Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die Kollegen Felbinger (fraktionslos) und Muthmann (fraktionslos). Darf ich bitten, die Gegenstimmen auf gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes".

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern - "Klimaschutz in der Bayerischen Verfassung verankern" (Drs. 17/18211) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und möchte darauf hinweisen, dass 24 Minuten Redezeit vereinbart sind. Erster Redner ist Herr Kollege Dr. Fahn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Moment diskutieren wir gerade hier in Bayern darüber, ob der Koalitionsvertrag, angenommen wird. Dabei wird zur größten Herausforderung, zum Klimaschutz, eigentlich nur sehr wenig gesagt. Dieses Thema wird nicht offensiv angegangen. Mit wachsweichen Lippenbekenntnissen werden die Ziele des Pariser Vertrags nicht erreicht. Über 50 Nationen der Erde haben das Ziel angepeilt, 100 % erneuerbare Energien zu erreichen. Dazu finden wir im Koalitionsvertrag leider nichts. Die GroKo gibt sogar das Klimaziel, bis 2020 den Treibhausausstoß gegenüber 1990 um 40 % zu vermindern, de

facto auf. Sie strebt nur 32 % an und hat sogenannte Ergänzungen eingefügt, um diese Lücken im Verhandlungsdefizit auszugleichen.

(Zuruf von der SPD: Nicht wir! So schaut es aus!)

Ich weiß. Ich habe das auch gelesen. – Das läuft insgesamt eben sehr zäh. Das heißt, in Bayern muss dieser Klimaschutzaspekt offensiv angegangen werden. Wir müssen den Klimaschutz noch stärker und wirksamer verankern, als es sich gegenwärtig in Berlin abzeichnet. Deshalb sollten wir beginnen, den Klimaschutz ganz oben, nämlich in der Bayerischen Verfassung, anzusiedeln. Deswegen zielt unser Gesetzentwurf darauf ab, dass der Klimaschutz in die Bayerische Verfassung aufgenommen wird. Bisher spricht die CSU immer davon – auch Frau Guttenberger wird dies wieder sagen –, dass der Umweltschutz in der Bayerischen Verfassung verankert ist. Aber das reicht nicht aus; denn es geht um ein viel höheres Schutzniveau. Solange das Klima nicht explizit durch die Bayerische Verfassung geschützt ist, wird der Klimaschutz nicht gebührend ernst genommen. Diese Auffassung wird auch von verschiedenen Professoren vertreten, zum Beispiel von Prof. Kahl, Universität Heidelberg, der bereits vor sechs Jahren ein entsprechendes Gutachten angefertigt hat.

Wegen des bisher fehlenden Vorrangs des Klimaschutzes hat der Gesetzgeber im Moment nur einen Gestaltungsauftrag, ohne jedoch ein konkretes, einzuhaltendes Schutzniveau beachten zu müssen. Um die Klimakatastrophe zu stoppen, müssen wir mehr machen. Das haben wohl schon alle kapiert. Wir brauchen ein knallhartes Management, das Ziele und Termine definiert. Nach unserer Auffassung funktioniert das nur, wenn der Klimaschutz in der Verfassung steht. Natürlich müssen wir auch viele andere Dinge tun. Ich erinnere daran, dass die SPD bereits einmal ein Klimaschutzgesetz vorgestellt hat. Es wäre aber auch wichtig, den Klimaschutz in der Bayerischen Verfassung zu verankern.

Auch die Gerichte brauchen insofern Vorgaben und müssen den gesetzgeberischen Spielraum beachten. Wenn in Zukunft eine stärkere Reduzierung der Treibhausgase vorgegeben werden soll, brauchen auch die Gerichte klare Vorgaben. Eine solche wäre die Verankerung des Klimaschutzes in der Bayerischen Verfassung. Grundgesetz und Verfassung gewähren Grundrechte. Diese dienen jedoch nur als Abwehrrechte gegenüber dem Staat, aber nicht gegenüber Privaten. Eine verfassungsrechtliche Konkretisierung des Klimaschutzes, also eine gesetzliche Regelung, wäre Voraussetzung für das Festschreiben von Verantwortlichkeit und Strafverfolgung, etwa von Konzernen.

