Protokoll der Sitzung vom 30.01.2018

(Markus Rinderspacher (SPD): Das habe ich ausdrücklich verneint!)

Das hast du ausdrücklich gesagt.

(Widerspruch bei der SPD)

Es ist ziemlich dreist, wenn die SPD behauptet, dass Eisner ein Sozialdemokrat war.

(Widerspruch bei der SPD)

Sie verkaufen seine politischen Taten wie die Ausrufung des Freistaats und des Frauenwahlrechts in diesem Hause als Ihre eigenen Segnungen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das habe ich nicht getan!)

Eisner wollte gerade mit dieser Partei und ihren Kriegskrediten sowie ihrer Kriegspolitik nichts mehr zu tun haben. Er war schon lange in seiner eigenen Partei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ihr auch noch den Besitzanspruch auf den Begriff "Freistaat" und die Revolution selber erhebt, ist das Geschichtsfälschung. Noch am Tag vor der Revolution hat die bayerische SPD in Person von Herrn Auer der königlichen Regierung in die Hand versprochen, die Revolution zu verhindern und Eisner an die Wand zu drücken. Das habt ihr gemacht.

(Widerspruch bei der SPD – Der Redner erhebt seine Stimme)

Während eure Leute schon lange heimgegangen sind, ist Eisner weitermarschiert und hat die Revolution ausgerufen. Was haben die Sozis gefordert? – Ich zitiere: Die Niederschlagung der Erhebung durch die Regierung muss noch in dieser Nacht erfolgen. – Das ist euer Beitrag zur Revolution. Ein halbes Jahr später habt ihr das, was in München los war, selber blutig niedergeschlagen. Wenn ihr schon bei der Revolution keine entscheidende Rolle gespielt habt, dann wenigstens bei der Niederschlagung. Wie habt ihr das gemacht? – Ihr habt die Freikorps geholt. Ihr habt diese brutalen Mörder geschickt. Eure Berliner Regierung, eure Bamberger Regierung hat diese Truppen nach München geschickt und ihnen den Freibrief für den Terror erteilt.

(Widerspruch bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich mit Traditionen schmücken will, muss sich auch mit den weniger schönen Zeiten der Vergangenheit auseinandersetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich verlange von euch, euch kritisch dazu zu verhalten. Das gilt natürlich auch – –

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt muss ich doch einschreiten. Herr Dr. Dürr, wir sind nicht schwerhörig. Sie können ganz normal reden.

Du stehst aber nicht da, wo ich stehe. Du hörst nicht das, was die da plärren.

Nein, das hören wir alle gut. Wir sollten eine Vorbildfunktion einnehmen. Oben sitzen lauter Schülerinnen und Schüler, die später einmal ins Parlament sollen.

Dann können sie gleich lernen, wie das Streiten hier geht.

Ein Gruß an euch da oben: So geht es nicht immer zu!

(Allgemeine Heiterkeit)

Das gilt auch für die Staatsregierung. Jede CSU-Regierung in diesem Haus hat Eisner als Inbegriff des Bösen hingestellt. Immer wieder hat sie abgestritten – ich zitiere –, dass er sich um die jetzige Staats- und Rechtsform verdient gemacht habe. Das haben Sie ihm aberkannt. Jetzt behaupten Sie auf einmal unvermittelt und ohne jede Erklärung das Gegenteil. Ich bin gespannt, was von dieser Regierung in diesem Wahljahr noch alles gewendet wird. Rasche Kehrtwenden können einen schon ins Stolpern bringen. Mancher kann einen Slapstick hinlegen, wie beispielsweise das Haus der Bayerischen Geschichte. Dieses inszeniert die Erinnerung an die Gründung des Freistaats, also die Abschaffung des Königtums, ausgerechnet als Königstraum. Darauf muss man erst mal kommen. Der König ist weg, und Sie sagen: Es lebe der König! Kurt Eisner hat das nicht verdient. Er war ein bayerischer Held. Die Staatszeitung hat recht. Er wusste damals schon, wie sich eine Demokratie entwickeln muss. Eisner hat die Republik ausgerufen. Ohne Eisner gäbe es sie nicht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das ist kein Eisner-Feiertag, sondern ein Demokratie-Feiertag!)

