Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Haushalt entzaubert auch die Hochglanzrhetorik, in der sich der Finanzminister heute noch einmal versucht hat. Trotz günstiger Einnahmesituation schaffen es die CSU, der Ministerpräsident und der Finanzminister nicht, die immer wieder selbst gesetzten finanzpolitischen Ziele zu erreichen. Wenn Ihnen gar nichts anderes mehr hilft, ziehen Sie Vergleiche zu den anderen Bundesländern. Das haben wir hier auch erlebt. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass diese Vergleiche Ihnen nichts helfen.
- Herr Kollege Winter, wir kennen es doch aus unserer Schulzeit: Wer sich immer als Klassenprimus aufführt, muss sich besondere Kritik gefallen lassen, wenn er beim Schummeln erwischt wird. Das ist bei dieser Staatsregierung der Fall.
Eine allgemeine Lebenserfahrung lautet: Wer hohe und höchste Maßstäbe setzt und sie immer wieder anderen vorhält, muss sich selbst an diesen Maßstäben messen lassen. Was denn sonst? - Das machen wir jetzt.
Ihre Maßstäbe schauen so aus: Ich nenne nur das Stichwort "ausgeglichener Haushalt". Das Haushaltsdefizit wird nach dem Nachtragshaushaltsentwurf 2014 in diesem Jahr trotz Steuermehreinnahmen in Höhe von 460 Millionen Euro gegenüber dem Stammhaushalt größer statt kleiner. 767 Millionen haben Sie im Finanzierungssaldo auf der Negativseite. 1,3 Milliarden Euro müssen Sie aus den Rücklagen entnehmen, um den Haushalt finanzieren zu können.
Schon bei konjunkturellem Sonnenschein ist eine solche Haushaltspolitik gefährlich. Was passiert bei Schlechtwetter oder einem Sturmtief? Herr Ministerpräsident und Herr Finanzminister, manchmal kommen Sie mir so vor wie ein Familienvater, der die Sparkonten seiner Kinder plündert, um im Lokal eine Runde nach der anderen auszugeben. Das ist die Haushaltspolitik, die Sie uns im Augenblick vorführen.
Sie haben nicht nur die Aufgabe, auf den Haushaltsausgleich und die Einhaltung des Verbots der Nettoneuverschuldung zu achten, Sie haben vielmehr auch die Aufgabe, den Haushalt zukunftssicher zu machen. Dieses selbst gesetzte Ziel werden Sie mit diesem Nachtragshaushalt nicht erreichen. Trotz aller von Ihnen behaupteter Ausgeglichenheit, die es aber nicht gibt – das kann ich Ihnen belegen –, und trotz aller Behauptungen, keine neuen Schulden aufnehmen zu wollen, nehmen Sie mit diesem Haushalt mehr versteckte Schulden als je zuvor auf. Das sind doch die Fakten. Sie türmen Schulden für die Zukunft auf. Diese Schulden sind zwar aus dem Haushalt ausgebucht, aber sie sind real vorhanden. Sie sind bei den Staatsstraßen, beim Gebäudeunterhalt und bei der Pensionsvorsorge vorhanden. Sie bauen eine versteckte Verschuldung auf, statt sie abzubauen, was die Aufgabe dieses Nachtragshaushalts wäre.
Schauen Sie sich neben den Staatsstraßen, für die der Ministerpräsident und der Finanzminister regelmäßig den Schlagloch-Oscar verdienen, den Bauunterhalt an. Hören Sie sich an, was der Oberste Rechnungshof sagt und Ihnen ins Stammbuch schreibt. Weil Sie nichts dagegen tun, laufen wir bei der Substanzerhaltung jedes Jahr ein Stück weiter in die versteckte Verschuldung hinein. In diesem Haushalt sind die Kürzungen gegenüber dem Haushalt 2011 eklatant. Sie verschlimmern die Situation statt sie zu verbessern. Die Pensionsvorsorge reduzieren Sie. Sie haben sie zerschlagen. Sie haben nur noch eine Bonsai-Vorsorge - anders kann man sie nicht bezeichnen - in Höhe von 100 Millionen Euro. Damit können die Herausforderungen, die bei den Pensionen auf uns zukommen, überhaupt nicht abgesichert werden. Diese Vorsorge ist ein Feigenblatt. Die Pensionsvorsorge nach alter Rechtslage haben Sie vor 2010 selber zerschlagen. Wir haben immer davor gewarnt. Nach alter Rechtslage müssten Sie 400 bis 500 Millionen aus dem Haushalt in die Pensionsvorsorge einstellen. Das machen Sie nicht. Deswegen versündigen Sie sich an der Zukunftssicherung für den Freistaat Bayern.
