Protokoll der Sitzung vom 27.02.2018

Ich komme zum letzten Punkt, der aber auch sehr wichtig ist. Dieser betrifft die Fragen: Wie ist es um die Mietverträge bestellt? Wie ist es um die Mieter bestellt? – Dazu nur in aller Kürze: Die Wohnungen sind natürlich nach wie vor vorhanden. Die Mieter sind deutlich besser geschützt als jeder andere Mieter auf dem freien Mietmarkt, übrigens auch deutlich besser als die Mieter in den entsprechenden Wohnungen in Baden-Württemberg. Es gilt das soziale Mietrecht.

(Florian von Brunn (SPD): Haben Sie schon einmal mit einem dieser Mieter gesprochen?)

Und es gilt die Sozialcharta, die von der Bayerischen Staatsregierung ausgehandelt und zur Grundlage des gesamten Vertrages gemacht wurde. Das sind die echten Fakten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich schlage vor, dass Sie sich künftig an die echten Fakten halten, bevor Sie insgesamt über Wohnungsbau in Bayern sprechen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Geschichte des sogenannten GBW-Deals erinnert mich ein bisschen an die Brüder Grimm, konkret an die Geschichte von "Hans im Glück"; in diesem Fall müsste sie heißen: "Markus im Unglück". Er hatte einen Goldklumpen in der Hand, 33.000 Wohnungen. Er hat sie verkauft, an die PATRIZIA. In der Geschichte hat Hans am Schluss einen Feldstein in der Hand. Der heutige Finanzminister hat zwar ein bisschen Geld, aber keine Wohnungen.

(Ingrid Heckner (CSU): So ein Schmarrn! Die Wohnungen sind doch da!)

Interessant ist – ich habe es nachgelesen –, was die motivationstheoretische Interpretation aus der Managementtheorie zu diesem Märchen aussagt: Wer so handelt, ist ein eigennütziger Hedonist und Glücksökonom. Glücksökonom – das passt recht gut zu diesem Deal.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Es war – das ist schon gesagt worden – ein politischer Fehler par excellence, 33.000 Wohnungen, die hauptsächlich von sozial schwächeren Menschen, Familien mit Kindern und älteren Menschen bewohnt werden, zu verkaufen, und das ohne Not.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD – Ingrid Heckner (CSU): Es gibt doch die Sozialcharta!)

Ich komme gleich zur Sozialcharta. – Ich habe es nachgeprüft: Im November 2013 äußerte die Generaldirektion Wettbewerb, dass der Verkauf der GBW-Anteile nicht von der EU-Kommission verlangt worden sei.

(Inge Aures (SPD): Genau!)

Dies wurde bestätigt vom damaligen Finanz – –

(Ernst Weidenbusch (CSU): Das stimmt nicht! Wo haben Sie denn dieses Zitat her? Nennen Sie die Quelle!)

Bitte ein bisschen Ruhe! – Vom damaligen Finanzstaatssekretär Hintersberger wurde das bestätigt, sehr geehrter Herr Weidenbusch.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Nein!)

Doch, so ist es. Beruhigen!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Es kam zum Verkauf an die PATRIZIA, von der man schon wusste, wie sie mit Wohnungen umgeht. Vereinbart wurde eine sogenannte Sozialcharta XXL. Heute wissen wir, was passiert. Herr Dr. Herrmann, gehen Sie zum Ackermannbogen in Schwabing, gehen Sie nach Pasing, nach Untergiesing, nach Neuperlach, und sprechen Sie mit den dortigen Mietern! Dann werden Sie hören, was wirklich Sache ist, lieber Herr Dr. Herrmann.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Und nun? Eine typisch Söder‘sche Wendung! Auch das ist schon angesprochen worden: Geplant ist die Gründung einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft. Bis 2020 sollen für Bezieher geringer und mittlerer Einkommen 2.000 Wohnungen – oder 4.000, je nachdem – entstehen. Angesichts dessen erinnere ich mich an einen früheren Ministerpräsidenten, der in seiner Nürnberger Schnellsprechart häufig von sich

als "Ministerpräsent" gesprochen hat. Herr Staatsminister, Sie sind hier der Herr, der gibt. Sie sind im Grunde genommen ein wandelndes Ministerpräsent. Sie wollen über das Land ziehen und irgendwelche Geschenke verteilen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Thema verfehlt!)

Aber es bleibt dabei – auch das ist schon angesprochen worden –: 33.000 Wohnungen zu verkaufen und jetzt in einem Zeitraum von fünf Jahren 2.000 bauen zu wollen, das ist wirklich ein Schildbürgerstreich par excellence. Das ist wirklich keine gute Bewerbung um das Amt des Ministerpräsidenten; das sage ich sehr deutlich. Wenn Herr Seehofer gerade noch überlegt, ob er Innenminister wird, dann sage ich Herrn Dr. Söder: Überlegen Sie, ob Sie wirklich Ministerpräsident werden wollen angesichts dieser Zahlen und der Dinge, die Sie in dieser Sache gemacht haben.

(Ingrid Heckner (CSU): Eine Unverschämtheit!)

