Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Expertenanhörung zum Sitzzuteilungsverfahren am 18. Oktober 2017 verständigten sich die Fraktionen darauf, das bisherige Verfahren nach Hare/Niemeyer durch das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers zu ersetzen. Ich denke, die Expertenanhörung hat gezeigt, dass dieses Verfahren die Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen bestmöglich widerspiegelt. Es freut mich besonders, dass diese Änderung auf einen fraktionsübergreifenden Änderungsantrag zurückgeht und damit alle Fraktionen bei der sensiblen und komplexen Fragestellung der Sitzzuteilung an einem Strang gezogen haben. Das neue Verfahren wird, wenn der

Landtag ihm heute zustimmt, bereits bei den Bezirkstagswahlen im Herbst dieses Jahres Anwendung finden.

Die Neuregelung der Wahlannahme reagiert auf die Umstände der Landratswahl im Frühjahr 2017 in Pfaffenhofen an der Ilm. Ich freue mich, dass sich Landrat Wolf weiter auf dem Weg der Genesung befindet und sein Amt mittlerweile wieder ausübt. Die nach seiner Wahl aufgetretenen Fragen waren aber Anlass, die Regelung zur Annahme der Wahl zu überdenken.

Bisher war der Wahlleiter verpflichtet, die Gewählten unverzüglich von ihrer Wahl zu verständigen und aufzufordern, binnen einer Woche zu erklären, ob sie die Wahl annehmen. Es kamen unterschiedliche Fiktionsregelungen zur Anwendung: Bei Gemeinderats- und Kreistagswahlen galt die Wahl als angenommen, wenn sie nicht wirksam abgelehnt wurde. Bei der Wahl der Bürgermeister und bei Landratswahlen galt sie dagegen als abgelehnt, wenn sie nicht wirksam angenommen wurde. In beiden Fällen wurde die Wochenfrist erst durch eine wirksame Verständigung der Gewählten in Lauf gesetzt.

Was sollte aber gelten, wenn unklar ist, ob der Gewählte verständigt werden kann und auch in der Lage ist, eine Erklärung abzugeben? – Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses sieht nun grundsätzlich keine konstitutive Annahmeerklärung mehr vor. Dies wird durch eine Umkehrung der gesetzlichen Fiktion erreicht; das heißt, die Wahl gilt als angenommen, wenn sie nicht wirksam abgelehnt wurde. Das beruht auf der Überlegung, dass derjenige, der seiner Kandidatur zugestimmt und einen aktiven Wahlkampf geführt hat, wohl die Absicht hat, seine Wahl auch anzunehmen. Dies zu unterstellen, dürfte der "normalen" Realität entsprechen.

(Zuruf von der SPD)

Zudem ist die Verständigung des Gewählten für den Fristbeginn nicht mehr konstitutiv. Künftig knüpft der Beginn der Wochenfrist an einen objektiv feststehenden Umstand an, und zwar an die Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses durch den Wahlleiter. Eine Ausnahme gilt nur noch für Mehrheitswahlen, da dort möglicherweise jemand in ein Amt gewählt wurde, der damit gar nicht rechnen musste. In unserer kommunalpolitischen Praxis ist das aber die absolute Ausnahme.

Lassen Sie mich nun noch auf wesentliche Änderungen im Kommunalrecht eingehen. Der Bayerische Landtag sprach sich bereits mit Beschluss vom 16. Juli 2013 dafür aus, dass in Bürgerversammlungen künftig alle Gemeindeangehörigen Rederecht er

halten sollen. Dem kommen wir jetzt mit der entsprechenden Änderung in der Gemeindeordnung nach.

Hervorheben möchte ich auch die Einführung der Vertretung eines Ausschussmitglieds, das seinerseits den Ausschussvorsitzenden vertritt. Damit greifen wir ebenfalls einen Wunsch aus der Praxis auf und stellen sicher, dass die Spiegelbildlichkeit von Gemeinderat, Kreistag oder Bezirkstag in den Ausschüssen gewahrt wird, wenn ein Ausschussmitglied die Führung des Vorsitzes übernimmt.