Jeder Drittklässler kann sich ausrechnen, dass die 100 Millionen nicht ausreichen werden, um die Probleme, die wir haben, zu lösen.
Auch das nächste Thema hängt mit der Pensionsvorsorge zusammen. Sie und zuvorderst der Ministerpräsident mit seinem großen Ziel "Bayern schuldenfrei 2030" kündigen den Schuldenabbau an. Hier muss man immer zwei Punkte berücksichtigen: Zum einen muss die Landesbank aufgrund der EU-Auflagen etwa fünf Milliarden Euro zurückzahlen. Dass diese fünf Milliarden Euro in die Schuldentilgung gesteckt werden, ist doch eine pure Selbstverständlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen und Herr Finanzminister. Sie von der CSU, die die Verantwortung für die Landesbank hatten, haben im Haushaltsjahr 2009 dafür gesorgt, dass die Nettoneuverschuldung des Freistaats Bayern um 10 Milliarden gestiegen ist. Deshalb ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Sie jetzt jeden Cent, der von der Landesbank zurückkommt, in die Schuldentilgung stecken, ohne irgendein Wort dazu zu sagen. Das ist die Buße für Ihre Fehlsteuerung bei der Landesbank.
Darüber brauchen wir nicht zu philosophieren. Das ist kein Erfolg, sondern das ist eine Selbstverständlichkeit. Im Zuge der Vision "Bayern schuldenfrei 2030" ist uns eine zweite Versprechung gemacht worden. Uns und den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern ist von Ihrer Politik versprochen worden, dass das Geld, das man durch die Reduzierung der Pensionsvorsorge auf 100 Millionen Euro einspart, auch in die Schuldentilgung fließt. Ihr Argument lautete: Wir nehmen das Geld aus den Systemen heraus, tilgen damit Schulden, reduzieren damit die Zinsen und haben dann, wenn wir es brauchen, das Geld zur Verfügung. Was machen Sie? Der Finanzplan Ihres Finanzministers zeigt, dass bis 2017 und in der Perspektive bis 2019 nur das in die Schuldentilgung gegeben wird, was von der Landesbank pflichtgemäß zurückerstattet wird. In dieser Finanzplanung fehlt die komplette Rückzahlung von Schulden, die Sie deswegen leisten könnten, weil Sie den Pensionsfonds und die Pensionsrücklage zerschlagen haben. Das ist das Grundprinzip ihrer Haushaltspolitik. Sie täuschen vor, dass die Pensionsvorsorge im Finanzplanungszeitraum bis 2017 im Umfang von drei Milliarden Euro reduziert wird. Sie haben versprochen, dies in die Schuldentilgung zu stecken. Das Versprechen wird gebrochen. Damit ist der Beweis erbracht, dass das Versprechen des Finanzministers und des Ministerpräsidenten, Bayern bis zum Jahre 2030 schuldenfrei zu machen, nicht gehalten wird. Den ersten Beweis hätten Sie im
Rahmen des Nachtragshaushalts erbringen können. Diesen Beweis sind Sie schuldig geblieben. Sie haben sich gegen ihre eigenen Prinzipien versündigt.
Generell ein Wort zur Landesbank: Ich glaube, was wir an Abwiegelung und Relativierung zu berechtigten parlamentarischen Fragen erlebt haben, rächt sich bei diesem Haushaltsentwurf. Herr Finanzminister Söder hat vor Weihnachten gesagt, alles sei bestens. Haushaltsrisiken aus der Landesbank gebe es nicht, wenn überhaupt etwas, dann nur positive Rückzahlungen. Ministerpräsident Seehofer hat kurz nach dem Jahreswechsel gesagt, dass unter Umständen im Bereich der Bayerischen Landesbank noch für das Jahr 2014 konkrete Haushaltsrisiken bestünden. Mit dem Herrn Finanzminister und dem Vorsitzenden der Bayerischen Landesbank hatten wir denkwürdige Haushaltsausschusssitzungen. Außerdem hatten wir eine denkwürdige Sitzung mit dem Herrn Ministerpräsidenten und dem Herrn Finanzminister.