2016 hat sich der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung dafür ausgesprochen, die Nachhaltigkeit als neue Staatszielbestimmung in das Grundgesetz aufzunehmen und hier der Generationengerechtigkeit eine größere Bedeutung als bisher beizumessen. Es wäre ebenso denkbar und wichtig, den Klimaschutz nicht nur in unserer Bayerischen Verfassung, sondern auch im Grundgesetz als Staatsziel zu verankern. Das schafft, wie bereits gesagt, die Voraussetzung für konkrete Gesetze. Wir müssen in Deutschland nicht nur beim Umweltschutz, sondern auch beim Klimaschutz Vorreiter werden. Darauf legt die CSU immer Wert. Wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben, zu sagen: Der Umweltschutz steht in der Verfassung. Nein, wir müssen auch den Klimaschutz gesetzlich verankern.

Wir fassen zusammen: Die Verfassung ist das höchste Gut. Fakt ist: Daran orientieren sich die Gerichte. Wenn der Klimaschutz in der Bayerischen Verfassung steht, lassen sich Klimaschutzziele, zum Beispiel die Vorgabe, 100 % Strom aus erneuerbaren Energien zu gewinnen und keine Kohleverstromung mehr zuzulassen, leichter durchsetzen. Der Klimawandel und der Schutz des Klimas sind herausragende Themen der Zukunft. Deswegen ist es wichtig, nicht zu sagen, nach uns die Sintflut, sondern der Überzeugung zu sein, dass bei uns der Klimaschutz an erster Stelle steht, und ihn deshalb in die Bayerische Verfassung aufzunehmen. Daher fordert der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER, den Klimaschutz in der Bayerischen Verfassung zu verankern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Guttenberger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Fahn, wenn ich Sie so höre, glaube ich, wir leben, um es mal so auszudrücken, in unterschiedlichen Ländern.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Sie tun so, als würde in Bayern in den Bereichen Umweltschutz und Klimaschutz nichts getan. Sie sprechen warnende Worte, die nichts bringen. Ich formuliere es einmal so: Wer allein unsere verschiedenen Klimaschutzprogramme anschaut und die enormen Summen, die da seit 2003 immer wieder in verschiedenen Programmen zur Anwendung kommen, kann nicht sagen, dass das Thema nicht ernst genommen wird. Die Opposition kann natürlich immer sagen, es sei alles zu wenig, aber sie muss es ja auch nicht verantworten. Ich halte das einfach für nicht hinnehmbar.

Man muss des Weiteren eines klar sehen – in diesem Punkt sind wir uns einig –: Die Bayerische Verfassung ist das oberste Regelungswerk in unserem Land. In der Bayerischen Verfassung stehen unter anderem Staatsziele. Sie ist keinesfalls ein Katalog irgendwelcher gesellschaftlich relevanter Themen. Ich finde Ihren Ansatz interessant, kann ihn aber nicht nachvollziehen: Warum soll der Umweltschutz den Klimaschutz nicht mehr umfassen? Warum soll der Umweltschutz, für den viele Klimaschutzprogramme auf den Weg gebracht worden sind, jetzt plötzlich etwas ganz anderes sein als der Klimaschutz? – Fakt ist, dass wir die Verfassung als unser wertvollstes Gut nur dann ändern sollten, wenn es eine Regelungslücke gibt.

(Horst Arnold (SPD): Kinder sind das höchste Gut! – Zuruf der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner (SPD))

Eine Regelungslücke gibt es nicht. Unsere Vorgängergenerationen in diesem Landtag haben die Verfassung übrigens, seitdem sie in Kraft ist, nur zwölfmal geändert. Sie sind damit also sehr umsichtig umgegangen. Dass wir jetzt Klimaschutz zusätzlich zum Umweltschutz, weil der Klimaschutz plötzlich etwas anderes sein soll als der Umweltschutz, in die Verfassung aufnehmen sollen –, entzieht sich wie gesagt, meinem Verständnis.

