Ich bin dem Kollegen Kraus sehr dankbar dafür, dass er die sachliche Ebene betont hat; denn die Meinung der Wissenschaft ist in diesem Punkt eindeutig: Die schädliche Wirkung von Neonicotinoiden auf Bienen muss als bewiesen betrachtet werden. Nach Meinung der CSU-Fraktion – wir haben das in den genannten Ausschüssen wiederholt betont – sollte die Bayerische Staatsregierung nun auf Bundesebene bei nachweislicher Bienengefährlichkeit auf ein endgültiges Verbot der drei genannten Neonicotinoide im Freiland drängen. Ich bin überzeugt, dass unsere neue Ministerin auch in diese Richtung gehen wird.
Es hat sich herausgestellt, dass die CSU-Fraktion die Staatsregierung bereits vor Bekanntwerden der EFSA-Studie dazu aufgefordert hat, eine Prüfung auf Bundesebene zu veranlassen, ob und wie ein endgültiges Verbot umgesetzt werden kann. Zudem sollte geprüft werden – das ist auch wichtig –, welche Alternativen den Landwirten zur Verfügung stehen. Des Weiteren war es auch goldrichtig, dass Deutschland aufgrund der bekannten Bienenproblematik anders als die übrigen EU-Mitgliedstaaten bereits seit 2008 reagiert und erhebliche Einschränkungen beim Einsatz der Neonicotinoide veranlasst hat. Zugleich wurden die drei genannten neonicotinoiden Wirkstoffe im Jahre 2013 auf EU-Ebene in weiteren Kulturen sehr stark eingeschränkt. Wir sind in Deutschland 2015 noch einen Schritt weiter gegangen und haben zusätzlich entsprechend behandeltes WintergetreideSaatgut verboten.
Das heißt: Wir als CSU-Fraktion waren hier bereits tätig und haben das auch durch unseren Antrag manifestiert. Ganz besonders wichtig ist uns, bereits jetzt
über ein Verbot hinauszudenken; denn es ist leicht, etwas zu verbieten, ohne sich darum zu kümmern, wie es hinterher weitergehen soll. Die Frage nach Alternativen ist für unsere Landwirte wichtig. Die Forschung nach umweltschonenden Alternativen und Ersatzprodukten soll von der Staatsregierung im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel vorangetrieben werden. Die Bedeutung des Themas ist gerade jetzt auch im Nachtragshaushalt aufgegriffen worden, weil wir Gelder für spezielle Rückstandsuntersuchungen bei Honig eingestellt haben und vor allen Dingen auf eigene Erkenntnisse pochen.
Die CSU-Fraktion setzt sich mit dem vorliegenden Antrag nach wie vor für einen sorgsamen Umgang mit Neonicotinoiden in der Landwirtschaft ein. Auf der Grundlage der EFSA-Studie halten wir aber ein vorsorgliches Verbot der verbliebenen zwei Neonicotinoide – Thiacloprid und Acetamiprid –, die im GRÜNEN-Antrag genannt werden, momentan für überstürzt. Die beiden Wirkstoffe wurden im Rahmen des Zulassungsverfahrens im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt sowie im Benehmen mit dem Bundesamt für Risikobewertung und dem Julius Kühn-Institut intensiv geprüft, ebenso die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt im Zulassungsverfahren. Damit basieren unsere Entscheidungen wirklich auf einer sachlichen Grundlage. Wenn wir über Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft reden, können wir nicht sicherheitshalber und vorsorglich alles verbieten, was chemisch hergestellt wurde.
Verehrte Frau Kollegin Sengl, die Grundlage für unser politisches Handeln ist doch, dass wir Entscheidungen fachlich begründet treffen. Wir wollen den bayerischen Landwirten die Entscheidung überlassen, ob sie Ökolandbau oder konventionellen Landbau betreiben – wir werten das auch nicht – und, wenn nötig, auf chemische Pflanzenschutzmittel zurückgreifen. Unsere Landwirte in Bayern tun das äußerst verantwortungsbewusst. Landwirte, die für den Anbau ihrer Früchte auf chemische Pflanzenschutzmittel angewiesen sind, brauchen solide wissenschaftliche Grundlagen. Diese fachlichen Grundlagen, die uns zur Verfügung gestellt werden, gilt es zu achten. Der Gesetzgeber sollte Mittel nicht voreilig ohne tiefgehende Prüfung und schon gar nicht aufgrund von Vermutungen verbieten. Entscheidend ist hier die solide fachliche Grundlage.
Nach unserer Meinung hat es sich als richtig herausgestellt, bereits vor Bekanntwerden des EFSA-Berichts ein Verbot der drei genannten Neonicotinoide im Freiland prüfen zu lassen. Nun fordern wir die Staatsregierung auf – sicherlich werden auch heute entscheidende Signale von der EU kommen –, diese
Nun zu den heute neu eingebrachten Anträgen. Zum Antrag der GRÜNEN habe ich bereits Stellung genommen. Dieser Antrag ist wesentlich anders als der bereits behandelte Antrag. Der vorliegende Antrag geht uns zu weit. Wir entscheiden hier wirklich auf Grundlage der Forschung. Wir lehnen diesen Antrag heute ebenso wie im Ausschuss ab.
