Haltung der Staatsregierung ist in einer Antwort auf eine Schriftliche Anfrage bekräftigt worden … Dann ist mit großem Beifall meiner Fraktion erläutert worden, was wir hier unter einer politischen Entscheidung verstehen: keine Privatisierung, keine Bildung einer Aktiengesellschaft. In diesem Sinne wollen wir es politisch entscheiden.

Heute, Herr Söder, hätte ich gern eine Bekräftigung der Aussage, die Herr Seehofer vor zwei Jahren hier getroffen hat. – Wir werden beiden Anträgen, nachdem sie in die richtige Richtung gehen, zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen kleinen Moment bitte. – Herr Dr. Bernhard, bitte schön zu einer Zwischenbemerkung.

Kollege Magerl, Sie haben den Planfeststellungsbeschluss zitiert. Ich frage Sie jetzt: Sind die Zahlen, die am Flughafen gemessen werden und die ich genannt habe, richtig oder falsch? Sagen Sie das jetzt einmal!

Ich habe selber nicht gemessen.

(Zurufe von der CSU: Ah!)

Lassen Sie mich halt erst einmal ausreden. Es handelt sich zum ganz großen Teil um eine Eigenüberwachung durch den Flughafen, soweit ich weiß. Ich habe aber auch Karten des Umweltbundesamtes, die schon länger im Internet sind. Dabei handelt es sich nicht um Modellrechnungen, sondern um Rechnungen – wenn ich sie auf die Schnelle finde, könnte ich sie noch zitieren –, die auf Messwerten basieren. Das schreibt das Umweltbundesamt ganz klar auf seiner Homepage. Wenn Sie auf die Karte gehen, sehen Sie oben einen Punkt, und da wird erläutert, wie die Karte zu verstehen und zu interpretieren ist. Ich habe keinen Zweifel, dass die Daten, was den Flughafen anbelangt, in irgendeiner Art und Weise falsch sind. Wir müssen die beiden Punkte möglicherweise noch einmal in einer Ausschusssitzung diskutieren. Aber das Umweltbundesamt ist für mich eine glaubwürdige Institution.

Das geht auch über mehrere Jahre hinweg. Die Werte schwanken in den Jahren natürlich in einem bestimmten Bereich, und es hängt auch von den Niederschlagsereignissen ab, wie viele NOx im Mittel in der Luft verbleiben. Aber ich habe keine Zweifel, dass die Daten wirklich richtig sind, und glaube nicht, dass es sich um Fake News handelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Dr. Magerl. – Für die Fraktion FREIE WÄHLER: Kollege Prof. Piazolo. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe natürlich aufmerksam verfolgt, was da am Sonntag passiert ist, und habe nach dem, was herausgekommen ist, gemerkt, dass bei der Staatsregierung zunehmende Hilflosigkeit herrscht. Man weiß keinen Weg, wie man die dritte Startbahn hinbekommt. Es gibt keinen Plan, und man merkt, dass es die Staatsregierung nicht gewohnt ist, Dinge nicht alleine durchsetzen zu können.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich sage ganz deutlich: Es tut gut, in Bayern zu merken, dass die CSU nicht mehr weiß, wie sie weiterkommt. Sie weiß es nicht mehr. Es gibt Appelle, es gibt Aufforderungen, es gibt Widersprüche, und es gibt keinen Plan. Ganz ehrlich, Herr Finanzminister, bei dem, was dann so über "dpa" lief, muss ich, wenn ich mir die Zahlen anschaue, ganz deutlich sagen: Das ist populistischer Quark. Man muss es so nennen.

(Zuruf des Staatsministers Dr. Markus Söder)

Ich werde es gleich begründen, Herr Söder.

(Zuruf des Staatsministers Dr. Markus Söder – Heiterkeit)

Sie sagen: Wenn die dritte Startbahn nicht kommt, wird München zu einem Regionalflughafen wie Düsseldorf. Meine Güte! Da greifen Sie doch wirklich in irgendeine Kiste. Düsseldorf hat 22, München 45 Millionen Passagiere. Übrigens werden in Schiphol mit zwei Bahnen 75 Millionen abgewickelt. Glauben Sie wirklich allen Ernstes, dass dann, wenn die dritte Startbahn nicht kommt, 15.000 Jobs verloren gehen und München als Landeshauptstadt einen Flughafen hat wie Düsseldorf? Was muss man da noch begründen? Liefern Sie uns doch richtige Argumente, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Was Sie als Fraktion in den letzten Jahren dargestellt haben, war – wie hat es der Ministerpräsident genannt? – einmalig. Sie haben Ihren Ministerpräsidenten bloßgestellt, wie es noch keine Fraktion in irgendeinem Landtag getan hat. Nachdem der Ministerpräsident in Attaching den Menschen verkündet hatte, sie hätten die stärkeren Argumente, haben Sie die Unterschriften von über 60 Abgeordneten gesammelt und einen Ministerpräsidenten bloßgestellt, der in dieser Angelegenheit auf dem richtigen Weg war. Ich sage ganz deutlich: Da sieht man die Hilflosigkeit.

Eine letzte Bemerkung zur aktuellen Politik. Sie ziehen überall die zuständigen Minister ab. In Berlin sagen Sie jetzt schon: Verkehrsminister Dobrindt wird in Zukunft wahrscheinlich die Landesgruppe leiten. Hier machen Sie den zuständigen Verkehrsminister zum Spitzenkandidaten der Bundestagswahl, um ihn aus München wegzubekommen.

(Widerspruch bei der CSU)

Was ist das für eine Politik, wenn Sie die zuständigen Leute wegbringen? Ich sage Ihnen ganz deutlich: Machen Sie ein Bürgerbegehren in München! Wir stehen als Bündnis zusammen. Zwei Bahnen reichen – "Zwei gewinnt" –, und das nächste Bürgerbegehren werden wir auch gewinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Jetzt hat die Kollegin Claudia Stamm das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute im Plenum geht es mehrfach um Stickoxide, um Luftreinhaltung und um Feinstaub. Auch der Antrag der FREIEN WÄHLER hebt genau darauf ab. Es gibt eine Studie der Universität Cambridge, die zeigt, dass weltweit 8.000 Menschen im Jahr allein infolge der Emissionen des Flugverkehrs sterben. Besonders hoch sind die Belastungen logischerweise genau dort, wo gestartet und gelandet wird. Deswegen gibt es jetzt auch die extrem hohen Werte am Flughafen. Ich bin gespannt, ob wieder eine Anzweiflung kommt; aber das werden wir nachher sehen.

Die Belastungen am Flughafen sind jetzt auch ohne eine dritte Startbahn schon besonders hoch und jenseits auch wirklich jeder zulässigen Grenzwerte. In dieser Situation sollten wir, finde ich, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort auf keinen Fall alleinelassen nach dem Motto – das suggeriert der Antrag ein bisschen –: Es ist schlimm, aber mit uns wird es wenigstens nicht schlimmer. Ganz im Gegenteil, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir dafür sorgen, dass die Emissionen rund um den Flughafen heute schon reduziert werden. Das sollten der Ministerpräsident und der selbst ernannte Heimatminister auch tun.

(Widerspruch bei der CSU)

"Selbst ernannt" stimmt nicht, aber selbst ausgedacht – so war es, glaube ich , dann aber vom Ministerpräsidenten ernannt.

(Zuruf des Staatsministers Dr. Markus Söder)