Ich halte das auch nicht für den richtigen Weg. Wir sind der Ansicht, dass man Regelungslücken schließen muss. Wenn es eine Regelungslücke gibt, muss man die Verfassung ändern. Hier gibt es aber keine Regelungslücke. Jetzt sage ich mal: Es sind zwei Paar Stiefel, etwas zu tun, was in der Verfassung steht, oder etwas, was ohnehin schon drinsteht, zusätzlich hineinzuschreiben. Wir haben in Bayern vieles auf den Weg gebracht, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Opposition wird sagen, das passt immer noch nicht usw.

Wir haben im Rahmen dieser Klimaschutzprogramme vieles getan. Bei uns gibt es Bündnisse, in denen zum Beispiel auch die sogenannten NGOs, wie der BUND Naturschutz, mit drinsitzen. Sie werden immer gut mit Geld ausgestattet. Ich würde Ihnen recht geben, wenn Sie sagen, dass das auch wichtig ist. Es ist nicht der richtige Weg, irgendwelche Ziele irgendwo hineinzuschreiben, sie aber nicht mit Mitteln zu unterfüttern. Wir gehen diesen Weg aber gerade nicht, sondern wir sagen: Umweltschutz ist ein Ziel, das uns wichtig ist, das bedeutet, die Schöpfung zu bewahren.

Für dieses Ziel haben wir als Bayerischer Landtag und Haushaltsgesetzgeber bereits seit 2003 vieles auf den Weg gebracht. Dabei steht gerade auch der Klimaschutz im Mittelpunkt. Wir sehen überhaupt keinen

Regelungsbedarf. Deshalb sehen wir auch keinen Sinn darin, jetzt die Verfassung zu ändern. Schließlich ist das wichtige Ziel des Klimaschutzes als Teil des Umweltschutzes bereits seit vielen Jahrzehnten in der Verfassung verankert.

(Beifall bei der CSU)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult. – Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Dr. Fahn.

Frau Guttenberger, ich wusste natürlich, dass Sie so argumentieren. Sie haben exakt so argumentiert wie in der Ersten Lesung.

(Petra Guttenberger (CSU): Ja!)

Ich gebe Ihnen mal ein aktuelles Beispiel aus Österreich. Das zeigt eindeutig die Notwendigkeit des Verfassungsranges des Klimaschutzes. Der Österreichische Verfassungsgerichtshof hat Anfang Juli 2017 ein Urteil des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts zurückgewiesen, das den Ausbau des Flughafens Wien untersagt hatte. Das Gericht wies zunächst einmal auf die Vereinbarung von Paris hin. Laut österreichischem Fluggesetz wäre ein Ausbau aber möglich. Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass es keine ausreichende Gesetzesgrundlage gibt, den Klimaschutz über die Ziele des österreichischen Fluggesetzes zu stellen. Das ginge, wenn der Klimaschutz höher gestellt würde und insgesamt in der Verfassung stünde. Da der Klimaschutz in Österreich aber nicht in der Verfassung steht, wurde die Untersagung des Ausbaus abgelehnt. Das wollte ich Ihnen mal sagen. Genau so wird es auch bei anderen Gerichtsurteilen gehen.

Frau Guttenberger, es geht um die Vorgabe für Gerichte. Wenn der Klimaschutz als Vorgabe in der Bayerischen Verfassung steht, dann werden die Urteile anders und zwar im Sinne des Klimaschutzes, den Sie ja auch vertreten, ausfallen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Horst Ar- nold (SPD): Ach was!)

Herr Kollege Fahn, Umweltschutz steht seit 1984 als Staatsziel in der Bayerischen Verfassung. Bereits seit dieser Zeit werden viele Programme auf dieses Staatsziel gestützt. Darunter sind auch viele Programme, die dem Klimawandel entgegenwirken.

