Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ich weiß nicht, in welchem Land Sie leben, wenn ich Sie höre.
(Markus Rinderspacher (SPD): "Arme Kinder im reichen Bayern" heißt es! – Volkmar Halbleib (SPD): So heißt die Überschrift!)
Wir haben eine positive Grundstimmung. Ich spüre die Innovationskraft, und ich will, dass die gute Stimmung auch überall ankommt.
Die Chancengleichheit für Kinder in Bayern ist ein Credo bayerischer Familien- und Jugendpolitik. Das ist auch mir persönlich ein Herzensanliegen.
Wir stehen in Bayern mit der Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche gut da. Die Zahlen zeigen es: Die Arbeits- und Lebensbedingungen für Kinder und Familien sind besser als in jedem anderen Bundesland. Das darf man wohl auch sagen.
Wir haben die besten Beschäftigungsbedingungen. Wir haben in Bayern Vollbeschäftigung. Das sage ich, auch wenn es manchem nicht gefällt. Wichtig ist, dass Eltern einen guten und sicheren Arbeitsplatz haben, um den Lebensunterhalt für die ganze Familie bestreiten zu können. Deshalb leben Familien in Bayern besser als anderswo. Mir ist es auch ein Anliegen, immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir die Jugendarbeitslosigkeit besiegt haben. Schauen Sie sich einmal in Europa um, wie es in anderen Ländern aussieht. Bei uns hat jeder ausbildungswillige und ausbildungsreife Jugendliche die Möglichkeit, einen Ausbildungsplatz zu finden. Jeder, der jetzt noch einen Ausbildungsplatz sucht, kann auf zehn Ausbildungsplätze zurückgreifen. Deshalb sind nirgendwo in Deutschland weniger junge Menschen auf Hartz IV angewiesen als in Bayern. Nur 6,8 % der unter Achtzehnjährigen in Bayern leben vom Sozialgeldbezug. Bundesweit ist diese Quote mehr als doppelt so hoch.
Kein anderes Bundesland unterstützt Familien besser als wir. Im Doppelhaushalt 2017/2018 gehen fast 5 Milliarden Euro allein in die Familienpolitik. Wir ruhen uns nicht auf unseren Erfolgen aus. Das möchte ich hier auch noch einmal sagen; denn es gibt auch in Bayern Kinder und Jugendliche, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen. Deren Situation verbessern wir laufend mit unseren Maßnahmen.
Ich möchte schon einmal aufzählen, was wir tun. Wir haben die Krippenplätze ausgebaut. Wir bauen die Kita-Plätze weiter mit dem vierten Sonderinvestitionsprogramm aus. Wir unterstützen die Eltern mit der Wirtschaftlichen Jugendhilfe, vor allem dann, wenn sie die Kita-Gebühren nicht bezahlen können. Wir bauen die Ganztagsbetreuung weiter aus, und wir unterstützen Kinder, wenn sie ohne Frühstück in die Schule kommen. Wir unterstützen "Brotzeit", wir unterstützen den BLLV, und wir setzen uns für mehr Chancengerechtigkeit ein. Das heißt, wir müssen die Lebenssituation der Familien in all ihren Facetten sehen und verbessern. Zentral sind dabei die finanzielle Situation sowie Bildungs- und Teilhabechancen.
Genau dort setzen wir mit unseren Maßnahmen auch an. Wir haben bei der finanziellen Entlastung von Familien große Fortschritte erzielt. Ich will Ihnen dafür einige Beispiele nennen: Den ausgeweiteten Unterhaltsvorschuss gibt es seit Juli 2017. Auch wenn ihn eine Ministerin der SPD eingeführt hat, so sind wir doch gemeinsam an der Regierung gewesen und haben gemeinsam unsere Themen vorangebracht. Wir haben den Unterhaltsvorschuss für alle minderjährigen Kinder beschlossen. Diese Ausweitung der Leistung ist ein Meilenstein für alleinerziehende Mütter, wenn der andere Elternteil keinen Kindesunterhalt bezahlt.
