Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

(Beifall bei der CSU)

Wie hoch ist die Pro-Kopf-Verschuldung? Wie sehr ist der einzelne bayerische Bürger verschuldet? Die Pro

Kopf-Verschuldung liegt in Bayern bei 2.436 Euro, in Baden-Württemberg bei 6.038 Euro und in NordrheinWestfalen bei 11.685 Euro. Meine Damen und Herren, Bayern ist an dieser Stelle besser als die anderen.

(Beifall bei der CSU)

Ich nenne eine dritte Zahl, nämlich die Investitionsquote. Ich nenne sie fast lieber die absolute Zukunftsquote, weil mit der Investitionsquote entschieden wird, was wir ausgeben, um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken. Hier erreichen wir mit nominell über 6 Milliarden Euro und über 12,1 % eine beachtliche Zahl. Die Investitionsquote liegt in Baden-Württemberg bei 9,8 % und in Nordrhein-Westfalen sogar nur bei 9,2 %. Auch hier ist Bayern besser. Die Fakten belegen: Im Haushalt gibt es kein vergleichbares Land in Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Eine letzte, wichtige Zahl ist die Personalquote. Diese Zahl sinkt. Das ist in diesem Fall positiv. In den anderen Länderhaushalten steigt die Personalquote an. Bei uns dominiert die hohe Investitionsquote und die Personalquote sinkt, obwohl wir maßvoll Balance halten müssen. Wir haben keine einzige Lehrerstelle gestrichen, meine Damen und Herren, und die Sicherheit in der Justiz und dem Hochwasserschutz stabilisiert. Neue Aufgaben in neuen Ministerien, beispielsweise im Gesundheitsministerium, werden maßvoll hinterlegt. Ganz wichtig ist, dass die Finanzverwaltung, die einen alten Kritikpunkt bildet, weiter gestärkt wird, beispielsweise in der Steuerfahndung. In meiner Amtszeit wurde die Steuerfahndung um bis zu 15 % gestärkt. Kein Land hat in so kurzer Zeit so viel zugelegt wie wir, und das finden wir richtig.

(Beifall bei der CSU)

Während andere Länder bei ihren Beamten sparen, indem sie die Besoldungserhöhungsrunden nicht übertragen, haben wir sie maßvoll, aber konsequent übernommen. Mit dem bayerischen Pensionsfonds sorgen wir vor, um für die zukünftigen Generationen Sicherheit zu erreichen. Ich sage es ausdrücklich: Mit dem Pensionsfonds sichern wir die Pensionen der heutigen Beamten, mit der Besoldung stärken wir die Leistungsfähigkeit unseres öffentlichen Dienstes. Deswegen sage ich bewusst: Während in den anderen Bundesländern auf Kosten von Beamten gespart wird, respektieren wir die Leistung der Staatsdiener in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Auch zu den Ausgaben sage ich ein Wort. An den Ausgaben, die jetzt im Haushalt evident werden, gibt es von den Größen her fast nichts zu kritisieren. Ich sage: fast. Die Steigerungen haben nämlich Ursachen, die für uns auch in gesellschaftlicher Hinsicht von großer Bedeutung sind. Einer der größten Posten besteht zum Beispiel in den Hochwasserhilfen für die Flutopfer. Wir haben uns in Bayern und in Deutschland für diesen wichtigen Beitrag entschieden, um Menschen zu helfen, die durch die Flut fast alles verloren haben. Die Hochwasserhilfe beläuft sich auf 403 Millionen Euro.

Weiter nenne ich die Humandividende. Durch eine menschliche Asyl- und Flüchtlingspolitik haben wir Mehrausgaben von 178 Millionen Euro zu verzeichnen. Wir erklären uns dazu bereit, die Menschen nicht nur aufzunehmen, sondern ihnen durch eine angemessene Betreuung auch tatsächlich eine Chance zu geben. Ich nenne auch die Heimathilfe, "Heimatdividende", die beispielsweise durch die Steigerung des kommunalen Finanzausgleichs ein neues Rekordniveau erreicht hat. Allein diese drei großen Bereiche der Hochwasserhilfe, der Flüchtlingspolitik und der Heimathilfe im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs sind wichtige Investitionen für unser Land. Wer hier kritisiert und spart, versündigt sich am gesellschaftlichen Konsens. Wir tun das nicht.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe vorhin gesagt, es gebe fast nichts zu kritisieren. Das stimmt. Es gibt fast nichts, aber ein Posten tut Bayern unglaublich weh, ein Posten mit über 200 Millionen Euro Mehrausgaben, der wirklich im Hinblick auf Gerechtigkeit für die Menschen in Bayern ein Schlag ins Kontor ist.