Klar ist heute nur eines: Von den Zahlen im Stammhaushalt 2014 zur Landesbank stimmt jetzt keine einzige mehr. Für Zins- und Dividendeneinnahmen sind 215 Millionen Euro eingeplant gewesen – jetzt null. Die sonstigen Einnahmen sollten 145 Millionen Euro betragen – jetzt null. Der Betrag für Kapitalrückzahlungen war mit einer Null gekennzeichnet. Plötzlich kommen Beträge rein, die addiert den ersten beiden Beträgen entsprechen und alles ausgleichen. Ich sage Ihnen eines: Gegenüber der bayerischen Öffentlichkeit wird etwas hingerechnet und hingetrickst, um die Haushaltsprobleme und Haushaltsrisiken bei der Landesbank zuzukleistern. Nicht mehr und nicht weniger ist dieser Haushaltsentwurf.
Das gilt auch für das ABS-Portfolio. Die Garantie des Freistaats Bayern müssen die Steuerzahler noch erfüllen. Schätzungsweise müssen 1,6 Milliarden Euro zusätzlich für das ABS-Portfolio in die Landesbank gesteckt werden. Herr Finanzminister, Sie zitieren Ratingagenturen. Die von Ihnen genannte Ratingagentur hat diese ABS-Papiere mit hervorragenden Noten qualifiziert. Zudem hat sie die Bayerische Landesbank mit hervorragenden Noten qualifiziert. Jetzt sehen Sie, was die Noten der Ratingagenturen bedeuten. Zwar kann man sie zitieren, allerdings sollte man immer vorsichtig sein, Herr Finanzminister.
Beim ABS-Portfolio verhält es sich genauso. Zusätzlich zu den zehn Milliarden Euro, die wir bereits aufgewendet haben, ist im Stammhaushaltsentwurf die
Zahlung einer Garantie in Höhe von 380 Millionen Euro vorgesehen. Uns ist mitgeteilt worden, dass die Verlustprognose bei circa 170 Millionen Euro liege. Im Rahmen der Kabinettsklausur in St. Quirin vor Weihnachten hieß es, wir bräuchten nur 220 Millionen Euro. Jetzt stehen 300 Millionen drin. Man fragt sich, welche Zahl überhaupt stimmt und worauf wirklich Verlass ist. Worauf wir und die Bürgerinnen und Bürger uns verlassen können: Wir werden auch in diesem Haushaltsjahr 350 Millionen Euro Zinsen für Ihre Fehler bei der Landesbank bezahlen und in diesem Haushalt bereitstellen müssen.
Es steht fest, dass wir weitere Milliardenrisiken haben. Das sind die feststehenden Zahlen und Fakten zur Landesbank. Was Sie vorlegen, ist ein geschönter Haushaltsplan.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, uns treibt bei diesem Haushalt das Vorlagedatum um. Wir befinden uns kurz nach der Landtagswahl. Sie haben gerade Ihre Regierungserklärung abgegeben. Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern den "Bayernplan" vorgelegt. Sie haben, um es vorsichtig auszudrücken, eine gewisse Zustimmung dafür bekommen. Wir müssen heute feststellen, thematisieren und den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern zurückmelden, dass Ihre Ankündigungen, die Sie jetzt hätten unter Beweis stellen können, in der Haushaltspolitik nicht umgesetzt worden sind. Wir stellen fest, dass dort gar nichts drinsteht.
Bei den Fußballern heißt es: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Das, was der Trainer in der Pressekonferenz ankündigt und der Stürmer im Interview erklärt, sind nur Worte. Entscheidend ist die Leistung auf dem Spielfeld. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, in der Politik liegt die Wahrheit im Haushaltsplan. Egal, was der Trainer Seehofer ankündigt und der Stürmer Söder erklärt, entscheidend ist, was im Haushaltsplan steht. Zu den zentralen Forderungen und Versprechungen von Ihnen, Herr Ministerpräsident, und der CSU steht leider nichts drin. Das müssen wir feststellen. Das bedauern wir.
Was ist mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse innerhalb Bayerns? Was ist mit der Strukturpolitik und der Regionalpolitik? Was ist mit der Umsetzung des Verfassungsziels der gleichwertigen Lebensverhältnisse, das wir gemeinsam mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger in die Verfassung geschrieben haben? Herr Ministerpräsident, das thematisieren
Sie in jeder Rede. Wenn man in diesen Nachtragshaushalt schaut – Konsequenz? Leider Fehlanzeige. Wo ist in diesem Haushaltsplan der Aufschlag zur Landesentwicklung und zur regionalen Strukturpolitik? Erstaunlich ist, dass bei der ersten Möglichkeit, die Einhaltung dieses zentralen Versprechens unter Beweis zu stellen, nichts gemacht wird. Vielleicht ist das Themenfeld aber auch zu groß und zu umfassend, um es im Haushaltsplan abzubilden.
