Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Lieber Herr Kollege von Brunn, ich hätte nicht gedacht, dass ich Ihnen einmal recht gebe. Wir müssen es gemeinsam machen. Wir dürfen nicht die Kommunen bevormunden, sondern wir müssen sagen: Wir alle nehmen die aktive Gestaltung unseres Landes gemeinsam in die Hand.

(Florian von Brunn (SPD): Ganz so habe ich es nicht gesagt! )

Insoweit wäre dieser Eingriff in das kommunale Planungsrecht auch genau das Gegenteil von dem, was wir hier immer machen. Wenn wir, lieber Kollege Mistol, im Innenausschuss diskutiert haben – das kann ich noch sagen –, waren wir stolz auf das, was unsere Kommunen leisten. Wir sind stolz, wie sich unsere Kommunen entwickeln. Wir sind auch stolz darauf, dass unsere Kommunen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen, finanzschwache Kommunen genauso wie leistungsstarke Kommunen. Jetzt in das kommunale Selbstverwaltungsrecht einzugreifen, würde genau dem zuwiderlaufen, was wir im Kommunalausschuss eigentlich immer einvernehmlich gepredigt haben und vor uns hertragen: Wir wollen nicht Kommunen, die von oben gedeckelt werden, sondern wir wollen Kommunen, die ihr Schicksal und ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen, und wir wollen Kommunalpolitiker, die in der Entwicklung ihrer Kommunen mutig sind; denn ich glaube, auch darauf kommt es an.

Liebe Kollegen, ich komme aus einer Gemeinde, die den Weg gegangen ist, den Sie mit vorschlagen, nämlich dass man eine Innerortssanierung macht, dass man Flächen aus dem Flächennutzungsplan herausnimmt und sagt: Lasst uns doch zunächst einmal Baulücken innerhalb der Kommunen entwickeln. Wir wären die Gelackmeierten. Wir wären diejenigen, die sagen müssten: Mensch, warum haben wir Idioten das herausgenommen? Hätten wir es drinnen gelassen, hätten wir freie Fläche zur Verfügung und könnten wir freie Fläche bebauen.

Insoweit geht der Gesetzentwurf einfach undifferenziert über alle Kommunen hinweg und mixt nicht das Bild, das wir erwarten. Wir erwarten eine ausdifferenzierte Regelung. Sie nehmen in dem Gesetzentwurf nicht Stellung zu den Punkten, die relevant wären, nach welchen Kriterien verteilt wird, wie ich in schrumpfenden Regionen damit umgehe. Sie wollen doch, dass nicht noch mehr Menschen in die Ballungsräume ziehen, sondern Sie wollen dem ländlichen Raum Zukunft geben. Wir haben uns hier im Bayerischen Landtag einvernehmlich darauf verständigt, für gleich

wertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu sorgen. Dazu gehören auch gleichwertige Entwicklungsverhältnisse und nicht die Bevormundung, nicht eine Politik von oben herab.

Insoweit brauchen wir Anreize. Wir brauchen Möglichkeiten, flächensparend tätig zu werden. Wir brauchen Möglichkeiten, um innerörtlich zu entwickeln. Aber was wir definitiv nicht brauchen, ist eine Bevormundung unserer Kommunen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht dieser Gesetzentwurf der GRÜNEN an der Realität vorbei. Ich würde Sie bitten, ihm nicht zuzustimmen.

Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir auch sehen:

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben in Bayern, gerade in Ballungsräumen, eine Verteuerung des Wohnraums. Die Annahme Ihres Gesetzentwurfs würde dazu führen, dass die Mietpreise und die Grundstückspreise noch deutlich weiter zunehmen. Dieses Ausspielen von Interessen gegeneinander darf es nicht geben und wird es nicht geben. Wir wollen keine Bevormundung unserer Kommunen, sondern wir wollen Hand in Hand mit unseren Kommunen unsere natürlichen Ressourcen schonen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf der GRÜNEN nicht zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Mistol.

