Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Dr. Herz, Sie sind gefragt. Die Kollegin Sengl hat eine Zwischenbemerkung.
Ich möchte den Begriff "Gift" erläutern und sagen, warum uns wichtig ist, dass man ihn so in die Debatte bringt. Die Chemieindustrie hat ganze Arbeit geleistet. Der Begriff "Pflanzenschutzmittel" klingt sehr harmlos. "Pestizide" klingt schon anders. "Gift" klingt noch einmal anders.
Man weiß, dass es Gift ist, das zum Beispiel gegen Ackerkräuter wirkt. Früher gab es auf einem Acker über 230 verschiedene Arten. Inzwischen sind es nur noch fünf oder sechs. Das Gift schadet der Artenvielfalt. Das muss uns klar sein. Ich glaube, dass vielen Anwendern nicht bewusst ist, was sie dort machen. Deshalb ist es sehr wichtig, das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche Gifte wir ausbringen.
Weil es dafür Alternativen gibt, ist es möglich, da etwas zu verändern. Sie sollten viel stärker gefördert und genutzt werden. Das hilft uns allen, auch den Anwendern. Neulich stand im "Landwirtschaftlichen Wochenblatt", dass viele Anwender sehr bedenkenlos bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln vorgehen. Sie tragen dabei beispielsweise den vorgeschriebenen Schutz nicht. Die Mittel sind auch für die Anwender giftig. Es handelt sich um Gift, und das ist Fakt.
Liebe Kollegin, ich nehme das sehr bewusst zur Kenntnis, aber ich betone nochmals: Die psychologische Wirkung gerade auf die Landwirte, die wir zur Bewältigung dieser Probleme brauchen, ist in diesem Zusammenhang verheerend. Deshalb ist dieser Begriff nicht so zu verwenden. Das ist aus meiner Sicht eher im Antrag der SPD-Fraktion in eine richtige Bahn gelenkt worden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eines vorab klarstellen: Möglichst wenige Pflanzenschutzmittel einzusetzen, ist das Ziel jedes Landwirtes. Daran forschen nicht nur die Landesanstalt für Landwirtschaft, die Hochschulen, die Technikerschulen, die Höheren Landbauschulen, sondern alle, die sich mit Landbau und Land
wirtschaft beschäftigen. Jede Überfahrt über den Acker kostet Geld. Das macht der Landwirt nur, wenn es unbedingt sein muss. Ich möchte darauf hinweisen, dass unsere Landwirte ihre Äcker nach bestem Wissen und Gewissen nachhaltig bewirtschaften. Sie denken auch an das Bodenleben, an die Rückstände und an ihre Gesundheit.
Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist keine Goodwill-Aktion, sondern sie geschieht nach aufwendigen Zulassungsverfahren: zunächst auf EU-Ebene und dann auf nationaler Ebene. In Deutschland dauern diese Verfahren mit Abstand am längsten. Grundlage unserer Entscheidungen und unseres Handelns muss aber immer eine wissenschaftlich fundierte Einstufung sein. Alles andere wäre Willkür. Alles andere führt in die Irre.
Die Kollegin spricht von den Werten der Pflanzenschutzmittelrückstände im Wasser. Dabei muss man ehrlicherweise darauf hinweisen, dass wir heute meistens die Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels Atrazin finden. Atrazin ist seit dem 1. März 1991 verboten. Das kann man doch nicht mit der heutigen Landwirtschaft in Verbindung bringen.
Genauso falsch ist es zu sagen, Getreide werde im Durchschnitt vier- oder fünfmal gespritzt. Auch das ist völlig falsch. Am Antrag der GRÜNEN wird deutlich: Es geht um Wahlkampf. Da zeigt schon die Überschrift: Die GRÜNEN haben es auf die Landwirtschaft abgesehen.
Das wird im nächsten Jahr noch schlimmer werden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Darauf müssen wir uns einstellen.
Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, ist das Ziel Bayerns, der bayerischen Bauern und des Bundesministeriums. Dazu gibt es den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, der auch in den Anträgen vorkommt. Daran arbeiten wir intensiv mit: Es geht darum, das Risiko zu minimieren, Aufwandsmengen zu reduzieren, Rückstände zu identifizieren und richtig einzuschätzen. In Bayern verfügen wir übrigens mit unserer Landesanstalt für Landwirtschaft über ein eigenes Institut, das sich den aufgeworfenen Themen widmet – Stichworte: ökologischer Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz. So etwas hat kein anderes Bundesland. Dort werden derzeit 48 Forschungsprojekte bearbeitet. Im Juli des letzten Jahres hat die Staatsregierung im Landwirtschaftsausschuss darüber intensiv
Dann kommen wir zu unseren Erfolgen bei der Förderung des ökologischen Landbaus. Das ist schon angeklungen: Derzeit sind es 8.400 Betriebe in Bayern und 270.000 Hektar Fläche. Zeigen Sie mir ein Bundesland, in dem die GRÜNEN oder die Roten regieren, das solche Erfolge beim ökologischen Landbau vorweisen kann. – Fehlanzeige! Wir hatten allein im letzten Jahr bei den Ökolandbaubetrieben ein Plus in Höhe von 1.000 im Freistaat Bayern.