Schließlich will ich auch die Regelung zur Vertretungsmacht des Ersten Bürgermeisters, des Landrates, des Bezirkstagspräsidenten und des Verbandsvorsitzenden eines Zweckverbands nennen, mit der der Landtag einen Jahrzehnte währenden Rechtsstreit beendet. Bisher war streitig, ob die entsprechende Person im Außenverhältnis eine umfassende Vertretungsmacht besitzt oder sich ihre Vertretungsmacht im Außenverhältnis auf ihre Befugnisse im Innenverhältnis beschränkt. Während sich die bayerische Rechtspraxis an Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und des Bayerischen Obersten Landesgerichts orientierte und eine Beschränkung der Vertretungsmacht annahm, vertraten in den letzten Jahren besonders das Bundesarbeitsgericht und der Bundesgerichtshof die gegenteilige Auffassung.

Die Entscheidungen dieser Gerichte waren auch ein Anlass, diese Rechtsfrage im Gesetzentwurf aufzugreifen. Der Gesetzentwurf orientiert sich an der bayerischen Rechtspraxis und sieht vor, die Vertretungsmacht im Außenverhältnis auf die Befugnisse im Innenverhältnis zu beschränken. Würde ein Bürgermeister, Landrat, Bezirkstagspräsident oder Verbandsvorsitzender seine Befugnisse überschreiten, hinge die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts weiterhin von der Genehmigung des Gemeinderats, Kreistags, Bezirkstags, der Verbandsversammlung oder des hierzu berufenen beschließenden Ausschusses ab. Ich meine, dass diese Regelung vernünftig ist. Wir haben mit dieser Rechtspraxis über Jahrzehnte hinweg gute Erfahrungen gemacht; denn sie stellt sicher, dass ein solcher Bürgermeister, Landrat usw. nicht de facto zulasten der Befugnisse des jeweiligen Kollegialorgans entsprechende Entscheidungen nach außen wirksam treffen kann, ohne dass das Gremium diese später noch einmal korrigieren kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den vom Innenausschuss empfohlenen Gesetzesänderungen schreiben wir das bayerische Kommunalwahlrecht und das Kommunalrecht insgesamt in einigen wichtigen Punkten in sinnvoller Weise fort. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung dazu.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/14651, der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/19265, die Änderungsanträge von Abgeordneten der SPDFraktion auf den Drucksachen 17/15540 mit 17/15559, die Änderungsanträge der Fraktion FREIE WÄHLER auf den Drucksachen 17/15828 und 17/19461, die Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 17/15744 mit 17/15755, der interfraktionelle Änderungsantrag aller Fraktionen auf Drucksache 17/19479 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport auf Drucksache 17/20561 zugrunde.

Vorweg ist über die vom federführenden Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge abzustimmen. Die Fraktionen sind übereingekommen, grundsätzlich über die Voten des endberatenden Ausschusses abzustimmen. Eine Liste mit den Voten der Fraktionen dazu liegt auf Ihrem Platz.

(Siehe Anlage 2)

Der federführende Ausschuss empfiehlt die Änderungsanträge der SPD-Fraktion, der Fraktion FREIE WÄHLER und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zur Ablehnung.

Ich lasse zunächst über das Ausschussvotum zu den Anträgen der SPD-Fraktion abstimmen. Wer mit der Übernahme des jeweiligen maßgeblichen Ausschussvotums seiner Fraktion einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion, SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit übernimmt der Landtag diese Voten. Die Änderungsanträge sind abgelehnt.

Es folgt die Abstimmung über die Änderungsanträge der Fraktion FREIE WÄHLER. Wer mit der Übernahme des jeweils maßgeblichen Ausschussvotums seiner Fraktion einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wiederum die CSU-Fraktion, SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen, Enthaltungen? – Beides nicht. Damit übernimmt der Landtag auch diese Voten. Auch diese Änderungsanträge sind abgelehnt.

Es folgt jetzt noch die Abstimmung über die Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer mit der Übernahme des jeweils maßgeblichen Ausschussvotums seiner Fraktion einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU-Fraktion, SPD, FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit übernimmt der Landtag diese Voten, und die Änderungsanträge sind abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt Zustimmung mit Änderungen. So sollen im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz sowie im Bezirkswahlgesetz unter anderem ein neues Sitzzuteilungsverfahren eingeführt und die Regelungen bei der Annahme einer Wahl geändert werden. In der Gemeindeordnung und im Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen sollen ebenfalls Änderungen vorgenommen werden.

