Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) In kommunalen Schwimmbädern nicht den Stöpsel ziehen! - Schulschwimmunterricht vor Ort fördern! (Drs. 17/17492)
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Schwimmen in der Grundschule I: Grundschülerinnen und Grundschüler zu "sicheren Schwimmern" ausbilden (Drs. 17/17490)
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Schwimmen in der Grundschule II: Übergänge verbessern - Schwimmkompetenzen beim Übertritt vermerken (Drs. 17/17491)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Gesamtredezeit von 24 Minuten beschlossen. Als Erstem darf ich für die FREIEN WÄHLER Herrn Kollegen Hanisch das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schwimmbäder und Schwimmfähigkeit sind Themen, die uns schon öfter beschäftigt haben. Ich bin froh darüber, dass die drei Anträge zusammengefasst werden. Das ist ein komplexes Thema. Wir müssen handeln, und teilweise finden auch schon Gespräche zwischen der Staatsregierung und den kommunalen Spitzenverbänden statt, um hier etwas zu ändern.
Meine Damen und Herren, Schwimmen sollte so selbstverständlich sein wie das Radfahren, wie das Schreiben und wie das Lesen. Dass es nicht so ist, zeigen uns immer wieder die statistischen Zahlen und die Ergebnisse, die die DLRG herausgibt. Wir sind so weit, dass am Ende der Grundschule circa 50 % der Schülerinnen und Schüler nicht in der Lage sind zu schwimmen. Jetzt können wir uns über den Begriff streiten. Wann kann ein Kind schwimmen? Wann kann man das Ganze nicht als Schwimmen bezeichnen? – Ich glaube, das ist zweitrangig. Wir sollten uns darauf konzentrieren, dass wir viele Nichtschwimmer haben, dass wir handeln müssen.
Das ist nicht nur eine Aufgabe der Kommunen und des Staates, das ist natürlich primär eine Aufgabe der Eltern. Wenn wir eine Situation wie derzeit haben, müssen alle Seiten reagieren. Wir können die Eltern
nicht dazu zwingen; aber wir können, soweit die Kommunen mitmachen, dafür sorgen, dass Abhilfe geschaffen wird.
Meine Damen und Herren, das Schwimmen ist und bleibt ein unverzichtbarer Teil des Bildungsauftrags. Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Möglichkeiten zum Schwimmen erhalten bleiben und nicht weiterhin wie in der Vergangenheit in kleineren Kommunen, vorwiegend im ländlichen Raum, ein Hallenbad nach dem anderen geschlossen wird. Diese Schwimmbäder, die irgendwann einmal gebaut wurden, wurden vonseiten des Staates gefördert. Insofern ist es eine ganz wichtige Geschichte, diese nicht dem Erdboden gleichzumachen, sondern alles Mögliche zu unternehmen, um sie zu erhalten.
Wir müssen dazu übergehen, die vorhandenen Strukturen, was die Finanzierung anbelangt, diese verkrusteten Zuschussrichtlinien zu überarbeiten. Warum muss eine gewisse Investitionssumme erreicht werden, damit bei einer Renovierung eines Schwimmbades überhaupt ein Zuschuss gewährt wird? – Viele Kommunen können sich das in dieser Form nicht leisten. Wir können uns auf eine Ausnahmeregelung für den strukturschwachen Raum einigen, die überall dort greift, wo in einem gewissen Umkreis kein weiteres Schwimmbad ist. Es muss doch möglich sein, auch bei geringeren Kosten den Zuschuss zu gewähren.
Oft sind es diese Kleinigkeiten. Da kann man nicht sagen: Unsere Zuschussprogramme geben das nicht her. Sie sind nicht vom Himmel gefallen und sind veränderbar. Wir müssen auf diese veränderten Substrukturen eingehen und neue Rahmenbedingungen schaffen.
Meine Damen und Herren, wir haben inzwischen einen Verfassungsauftrag, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Schieben wir das nicht dauernd vor uns her, sondern reagieren wir, handeln wir, tun wir früher etwas. Hier hätten wir die Chance, diesen Punkt aufzugreifen und die Schwimmfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler zu verbessern.
Ich meine, dass wir insgesamt gesehen die Schwimmbäder erhalten müssen, weite Wege zu anderen Schwimmbädern verhindern müssen, Neubauten fördern müssen, auch mit anderen Zuschussrichtlinien. Auch in strukturschwachen Gebieten muss ein Neubau möglich sein.
Wir müssen die Gruppengrößen begrenzen. Wenn ich vom Schwimmunterricht mit 29 Kindern lese – ich bin
kein Lehrer, kein Schwimmlehrer –, ist mir klar, dass es mit 29 Kindern schwierig wird. Wenn etwas passiert, wird der Lehrer in die Verantwortung genommen; dann geht das durch die Presse, ob wir wollen oder nicht.
Doch! – Wir fordern Gruppen mit 15 Kindern; diese kann man überschauen, da kann man einen vernünftigen Schwimmunterricht aufziehen, bei dem letztlich jeder das Schwimmen lernt.