Ich komme zum Antrag der SPD. Letztlich ist es auch unser Problem, 20 % der Flächen auf Ökolandbau umzustellen. Das ist eine Entscheidung der Betriebsleiter und abhängig von Marktverhältnissen.
Wir können eine super Forschung in diesem Bereich vorweisen. Außerdem können wir entsprechende Unterstützung und Fördermittel geben. Kein anderes Bundesland wird an das herankommen, was wir derzeit machen. Aber wir können nicht, wie die SPD in ihrem Antrag fordert, vorschreiben, wie viele umstellen.
Ich möchte auf unser bayerisches Bio-Siegel hinweisen. Ich möchte auf unser Agrar- und Umweltprogramm KULAP hinweisen. Es ist das erfolgreichste in Deutschland und umfasst über eine Million Hektar. Wir vergüten entsprechend agrarökologische Leistungen unserer Landwirte, stellen über 300 Millionen Euro jährlich für KULAP und Vertragsnaturschutz zur Verfügung. Wir werden unseren Einsatz für Blühflächen, für Pufferstreifen und für Gewässerstreifen noch erhöhen.
Mit unseren Aktivitäten geht es aber noch weiter. Wir haben beschlossen, ein neues Institut an der Landesanstalt für Landwirtschaft in Ruhstorf einzurichten. Es wird sich ganz speziell mit den Themen Ökosystemforschung und Digitalisierung beschäftigen, neue Verfahren erproben und teilflächenspezifische Bewirtschaftung erforschen. Davon verspreche ich mir in hohem Maße, dass auch Düngemittel und Pflanzenschutzmittel noch zielgerichteter und damit weniger eingesetzt werden. Wir erproben solche Dinge wie selbstfahrende automatische Hacken nach dem Motto: Hackroboter statt Herbizideinsatz. An vielen Dingen kann man zeigen, dass es ökologische Fortschritte in der Landwirtschaft gibt.
Wir haben ein Institut für Landbau und Pflanzenzüchtung an der LfL, das sich mit dem Thema "Klima und standortangepasste Sorten" beschäftigt. Dort laufen zurzeit 40 Forschungsprojekte unter dem Schwerpunkt "Klimaänderungen".
Ich möchte deutlich machen: Alle sinnvollen Vorschläge in den Anträgen haben wir längst aufgegriffen. Wir unterstützen den Nationalen Aktionsplan. Etwas anderes würde die Bevölkerung überhaupt nicht akzeptieren.
Ich möchte im Anschluss an die Ausführungen des Kollegen Arnold Folgendes fragen: Wenn man vom kompletten Verzicht auf Pflanzenschutzmittel spricht, ist es eigentlich ethisch vertretbar, dass wir geprüfte und zugelassene Pflanzenschutzmittel verteufeln und verbieten? Dadurch entstehen extreme Pflanzenverluste, und es kommt zu einem Ertragsausfall in Höhe von bis zu 100 %. Pflanzen sterben ganz oder teilweise ab, und deutlich weniger kann geerntet werden – und das, wenn auf der Welt über eine Milliarde Menschen hungern.
In warmen und feuchten Jahren kann es auch bei uns zu großen Problemen kommen, wenn sich zum Beispiel in vermehrtem Umfang Pilze wie Fusarium auf dem Getreide ausbreiten. Fusarium produziert echte Gifte, nämlich Pilzgifte oder Mykotoxine wie DON und Zearalenon. Diese Gifte sind für den Menschen extrem gefährlich. Die befallene Ware ist zu vernichten, da sie nicht mehr verkehrsfähig ist. Sie muss entsorgt werden. Da frage ich mich: Ist das ethisch vertretbar? Ist es vertretbar, dass wir unsere Landwirte, die eine Spitzenausbildung haben und die nach der guten fachlichen Praxis wirtschaften, wie sie es an den Schulen und Hochschulen gelernt haben, an den Pranger stellen? Es gibt so viele Vorgaben, Vorschriften und eine verantwortungsvolle Abwägung jeden Tag in der Praxis. Wir jedenfalls, meine Damen und Herren, lassen die Spaltung der Landwirtschaft in gute und in böse Bauern nicht durchgehen.
Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Der Antrag der GRÜNEN ist reiner Populismus, und ich mache das an zwei Punkten konkret fest:
Erstens. Sie fordern, Pflanzenschutzmittel auf staatlichen Flächen zu verbieten; Sie nennen Glufosinat und Neonicotinoide. Das Glufosinat – das war einmal unter dem Produktnamen Basta bekannt – ist seit dem 31.12.2015 verboten. Bis zu Beginn dieses Jahres durften noch Reste aufgebraucht werden. Das ist kein Thema mehr. Am 30.09.2017 läuft jetzt auch die Zulassung in der Europäischen Union aus. Bei Neonicotinoiden haben wir schon lange ein Verbot im Getreidebereich, bei Raps, bei Mais und bei allen Getrei
Zweitens. In der Begründung gehen Sie auf Versuche der LfL zu den Aufwandmengen bei Pflanzenschutzmitteln ein und unterstellen, die Landwirte würden 25 % zu viel ausbringen; darauf könne man leicht verzichten, und es würden keine Ertragsausfälle entstehen.
Tatsache ist: Diese Versuche beziehen sich auf die Empfehlungen der Agrarchemie, die dort gegeben werden. Aber kein Landwirt bringt diese Mengen in vollem Umfang aus. Der Landwirt weiß, dass er die Aufwandmenge an die festgestellte Verunkrautung oder an den Krankheitsbefall anpassen kann und muss. Unsere Beratung geht in diese Richtung. Somit ist das, was Sie da unterstellen, völliger Populismus. Die Landwirte bringen diese 25 % heute schon nicht aus. Wir haben integrierten Pflanzenschutz, Aufwandmenge nach Notwendigkeit abhängig von der Witterung.
Ich sage Ihnen: Sie haben keine Ahnung. Ich lade Sie, liebe Frau Sengl, ein, dass Sie mit mir einmal auf einen ganz normalen bayerischen Bauernhof gehen, weil Sie gar nicht wissen, wie es dort zugeht. Alles, was Sie machen, ist letzten Endes ein hilfloser und erfolgloser Versuch, Bayerns Bauern und unsere Agrarpolitik vorzuführen. Sie sind die Giftspritze, und zwar im rhetorischen Sinn, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Wir lehnen den Antrag der GRÜNEN selbstverständlich ab.
Zum Antrag der FREIEN WÄHLER – Beratungsabbau stoppen, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft fördern – ist zu sagen: Das machen wir ja. Ihnen ist offenbar entgangen, lieber Kollege Herz, dass wir in vielen Bereichen auch zusätzliche Kräfte einstellen, zusätzliche Stellen geschaffen, den Personalabbau zum Beispiel im Bereich der ländlichen Entwicklung teilweise ausgesetzt haben. Wir haben jetzt im Fall von Borkenkäfern mehr Förster für die Beratung. Dazu kommt noch unser Antrag – den hat Staatsminister Brunner schon ins Kabinett eingebracht – für mehr Förster für den Waldumbau. Wir haben mehr Wasserberater und mehr Wildlebensraumberater eingestellt. Die LfL wird in Ruhstorf neue Stellen bekommen. Wir haben jetzt Berater für die Umsetzung des Düngepakets. Das sind alles neue Aufgaben, die auch mit neuem Personal unterstützt werden.
Ihr Antrag ist von daher überflüssig, wir stimmen ihm aber ausnahmsweise zu, weil wir einen ähnlichen Antrag derzeit für den Bereich des Forstes auch laufen haben.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, danke ich für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass wir auch über das weitere Jahr hinweg, zumindest gilt das für die vernünftig Denkenden, zu der Landwirtschaft stehen. Wir tun das im Sinne unserer Bäuerinnen und Bauern.
Ich wollte nur einmal Erinnerungslücken schließen. Dass Glyphosat und Neonicotinoide giftig und gefährlich sind, das haben wir ins Spiel gebracht. Dagegen habt ihr euch immer gewehrt, und nur durch die massive Unterstützung der Bevölkerung, durch alle Imker, durch Menschen, die sich Gedanken über ihre Umwelt machen, haben wir es geschafft, dass die Zulassungszeit verkürzt wurde, dass die Neonicotinoide zumindest übergangsweise verboten werden und so weiter. Da wurden wir von den konservativen Parteien, insbesondere von der CSU, nie unterstützt, nein, vor allem nicht auf Bundesebene.
Wie ich so ein politisches Handeln finde, das für sich zu reklamieren und zu sagen: "Ich habe schon immer gewusst, dass das etwas Schlimmes ist. Wir machen das doch schon lange nicht mehr", kann ich gar nicht ausdrücken. Das ist so etwas von unglaubwürdig und eigentlich verlogen. Tut mir leid.
Frau Kollegin, es ist doch überhaupt keine Diskussion, dass diese Beizmittel, die Neonicotinoide, im Bereich von Getreide, Mais und Raps seit Jahren europaweit verboten sind. Darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Im Bereich Glyphosat ist unser Antrag in diesem Haus Beschlusslage. Wir haben beschlossen, wir wollen zum Beispiel die Sikkation komplett verbieten, und wir wollen die komplette Einschränkung im Bereich von sensiblen Flächen und im Privatbereich, weil dort die Aufwandmengen zum Teil völlig falsch dosiert werden. Das sind unsere Themen schon seit Jahren.