Der endberatende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu. In § 7 soll als Datum des Inkrafttretens der "1. April 2018" festgelegt werden. Dementsprechend ist in der Übergangsregelung des § 1 Nr. 27 als deren Ablauf der "31. März 2018" einzufügen. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/20561. Aufgrund diverser, in der Zwischenzeit erfolgter weiterer Gesetzesänderungen sind bei den durch dieses Gesetz zu ändernden weiteren Gesetzen die Stammnormen bezüglich der letzten Änderungen anzupassen sowie die entsprechenden Seiten des Gesetz- und Verordnungsblattes zu benennen.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen, bitte! – Das ist die SPD-Fraktion. Enthaltungen! – Das sind die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dann ist dies so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen und sehe dazu keinen Widerspruch. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich auf gleiche Weise anzuzeigen. – Das ist die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Das Gesetz ist damit angenommen. Es

hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und anderer Gesetze".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfes in der soeben beschlossenen Fassung haben der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/19265 und der interfraktionelle Änderungsantrag aller Fraktionen auf Drucksache 17/19479 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz (Drs. 17/18836) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsanträge von Abgeordneten der SPDFraktion (Drsn. 17/19172 bis 17/19178)

und

Änderungsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) (Drs. 17/19200)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Unsere erste Rednerin ist die Kollegin Guttenberger. Bitte schön, Frau Guttenberger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das bisherige Bayerische Richtergesetz stammt aus dem Jahr 1965, wurde seither mehrfach ergänzt und findet nun durch das Bayerische Richter- und Staatsanwaltsgesetz einen modernen Ersatz. Wir haben es in den Ausschüssen intensiv diskutiert. Deshalb möchte ich zum einen auf die sehr umfangreiche Diskussion verweisen. Zum anderen möchte ich mich kurz auf die Punkte beschränken, die in diesem Gesetz hervorzuheben und besonders sind.

Die ganz große Neuerung des Gesetzes besteht darin, dass hier eine klare Rechtsgrundlage für die Neutralität im Gerichtssaal geschaffen wird, die sich nicht nur auf Richter, sondern auch auf Staatsanwälte und alle, die das Gericht nach außen repräsentieren – Rechtspfleger etc. –, erstreckt.

Ein weiterer wichtiger Punkt war die Abwägung zwischen der richterlichen Unabhängigkeit und der Effi

zienz von Einsätzen im Bereich der IT. Durch den ITRat wird hier genau das erreicht, nämlich einerseits wird die richterliche Unabhängigkeit geschützt, andererseits werden Maßnahmen getroffen, um den gesamten Bereich der IT im Gerichtsverfahren entsprechend stark einführen zu können.

Uns war auch sehr wichtig, zu berücksichtigen, dass eine Welt im Wandel natürlich ein ständiges Fortbilden und ein ständiges Orientieren an den Möglichkeiten und am Wissen der Zeit erfordert. Deshalb ist erstmalig eine Fortbildungspflicht in dieses Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz aufgenommen, was wir sehr begrüßen. Ich sage auch: Es gibt hier Anträge der Opposition, die wir ablehnen werden, in denen es darum geht, ein individuelles Recht auf Fortbildung zu schaffen. Das ist bei einem Richter überhaupt nicht zielführend, weil ein Richter hier keine Beschränkung hat. Er kann seine Fortbildung so gestalten, wie er möchte, und wir haben jetzt in dem Gesetz zusätzlich eine Fortbildungspflicht.

