Jetzt kommt immer das Argument, es seien nicht die Landwirte, es seien die Hobbygärtner, die so schlimm auf Teufel komm raus spritzen und die Gifte im Baumarkt kaufen. Der Verkauf von Pestiziden an Privatleute entspricht mit 58,7 Millionen Euro nur 4 % des Gesamtumsatzes. Das ist zwar auch erschreckend viel, aber im Vergleich zu 1,4 Milliarden Euro eigentlich nicht der Rede wert. Das Hauptproblem ist und bleibt der Einsatz von Ackergiften in der Landwirtschaft. Da müssen wir endlich etwas tun.
Wenn man außerdem noch überlegt, dass die Packungen für den Privatverbrauch ohnehin viel teurer sind, ist dieser Eurobetrag von 58,7 Millionen noch einmal anders zu sehen; die Großmengen für die Landwirtschaft werden quasi billiger verkauft.
Es gibt einen nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz, der auch eine Pestizidminimierungsstrategie enthält. Umgesetzt wird bis jetzt aber gar nichts. Deshalb fordern wir GRÜNE: "Giftfreie Landwirtschaft in Bayern voranbringen". Wir brauchen nicht nur mehr Ökolandbau, sondern die Landwirtschaft muss einfach umweltfreundlicher werden. Wir müssen unsere Landwirtschaft vom Joch der Chemieindustrie befreien.
Dafür brauchen wir einfach mehr Forschungsmittel in der Agrarökologie, mehr Forschung für stabile Fruchtfolgesysteme, Mittel zur Erforschung standortangepasster Sorten, die auch ohne Chemie ertragreich
und lebensfähig sind. Wir brauchen eine Neuausrichtung der Ausbildung und Beratung. Vor allem muss der Einsatz von besonders problematischen Pestiziden auf staatlichen Flächen unterlassen werden. Glyphosat und Neonicotinoide, die schuld sind am Bienensterben – das ist erwiesen –, haben in unserer Natur und Umwelt nichts zu suchen.
Es gibt Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz; nützen wir sie zu unser aller Wohl und zum Schutz unserer Lebensgrundlagen! Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.
Den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER finden wir sehr gut: ein richtig grüner Antrag, erstaunlich klar und eindeutig. Das bin ich von den FREIEN WÄHLERN gar nicht gewohnt, das hat mich sehr gefreut.
Den Antrag der SPD werden wir ablehnen. Es geht darin nur um die Reduzierung des Risikos. Lesen Sie Ihren Antrag einmal genau! Die Begründung lautet, der chemische Pflanzenschutz sei die Grundlage der konventionellen Landwirtschaft. Ihr habt – tut mir leid – immer noch nicht verstanden, worum es geht. Integrierter Pflanzenschutz ist gescheitert; den gibt es quasi gar nicht mehr, sonst würde der Absatz von Pflanzenschutzmitteln, der Pestizide nicht dauernd steigen. Ihr vermittelt immer eine doppelte Botschaft. Entscheidet euch einmal, wo ihr in der Landwirtschaftspolitik hinwollt! Wenn euch die Arbeitsplätze in der Chemieindustrie so wichtig sind, dann macht so weiter!
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Kollege Arnold von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Überschrift unseres Antrags war schon prophylaktisch richtig gewählt: "Pragmatismus statt Populismus". Wer solche Bilder malt wie Sie, Frau Sengl, hat mit Sicherheit das Lesebuch der zweiten Klasse von 1952 auf dem Tisch, wo im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt.
Wir haben in diesem Zusammenhang festzustellen, dass es Ihnen immer wieder gelingt, mit Semantik dort Gegensätze zu schaffen, wo eigentlich keine Gegensätze mehr notwendig sind, sondern Diskussion und eine fachliche Auseinandersetzung, um den Prozess Gift oder Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft dorthin zu bringen, wo er hingehört.
Im Übrigen ist auch Ihr Antrag mit den allgemeinen Ausführungen durchaus dazu geeignet, dieses Ziel voranzubringen. Aber allein die Überschrift zeigt doch schon ganz deutlich, worum es Ihnen geht: Es geht um eine Polarisierung.
Sie haben richtigerweise gesagt: Die konventionelle Landwirtschaft arbeitet zu 92 % im Hier und Heute mit entsprechenden Pflanzenschutzmitteln. Und was sagen Sie denen, wenn sie eine Erntebegehung haben? – Alles Scheiße, deine Emma!