(Volkmar Halbleib (SPD): Der CSU-Zuschlag!)

Was ist das? Wir müssen 200 Millionen Euro mehr veranschlagen. Meine Damen und Herren, die neue Rekordmarke liegt bei über 4 Milliarden Euro. Das ist der bayerische Beitrag zum Länderfinanzausgleich.

(Volkmar Halbleib (SPD): Der Seehofer- und Stoiber-Zuschlag! Ihr habt doch zugestimmt!)

Wir zahlen mehr als die Hälfte des Länderfinanzausgleichs. Nach den derzeitigen Schätzungen wird diese Zahl, wenn sich im Finanzplan nichts ändert, von jetzt 4,3 Milliarden Euro in nächster Zeit auf fast 5 Milliarden Euro anwachsen, nur weil die Bayern erfolgreich sind und weil die anderen nicht erfolgreich sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Ungerechtigkeit muss beseitigt werden.

(Beifall bei der CSU)

Übrigens wird sogar von den Ratingagenturen erwähnt, dass dies die einzige echte Schwierigkeit sei, der man sich stellen müsse. Wir werden jedenfalls nicht mehr taten- und willenlos zusehen und zahlen. Wir klagen, wir wehren uns und wir verhandeln. Dieser Auftrag folgt aus diesem Nachtragshaushalt. Wir klagen vor dem Bundesverfassungsgericht, das neuerdings sehr mutige und richtungweisende Entscheidungen fällt. Wir hoffen, dass dort Vorgaben für weitere Verhandlungen gemacht werden. Wir setzen uns in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein, die noch vor der Sommerpause einberufen wird; denn dort besteht eine echte Chance für eine grundlegende Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Auf das Jahr 2019 gesehen kommen nämlich drei wichtige Eckpfeiler zusammen, die miteinander in ein Gesamtkonzept gebracht werden müssen: Der Länderfinanzausgleich läuft aus. Der Soli läuft aus. Die Regionalförderung muss neu geordnet werden. Wir werden uns in dieser Arbeitsgruppe massiv einbringen und diese Dinge miteinander verbinden.

Klar ist: Der Länderfinanzausgleich muss vom Inhalt und vom System her auf maximal eine Milliarde Euro begrenzt werden. Der Soli sollte zur Entlastung der Bürger halbiert und auch für den Aufbau West eingesetzt werden. Wir müssen einen Ausgleich für einige Länder finden, die sich heute trotz Länderfinanzausgleich schwer tun. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir einen großen Erfolg haben werden, wenn wir diese Dinge zusammenbringen. Unser Ziel ist ganz einfach: Von dem Geld, das in Bayern erwirtschaftet wird, muss mehr in Bayern bleiben, und weniger als heute sollte nach Berlin oder Brüssel gehen.

(Beifall bei der CSU)

Zusammenfassend gesagt: Der bayerische Nachtragshaushalt ist ein klares Bekenntnis zu finanzpolitischer Stabilität, ein Bekenntnis zu seriöser Haushaltsführung, ein Bekenntnis zu kraftvoller Investition und ein Bekenntnis und Statement für eine sensible Vorsorge in gesellschaftlich-finanziellen Fragen. Deshalb glaube ich, lieber Kollege Winter – ich hätte jetzt beinahe "alt" bzw. "neu" gesagt – und liebe Kolleginnen und Kollegen des Haushaltsausschusses, bei denen ich mich für die Beratungen in den kommenden Wochen bedanke, dass die Bayern mit diesem Entwurf ruhig schlafen können.

(Volkmar Halbleib (SPD): Gute Nacht!)

Dieser Entwurf zeigt: Die Bayern können sich darauf verlassen, dass Staatsregierung und Landtag die Steuergelder bestens verwenden, um dieses Land zu entwickeln. Bayern hält Kurs. Wir haben vollen Wind in unseren Segeln und können damit zu neuen, ande

ren und noch besseren Ufern aufbrechen. Bayern setzt heute wieder einmal ein Signal, das kein anderes Bundesland in Deutschland setzen kann. Helfen Sie deshalb mit, dass Bayern gutgeredet, nicht immer nur schlechtgeredet wird!