Herr Staatssekretär, da habe ich gleich eine Zwischenbemerkung für Sie.

(Staatssekretär Dr. Hans Reichhart: Selbstver- ständlich!)

Sie wissen, ich bin wohnungspolitischer Sprecher der GRÜNEN. Als wir das fraktionsintern diskutiert haben, habe ich natürlich sehr wohl darauf geschaut, welche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt das hat. Ich kann Ihnen sagen, ich hätte nicht zugestimmt, wenn das, was Sie erzählen, richtig wäre. So ist es nicht, dass mit der Flächenbegrenzung eine Erhöhung der Mietpreise oder der Flächenpreise verbunden ist. Ich habe selber ein Interesse – das habe ich heute erst wieder gesagt, und das sagt zum Beispiel auch der Deutsche Mieterbund –: Wir brauchen in Bayern pro Jahr ungefähr 70.000 neue Wohnungen. Das kriegen wir hin mit einer Begrenzung des Flächenverbrauchs auf fünf Hektar pro Tag.

(Florian von Brunn (SPD): Dann müsst ihr auch konkret sagen, wie!)

Das haben wir diskutiert. Das bekommt man hin, und zwar insbesondere dann, wenn man das Gebot des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden befolgt. Da sind wir uns, glaube ich, alle einig. Wir sehen auch, dass viel zu locker gebaut wird. Es muss viel dichter gebaut werden. Es muss insbesondere viel höher gebaut werden. Dann bekommt man das, was wir an Wohnraum und für Gewerbe brauchen. Dort, wo heute schon Flächenmangel herrscht, in den Ballungsräumen, bauen plötzlich die Industrie und diejenigen, die für Gewerbe sorgen, zweistöckig und dreistöckig, was natürlich ein Stück weit teurer ist. Aber so geht man natürlich sparsam mit Grund und Boden um. Das geht, wenn man es nur will. Insofern denke ich, dass das genau das Richtige ist.

Was den Vorwurf angeht, Herr Kollege, dass wir sozusagen den Kommunen vorschreiben wollten, was sie zu tun haben, ist die CSU das beste Beispiel. Sie legen den Kommunen goldene Zügel an, Sie wollen den Kommunen alles vorschreiben.

(Zuruf von der CSU: Wo lebt denn der?)

Sie wollen ihnen sagen, wie sie ihren Straßenausbau machen und sonst irgendwas.

(Hans Herold (CSU): Ihr auch wahrscheinlich!)

Da sind Sie die Letzten, die sagen können, wir würden den Kommunen goldene Zügel anlegen. Sie sind es selber, die das machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lieber Kollege Mistol, ich möchte auf Ihren Einwurf hin einfach Zahlen sprechen lassen: 6,4 Hektar am Tag im Jahr 2015 für Wohnen und Mischwohnnutzung. Wenn Sie auf 5 Hektar begrenzen, fehlen immer noch 1,4 Hektar. Darauf können die GRÜNEN leider keine Antwort geben. Die einzige Antwort, die Sie geben, ist die: Macht Geschosswohnungsbau, baut keine Einfamilienhäuser. Dann wären wir wieder bei der Bevormundung. Wir wollen auch die Familien auf dem Land entscheiden lassen: Gehe ich in den Geschosswohnungsbau, oder will ich mir mein Haus kaufen? Das ist Politik, wie wir sie verstehen. Wir wollen den Leuten Möglichkeiten eröffnen, wir wollen Freiheiten eröffnen und wollen die Menschen nicht bevormunden und nicht gängeln. Insofern sprechen die Zahlen, glaube ich, sehr deutlich gegen den Gesetzentwurf.

(Florian von Brunn (SPD): Sind Sie jetzt gegen Geschosswohnungsbau?)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine zweite Zwischenbemerkung des Kollegen Häusler.