Natürlich geht das so nicht. Ich will Ihnen sagen, warum das so nicht geht. Was machen Sie denn bei Gelbrost beim Getreide mit hundertprozentigem Ernteausfall? Wie macht man das? Wie sieht es im Rapsanbau mit dem Rapsglanzkäfer aus? Alle wollen Raps, wunderbar, Bienenweide. Was macht man da? Wie oft wird da gespritzt? Von heute auf morgen stilllegen? Was ist los mit der Kartoffel? Pilzerkrankungen? Wir wissen, dass auch der Ökolandbau – das ist ja wichtig – Kupfer einsetzt. Die nationale Strategie enthält ein Reduzierungsprogramm auch für Kupfer.
Mit anderen Worten: Sie tun so, als ob 8 % ein Idealzustand wären. Wir würden unsere Anträge auch gerne so formulieren, dass alle soziale Werte zum Thema haben, die klassenlose Gesellschaft. Wir wissen aber ganz genau, dass es eine Utopie ist, die an vielen Ecken und Enden krankt. Dort, wo Sie Ihre Minister haben, die tatsächlich für die Industrie und das Zusammenbringen verantwortlich sind, wo es darum geht, Ergebnisse zu erzielen, hört sich das ganz anders an. In dem Zusammenhang ist die Forderung nach giftfreier Landwirtschaft ein hehres Ziel, aber im Hier und Heute gar nicht umzusetzen. Halten wir uns an das, was Ihre Agrarminister mit anderen, nämlich mit der nationalen Strategie entschieden haben. Konkrete Ansätze sind vorhanden; bis 2023 wird eine Verringerung von 30 % angestrebt.
Zum Ökolandbau haben Sie kein einziges Wort verloren, wollen unseren Antrag aber ablehnen. Wir fordern, hier im Freistaat 20 % mehr Ökolandbau mit geeigneten Mitteln zu fördern, weil wir wissen: Biodiversität wird gefördert, der ländliche Raum wird gefördert, und darüber hinaus werden auch die Ansatzpunkte dafür gefördert, hinreichende Flächen zur Erforschung, Erfahrung und zur Belebung, vielleicht
auch zur Werbung, zu bekommen, um das ganze System weiterzuführen. Das wollen Sie ablehnen, weil Sie "giftfrei" darüber schreiben? Sie fragen mich, ob ich den Antrag gelesen habe. Wenn Sie den ablehnen und keine 20 % mehr Ökolandbau wollen, dann zeigt das, dass das nicht nur Populismus ist, sondern gewissermaßen Blindheit gegenüber den tatsächlichen Herausforderungen, denen wir uns heutzutage stellen müssen.
Ich muss gleich an die Adresse der FREIEN WÄHLER sagen: Wer heute Morgen fordert, den Klimaschutz in die Verfassung aufzunehmen, heute Abend aber gegen 20 % mehr Ökolandbau stimmt, der zeigt, dass es ihm nur um Überschriften geht, nicht aber um die Umsetzung konkreter Maßnahmen. Messen Sie sich an dem, was Sie heute Morgen gefordert haben, und stimmen Sie auch diesem Antrag insoweit zu.
Was wichtig ist, was Sie aber auch nicht aufgenommen haben, sind transparente Zulassungskriterien für Pflanzenschutzmittel bei der EU. Dann wissen wir doch endlich, was überhaupt beantragt wird. Das ist ein riesiges Problem, über das die Fachwelt diskutiert, über das Ihre Landwirtschaftsminister diskutieren und was sie fordern. Nichts davon! Wir hören von Heidelerchen und Rotkehlchen, die pfeifen, wenn das, was in Ihrem Antrag steckt, umgesetzt werden soll.
Ich habe Verständnis, dass Sie Ihre Klientel pflegen müssen und wollen. Aber ich habe kein Verständnis dafür, wie Sie mit diesem ernsten Problem umgehen. Wenn wir die Landwirtschaft gewinnen und da etwas ändern wollen, dürfen die 92 %, die Pflanzenschutzmittel einsetzen, nicht das Gefühl haben, schlecht zu arbeiten, sondern sie müssen vor dem Hintergrund mitgenommen werden, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren.