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Hierzu wurde eine Redezeit von 30 Minuten pro Fraktion vereinbart. Als erster Redner hat Herr Kollege Halbleib von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister! Herr Finanzminister, zu Ihrer heutigen Rede zum Nachtragshaushalt 2014, zu dem von Ihnen vorgelegten Entwurf, aber auch zu Ihrem gesamten Wirken als Finanzminister passt ein Satz von Alfred Polgar sehr gut, der einmal gesagt hat: "Die Grenzen zwischen Arroganz und Ignoranz sind fließend."

(Beifall bei der SPD)

Wer in einer solchen Weise über seine Arbeit redet und die Arbeit anderer qualifiziert, redet arrogant. Vor allem ist er ignorant gegenüber den Dingen, die nicht mit seiner Jubelrhetorik übereinstimmen. Solche Dinge – das werde ich Ihnen darlegen – gibt es leider auch bei dieser Staatsregierung der CSU in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun, die positive wirtschaftliche Entwicklung in diesem Freistaat Bayern und die damit verbundenen positiven Folgen für die Einnahmesituation schlechtzureden. Im Gegenteil. Als stärkste Oppositionskraft nehmen wir uns aber das Recht heraus, genau hinzusehen. Wir nehmen den Auftrag der Wählerinnen und Wähler und der Bürgerinnen und Bürger ernst, unsere Kontrollaufgabe im Parlament zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD)

Wir kratzen den rosaroten Lack ab, den Sie auf den Haushaltsentwurf gesprüht haben. Wir schauen hinter die an der einen oder anderen Stelle aufgehübschte Fassade. Wir werden angesichts der hohen Rhetorik, die Sie permanent pflegen, auf die finanziellen Tarnungen, auf die Täuschungen und auch auf die Unwahrheiten hinweisen, die Sie uns und vor allem den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern immer wieder zumuten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Pflicht, die Versäumnisse aufzudecken, die mit diesem Entwurf unter den bayerischen Teppich gekehrt werden sollen. Wir haben die Aufgabe, die wir gerne und freudig annehmen, Ihre überhöhte Jubelrhetorik deutlich zu machen, weil Sie sich bei vielen Entwicklungen in Bayern mit fremden Federn schmücken. Vieles von dem, was Sie an Positivem zu berichten haben und zur Grundlage dieses Entwurfs machen können, ist nicht auf Ihrem Mist gewachsen, wie der Bayer sagt, sondern das sind fremde Federn, die von anderen Köpfen genommen wurden. Das werden wir in den Haushaltsberatungen deutlich machen.

(Beifall bei der SPD)

Die gute Entwicklung der Steuereinnahmen hängt mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Dass Sie und die CSU sich diese Entwicklung als Erfolg zuschreiben, ist parteipolitisch verständlich. Das nehmen wir selbstverständlich hin. Die Wahrheit lautet jedoch: Das ist das Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Unternehmer in Bayern. Wir können gemeinsam stolz darauf sein, dass einiges vorangebracht worden ist. Wir können als SPD auch stolz darauf sein, dass wir einen großen Anteil der Steuermehreinnahmen generieren konnten, die der Finanzminister stolz in seinen Entwurf und in die Jahresrechnung 2013 schreiben kann. Hier wäre ein Dank des bayerischen Finanzministers von diesem Rednerpult aus angezeigt gewesen. Dahinter steckt ziemlich viel sozialdemokratische Politik.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU)

