Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Nach der Geschäftsordnung ist unserer Abstimmung die Entscheidung des die Eingaben behandelnden Ausschusses zugrunde zu legen. Der Ausschuss für

Bildung und Kultus hat beschlossen, die Eingaben gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahmen der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Den Petentinnen und Petenten sind die Stellungnahmen der Staatsregierung sowie ein Protokollauszug zu übersenden.

Die Fraktionen FREIE WÄHLER und GRÜNE haben beantragt, die Abstimmung in namentlicher Form durchzuführen.

Wer dem Votum des Ausschusses für Bildung und Kultus gemäß § 80 Nummer 4 zustimmen will, den bitte ich, die blaue Ja-Karte zu benutzen. Für Gegenstimmen ist die rote Nein-Karte zu verwenden. Stimmenthaltungen sind mit der weißen Stimmkarte anzuzeigen. Die Urnen befinden sich dort, wo sie sonst auch immer sind. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Sind Sie mit drei Minuten einverstanden?

(Zurufe: Ja!)

- Gut, danke schön, drei Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 20.53 bis 20.56 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, das Ergebnis außerhalb des Saales zu ermitteln.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ruth Waldmann, Angelika Weikert und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "UN-Behindertenrechtskonvention ernst nehmen Förderung der Erwerbstätigkeit von Menschen mit Behinderung", Drucksache 17/1097, bekannt: Mit Ja haben 49 gestimmt, mit Nein haben 78 gestimmt, es gab 13 Stimmenthaltungen. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 9)

Die übrigen Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/1098, 17/1100 bis 17/1103 sowie 17/1114 werden in die zuständigen Ausschüsse verwiesen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 9 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Bürgerschaftliches Engagement zur Chefsache machen - Amt einer bzw. eines

Landesbeauftragten für Bürgerschaftliches Engagement schaffen! (Drs. 17/170)

Ich weise bereits jetzt darauf hin, dass die Fraktion FREIE WÄHLER namentliche Abstimmung beantragt hat. Im Anschluss an die namentliche Abstimmung haben wir noch die Abstimmung zum Tagesordnungspunkt 10. Mittlerweile wurde auf die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt verzichtet, aber die Abstimmung müssen wir noch durchführen. Ich bitte Sie, noch da zu bleiben. - Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Kollege Dr. Fahn. Bitte schön.

Meine Damen und Herren! Ich tue Ihnen einen Gefallen: Wir ziehen den Antrag auf namentliche Abstimmung zurück. Dann haben Sie noch ein paar Minuten gewonnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Meine Damen und Herren, am 15. September 2013 stimmten 90 % der bayerischen Bevölkerung für die Aufnahme des Ehrenamtes in die Bayerische Verfassung. Diese Regelung ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Bayern ist das einzige Bundesland, in dessen Verfassung es einen solchen Passus gibt. Das ist ein Durchbruch für das Ehrenamt, meine Damen und Herren.

3,6 Millionen Menschen oder 40 % der Bevölkerung in Bayern engagieren sich ehrenamtlich. Der Einsatz von einem Euro in bürgerschaftliches Engagement bringt einen gesellschaftlichen Nutzen von sieben Euro, meine Damen und Herren. Dabei ist auch wichtig das wird aber immer wieder vergessen -, dass der Bayerische Landtag am 18. April 2012 einstimmig beschlossen hat, die Staatsregierung aufzufordern, bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen – gut, das will jeder -, und finanziell zu fördern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wichtig ist für uns FREIE WÄHLER auch, dass wir vorhandene Strukturen erhalten und stärken wollen. Dazu gehört die Ehrenamtskarte, der Ehrenamtsnachweis. Die Koordinierungszentren für das bürgerschaftliche Engagement haben sich bewährt und sollten auf jeden Fall ausgebaut werden.