All das, was ich genannt habe, ist derzeit nicht anders zu machen als mit Pflanzenschutzmitteln. Oder wollen Sie zu jemandem gehen und ihm sagen: Mit dem hundertprozentigen Ernteausfall haben Sie Pech gehabt? – Man kann sich eigentlich kaum vorstellen, dass das ein wirksames agrarpolitisches Instrument ist, um Überzeugung bei denen zu gewinnen, die es angeht, nämlich den Landwirten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind auf die Produkte angewiesen, und ein hundertprozentiger Ernteausfall führt möglicherweise zu höheren Preisen.
Ihrem Antrag stimmen wir zu. Dem Antrag der FREIEN WÄHLER stimmen wir ebenfalls zu. Unser Antrag ist sehr pragmatisch und konkret, und wir werden ihn selbstverständlich unterstützen. Wir werden uns aber auch merken, dass Sie aufgrund irgendwelcher Erwägungen, die ich nicht begreife, gegen 20 % Ökolandbau sind.
Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Kollege. – Wir haben noch eine Zwischenbemerkung der Kollegin Sengl.
Das ist irgendwie lächerlich. Wenn man uns und insbesondere mir vorwirft, dass wir gegen mehr Ökolandbau sind, ist das ein Schmarrn. Mir stößt einfach auf, wie der Antrag formuliert ist, auch wenn die Begründung nicht Teil des Antrags ist. Da steht: "Der chemische Pflanzenschutz ist ein wichtiges Instrument der modernen konventionellen Landwirtschaft. Diese trägt maßgeblich zur Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln bei." Das ist lächerlich, das finde ich unmöglich. Welche Klientel bedient ihr da? Ihr traut euch einfach nicht, ganz konkret zu sagen, dass man auch die konventionelle Landwirtschaft auf einen umweltverträglicheren Weg bringen muss. Nein, ihr habt Angst vor, was weiß ich. Außerdem geht es nicht darum, die Risiken der Anwendungen zu minimieren. Es geht einfach um eine Verringerung des Einsatzes.
Also gut. Nur für das Protokoll, weil ich glaube: Was das Rezeptive, das Begreifen betrifft, ist es aussichtslos. Ich zitiere Absatz 2 des Antrags, nicht der Begründung: "Der Anteil des Ökolandbaus in Bayern ist bis zum Jahr 2020 mindestens auf 20 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche durch geeignete Maßnahmen zu steigern." Das und nichts anderes ist der Antragstext. Aber Sie lehnen ihn ab. Glückwunsch!
Zu der Frage, wofür ich bin: Ich komme aus dem Knoblauchsland. Dort gibt es große Gemüseanbaugebiete. Da sind in der Tat auch Biobetriebe dabei. Aber es sind hauptsächlich konventionelle Betriebe. Sie arbeiten im Gewächshaus mit Granulat. Weil sie im Gewächshaus mit Granulat arbeiten, kann man sie überhaupt nicht als Biobetriebe zulassen, weil dort nur Erden zertifiziert werden. Ich sage Ihnen, die Produkte aus dem Knoblauchsland sind, auch wenn sie konventionell erzeugt wurden, hochwertig und nachhaltig und brauchen in ihrer Qualität keinen Vergleich zu scheuen. Andererseits sind sie auch nicht giftbelastet. Ich habe kein Verständnis dafür, dass Sie diese Leute über die Klinge springen lassen wollen.
Ich habe auch kein Verständnis dafür, dass Sie wieder die Quote von Bio und Nicht-Bio aufmachen. Ich dachte, wir seien in der Diskussion weiter, um uns zielführend voranzubringen, damit der Gesetzgeber, aber auch die Politik die Probleme der Landwirtschaft etwas besser regeln; denn in der Landwirtschaft ist Feuer unter dem Dach. Es gibt eine Nitratbelastung, und da ist einiges zu machen. Aber so, wie Sie das fordern, geht es leider nicht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bin ich dem Kollegen Horst Arnold für verschiedene Klarstellungen dankbar. Es tut mir auch ein Stück leid – ich werde es noch begründen –, dass wir dem SPD-Antrag nicht zustimmen werden. Aber zunächst einmal der Reihe nach.
Ich will mit dem Antrag der GRÜNEN beginnen. Liebe Kollegin Gisela Sengl, ich dachte, wir hätten die Zeit überwunden, in der wir pauschal über die Landwirte hergezogen sind und sie geschimpft und kritisiert haben. Wir hatten erst neulich eine Debatte zum Gewässer, und ich glaube, da gab es eine gewisse Einigkeit, dass wir da auf bestimmte Schwerpunkte achten und die Landwirtschaft nicht in eine Ecke drängen sollten, in die sie einfach nicht gehört. Wenn hier von Wasserverunreinigungen und davon gesprochen wird, dass das Trinkwasser vielfach nicht genießbar sei, muss man ganz klar sagen: Das ist weit überzogen, das stimmt einfach nicht. Wir haben – ich will nicht sagen: zu 100 % – zu einem ganz überwiegenden Anteil in Bayern beste Gewässerqualitäten.