Liebe SPD, ich kann nicht verhehlen, dass Sie sich, bezogen auf die Stadt München, auch an Ihre eigene Nase fassen sollten. Herr Ude hatte es in seiner Amtszeit nie geschafft, die prognostizierten 7.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen – nie, in keinem einzigen Jahr. Über den Münchner Mietspiegel könnten wir jetzt lange reden. Ein Problem ist: Er richtet sich nur an Neuvermietungen aus. Jede Sanierung und die Gebühren fließen in den Mietspiegel ein. Er führt zu einer dauernden Mieterhöhung. Da sollte man sich wirklich auch in München überlegen, ob man nicht anders agiert. Und die jetzige Nachverdichtung führt auch zu höheren Preisen. Was fordern wir als FREIE WÄHLER? – Wir fordern die sofortige Einführung eines Baukindergeldes von 2.000 Euro jährlich für zehn Jahre, die Wiedereinführung der degressiven AfA,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

die von der Bundesregierung abgeschafft wurde, und wir fordern, dass die Baustandards und die Energieeinsparverordnung nicht noch verschärft werden. Das sind Forderungen, die bei ihrer Verwirklichung wirklich zu Investition anregen. Da kommt etwas voran, auch im Bereich des Bauens. Aber das, was bei der GBW gemacht wurde, war ein politischer Fehler par excellence.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Schulze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verkauf der GBWWohnungen war ein Deal zulasten des Gemeinwohls. Sie, Herr Söder, haben damals nicht nur 33.000 Wohnungen meistbietend verscherbelt, sondern Sie haben auch die Sicherheit und Lebensplanung von Zehntausenden von Menschen mit aufs Spiel gesetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn das ein so gutes Geschäft war, wie Sie immer behaupten, dann muss ich schon mal die Frage stellen: Warum tauchen dann immer wieder neue Ungereimtheiten auf? Warum wissen wir bis heute nicht, wer hinter dem komplexen Firmenkonstrukt steckte?

(Florian von Brunn (SPD): Wegen Söder!)

Warum wissen wir bis heute nicht, wer die Investoren sind? Jetzt ist sogar noch von Geldwäsche die Rede. Sie alle, Kolleginnen und Kollegen, kennen diesen Charaktertest, und ich könnte mir vorstellen, dass auch einige Menschen in Bayern sich ab und zu bezüglich Herrn Söder die Frage stellen: Würde ich von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Das ist eine Frechheit! – Weitere Zurufe von der CSU)

Ich möchte diese Frage heute noch mal erweitern.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

An wen hat dieser Mann denn staatliche Wohnungen verkauft?

(Ingrid Heckner (CSU): Kein politischer Anstand!)

Denn wenn man sich die Aussagen der zuständigen Stellen beim Zoll und beim LKA genauer anschaut, dann stellt man fest, sie haben der Staatsanwaltschaft dringend nahegelegt, genaue Ermittlungen zu der Geldwäsche anzustellen. Auch russische Behörden hatten Verdacht geschöpft. Aber was ist passiert? – Wir alle konnten das in den letzten Tagen in der Presse lesen: Die Staatsanwaltschaft München stellte die Ermittlungen nach wenigen Wochen ein. Kenner der Materie halten es für nahezu ausgeschlossen, dass die CSU-Regierung nicht über die Ermittlungen informiert wurde.

(Angelika Schorer (CSU): Frechheit!)

Markus Söder will von diesem ganzen Thema trotzdem nichts gewusst haben. Da kann ich Ihnen nur zurufen: Verlassen Sie sich drauf: Wir hier im Bayerischen Landtag werden dafür sorgen, und wir werden Mittel und Wege finden, damit die Wahrheit ans Licht kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD – Ingrid Heckner (CSU): Die Wahrheit, was Sie für Leute sind, oder?)

Kolleginnen und Kollegen, der GBW-Verkauf ist aber auch Teil einer viel tiefergreifenden Misere. Wir beklagen hier alle im Plenum zu Recht regelmäßig, dass es in den Ballungsräumen zu wenig preisgünstigen Wohnraum gibt. Aber ich muss Sie jetzt auch mal fragen: Wo bleiben denn die Konsequenzen? Ich höre ständig Absichtserklärungen und viele Einzelvorschläge – einige davon sind sogar sinnvoll –, aber eine Sache fehlt mir und uns GRÜNEN völlig in der Politik der CSU-Regierung auf Landesebene – aber das fehlt auch in der Politik in München, der Großen Koalition auf Münchner Ebene, und auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung –, nämlich Folgendes: Ich rede von einem grundlegend anderen Umgang mit der Ressource Boden. Ich glaube, damit müssen wir uns mal intensiv beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Solange es weiterhin ein lukratives Geschäftsmodell ist, auf steigende Bodenpreise zu spekulieren, solange bleiben alle Versuche, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, auf halbem Weg stecken. Solange die öffentliche Hand immer wieder zulässt, dass Investoren zum Zug kommen, denen es nur um ihre Gewinnmarge geht, aber nicht um das Gemeinwohl,

(Oliver Jörg (CSU): Sie organisieren bei jedem Bauvorhaben eine Bürgerinitiative dagegen!)