Der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER deckt sich mit vielen Punkten des CSU-Antrags, vor allem mit Blick auf die drei untersuchten Neonicotinoide. Auch der Koalitionsvertrag enthält hierüber wichtige Fakten. Wir werden deshalb dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen.
Zum Antrag der SPD haben sich bereits der Kollege Martin Schöffel und ich im Ausschuss geäußert. Damals hieß es, wir sollten uns blindlings auf die EFSAStudie verlassen. Wir hatten damals etwas Bauchweh, haben aber dem Antrag trotzdem zugestimmt. Die EFSA hat in unserem Sinne entschieden, diese Wirkstoffe zu verbieten. Der jetzt vorliegende Dringlichkeitsantrag ist überschrieben mit: "Schluss mit der Anwendung von Neonicotinoiden im Freiland!" Dieser Antrag ist viel zu undifferenziert formuliert. Sie beziehen sich auf die EFSA-Studie, nennen sie aber nicht. Deswegen werden wir den Antrag der SPD diesmal ablehnen.
Frau Kollegin, vielen Dank für diesen Wortbeitrag. Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen vorliegen: zunächst Frau Müller und dann Frau Sengl. Ich darf vorweg noch bekannt geben, dass die CSU für den SPD-Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. – Frau Kollegin Müller, Ihre Zwischenbemerkung, bitte schön.
Sehr geehrte Frau Kollegin Schorer-Dremel, in Ihrem Antrag heißt es nach wie vor: "Der Landtag ist der Auffassung, dass der Einsatz der genannten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe sorgfältig geprüft werden müsse." Das ist jetzt passiert. Der Antrag ist daher überholt. Ich verstehe nicht, warum Sie den Antrag heute noch einmal eingereicht haben; denn am 28. Februar, also nach unserer Ausschusssitzung, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit festgestellt, dass die Mehrzahl der Anwendungen für die Wild- und die Honigbienen sowie
die Hummeln ein hohes Risiko darstellt. Sie haben davon gesprochen, dass Sie als CSU nichts überstürzen wollen. Dass Sie nichts überstürzen, sieht man an dem Antrag; denn Sie verwenden den gleichen Antrag wieder. Ein Überstürzen wäre aber durchaus notwendig gewesen, um auf die aktuellen Anforderungen Bezug zu nehmen. Das Risiko wurde mittlerweile festgestellt. Um einer Legendenbildung vorzubeugen: Ihr Antrag ist damals im Ausschuss nicht einstimmig angenommen worden.
Die EFSA hat damals den Bericht abgegeben, aber es liegt keine Empfehlung der Kommission vor. Die Kommission tagt heute. Deswegen fanden wir, dass es im Zuge der heutigen Vorlage dieses Antrags durchaus in Ordnung war, den Antrag weiterzuführen. Das Begehren wird immer noch geprüft. Wir warten auf die Entscheidung der EU. Wir haben im Ausschuss unsere Haltung zu den Neonicotinoiden zum Ausdruck gebracht und dementsprechend abgestimmt. Sie waren jedes Mal anwesend. Wir haben damals Ihrem Antrag zugestimmt – wohl wissend, dass er sehr oberflächlich und nicht sehr tiefgehend war. Auch das habe ich begründet.
Ihre Überschrift ist allumfassend. Mit dem Ausdruck "alle Neonicotinoide" ist Ihr Antrag ungenau und nicht deutlich formuliert. Punkt.
Bei Zwischenbemerkungen gibt es keine weitere Diskussion, Herr Kollege Arnold. Jetzt ist Frau Kollegin Sengl mit ihrer Zwischenbemerkung dran.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ich bin jetzt ein bisserl verwirrt; denn zuerst wurde der Vorwurf erhoben, die Wissenschaft sei einseitig. Wer wissenschaftliche Studien zitiere, sei ganz einseitig. Jetzt kam dagegen der Vorwurf, wir handelten nur aus dem Bauch heraus. Keine Ahnung. Es ist klar: Ich beziehe mich bei diesen Dingen nur auf wissenschaftliche Fakten und auf jahrelang geführte Studien von Wissenschaftlern, nicht jedoch von Hobbyforschern, wovon ebenfalls gesprochen wurde. Selbst die Krefelder Studie ist wirklich von allen Wissenschaftlern anerkannt. Das waren keine Hobbyforscher. Wenn wir das Ganze immer in Zweifel ziehen, kommen wir politisch nicht weiter, sondern man hat
das Gefühl, dass irgendwelche anderen Interessen wesentlich stärker im Vordergrund stehen als Erkenntnisse, die auf einer sachlich orientierten Wissenschaft basieren. Wir treffen solche Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus, sondern lesen das alles sehr genau durch.