Aber wir brauchen natürlich auch eine gewisse personelle Unterstützung. Wir hatten in der letzten Legislaturperiode – die Frau Ministerin und Sie, meine Damen und Herren, wissen das – Markus Sackmann. Markus Sackmann war der Staatssekretär, also gewissermaßen der Minister für das Ehrenamt. Er hat das Ganze eigentlich verkörpert. Leider wurde diese Stelle gestrichen, meine Damen und Herren, und das ist eine Schwächung auch für das Sozialministerium.

Wir wollen im Sinne des Sozialministeriums eine personelle Verstärkung, und das wäre ein sogenannter Landesbeauftragter für das Ehrenamt. So etwas gibt es in Rheinland-Pfalz, das gibt es in Berlin und so weiter.

Es wird immer gesagt, dass sich 36 % der bayerischen Bürger ehrenamtlich engagieren. Das ist zwar toll, aber inzwischen haben uns andere Bundesländer überholt. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben schon Werte über 40 %. Frau Ministerin, angesichts der zahlreichen Landesbeauftragten, zum Beispiel der Landesbeauftragte für Datenschutz, der Landesbeauftragte für Sport, der Beauftragte für Integration Martin Neumeyer mit erweiterten Kompetenzen, die Behindertenbeauftragte und der Pflegebeauftragte Hermann Imhof, ist es wichtig, auch das Ehrenamt in der Verfassung zu verankern und hierfür einen Landesbeauftragten zu installieren. Das ist die Forderung der FREIEN WÄHLER.

Wir haben - auch das ist wichtig - für unser Anliegen prominente Unterstützung. An der Spitze steht der Katholische Deutsche Frauenbund, der den negativen Beschluss des Sozialausschusses wie folgt kommentierte: Es wird keinen Landesbeauftragten geben. Damit ist eine wichtige Chance vertan, das neue Staatsziel mit Leben zu erfüllen. - Dr. Elfriede Schießleder bringt es auf den Punkt, die sagt: Eine Anlaufstelle für Fragen der Bürgerinnen und Bürger und der Kommunen, einen Ansprechpartner für Ehrenamtliche direkt bei der Staatskanzlei anzusiedeln, wäre ein starkes Zeichen gewesen. Ich hoffe, dieses starke Zeichen wird noch kommen.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Immerhin hat der Katholische Frauenbund in Bayern 180.000 Mitglieder. Das wäre für das Ehrenamt eine Wertschätzung. Mal schauen, was die CSU – und zum Teil auch die SPD – bringt. Es wird gesagt, es werde eine Parallelstruktur geschaffen. Nein, ein solcher Landesbeauftragter wäre für das Ehrenamt in Bayern eine famose Unterstützung. Gerade deshalb haben wir diesen Antrag noch einmal gestellt.

Frau Ministerin, ich bin froh, dass Sie den Runden Tisch Ehrenamt jetzt leiten und gesagt haben, Sie wollen sich dafür engagieren. Aber Sie können das nicht zu allen Zeiten machen; denn wir wissen, dass Sie personelle und zeitliche Kapazitätsprobleme haben. Solch ein Beauftragter für das Ehrenamt würde Sie sicherlich sehr gut unterstützen. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Das Ehrenamt ist in der Bayerischen Verfassung verankert. Wir brauchen keine Parallelstrukturen, sondern Unterstützungsstrukturen. Bayern hat das Ehrenamt als erstes Land

in die Verfassung aufgenommen. Damit es nicht nur auf dem Papier steht, damit es mit Leben gefüllt wird, benötigen wir einen solchen Beauftragten. Sinnvoll wäre es, diese Stelle bei der Staatskanzlei anzusiedeln. Sicherlich wäre es aber auch möglich, diese Stelle im Sozialministerium einzurichten. Wir hoffen auf Unterstützung unseres Anliegens.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Fahn. Für die CSU-Fraktion hat sich Herr Kollege Dr. Hopp gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Fahn, ich danke Ihnen herzlich dafür, dass Sie das Thema "Ehrenamt" heute auf die Tagesordnung bringen. Wie wichtig, zum Teil lebenswichtig, ehrenamtliches Engagement ist, haben wir im Frühsommer 2013 bei der Flutkatastrophe in Deggendorf und weiten Teilen Bayerns eindrucksvoll erleben müssen. Was damals an ehrenamtlicher Hilfe geleistet wurde, sucht seinesgleichen.