Herr Staatssekretär, Sie haben vorher die Innenverdichtung angesprochen. Ich darf zwei konkrete Fragen an Sie richten. Zum einen ist es so, dass es gerade im ländlichen Raum – von dort kommen wir ja beide – sehr viele Industrieruinen gibt und Brachflächen, die nur mit viel Aufwand generiert werden können. Meine Frage: Welches Instrumentarium würden Sie bevorzugen, um vor einer Neuausweisung die bestehenden Ressourcen zu nutzen? Ich komme aus dem ländlichen Raum, und dort gibt es immer wieder Bauernhöfe, die aufgelassen sind. Da wollen Nachkommen, Erben oder Verwandte vielleicht bauen, aber sie sagen: Ich tue es nicht, weil es sonst steuerliche Probleme gibt. Wenn ich vom Betriebsvermögen ins Privatvermögen überführe, zahle ich so viel an Steuer, wie wenn ich auf der grünen Wiese einen Bauplatz kaufe. Und dabei habe ich dann meine Ressource behalten. – Sehen Sie das auch so, Herr Staatssekretär? Und welche Möglichkeiten sehen Sie, um genau diese Probleme zu überwinden?

Lieber Kollege Häusler, wenn Sie den "Bayernplan" der CSU zur Bundestagswahl gelesen hätten, hätten Sie gesehen, dass wir genau dafür eine Regelung vorsehen. Bei der Herausnahme landwirtschaftlich genutzter Flächen aus dem Betriebsvermögen und Nutzung für den sozialen Wohnungsbau soll es steuerliche Möglichkeiten geben, die keine einseitige Belastung der Landwirte nach sich ziehen. Insoweit ist Berlin gefordert. Das ist unser Ansatz, auf den wir in Berlin auch bestehen werden. Damit kann man das eine oder andere Problem lösen.

Sie haben den ländlichen Raum zu Recht angesprochen, wo wir immer wieder Herausforderungen bei der innerörtlichen Entwicklung haben. Ich empfehle manchmal den Blick über die schwäbischen Grenzen hinaus, beispielsweise nach Oberfranken, um zu sehen, welche intensive Ortsentwicklung dort betrieben wird.

Ich glaube, das sind richtige Wege, die man gehen kann, um etwas zu erreichen. Schlussendlich geht das aber nur im Einvernehmen mit den Kommunen. So sollten wir uns doch zusammentun, um auf diesem Gebiet stark zu sein und Dementsprechendes zu leisten. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Ich lasse zunächst in einfacher Form über den Änderungsantrag zum Initiativgesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abstimmen und anschließend über den Antrag der CSU sowie am Schluss in namentlicher Form über den Gesetzentwurf.

Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 17/16760, der Änderungsantrag auf Drucksache 17/20613 sowie die Beschlussempfehlungen des federführenden Ausschusses für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie auf den Drucksachen 17/21183 und 17/21235 zugrunde.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas Ruhe. – Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt, den Gesetzentwurf sowie den Änderungsantrag hierzu abzulehnen.

Vorweg ist über den vom federführenden Ausschuss zur Ablehnung empfohlenen Änderungsantrag auf Drucksache 17/20613 abzustimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – CSU-Fraktion, SPD-Fraktion sowie Kollege Muthmann (fraktionslos). Ich frage nach den Stimmenthaltungen. – Das sind die FREIEN WÄHLER, Kollege Felbinger (fraktionslos) und Claudia Stamm (fraktionslos). Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Nun komme ich zur Abstimmung über den Antrag von Abgeordneten der CSU betreffend "Anreizpaket zum Flächensparen" auf Drucksache 17/20450. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt Zustimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen! – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen! – SPD-Fraktion, Fraktion FREIE WÄHLER, Kollege Felbinger (fraktionslos) und Kollege Muthmann (frakti- onslos), Gegenstimme von Claudia Stamm (fraktions- los). Damit ist dem Antrag zugestimmt.