60.000 Sozis unter Führung von Auer sind heimgegangen. Eisner ist in die Kasernen gegangen und hat die Leute geholt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Ende. Sie haben 40 Sekunden

überzogen. – Jetzt hat sich Herr Kollege Rosenthal zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Damit haben Sie zwei Minuten Redezeit gewonnen. Schnaufen Sie erst mal durch. Jetzt kommt Herr Rosenthal, bitte schön.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Sie haben leider das Wort nicht mehr und müssen das Schreien einstellen. Und das ist eigentlich auch ganz angenehm, glaube ich.

(Beifall bei der SPD – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Plärren tut doch ihr!)

Es gibt den Spruch: Wer schreit, hat unrecht.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Der ist aber falsch!)

Der trifft voll zu. – Ich weiß nicht, welchen Geschichtsunterricht Sie wann wo genossen haben. Aber mit dem D-Zug, mit dem Sie hier soeben Geschichtsklitterung betrieben haben, werden Sie dieser Zeit nicht einmal im Ansatz gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Sie können meinem Kollegen, unserem Fraktionsvorsitzenden, nicht zugehört haben; denn er hat diese Zeit eigentlich sehr differenziert beschrieben und dabei durchaus sehr deutlich gemacht, in welcher Zeit Eisner was gefordert hat. Die Auseinandersetzung um Kriegskredite wie die Auseinandersetzung, die zur Spaltung der Partei geführt hat, und auch den Prozess, der zur Wiedervereinigung geführt hat, haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten weitaus besser aufgearbeitet, als Sie es gerade eben in einer grobschlächtigen Art und Weise versucht haben.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo!)

Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich für die Art und Weise hier entschuldigen. Ich habe mit Ihnen nicht in der Gosse geknickert und möchte mich von Ihnen hier nicht duzen lassen – schon gar nicht möchte ich hier mit "ihr" und "du" angeredet werden. Entschuldigung – dazwischen liegen Jahrzehnte Geschichte. Vielleicht könnten Sie sich dem Hohen Haus und der Diskussion hier anpassen, damit wir in diesem Plenarsaal in würdiger Weise über diese Zeit miteinander diskutieren könnten. Dafür wäre ich dankbar. Das erfordert eigentlich der Anstand, den Sie in Ihren nächsten Worten bringen sollten.

(Beifall bei der SPD)

Also, wenn du den Unterschied zwischen "ihr" und "du" nicht kennst, tust mir leid. Ich kann ihn dir gern einmal beibringen.

(Lachen bei Abgeordneten der CSU)

Was ich gesagt hab, hast du nicht widerlegt. Ja! Ich möchte wissen, was ich falsch gesagt habe: Auer hat dem Innenminister in die Hand versprochen, Eisner werde an die Wand gedrückt – ja? –, und er hat den Innenminister aufgefordert, die Revolution sofort niederzuschlagen, ja. Das hat Auer gemacht. Es ist doch kein Wunder, dass nach dem Attentat auf Eisner ausgerechnet auch auf Auer geschossen wurde. Das ist doch kein Zufall. Schaut’s doch selber mal in den Büchern nach. Ich hab nachgeschaut.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Ha? – Weilst nicht lesen kannst! Du kannst scheinbar nicht lesen. Ich hab’s g’lesen. Eisner war ein großer Demokrat; er wollte neben dem Parlament die Räte als Schule der Demokratie. Er wollte den Volksentscheid als Vollendung des demokratischen Gedankens. Er war überzeugt davon – und das ist etwas, was für uns heute wichtig ist –, dass die Schäden der Demokratie nur durch mehr Demokratie überwunden werden können. Er würde uns heute gut zu Gesicht stehen, und deswegen war die Ausrufung des Freistaats eine Sternstunde unserer Demokratie, die wir mit Recht feiern können.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Wir können das auch mit den Sozis feiern, aber ihr müsst einfach zur Kenntnis nehmen: Die Revolution war nicht euer Werk.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So. Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen. – Ich bitte um etwas Aufmerksamkeit. –

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Europaangelegenheiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Die Nummer 17 der Anlage ist von der Abstimmung ausgenommen. Dies ist der Antrag der SPD-Fraktion betreffend "Zusätzliche Stellen für die Verwaltungsgerichte" auf Drucksache 17/18801, der auf Wunsch der SPD-Fraktion gesondert beraten werden soll. – Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.