Da komme ich auch schon zur Produktausrichtung in Bayern. Die bayerischen und deutschen Lebensmittel – die Belastungen sind ja in Ihrem Antrag auch angesprochen – weisen nicht nur europaweit mit die besten Untersuchungswerte auf, und das sowohl konventionell als auch biologisch. Wir sollten nicht immer versuchen, hier einen Keil hineinzutreiben. Ich dachte immer, die Zeiten, in denen die Produktionsrichtungen aufeinander losgegangen sind, seien ein Stück vorbei. Anscheinend ist das nicht so. Aber ich glaube, wir sollten alle versuchen, das in einem sachlichen Rahmen über die Bühne zu bringen, vielen Dank noch einmal.
Ich gebe zu, der Antrag der GRÜNEN ist in vielen Bereichen sehr sinnvoll. Er zeigt auch auf, wohin moderne Landwirtschaft gehen kann und soll. Aber wenn ein Antrag – jetzt kommt das große Aber, und da bin ich derselben Meinung wie der Vorredner –, der ein sehr
sensibles Gebiet behandelt, mit "giftfrei" beginnt, stellen sich bei einem praktisch denkenden Menschen schon die letzten verbliebenen Haare zu Berge. Liebe Gisela Sengl, wenn wir versuchen, mit diesem Antrag auf die Landwirte zuzugehen, und diese hören, sie seien nur Menschen, die mit Gift zu tun haben, gibt es keine Diskussionsgrundlage. Ich bitte doch darum – davon hat der Vorredner ebenfalls schon gesprochen –, das Thema sehr sensibel anzugehen und die Landwirte vor Ort mitzunehmen. Wir dürfen sie nicht schocken, sondern müssen in der Diskussion bleiben und versuchen, das zusammen mit den Landwirten zu machen. Wir dürfen nicht einfach einen Begriff in die Diskussion werfen und damit sagen: Ihr wart und seid Giftmischer, und das muss von heute auf morgen anders werden. Da geht es um eine ganz entscheidende psychologische Wirkung. Wir müssen den Antrag also leider ablehnen.
Beim ersten Lesen des SPD-Antrags war meine erste Reaktion: Toll, dem können wir zustimmen. Aber, lieber Horst Arnold, eines können wir nicht. Von den 20 % Biobetrieben haben wir schon gelegentlich gehört. Sie stehen zwar als Forderung im Nationalen Aktionsplan, aber wir halten diese Forderung nicht für zielgerichtet; denn es zeigt sich immer wieder, dass zu viele Zahlen nicht sinnvoll sind. Der übrige Teil des Antrags ist aber unterstützenswert.
Zum Schluss will ich noch auf unseren Antrag eingehen. Wir fordern erstens – da appelliere ich zum wiederholten Mal an die Vertreter der Staatsregierung und die Kollegen der CSU-Fraktion –, den unsäglichen Abbau des Personals bis 2019 nochmals zu überdenken; denn um die Themen zu bewältigen, die wir gerade angesprochen haben, brauchen wir Personal. Wir können es nicht ständig abbauen, sondern wir brauchen es sowohl in der Land- als auch in der Forstwirtschaft dringender denn je.
Zweitens. Um den Einsatz der Pestizide einzuschränken, brauchen wir ebenfalls dringend geschultes Personal. Ich bringe dazu Zahlen; da unterscheidet sich unser Antrag auch von dem der GRÜNEN. Von 2011 bis 2015 ist der Verkauf von Pflanzenschutzmitteln lediglich um ein geringes Maß gestiegen, nämlich von 111.000 Tonnen im Jahr 2011 auf 112.000 Tonnen im Jahr 2015. Da können wir nicht von einem massiven Anstieg sprechen.
Zum Dritten – damit bin ich auch schon am Ende meiner Ausführungen – brauchen wir verstärkte Forschungsaktivitäten zu alternativen Pflanzenschutzmaßnahmen. Das Beispiel Glyphosat haben wir hier schon oft diskutiert. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Dr. Herz, Sie sind gefragt. Die Kollegin Sengl hat eine Zwischenbemerkung.