Protokoll der Sitzung vom 25.10.2017

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Keine muslimischen Feiertage! (Drs. 17/18718)

Ich gebe zugleich bekannt, dass die CSU zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Zellmeier.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Durch die Äußerung des Bundesinnenministers de Maizière hat das Thema islami

sche Feiertage eine Dynamik entwickelt, die wir uns so nicht gewünscht haben, zu der wir jedoch als Bayerischer Landtag Stellung beziehen sollten, gerade auch im Hinblick auf die aktuellen Debatten, die wir zum Thema Leitkultur geführt haben.

(Zurufe von der SPD)

Die Einführung islamischer Feiertage ist das falsche Thema zur falschen Zeit, und es geht in die falsche Richtung.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Die CSU-Fraktion legt großen Wert auf die Religionsfreiheit, sie ist eine große Errungenschaft, auf die wir in Deutschland Wert legen und die wir auch behalten wollen. Allerdings bedeutet Religionsfreiheit nicht, dass wir, abweichend von unserer kulturell-historischen und religiösen Prägung, Feiertage einführen müssen, nur weil ein wachsender Teil der Bevölkerung dem islamischen Glauben angehört.

Die Feiertagskultur ist Teil unserer Identität und Leitkultur. Feiertage sind kein Ausdruck der Religionsfreiheit und schon gar kein Mittel der Integration. Feiertage spiegeln unsere Identität wider und sollten unabhängig von Zuwanderung in ihrem historischen Kontext bestehen bleiben. Zuwanderung bedeutet auch Veränderung – das wissen wir. Wir lehnen Veränderung nicht ab. Wir wollen jedoch keine revolutionäre, sondern eine evolutionäre Entwicklung. Derzeit ist die Bevölkerung aufgrund der wachsenden Zuwanderung verunsichert. Deshalb ist die Einführung muslimischer Feiertage das falsche Thema zur falschen Zeit.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Land ist christlich-abendländisch-jüdisch geprägt – und das seit über 1.000 Jahren. Deshalb kann man sich nicht allein an der Tatsache aufhängen, dass die Zahlen der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft steigen, während sie bei einer anderen sinken. Unabhängig davon, dass die Zahl der Atheisten in Deutschland am stärksten steigt, halten wir an unseren christlichen Feiertagen fest. Argumentiert man nur auf der Grundlage der Zahlen, wie es Bundesinnenminister de Maizière getan hat, stellt sich die Frage: Mit welcher Begründung werden jüdische Feiertage geschützt? – Das ist eine der kleinsten Religionsgemeinschaften. Ich bin der Auffassung, wir haben sie zu Recht geschützt. Dies liegt in unserer Geschichte, Identität und Prägung begründet.

Artikel 147 der Bayerischen Verfassung sagt deutlich: "Die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage

bleiben als Tage der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt." Entscheidend ist in diesem Zusammenhang das Wort "bleiben". Es besteht ein klarer Bezug zum kulturell-historischen Kontext. Dazu zählen auch diejenigen Feiertage, die wir seit Jahrhunderten in Deutschland und Bayern feiern. Deshalb wird der Sonntag und kein anderer Tag, wie beispielsweise der Freitag, geschützt. Die Verfassung schützt die Feiertage, die den beiden großen Kirchen wichtig sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen sollten wir heute fraktionsübergreifend – das sage ich ganz klar – Stellung beziehen. Wir werden aus diesem Grund auch dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen, der in die gleiche Richtung geht. Ich würde mich freuen, wenn die anderen Fraktionen auch unserem Antrag zustimmen. Auf diese Weise senden wir ein klares Signal aus. Wir sollten das tun – ich verweise auf die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN –, was Cem Özdemir gesagt hat. Er sieht keinen Handlungsbedarf, zu Recht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Warum haben Sie dann den Antrag eingebracht? Wir sehen auch keinen Handlungsbedarf! – Unruhe)