(Beifall bei der CSU und der SPD)

Innerhalb von wenigen Stunden waren aus meinem Heimatlandkreis Cham ebenso wie aus allen Ecken Bayerns Hunderte, später Tausende von ehrenamtlichen Helfern unterwegs, um vor Ort über Wochen und Monate zu helfen und anzupacken. Von meiner Seite aus an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle Helfer aus ganz Bayern!

Nicht nur dieses Beispiel zeigt: Das Ehrenamt ist einer der Grundpfeiler unserer Gesellschaft. In Bayern setzen sich fast vier Millionen Menschen, Jung wie Alt, jede Woche in Kirchen, Sportvereinen, sozialen Einrichtungen und Hilfsorganisationen, aber auch in Parteien für unsere Gesellschaft ein. Sie sorgen dadurch für mehr Zusammenhalt, bereichern unser Gemeinwesen und tragen entscheidend dazu bei, dass 98 % der Menschen gerne in Bayern leben. Viele Bereiche des öffentlichen und sozialen Lebens – Herr Dr. Fahn, Sie haben es auch angesprochen – wären ohne Ehrenamtliche gar nicht oder nur schwer denkbar; denn der Staat allein kann nicht alles bewältigen. Gerade in einer Demokratie sind aktive Bürger gefragt, die sich für ihre Anliegen, aber auch für die Anliegen des Gemeinwohls einsetzen.

Das Ehrenamt ist auch deshalb so wertvoll, weil es den Bürgern die Freiheit lässt, die Lebensbedingungen ohne direkte staatliche Einmischungen selbst zu gestalten. Ich bin davon überzeugt, der demografische Wandel wird dazu führen, dass das Ehrenamt noch wichtiger wird, in den Städten genauso wie im

ländlichen Raum. Die Aufnahme des Ehrenamtes in die Verfassung war daher ein wichtiges Signal, auch an die 39 % der Bevölkerung, die sich zwar grundsätzlich vorstellen könnten, sich zu engagieren, es aber noch nicht tun.

Diesen noch verborgenen Schatz, den das Ehrenamt bietet, müssen wir heben. Wir müssen jeden Einzelnen aktivieren und motivieren. Wir müssen für alle Ehrenamtlichen ein Klima der Anerkennung und Wertschätzung schaffen. Wir müssen Rahmenbedingungen auf den Weg bringen, in denen bürgerschaftliches Engagement weiter wachsen und gestärkt werden kann. Das hat der Freistaat Bayern getan. Im Freistaat Bayern haben sich bei der Infrastruktur Verbesserungen eingestellt mit dem bayerischen Sozial- und Ehrenamtsministerium, mit Markus Sackmann in den vergangenen Jahren, jetzt mit Sozialministerin Emilia Müller, mit dem "Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement", mit dem "Runden Tisch Bürgerschaftliches Engagement", mit den Koordinierungszentren vor Ort, die mittlerweile in 15 Landkreisen etabliert sind. Aber auch bei der Schaffung einer Anerkennungskultur gab es Verbesserungen mit dem Ehrenamtsnachweis, mit dem Erfolgsmodell der Ehrenamtskarte, die Markus Sackmann initiiert hatte. Sie wurde in meinem Landkreis Cham getestet und mittlerweile zum 50.000 Male in Bayern verliehen. Ferner gibt es Auszeichnungen und Hilfestellungen, Maßnahmen im Bildungsbereich und die Weiterentwicklung der Freiwilligendienste, um einige weitere Beispiele zu nennen.

Die Verfassungsänderung vom Herbst des letzten Jahres, die Sie zu Recht angesprochen haben, bestärkt diese Maßnahmen und liefert uns Argumente, diesen Weg jetzt konsequent weiterzugehen.