Ich komme nun zurück zum Gesetzentwurf. Hierzu ist namentliche Abstimmung vorgesehen. Die Empfeh

lung habe ich vorhin abgegeben. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten!

(Namentliche Abstimmung von 17.44 bis 17.49 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die Abstimmung. Die Stimmen werden außerhalb des Sitzungssaales ausgezählt. Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 und 17 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest vorbeugen - Schwarzwildbestand wirksam reduzieren! (Drs. 17/19241)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun Brendel-Fischer, Angelika Schorer u. a. und Fraktion (CSU) Wirksame Maßnahmen zur Vorbeugung gegen die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest voranbringen (Drs. 17/19260)

Ich eröffne die Aussprache und möchte daran erinnern: 24 Minuten Gesamtredezeit. Ich bitte als ersten Redner den Kollegen Häusler ans Rednerpult.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Afrikanische Schweinepest hängt wie ein Damoklesschwert auch über Bayern und insbesondere über der bayerischen Landwirtschaft. Betroffen ist speziell die Schweinehaltung, die bei uns in Bayern noch einen sehr beachtlichen Anteil stellt und viele Familieneinkommen generiert und sicherstellt.

Die Afrikanische Schweinepest hat sich in Osteuropa mittlerweile deutlich ausgebreitet. Begonnen hat es in den baltischen Staaten, jetzt ist sie über Polen bereits in Tschechien angekommen; auch Rumänien und die Ukraine sind betroffen. Im Wesentlichen sind Wildschweinbestände, vereinzelt aber auch Hausschweinbestände von der Seuche betroffen. Nachdem die bayerische Grenze nicht so weit vom tschechischen Ausbreitungsgebiet entfernt ist, ist es notwendig, wirksame Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Deswegen haben wir FREIE WÄHLER dazu einen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Wir sollten ähnlich vorgehen, wie es die Kollegen in Mecklenburg-Vorpommern getan haben.

Die CSU hat unseren Antrag als populistisch abgelehnt und einen eigenen Antrag nachgeschoben, der

uns heute vorliegt. Der Unterschied zwischen unserem Antrag und dem Antrag der CSU ist ganz einfach: Wir haben in unserem Antrag konkrete Handlungsoptionen gefordert. Wir wollen zum Beispiel mit einer Aufwandsentschädigung von 25 Euro für geprüfte Jagdhunde einen Anreiz zum Abschuss von Wildschweinen schaffen, damit auch revierübergreifende Jagden vernünftig durchgeführt werden können. Die Kosten für die Trichinenbeschau beim erlegten Wild sollen vom Freistaat übernommen werden, sodass die Bereitschaft der Jäger, Schwarzwild zu jagen, deutlich gesteigert wird. Wir wollen auch, dass in den Staatsjagdrevieren die Jagdruhe aufgehoben wird, weil zwischen dem 1. Februar und dem 1. Mai im Regelfall zu wenig gejagt wird. Das ist in der derzeitigen Lage nicht angebracht. Wir haben auch zusätzliche Maßnahmen für die Transitwege vorgeschlagen. Leider ist die Dringlichkeit dieser Maßnahmen von der Mehrheit des Hauses nicht anerkannt worden.

Der Antrag der CSU, dem wir auch zustimmen werden, ist wie üblich sehr allgemein gehalten. Er enthält wenig konkrete Vorgaben. Mittlerweile werden 20 Euro pro Wildschwein vorgeschlagen. Das ist ein Teil dessen, was wir gefordert haben. Mit dem CSUAntrag sollen im Rahmen vorhandener Mittel Anreizsysteme geschaffen werden. Das Schwarzwild soll intensiver bejagt werden, und geprüft werden soll, wie die Jäger von Kosten und Gebühren entlastet werden können. Das ist ein sehr oberflächlicher Antrag, dem wir nur deshalb zustimmen, weil damit nichts kaputt gemacht werden kann. Dem Problem wird er aber nicht gerecht.