Wir schauen, wie Sie abstimmen. Herr Kollege Rinderspacher, ich bin gespannt, wie Sie sich zu diesem Thema verhalten werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir in Bayern erleben eine große Vielfalt von Weltanschauungen und religiösen Bekenntnissen. Bei uns leben auch viele Menschen ohne Bekenntnis. Die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung schätzt jedoch die christliche Feiertagskultur. Sie schätzt auch die dahinterstehende Prägung. Dies verdeutlichen auch aktuelle Meinungsumfragen. Lediglich 8 % der Bevölkerung wollen muslimische Feiertage einführen.

Wir haben in diesem Hohen Hause einstimmig die Änderung des Feiertagsgesetzes anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Reformation beschlossen. Wir haben den 31. Oktober – das ist nächste Woche – zum Feiertag gemacht, weil uns die christliche Prägung unseres Landes so wichtig ist.

(Beifall bei der CSU – Ulrike Gote (GRÜNE): Aber nur einmal!)

Frau Kollegin, Lautstärke ersetzt nicht den Inhalt.

(Beifall bei der CSU)

Wir wissen, derzeit ist es nicht angesagt, die Anzahl der Feiertage insgesamt zu vermehren. Wir haben je

doch ein Zeichen gesetzt, weil wir die Reformation als Teil der Prägung unseres Landes wertschätzen.

Wir brauchen Stabilität. Wir brauchen klare Richtlinien für die Bevölkerung. Wir müssen die Leitkultur klar vertreten. Ich verstehe den Bundesinnenminister nicht, auch wenn er unserer Parteienfamilie angehört. Einerseits spricht er von Leitkultur, andererseits praktiziert er das Gegenteil. Wir brauchen keine neuen Debatten über unnötige Dinge.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Warum führen wir sie dann hier?)

Wir brauchen Stabilität und Sicherheit, keine Verunsicherung.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Leitkultur stellt eine Leitlinie für die Integration dar. Die Leitkultur, die wir in Bayern und Deutschland pflegen, soll geachtet werden. Mit der Leitkultur vergewissert sich unsere Bevölkerung selbst, wo sie steht und von wo aus sie die Integration beginnen will. Deshalb ist die Feiertagsdebatte höchst kontraproduktiv. Das gilt über die christlichen Feiertage hinaus auch für die staatlichen Feiertage wie den 1. Mai und den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Die Ereignisse, an die diese Tage erinnern, haben unsere nationale Identität geprägt. Deshalb sind sie geschützt. Daher gibt es keinen Grund für die größer werdende Gruppe der Zuwanderer, staatlich geschützte Feiertage zu schaffen; denn sie haben nichts mit der Prägung unseres Landes zu tun. Wir haben Achtung vor jedem religiösen Bekenntnis. Jeder Muslim kann seinen Feiertag feiern, wie er es für richtig hält. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen staatlich geschützten Tag.

Lassen Sie mich scherzhaft etwas sagen. Als ich geboren wurde – –

(Diana Stachowitz (SPD): Das ist eine ernsthafte Debatte!)

Es ist eine sehr ernsthafte Debatte. Ich bin auf Ihre Äußerungen gespannt. Was diese Themen angeht, sind Sie sehr sprunghaft. Das hat Ihr Parteivorsitzender wieder zum Ausdruck gebracht. Er hat sich nicht klar geäußert, wo die SPD hinwill. Sie vertreten in all diesen Fragen, die unsere Identität betreffen, keine klare Linie.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die Feiertagskultur soll gewahrt werden, wie wir sie seit vielen Jahrzehnten, ja

sogar Jahrhunderten pflegen. Darauf zielt unser Antrag ab. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Damit tun Sie den einheimischen Bürgern in unserem Land, aber auch den Zuwanderern einen Gefallen; denn klare Bekenntnisse sind immer besser, als bei diesen Themen rumzueiern, wie es die Kolleginnen und Kollegen der Opposition gerne tun.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Eines muss man schon sagen: Dem Bundesinnenminister ist irgendwo das "C" aus der Brille gerutscht. Er hat uns einen Bärendienst erwiesen. Jetzt dürfen wir diese Debatte führen. Die Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, und sie muss geschützt werden.