Auch das Landeserziehungsgeld haben wir weiter verbessert, damit noch mehr Familien davon profitieren können. Es kann neben dem Betreuungsgeld bezogen werden, und so entlastet es vor allem kinderreiche Familien und Alleinerziehende, für die wir die Einkommensgrenzen stärker als für die Paare angehoben haben. Wir wollen Kinder zielgerichtet unterstützen. Deswegen müssen diese und andere Transferleistungen, unter anderem das Kindergeld und der Kinderzuschlag, zielgerichtet weiterentwickelt werden. Die von der Opposition vorgeschlagene allgemeine Kindergrundsicherung hilft hier nicht. Wir müssen zielgenau schauen, wo wir nachbessern müssen und noch bessere Unterstützung leisten können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns auch einig, dass die Voraussetzung für Chancengerechtigkeit gute Bildungschancen sind. Bildung beginnt in den Familien. Deswegen bauen wir auf die Eltern und stärken sie durch ein bundesweit einzigartiges Netz an Beratungs- und Unterstützungsangeboten für ihre Elternkompetenz. Daneben sind der Ausbau der Kindertagesbetreuung und eine hohe Bildungsqualität seit Jahren ein wichtiger Schwerpunkt bayerischer Familienpolitik. Kein anderes Bundesland hat so viele Landesmittel in den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren investiert.
Liebe Kollegen, wir haben das vierte Sonderinvestitionsprogramm auf den Weg gebracht. Ich habe es vorhin gesagt. Wir bauen zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder bis zum Schuleintritt aus. Ich finde, das Geld ist wichtig und gut angelegt. Wir bauen bedarfsgerecht aus und nicht einfach so ins Blaue. Wir haben uns auch für die kommenden Jahre einiges vorgenommen, um die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen besser zu fördern. Wir wollen Familien finanziell noch stärker entlasten und dazu auf Bundesebene ein deutlich höheres Kindergeld erreichen. Wir wollen einkommensschwächere Familien durch Reformen mit zielgenauen Leistungen noch besser unterstützen, etwa beim Kinderzuschlag. Wir wollen die Ganztagsbetreuung von Schulkindern weiterentwickeln, um berufstätigen Eltern eine Entlastung zu gewähren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in keinem anderen Bundesland haben Kinder und ihre Eltern so gute Lebens- und Arbeitsbedingungen, wie das in Bayern der Fall ist. Das ist eine gute Basis. Darauf bauen wir; denn unser Ziel ist und bleibt: Kein Kind darf verloren gehen. Wir wollen Chancengleichheit für alle Kinder.
Abschließend darf ich auf diejenigen zurückkommen, die Frau Kohnen vorhin erwähnt hat, nämlich auf die Wohnungslosen in Bayern. Gerade in der Zeit vor Weihnachten ist das ein Thema, das uns alle berühren muss. Darum haben Sie das vorhin angesprochen. Wir wollen, dass der Wohnraum bezahlbar ist, auch in den großen Städten. Das ist eine riesige Herausforderung. Das wissen Sie als Münchnerin so gut wie ich. Liebe Frau Kohnen, wir haben uns im Rahmen des Vierten Sozialberichtes ausführlich mit dem Thema Wohnungslose beschäftigt. In diesem Sozialbericht gibt es eine Wohnungslosenstatistik. Ich glaube, nachlesen ist eine gute Geschichte. In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die SPDFraktion zum Tagesordnungspunkt 3 namentliche Abstimmung beantragt hat. Das ist der Antrag auf Drucksache 17/16204 betreffend "Zukunftsprogramm Westmittelfranken". Weiterhin hat die SPD-Fraktion zum Tagesordnungspunkt 4 namentliche Abstimmung beantragt. Das ist der Antrag auf Drucksache 17/17552 betreffend "Verzicht auf die Sperre frei werdender Stellen beim Zentrum Bayern Familie und
Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Fraktionslose Kollegen sind nicht anwesend; dann hat sich das erübrigt. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Antrag der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Klaus Adelt, Stefan Schuster u. a. (SPD) Zukunftsprogramm Westmittelfranken (Drs. 17/16204)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei bekanntermaßen an der Redezeit der stärksten Fraktion. Der erste Redner ist der Kollege Scheuenstuhl von der SPD. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es hallt gut. Ich hoffe, die Lautstärke passt. – Bevor ich mich zum inhaltlichen Teil meiner Rede begebe, möchte ich darauf hinweisen, dass der vorliegende Antrag im Wesentlichen mit der Industrie- und Handelskammer Mittelfranken abgestimmt wurde. Im Antrag zeigen wir neun Punkte für ein Zukunftsprogramm für Westmittelfranken und insbesondere für Gebiete mit besonderem Handlungsbedarf auf. Im Einzelnen geht es um die Teilbereiche Verkehrsinfrastruktur, ÖPNV, Breitbandversorgung, Forschungseinrichtungen, Tourismus, eine Entwicklungsagentur, die Anpassung der
Höchstfördersätze in Räumen mit besonderem Handlungsbedarf, staatliche Weiterbildungseinrichtungen sowie die flächendeckende ärztliche Versorgung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für Menschen außerhalb von Altbayern haben diese hier aufgezählten strukturpolitischen Felder eine lebensverändernde und zukunftsweisende Bedeutung. Wir in Mittelfranken und insbesondere in der Planungsregion 8 in Westmittelfranken, die nicht von der wirtschaftlichen Dynamik rund um den Speckgürtel des Städtedreiecks Nürnberg-Erlangen-Fürth profitieren, fühlen uns nach Ansicht der CSU-Fraktion einfach nur ungerecht behandelt. CSU-Kollege Nussel hat in den Ausschussberatungen erläutert, dass bei allen Bemühungen nicht ein bestimmter Raum herausgegriffen werden könne. Stattdessen sei ganz Bayern zu betrachten. Der Kollege Nussel hat gleichzeitig recht und unrecht. Wenn man das festgelegte Staatsziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in – ich betone – ganz Bayern erreichen möchte, muss man sich wohl oder übel mit den strukturschwächeren Räumen im Freistaat befassen, bestehende Probleme analysieren und diese dann mit den entsprechenden Lösungen angehen. Herr Kollege Nussel, wenn die gefühlte Ungerechtigkeit tatsächlich Realität ist, darf man sich durchaus auch so fühlen.
Wertes Hohes Haus, während das verfügbare ProKopf-Einkommen in den Regierungsbezirken Oberpfalz, Niederbayern und Oberbayern seit 2012 um durchschnittlich 5,4 % gestiegen ist, liegt der Anstieg in Mittelfranken gerade einmal bei 2,6 %. Jeder Oberbayer und jede Oberbayerin verfügt über rund 25.868 Euro Einkommen pro Jahr. Die Leute in meiner Region müssen im Schnitt mit 4.500 Euro weniger pro Jahr auskommen. Rund 40 % des 1.629 km langen Staatsstraßennetzes in Mittelfranken – rund 650 km – sind sanierungsbedürftig. In Oberbayern sind es bei doppelter Länge fast 10 % weniger.
Nehmen wir die Ansiedlungsagentur des Freistaates, Invest in Bavaria. In den letzten etwa 15 Jahren haben sich fast zwei Drittel der unterstützten Unternehmen in Oberbayern angesiedelt. Mit weitem Abstand folgt dann Mittelfranken, insbesondere Nürnberg mit mageren 7,6 %. Die Entwicklung der Breitbandversorgung in Oberbayern geht ebenfalls zügiger voran als in Mittelfranken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau dort, wo Oberbayern schon heute steht, wollen wir in Westmittelfranken zeitnah auch stehen. Wer dies als Neid bezeichnet, hat für Gerechtigkeit überhaupt keinen Sinn.
Lassen Sie mich noch kurz die Unterzeichner des Industrie- und Handelskammer-Papiers nennen: Landrat Dr. Ludwig, CSU, Landkreis Ansbach; Landrat Weiß, CSU, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim; Landrat Wägemann, CSU, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen; Oberbürgermeisterin Seidel, parteilos, Stadt Ansbach; Bürgermeister Kisch, CSU, Stadt Bad Windsheim; Oberbürgermeister Dr. Hammer, CSU, Stadt Dinkelsbühl; Bürgermeister Ruh, CSU, Stadt Feuchtwangen; Bürgermeister Fitz, CSU, Stadt Gunzenhausen; Bürgermeister Meier, SPD, Neustadt an der Aisch