Das ist keine Frage der Ahnung, sondern das ist eine Frage des Wollens. Will ich allen Kindern das Schwimmen beibringen? Dann muss man andere Wege gehen. Mit Ihren Wegen sind Sie bisher dabei gescheitert.
Wir fordern zum Schluss unseres Antrags auf Drucksache 17/17491 einen Hinweis im Übertrittszeugnis der vierten Klasse, ob der Schüler Schwimmer oder Nichtschwimmer ist. Über den Begriff "Schwimmer" können wir uns trefflich streiten; die Definition hat beim letzten Mal die Hälfte Ihres Redebeitrags eingenommen. Ich glaube, das ist nicht das Entscheidende. Wir sollten ein Kriterium festlegen, und dann haben wir das Problem sicherlich sinnvoll gelöst.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem alle drei Anträge mit dem Thema Schwimmen zu tun haben, aber doch eine unterschiedliche Intention haben, haben wir uns darauf geeinigt, dass ich mich um den Antrag "Schwimmbädern nicht den Stöpsel ziehen!" – darin geht es um die Förderung – kümmern werde. Alles, was mit Schule und Schwimmen zu tun hat, wird der Kollege Waschler behandeln.
Lieber Kollege Hanisch, Sie haben zumindest in den Teilen Ihrer Rede, in denen Sie die Förderung erwähnt haben, eigentlich überhaupt nichts zu dem gesagt, was in Ihrem Antrag steht. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass es möglich sein soll, Kommunen, die nachweislich aufgrund ihrer strukturellen und finanziellen Situation nur 10 % Eigenanteil leisten können, bis zu 90 % zu fördern. Dazu haben Sie eigentlich gar nichts gesagt. Sie haben das alles pauschaler verpackt und globaler gefordert. Ich kann hier aber nicht mehr tun, als auf Ihren Antrag explizit einzugehen.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass die Kommunen, die sich nicht mehr als 10 % leisten können, bei Sanierungen oder Neubauten unterstützt werden sollen. Dazu muss ich sagen: Das ist bereits so. Im Rahmen der Schulschwimmbadförderung und im Rahmen des FAG ist es bereits jetzt möglich, Kommunen, die eine schlechte Finanzausstattung haben oder wirtschaftlich nicht so gut dastehen, bis zu 90 % zu fördern. Das gibt es schon. Förderungen bis 90 % sind gute Förderungen; damit können sich das auch Kommunen, die wirtschaftlich nicht so gut dastehen, leisten.
Mich stört an Ihrem Antrag "In kommunalen Schwimmbädern nicht den Stöpsel ziehen!" die Begründung. Darin werfen Sie zwei Dinge in einen Topf. Zum einen fordern Sie eine 90-prozentige Förderung, zum anderen schreiben Sie, dass es den Kommunen schwerfällt, den Schwimmbadbetrieb aufrechtzuerhalten. Damit reden wir über das jährliche Defizit, das entsteht. Schwimmbäder, besonders Schulschwimmbäder, sind in der Regel nicht kostendeckend zu führen; das wissen wir. Bei deren Betrieb treten große Defizite auf, die die kommunalen Haushalte jährlich belasten; auch das wissen wir. Eine 90-prozentige Förderung bei der Sanierung wird das Problem des Defizits nicht lösen. Sicherlich kann man durch energetische Sanierungen die Energiekosten etwas drücken. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch nach Sanierungen Defizite entstehen, die zwar etwas geringer, aber dennoch vorhanden sind. Ich glaube, hier muss man differenzieren.
Was die Förderung oder Unterstützung bei der Sanierung anbelangt, kann ich feststellen, dass in den letzten Jahren viel passiert ist. Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie vorschlagen, dass man vielleicht noch einmal über die geforderten 40 Klassen nachdenkt. In den letzten Verhandlungen zum FAG ist ohnehin vereinbart worden, dass sich die kommunalen Spitzenverbände und die beteiligten Ministerien in einer separaten Arbeitsgruppe Gedanken dazu machen werden. Man nimmt sich dieses Problems an.
Was die jährlichen Betriebskostendefizite anbelangt, ist es eigentlich ganz einfach: Um sich solche Defizite
leisten zu können, brauchen die Kommunen Geld. Diese Gelder sind derzeit, denke ich, sehr gut vorhanden. Zum einen haben wir sehr gute Steuereinnahmen, zum anderen haben wir einen Rekordfinanzausgleich, in dessen Rahmen wir die Kommunen unterstützen. Die Kommunen müssen abwägen, ob sie sich ein Defizit aus dem Schwimmbadbetrieb leisten wollen oder zum Beispiel in den Tourismus investieren wollen. In den Kommunen gibt es viele Baustellen. Jeder, der kommunalpolitisch tätig ist, weiß, dass diese Abwägungen immer zu treffen sind. – Da die Forderung Ihres Antrags, was die neunzigprozentige Förderung anbelangt, ohnehin schon erfüllt wird, müssen wir diesen auch ablehnen.
Herr Kollege Gibis, kommen Sie bitte für eine Zwischenbemerkung noch einmal zurück ans Mikrofon. – Herr Kollege Fahn, bitte.