Sehr stark diskutiert wurde im Ausschuss auch das Thema eines "Vetorechts" bei der Besetzung höherer Richter- und Staatsanwaltsstellen. Wir halten ein solches Recht nicht für zielführend. Wir sind auch nicht für eine Ausschreibungspflicht und freuen uns deshalb, dass das Gesetz das Entsprechende nachvollzieht. Bereits nach heutigem Recht kann zum Beispiel die Stelle eines Generalstaatsanwalts ausgeschrieben werden, muss aber nicht. Wir sind immer der Ansicht, dass eine Ausschreibung nur dann sinnvoll ist, wenn durch ein Ausschreibungsverfahren ein Mehr an Erkenntnis gewonnen werden kann. Aber nachdem für diese allerobersten Stellen, die nach Leistung, Eignung und Befähigung zu besetzen sind und in Bayern auch immer so besetzt wurden, ohnehin nur eine sehr übersichtliche Zahl an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zur Verfügung steht, kann die Besetzung auch ohne Ausschreibung geschehen, wie es jetzt der Fall ist. Wir begrüßen auch, dass das Thema der Richter-Dienstgerichte dahin gehend gelöst wurde, dass man sich künftig auf einen Standort beschränkt – bisher hatten wir drei – und dass die Staatsanwälte als wesentliche Träger der Strafrechtspflege hier mit einbezogen werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf trifft nach unserer Auffassung genau die richtigen Entscheidungen. Er gibt Antworten auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und schafft die Rechtsgrundlagen beispielsweise für Dienstverfahren, für die Neutralitätspflicht, zu religiösen Symbolen und Ähnlichem. Wir werden dem Gesetzentwurf deshalb selbstverständlich zustimmen. Er gibt der Rechtsprechung eine gute, eine wirklich hervorragende Ausrichtung und rüstet sie für die künftigen Anforderungen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Schindler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wäre ein gutes Signal, wenn das neue Bayerische Richter- und Staatsanwaltsgesetz gemeinsam von allen Fraktionen getragen und beschlossen würde. Leider gibt es keinerlei Bereitschaft seitens der CSU-Fraktion, sich unseren Änderungsanträgen auch nur ein bisschen anzunähern, sodass das leider ein frommer Wunsch bleiben wird.

Wir haben den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge meiner Fraktion und die der Fraktion der FREIEN WÄHLER ausführlich im Rechtsausschuss und anschließend auch im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes beraten. Aber es bleibt bei dem schon in der Ersten Lesung abgegebenen Befund, dass dieses neue Gesetz kein großer Wurf ist.

Richtig ist, dass das Gesetz eine klarere Struktur erhält und dass Regelungsdubletten beseitigt werden. Neben neuen, detaillierten Vorschriften zur Besetzung und Zuständigkeit von Dienstgerichten, was die Kollegin ausgeführt hat, sind aber eigentlich nur die Überschrift und die Vorschriften zu Neutralität und Amtstracht, über die Schaffung eines IT-Rats und die erstmals im Gesetz genannte Fortbildungspflicht neu. Der in der Problembeschreibung genannte hohe Anspruch, meine Damen und Herren, "das Gesetz in die Zeit zu stellen, um auch weiterhin eine starke, bürgernahe und effiziente Dritte Gewalt zu gewährleisten", kann mittels eines neuen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes natürlich nicht erfüllt werden. Ich verweise diesbezüglich auf die Ausführungen in der Ersten Lesung.

Was die Stärke der Dritten Gewalt betrifft, bedarf es keines neuen Richtergesetzes; denn mehr an Unabhängigkeit der Dritten Gewalt, als das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung bereits verbürgen, kann auch ein Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz nicht bieten. Die Bürgernähe ist in erster Linie eine Frage der Gerichtsorganisation und nicht eines Richtergesetzes. Allerdings hat genau diese Staatsregierung Bürgernähe in den letzten Jahrzehnten abgebaut; ich erinnere an die Schließung der amtsgerichtlichen Zweigstellen. Und was die Effizienz der Dritten Gewalt betrifft, so hat diese etwas mit der personellen und technischen Ausstattung unserer Gerichte und Staatsanwaltschaften zu tun, aber nichts mit einem Richtergesetz.

Die bayerischen Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten alles in allem effektiv und schnell. Dennoch

fehlen trotz der neu bewilligten Stellen insbesondere an den Amtsgerichten und bei den Staatsanwaltschaften, aber derzeit gerade an den Verwaltungsgerichten immer noch Hunderte von Richtern und Staatsanwälten und noch mehr Mitarbeiter in den Geschäftsstellen. Eine Folge davon ist zum Beispiel, dass in umfangreichen Strafsachen immer öfter nichts anderes übrig bleibt, als Deals zulasten der Wahrheitsfindung einzugehen, weil die Menge der Verfahren anders nicht zu bewältigen ist. Das mag unter dem Gesichtspunkt der Effizienz gut sein. So richtig gerecht ist es aber nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)