Herr Kollege Dr. Fahn, hier beginnt meines Erachtens Ihr Denkfehler: Die Verfassungsänderung liefert kein Argument zur Etablierung eines neuen Amtes und Landesbeauftragten für das Bürgerschaftliche Engagement in der Staatskanzlei. Das würde unnötige Parallelstrukturen zum Sozialministerium und zum "Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement" mit sich bringen sowie personelle und finanzielle Ressourcen binden.

Jeder von uns Abgeordneten, der Landtag an sich, muss Förderer und Botschafter des Ehrenamtes sein. Natürlich brauchen wir auch in Zukunft Fürsprecher und Botschafter für das Ehrenamt wie unsere Sozialministerin Emilia Müller und Markus Sackmann, den Sie zu Recht angesprochen haben und der für das Ehrenamt auch in Zukunft sehr wichtig sein kann. Das nehme ich gerne auf. Aber mit Ihrem Vorschlag verlieren Sie den eigentlichen Sinn des Ehrenamtes aus

den Augen, das in den Landkreisen, Städten und Gemeinden freiwillig übernommen wird. Wir unterstützen es, aber sollten es nicht durch Schaffung einer neuen Institution in der Staatskanzlei noch mehr verstaatlichen.

Kurz: Ich sehe in der vorliegenden Form keinen echten Mehrwert zur Stärkung des Ehrenamtes und des bürgerschaftlichen Engagements in Bayern. Deswegen lehnt meine Fraktion den Antrag ab. Ich danke Ihnen aber trotzdem für diese Initiative. Wir können im Landtag nicht oft genug über das Ehrenamt diskutieren.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Hopp. Wir haben eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Dr. Fahn.

Danke, dass Sie das Engagement loben. Ich möchte Folgendes sagen: Herr Sackmann hat eine Lücke hinterlassen. Wer soll denn diese Arbeit von Herrn Sackmann, die wir alle loben und toll finden, konkret übernehmen? Auch wir denken im Sinne des Ehrenamtes. Auch ich will keine Parallelstrukturen. Meinetwegen kann dieser Bereich statt in der Staatskanzlei im Sozialministerium angesiedelt werden. Es geht um die Sache. Wir sind uns darin einig, dass das Ehrenamt den Stellenwert bekommen soll, den es verdient, und dass durch den Weggang von Markus Sackmann kein Defizit entstehen soll. Verstehen Sie dieses Anliegen?

Herr Kollege Dr. Fahn, ich möchte drei Punkte anmerken; ich habe alle drei eigentlich schon angesprochen. Wir alle hier sind gefordert, das zu kompensieren. Die Sozial- und Ehrenamtsministerin Emilia Müller wird es kompensieren. Ich nehme den Ball gerne auf, dass wir unseren Staatssekretär a. D. Markus Sackmann, soweit es möglich ist, weiter einbinden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Hopp. Damit erteile ich Frau Kollegin Waldmann das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe dieses Ritual hier nicht so ganz. Wir haben denselben Antrag, die gleiche Aussprache und die gleichen Wortmeldungen bereits im Ausschuss gehabt. Herr Kollege Dr. Fahn hat einen Antrag gestellt. Er ist guten Willens, das Ehrenamt zu stärken. Das will ich deutlich anerkennen. Ich konnte mich beim Redebei

trag von Herrn Kollegen Dr. Hopp darauf verlassen, dass er das Ehrenamt ausführlich und umfassend loben und dessen große Bedeutung herausstellen wird. Dem kann ich mich, um das abzuschließen, ganz einfach anschließen. Ich verweise darauf, dass es zum Selbstverständnis des Ehrenamts gehört, dass man sich selbst organisiert. Es ist beim "Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement" genauso wie bei der "Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen" und der Koordinationszentren. Es liegt in ihrer Logik, Netzwerke selber aufzubauen.