In dem Antrag der FREIEN WÄHLER geht es auch darum, dass eine Arbeitsgruppe zur Auslotung weiterer Fördermöglichkeiten für Schwimmbäder eingerichtet worden ist. Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiger Punkt. Diese Fördermöglichkeiten gab es bis zum Jahr 1995; dann sind sie gestrichen worden. Nun hat Kollege Rüth schon am 10. Januar verkündet, es werde ein Sonderprogramm geben. Anfang Oktober verkündete der Präsident des Gemeindetags, Uwe Brandl, dass ein entsprechendes Förderprogramm sinnvoll und notwendig sei. Begründet wurde dies mit dem hörbaren Wunsch der Kommunen in Bayern, ihnen bei der Erhaltung der kommunalen Schwimmbäder zu helfen.
Jetzt wollen also die kommunalen Spitzenverbände gemeinsam mit den beiden Staatssekretären von Innen- und Wirtschaftsministerium in einer Arbeitsgruppe ausloten, wie kommunale Schwimmbäder künftig vom Freistaat stärker unterstützt werden können. Ich wollte fragen, wann diese Arbeitsgruppe tagt und wie deren Beratungen vorangehen.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch noch, dass inzwischen zwei Landkreise in Unterfranken Fördergelder zur Verfügung stellen, nämlich der Landkreis Würzburg und der Landkreis Miltenberg. Dort hat man am Montag in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses beschlossen, 150.000 Euro für Bäder, die Schwimmkurse anbieten, einzustellen. Das heißt, gewisse Kommunen und Landkreise haben schon ihre Aufgaben erfüllt. Wann kommt die angekündigte Arbeitsgruppe endlich in Gang?
Herr Kollege, wann genau diese Arbeitsgruppe gegründet wird, weiß ich nicht. Bei den FAG-Gesprächen wurde vereinbart, dass sie ins Leben gerufen wird, und meinen letzten Gesprächen mit dem Gemeindetag und mit dem Städtetag habe ich entnommen, dass es demnächst auch wirklich losgehen wird. Aber ein genaues Datum kann ich Ihnen leider nicht nennen. Wir müssten einmal die Staatsregierung fragen, ob sie schon Näheres weiß.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich Frau Kollegin Stachowitz für die SPD-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Dies ist ein ernstes Thema, das wir zum Schluss noch behandeln. Im letzten Jahr gab es 112 Schwimmunfälle mit Todesfolge. 80 % der Kinder in der 3. und 4. Jahrgangsstufe können nicht schwimmen. Das heißt, es gibt ein strukturelles Problem, das behoben werden muss. Also kann ich nicht sagen, wie Herr Waschler laut dem Protokoll aus dem Bildungsausschuss meinte, das sei alles bereits im Zusammenhang mit der Generalanfrage im letzten Plenum behandelt worden und müsse jetzt nicht nochmal aufgerollt werden. Nein, wir müssen es immer und immer wieder aufrollen. Die Opposition hat hier einen Erfolg zu verzeichnen. Ich habe mir den Papierstapel einmal ausdrucken lassen. Nur aufgrund dieser Papiere der SPD wurde erreicht, dass es überhaupt eine Arbeitsgruppe gibt, die sich um das Schwimmbadnetz in Bayern kümmert, und das ist gut und richtig so.
Warum ist dies wichtig? In den letzten zehn Jahren wurden in Bayern 43 Schwimmbäder geschlossen. Von den 910 Schwimmbädern in Bayern sind 299 sanierungsbedürftig, und zwar so stark, dass sie zum großen Teil geschlossen sind.
Bei solchen Lücken im Netz kann ich auch nicht mehr sagen, die Eltern sollten es richten. Vielmehr ist dies ein Thema, das uns hier angehen muss, weil auch die Eltern keine Schwimmbäder mehr finden und die Lehrkräfte gleich gar nicht. Es ist unsere Verantwortung, ein Schwimmbadnetz in Bayern aufzubauen. Das kann man nicht einigen Kommunen überlassen. In den Bäderstädten gibt es haufenweise Schwimmbäder und in anderen Städten gar keine. Daher muss es ein Netz geben, damit sowohl die Eltern als auch die Lehrkräfte Schwimmbäder zeitnah erreichen können. Das ist die entscheidende Herausforderung.
Dabei ist es wichtig, dass wir hier nicht nur über den Bau, sondern auch über den Unterhalt sprechen. Sie, Herr Gibis, haben richtig gesagt: Das sind zwei Paar Schuhe. Aber wir wissen, dass Schwimmbäder per se defizitär sind. Ich kann Ihnen aus dem Sport sagen: Das Nächste wäre Eis. Eissport ist auch defizitär. Trotzdem stehe ich hier nicht und sage, dass ich ein Eislaufstättennetz in Bayern haben will, weil ich das schön finde. Schwimmen rettet vielmehr Leben, und ein Schwimmbädernetz in Bayern ist die Voraussetzung, damit wir alle, von den Kindern bis zu den Senioren, in diesem Bereich gut aufstellen können.