(Diana Stachowitz (SPD): Wenigstens das!)

Muss man aber einen neuen Feiertag einführen? – Die Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER hat sich für eine Verstetigung des Reformationstages eingesetzt. Er sollte jedes Jahr gefeiert werden. Wir haben uns für den Buß- und Bettag eingesetzt. Bevor ein Bundesinnenminister über einen muslimischen Feiertag schwadroniert, sollte man zunächst diese Feiertage wieder einführen. Auf diese Weise hätte man mehr für die Gesellschaft getan.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Niemandem kann glaubhaft vermittelt werden, dass ein muslimischer Feiertag eingeführt werden soll, wenn zugleich die evangelischen Feiertage abgewehrt werden. Das geht nicht! Auch insoweit sollte man auf die eigene Kultur, auf die Situation im eigenen Land schauen.

Worum geht es bei einem Feiertag? – Die Menschen im Land sollen sich erbauen können. Ihnen soll die Möglichkeit der Erinnerung gegeben werden. Ein Feiertag muss ein Tag sein, mit dem die Menschen etwas anzufangen wissen. Zudem muss ein Feiertag von den Menschen wertgeschätzt werden. Geht die Wertschätzung verloren, wird der Feiertag also nicht mehr gelebt, dann verschwindet er irgendwann. So viel zur Evolution der Feiertage.

Es ist wichtig, dass wir die Feiertage, die aus unserer Kultur kommen, unterstützen. Wir sollten zumindest versuchen, sie wertzuschätzen. Vielleicht kommen einmal andere Zeiten; aber die Feiertagsregelung, die wir momentan haben, ist gut so. Es geht, wie gesagt,

auch darum, dass wir uns erinnern. Daher brauchen wir auch eine entsprechende Erinnerungskultur.

Wenn ein Feiertag, egal welcher, von der Mehrheit der Gesellschaft in unserem Land nicht mehr getragen, nicht mehr gelebt wird, dann ist er tot. Man braucht aber auch keine Totgeburten vorzuschlagen, sondern man muss sich auf das besinnen, was man hat.

Ich erinnere daran, dass der Anteil der Muslime in Deutschland bei 5,5 % liegt. Ich gehe nicht davon aus, dass die anderen deutschen Staatsbürger wüssten, was sie mit einem solchen Feiertag anfangen sollen. Viel eher könnte man einen jüdischen Feiertag einführen, zum Beispiel Jom haScho‘a. Dieser würde uns an unsere eigene Geschichte erinnern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir sollten keinen muslimischen Feiertag einführen, obwohl man sicher sagen kann, dass der Islam zu unserer europäischen Geschichte gehört. Dessen Rolle ist durchaus vielfältig. Ich erinnere an die Reconquista in Spanien, aber auch an Aristoteles, dessen Werke muslimische Gelehrte nach Europa brachten.

Wir müssen aus unserer Geschichte lernen und dürfen nicht anfangen, sie permanent zu wiederholen. Das ist heute umso wichtiger. Deswegen finde ich die Debatte, die vom Bundesinnenminister auf etwas unreflektierte Art und Weise losgetreten wurde

(Diana Stachowitz (SPD): Von einem CDU-Minister!)

ja, von einem CDU-Minister –, besonders gravierend. Damit arbeitet man letztlich gegen die Einigkeit in unserem Land. Man sät Zwist und Zwietracht. Man liefert Elementen, die wir in unserem Land nicht brauchen, eine Steilvorlage. Daher können wir diesen Vorstoß eigentlich nur verurteilen.