Sie erzählen uns jetzt, was ein österreichisches Gericht entscheidet. Mag sein, weiß ich nicht – das muss ich mit Nichtwissen bestreiten. Ich sage mal ganz di

rekt: Wir leben hier in der Bundesrepublik Deutschland. Hier gilt eine Normenpyramide. Die österreichische Verfassungswirklichkeit gehört da einfach nicht dazu.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir sind so aufgestellt, dass wir auch die Klimaschutzprogramme unter den Umweltschutz subsumieren, der seit 1984 in der Verfassung steht. Wenn Sie meinen, das sei verfassungswidrig, ist das eine sehr individuelle Ansicht. Ich glaube, damit dürften Sie hier relativ alleine stehen.

Danke schön. – Bevor ich den Kollegen Arnold zum Rednerpult bitte, teile ich Ihnen mit, dass die CSU-Fraktion eine namentliche Abstimmung für den laufenden Tagesordnungspunkt 6 beantragt hat.

(Unruhe – Zuruf von der SPD: Wer von den acht CSU-Abgeordneten hat das beantragt? – Zuruf von den GRÜNEN: Es sitzen nur drei da! – Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Das zeigt die Wert- schätzung des Umweltschutzes!)

Bitte, Herr Arnold.

Frau Präsidentin! Dieser Antrag hat möglicherweise auch den Übertitel: Trau, schau, wem! Die Verfassung ist natürlich das höchstrangige Gesetz. Nun soll neben dem Umweltschutz auch der Klimaschutz aufgenommen werden. Die Verfassung bildet natürlich nicht nur die Richtschnur, sondern auch den Leitfaden bei Normsetzungen und Verhaltensweisen für den Gesetzgeber, der sich nicht nur an ihr ausrichten, sondern sie auch als motivierende Triebfeder des Handelns festsetzen und berücksichtigen soll.

Klimaschutz ist von der Definition her der Sammelbegriff für Maßnahmen, die einer durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung entgegenwirken und mögliche Folgen abmildern oder verhindern wollen. Von daher drängt es sich geradezu auf, dass diese neue Definition auch Programmsatz der Bayerischen Verfassung sein kann, weil sie eine neuere Entwicklung ist, die in der Tat zu berücksichtigen ist. Es ist allerdings gefährlich, die Verfassung mit Programmsätzen zu überfrachten, unübersichtlich werden zu lassen und ihr ein Stück weit die Griffigkeit zu entziehen, die sie normalerweise hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen und insbesondere diejenigen von den FREIEN WÄHLERN, hier zählt nicht nur das, was man in die Verfassung hineinschreiben will, sondern auch das eigene Verhalten im Vorfeld. Entscheidend sind praktische Maßnahmen.

Hier ist festzustellen, dass in der vergangenen Legislatur nahezu alle Anträge, die Sie gestellt haben, kontraproduktiv waren. Insofern gebe ich Frau Guttenberger recht: Es sind unterschiedliche Welten, die wir hier erlebt haben.

(Beifall bei der SPD)

In einem Ihrer Anträge vom 18.03.2014 steht:

Umweltbundesamt bremsen – "gute fachliche Praxis" erhalten

In dem Zusammenhang wird unter anderem unter Nummer 7 ausgeworfen:

Minderungsziele beim Pflanzenschutz sind abzulehnen, da sowohl im Ackerbau als auch im Grünlandbereich verantwortungsvoll damit umgegangen wird.

Das bei dieser Diskussion, Glückwunsch!

Bei der praktischen Düngung wird bereits jetzt versucht, witterungsangepasst und umweltgerecht zu verfahren. Die regelmäßigen Bodenuntersuchungen zeigen absolut keine Überdüngungen.

Da sagt das bayerische Umweltamt etwas ganz anderes, und daran sieht man, auf welchem Planeten Sie leben.