- Ihr Lachen zeugt wieder von der Gratwanderung zwischen Arroganz und Ignoranz. Sehen Sie sich doch einfach einmal die Bekämpfung der Steuerhinterziehung an. Bayern hat 1,5 Milliarden Euro Steuereinnahmen im Zusammenhang mit den Selbstanzeigen erhalten, die nach dem Ankauf von SteuerdatenCDs erfolgt sind, 1,5 Milliarden Mehreinnahmen durch die konsequente Bekämpfung der Steuerhinterziehung in der Schweiz. Maßgeblich die sozialdemokratische Seite ist diese Steuerhinterziehung konsequent angegangen. Was wollten Sie? Die CSU, die FDP und Sie, Herr Dr. Söder, haben in der letzten Legislaturperiode im Landtag reihenweise unsere Anträge, Steuerdaten-CDs anzukaufen und damit die Steuerhinterziehungsbekämpfung zu forcieren, abgelehnt. Allein der SPD, ihren Länderfinanzministern und namentlich dem nordrhein-westfälischen Finanzminister ist es zu verdanken, dass der Ankauf von Steuerdaten-CDs erfolgte. Nur dadurch konnte diese massive Welle von Selbstanzeigen ausgelöst werden. Wir schätzen die Mehreinnahmen auf 1,5 Milliarden Euro. Das ist eine seriöse Schätzung. Dieses Geld kann der Finanzminister in seine Rücklage schreiben, auf die er

so stolz ist. Herr Finanzminister und liebe CSU, das Geld nehmen Sie gerne ein. Wie wäre es einmal mit einem dicken Dankeschön an die SPD, die dies zu verantworten hat?

(Beifall bei der SPD)

Man kann sich doch einmal hierher stellen und sagen: Selbstverständlich hat auch die erfolgreiche kommunale Wirtschaftspolitik in den sozialdemokratisch regierten Kraftzentren dieses Freistaats dazu beigetragen. München hat sich unter fast ausschließlich sozialdemokratischer Führung, zuletzt 20 Jahre lang unter Oberbürgermeister Christian Ude, zu einem Kraftzentrum entwickelt. Die positiven Zahlen bei den Steuereinnahmen in Bayern wären ohne den überdurchschnittlichen wirtschafts- und finanzpolitischen Beitrag der Landeshauptstadt München auf ein Mittelmaß zurückgefallen. Allein das Steueraufkommen des Finanzamtbezirks München, also der Landeshauptstadt und des Landkreises München, betrug 2011 36 Milliarden Euro. Das sind 42 % des gesamten bayerischen Steueraufkommens. Danke an Christian Ude. Ich ermuntere alle Münchnerinnen und Münchner, diese Erfolgsgeschichte mit Dieter Reiter als künftigem Oberbürgermeister in der Landeshauptstadt fortzusetzen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Oh! Oh!)

Die letzte Bemerkung hätte ich Ihnen nicht abverlangt, Herr Finanzminister. Gleichwohl möchte ich ein Dankeschön für die kommunale Finanz- und Wirtschaftspolitik in München sagen.

Ohne die SPD hätte es viele finanzielle Verbesserungen für die Länder und vor allem auch für den Freistaat nicht gegeben. In der Großen Koalition haben wir Maßnahmen durchgesetzt, von denen die bayerische Wirtschaft bis heute profitiert, von denen der bayerische Staatshaushalt profitiert und von denen die bayerischen Kommunen profitieren. Von uns wurde im Rahmen des Konjunkturpaketes II ein Investitionsprogramm von zwei Milliarden Euro vorgeschlagen. Noch früher gab es das Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung, IZBB – Sie wissen es vielleicht gar nicht mehr. Allein für den Freistaat Bayern wurden vom Bund, von der damaligen SchröderRegierung, 600 Millionen zur Verfügung gestellt. Wofür haben Sie sie verwendet? Für eine völlig überhastete Einführung des G 8. Die Mittelverwendung ist eine andere Seite. Der Freistaat Bayern hat aber im Rahmen dieser Initiative von der Bundesebene 600 Millionen bekommen. Wir haben im Vermittlungsverfahren bei der Grundsicherung im Alter und bei der Erwerbsunfähigkeitsrente viele finanzielle Entlastun

gen erreicht. Im Zuge von zwei Vermittlungsverfahren, die die SPD angestrengt hat, kamen zum Schluss massive Entlastungen für die Länder heraus.

(Peter Winter (CSU): Nur mit Ihren Stimmen!)

Herr Ministerpräsident, es ist bekannt, dass Sie gerne Ihren Anteil an diesen Entscheidungen herausstellen. Das ist auch in Ordnung. Man kann auch sagen: Im Interesse der Länder und auch im Interesse des Freistaates haben Sie die Gunst der Stunde genutzt und uns jeweils tatkräftig unterstützt. Erlaubt sei an diesem Tag aber auch die Feststellung: Die Gunst der Stunde hat die SPD mit Ihren Initiativen geschaffen. Nichts anderes ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)