Sie haben von diesem Rednerpult aus noch etwas versprochen. Herr Ministerpräsident, eines der wenigen konkreten Ziele in Ihrer Regierungserklärung bleibt die Ankündigung, Bayern im öffentlichen Raum barrierefrei zu machen, und zwar bis zum Jahre 2023. Dieses Ziel ist sowohl zeitlich als auch finanziell äußerst ehrgeizig, wie wir wissen. Im Rahmen des Nachtragshaushalts hätten Sie die Möglichkeit gehabt zu sagen: Wir gehen da ran, wir belegen das, wir forcieren das, wir machen die Planungen, wir bringen das Geld auf den Weg, wir initiieren Förderprogramme. Im Nachtragshaushalt ist für dieses Versprechen kein einziger Cent zusätzlich vorgesehen. Die großen Versprechungen sind im Haushalt nicht eingelöst worden.
Energiewende: Im Rahmen Ihrer Regierungserklärung haben Sie gesagt, Energiesparen sei die beste Vorsorge, bei der Gebäudesanierung müsse der Staat Vorbild sein, jeder Euro rentiere sich. Trotz dieser vollmundigen Aussage findet sich im Nachtragshaushalt hierzu kein zusätzlicher Euro. Im Gegenteil, es erfolgen sogar leichte Kürzungen beim Klimaschutz im ländlichen Raum. Das wollte ich nur der Vollständigkeit halber erwähnen.
Wir haben Ihre Aussage zum 10.000-Häuser-Programm wahrgenommen. Das Programm stand im "Bayernplan". Für private Häuser sollten Energiespeichertechnologien entwickelt werden. Im Haushaltsentwurf des Freistaats Bayern findet sich kein einziger Cent, um dieser konkreten Forderung Folge zu leisten. Dieser Umgang mit Regierungserklärungen und Wahlversprechen gefällt uns nicht. Herr Ministerpräsident, ich verstehe nicht, warum ich diese Vorwürfe überhaupt vorbringen muss. Eigentlich wäre entschlossenes Handeln im Hinblick auf den Haushaltsplan erforderlich gewesen. Die Wahrheit liegt im Haushaltsplan. Die Wahrheit ist: Hier haben Sie nichts gemacht.
Ich könnte mit der Ankündigung des Herrn Verkehrsministers zum Radwegeprogramm weitermachen; 40 Millionen sind vor dem Nachtragshaushalt genannt
worden. Wenn man nachschaut, findet sich kein zusätzlicher Cent. Versprechungen ohne Konsequenz im Haushalt sind leere Versprechungen.
Als Verkünder taucht Herr Finanzminister Söder vor allem kurz vor Wahlterminen besonders freudig auf. Das habe ich persönlich im Umfeld von Würzburg erlebt. Vor den Landtagswahlen wurden 100 Millionen Euro für die Festung Marienberg versprochen. Kurz vor der Kommunalwahl wurde die gleiche Erklärung abgegeben: 100 Millionen Euro für die Festung Marienberg. Ich war ganz neugierig und freudig erregt. Ich habe den Haushaltsplan durchgeblättert. Ich habe zumindest im Ansatz einen Planungstitel erwartet für die Verlagerung des Staatsarchivs Würzburg. Das wäre nämlich erforderlich. Ich habe wirklich alles durchgemustert. Vielleicht können Sie oder einer Ihrer Beamten mir helfen. Ich habe dazu im Haushaltsplanentwurf keine einzige Zeile, keine Mittel und keinen Planungstitel gefunden.
Man muss dazu sagen: Der Ministerpräsident ist ähnlich. Er hat das Versprechen wiederholt. Er hat gesagt: Übergeben Sie den Scheck. Oder: Sehen Sie den Scheck als übergeben an. Vom Budgetrecht des Landtags einmal abgesehen, ist das eine eigenartige Formulierung. Herr Ministerpräsident, vielleicht können wir uns darauf einigen, dass zu den Mitteln, die für die längst notwendigen Sanierungen eingestellt sind, über die Nachschubliste der Staatsregierung in diesem Nachtragshaushalt zusätzlich zumindest noch 30 Millionen auftauchen. Dann reden wir von diesem Rednerpult aus weiter. Machen wir es so? –
Einen Punkt können Sie schon von hier aus korrigieren. Das ist Ihr weiteres Wahlversprechen, Herr Ministerpräsident, dass die demografische Rendite an den Schulen bleibt.