Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Hier geht es um die Verfassungsstreitigkeit. Ich hätte fast gesagt: Thema verfehlt. Glücklicherweise bin ich kein Lehrer, sonst hätte sich das aufgedrängt. Hier geht es darum, ob die Voraussetzungen für ein Volksbegehren vorliegen oder ob sie nicht vorliegen. Nur darüber entscheiden wir heute. Wenn Sie aber schon sachfremd zum Thema sprechen, darf ich auch einen sachfremden Satz sagen.
Doch! Ich darf das dann auch. Gleiches Unrecht für alle. Ich muss feststellen: Wir alle im Raum sind uns des Wertes einer intakten Landschaft bewusst. Wir alle wissen, dass die Schönheit Bayerns ein hohes Gut ist.
Herr Hartmann, Sie stellen Dinge in den Raum, die nicht stimmen. 50 % des Flächenverbrauchs gehen wohin? – In Wohnen. Wir haben hohe Zuwanderungszahlen, teilweise aus dem europäischen Ausland, teilweise aus Deutschland. Diese Menschen müssen auch wohnen können.
(Jürgen Mistol (GRÜNE): Das glauben Sie doch selber nicht, was Sie da erzählen! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Menschen wollen auch noch eines haben, nämlich einen Arbeitsplatz. Beim Sonstigen vergessen Sie auch, dass dazu Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Sportplätze und so weiter und so fort gehören.
So viel zu dem allgemeinen Kommentar, den Sie fernab von dem, worum es geht, nämlich um die Verfassungsstreitigkeit, abgegeben haben. Einen solchen allgemeinen Kommentar darf ich dann auch abgeben.
Ich möchte etwas klarstellen: Auch wenn Sie jetzt dauernd dazwischenschreien, ändert dies nicht den Wahrheitsgehalt der Faktenlage.
Jetzt kommen wir auf das Thema zurück. Das Volksbegehren begehrt eine Änderung des Landesplanungsrechtes. Der dort vorgelegte Gesetzentwurf schränkt die verfassungsrechtlich geschützte kommunale Planungshoheit ein, ohne eine Entscheidung über Tragweite oder Ausmaß eines solchen Eingriffs zu treffen.
Der Gesetzgeber darf Entscheidungen, die für die Verteilung auf die einzelnen kommunalen Planungsträger von grundlegender Bedeutung sind – die Planungshoheit ist also ein ganz hohes Gut –, nicht einfach auf den für das Landesentwicklungsprogramm zuständigen Verordnungsgeber delegieren. Das versteht sich von selbst. Der Gesetzentwurf lässt insbesondere offen, nach welchen Verteilungskriterien und in welchem Zeitraum die vorgegebene Zielvorgabe von durchschnittlich 5 Hektar pro Tag erreicht werden soll. Ich glaube, momentan sind wir bei 9 oder 9,5 Hektar. – Erwin Huber wird mich verbessern.
Danke schön, – 5 Hektar pro Tag sollen nach dem Gesetzentwurf auf die einzelnen Kommunen aufgeteilt werden. Hierfür gibt es ganz unterschiedliche Verfahren und Kriterien wie die Einwohnerzahl, die Bevölkerungsprognose, der Bedarf an freier Fläche oder die verfügbare freie Fläche. Dies ist im Gesetzentwurf nicht festgelegt. Je nach Auswahl und Gewichtung der Verteilungskriterien und Bestimmung der Vertei
lungszeiträume hätte dies ganz unterschiedliche Folgen für den jeweiligen Ort und dessen verbleibenden Gestaltungsspielraum. Verbleibt dann überhaupt ein Gestaltungsspielraum, oder läuft die Planungshoheit ins Leere? – Im Übrigen enthält der Gesetzentwurf des Volksbegehrens keine Regelungen, um im Einzelfall unverhältnismäßige Einschränkungen der kommunalen Planungshoheit zu verhindern. Wir, die CSU, sind der Ansicht, dass die Voraussetzungen für ein Volksbegehren nicht gegeben sind, weil die genannten Punkte nicht geregelt sind. Deshalb haben wir im Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen den Beschluss gefasst, festzustellen, dass die Voraussetzungen des Volksbegehrens nicht gegeben sind, und mich als Vertreterin zu bestimmen. Ich bitte Sie herzlich, diesem Feststellungsbeschluss zuzustimmen.
Frau Kollegin, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben zwei Zwischenbemerkungen. – Zunächst der Kollege von Brunn.