Dem Antrag der CSU haben wir damals im Ausschuss zugestimmt, weil das noch vor der Entscheidung am 28. Februar lag. Damals ging es um die Prüfung durch die EFSA. Diese Prüfung ist abgeschlossen. Die EFSA sagte ganz klar, dass diese drei Stoffe für Bienen gefährlich sind. Deshalb spricht sie sich für ein Verbot im Freiland aus. Im Gewächshaus ist die Verwendung dieser Wirkstoffe übrigens erlaubt. Aber auch das kann man mal infrage stellen; denn wenn das Gewächshaus offen ist, fliegen die Insekten raus und rein. Man muss ganz klar sagen: Das war alles ein Zugeständnis an die konventionelle intensive Landwirtschaft.
Diesen Antrag kann man sich also sparen. Deswegen stimmen wir ihm heute nicht zu. Ich finde es schwach, dass ihr es nicht geschafft habt, einen neuen Antrag zu stellen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schorer-Dremel. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht auch zur Erklärung für die Besuchertribüne. Bei Zwischenbemerkungen muss man keine Frage stellen. Dann muss der Redner oder die Rednerin nicht irgendetwas konkret beantworten. Aber die Frage, ob jetzt eine Frage dabei gewesen sein könnte, ist trotzdem zulässig. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schöffel, bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal auf die Aussagen der Frau Kollegin Müller eingehen. Es geht um die Bienen und um die Bauern. Das hat Frau Kollegin Tanja Schorer-Dremel eben sehr deutlich gemacht.
Liebe Kollegin Sengl, Sie sagen, Landwirtschaft sei ohne Pflanzenschutzmittel möglich. Sie wissen genau, dass das beim Raps nicht möglich ist. Es gibt keinen Bioraps in nennenswertem Umfang. Insofern sind Sie sehr gefährlich unterwegs, was den Ökolandbau anbelangt. Sie wissen genau, dass Kupfersulfat
eingesetzt wird und dass Pestizide gegen den Kartoffelkäfer eingesetzt werden. Informieren Sie sich; denn sonst erweisen Sie den Ökolandwirten einen Bärendienst.
Wir wollen auf keinen Fall zulassen, dass der Rapsanbau aus unserer Feldflur völlig verschwindet. Raps bedeutet Pflanzenöl, und Raps bedeutet heimisches Eiweißfutter. Raps hat erwiesenermaßen einen sehr hohen ökologischen Wert. Die beiden genannten Wirkstoffe Thiacloprid und Acetamiprid gelten als ungefährlich für Bienen. Das ist nachgewiesen vom Umweltbundesamt, vom Bundesamt für Risikobewertung und vom Julius Kühn-Institut. Hätten Sie andere Studien, würden Sie diese vorlegen.
Wir unterstützen den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER, mit dem gefordert wird, auch diese Stoffe von der EFSA untersuchen zu lassen. Das wäre eine Grundlage. Sie haben die Stoffe Dinotefuran und Nitenpyram genannt. Diese Stoffe sind in der EU und in Deutschland nicht zugelassen. Das ist zum Antrag der FREIEN WÄHLER wichtig zu wissen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich feststellen: Die Bauern setzen die Pflanzenschutzmittel nicht zum Spaß ein. Dadurch entstehen ihnen Kosten. Sie setzen sie auch nicht prophylaktisch ein, sondern nur, wenn ein Schaden auftritt, beim Überschreiten von Schadschwellen und um einen Totalausfall zu verhindern. Das müssen wir beachten; denn es ist ethisch nicht vertretbar zuzuschauen, wie ein Bestand total zugrunde geht, wenn es dagegen Mittel gäbe, die für Bienen und Insekten nicht gefährlich sind.
Vielen Dank, Herr Kollege Schöffel. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich werde die Anträge inhaltlich nicht bewerten, darf aber allen Rednerinnen und Rednern zu dem gratulieren, was hier an Fachbegriffen unfallfrei durch den Saal geflogen ist. Ich habe keine Strichliste geführt, aber das Wort "Neonicotinoide" wird heute von der Häufigkeit her zum Wort des Tages erklärt. Damit sind alle einverstanden.
Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Deshalb müssen wir die Abstimmung verschieben. Sie wird nach der Beratung des nächsten Antrags durchgeführt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Gudrun Brendel-Fischer, Karl Freller u. a. und Fraktion (CSU) Christliche Tradition bewahren - Mit Kindern das Osterfest feiern (Drs. 17/21246)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Christliche Traditionen leben - Toleranz fördern! (Drs. 17/21276)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr von Brunn, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den tieferen Sinn meines Redebeitrags vorwegnehmen. Ich könnte es damit schon fast belassen.