Frau Kollegin Guttenberger, Sie hätten vielleicht besser auf vertrautem Terrain bleiben sollen; denn Sie haben falsche Fakten verbreitet, als Sie über die Bevölkerungszunahme in Bayern und die Inanspruchnahme von Wohnflächen gesprochen haben. Ich will Ihnen das einmal verdeutlichen: In Niederbayern hat die Bevölkerung von 2000 bis 2015 um 3 % zugenommen, aber die Wohnfläche pro Kopf um 30 %.
In Oberfranken hat die Bevölkerung im Zeitraum von 2000 bis 2013 um 5 % abgenommen, aber die Wohnfläche pro Kopf um 30 % zu. Behaupten Sie also bitte nicht faktisch falsch, dass die Zunahme der Flächeninanspruchnahme durch die Bevölkerungszunahme in Bayern zu erklären sei.
Herr von Brunn, ich kann mich an viele Anträge und das Votum der SPD erinnern, dass es zu wenig Wohnraum und den falschen Wohnraum gebe und dass deshalb neuer Wohnraum geschaffen werden müsse.
Bei der Schaffung von neuem Wohnraum kann ich einen Teil mit Flächenrecycling schaffen, aber eben nur einen Teil. Es gibt eine deutliche Zuwanderung nach Bayern. Viele Menschen kommen nach Bayern,
weil es bei uns eine gute Sicherheitslage, eine gute Wirtschaftslage und eine gute Bildungslage gibt. Diese Menschen brauchen das berühmte Dach über dem Kopf. Fakt ist, dass 50 % des Flächenverbrauchs in ganz Bayern – übrigens befasst sich das Volksbegehren in seinem Entwurf nicht mit Niederbayern – in den Bereich Wohnen fallen. Das mag Ihnen gefallen oder nicht.
Ich weise die Behauptung zurück, dass das eine Falschmeldung sei. Es ist so, 50 % fallen in den Bereich Wohnen. Das wird mir Erwin Huber auch bestätigen können.
(Lachen bei der SPD – Markus Rinderspacher (SPD): Er ist doch nicht maßgebend! – Erwin Huber (CSU): Die höchste Instanz! Das stimmt, 50 %.)
Sehr geehrte Frau Kollegin, wir haben das Volksbegehren natürlich juristisch prüfen lassen, bevor wir es eingereicht haben. Ich bin sicher, dass wir vor Gericht durchkommen werden. Ich kann Ihnen versichern: Sie können zwar Zeit schinden, aber das Thema bekommen Sie aus Bayern nicht weg.
Jetzt komme ich zu dem, was Sie vorher gesagt haben. Sie haben gesagt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden müssen. Wie stehen Sie persönlich dazu, dass es in Bayern über 11.000 Hektar an ungenutzter Gewerbefläche gibt? – Die könnten wir dafür nehmen, ohne unsere wunderschöne Heimat und Landschaft zuzubetonieren.
Es stimmt, ich hätte der Versuchung widerstehen müssen und dem Kollegen Hartmann auf diesem Sektor nicht antworten sollen. Aber ich habe es trotzdem gerne getan, weil es einfach mal gesagt werden musste. Fakt ist, dass es nicht um das Schinden von Zeit geht. Das ist wirklich ein Hammer. Sie reden von der Planungshoheit so, als wenn sie Ihnen egal wäre. Die Hoheitsrechte der Kommunen wie die Planungshoheit und die Personalhoheit sind unter anderem im Grundgesetz geschützt. Das ist das eherne Prinzip. Sie greifen damit in die Planungshoheit ein.
Diese Planungshoheit wird tangiert. Das wollen Sie doch nicht wirklich abstreiten. Die Planungshoheit wird tangiert, ohne dass irgendjemand dem Gesetzentwurf entnehmen kann, wie. Wollen Sie das dann den Verordnungsgeber machen lassen, um in ein vom Grundgesetz geschütztes Recht einzugreifen? Wollen Sie das wirklich? – Ich will das nicht.
Zu behaupten, dass es um das Schinden von Zeit gehen würde, und das Planungsrecht der Kommunen abzutun, ist falsch. Wenn wir mit diesen Rechten derart umgehen, haben wir keinen gemeinsamen Standpunkt mehr. Das sage ich in aller Deutlichkeit. Nicht zuletzt hat man klare Zuständigkeiten geschaffen. Man hat klar festgelegt, wie es in der Kommune aussieht, und man hat die Planungshoheit für die Kommune festgelegt. Diese Aufgabe auf den Verordnungsgeber oder auf wen auch immer zu übertragen, entspricht nicht dem Gesetz. Beim Vorwurf des Zeitschindens fehlen mir fast die Worte. So ist es jedenfalls: Die Planungshoheit ist zu schützen.