Wir haben einen Prüfvermerk zum Thema Immobilien Freistaat Bayern. Auf Seite 172 des ORH-Berichts heißt es:
Die IMBY kommt ihrer Aufgabe, die Rechte des Staates an Grundstücken Dritter zu verwalten, auch zehn Jahre nach ihrer Gründung nicht im erforderlichen Umfang nach.
Entschuldigung, was gibt es an der Haushaltsführung des Freistaates zu entlasten, wenn zehn Jahre nach Gründung der IMBY immer noch keine ordentliche Verwaltung gewährleistet ist?
Kolleginnen und Kollegen, sehen wir uns das bayerische Wirtschaftsministerium an, das im letzten ORHBericht aufgrund einer chaotischen Überprüfung von Förderprogrammen gerügt wurde. Diesmal heißt es hinsichtlich der Umsetzung des Bayerischen Energieprogramms
Ein faktenbasierter Überblick über den Fortschritt der Umsetzung des Bayerischen Energieprogramms fehlt.
wenn das Wirtschaftsministerium über einen riesigen Bereich, der für die Zukunftsfähigkeit Bayerns auch noch so wichtig ist, überhaupt keinen Überblick mehr hat? Dieses würde eigentlich dazu Anlass geben, massiv umzusteuern und der Staatsregierung eine Rüge zu erteilen.
Ich verweise auf das Thema Altersaufbau im Personalbereich. Es gibt eine Statistik für den Polizeivollzugsdienst. Wenn man sich ansieht, wie viele Beam
tinnen und Beamte sich im Alterssegment 50 bis 54 Jahre und 55 bis 59 Jahre befinden und dass ab 60 Jahren kaum noch einer im Polizeidienst ist, weil die meisten nicht mehr dienstfähig sind – wir sprechen vom Polizeivollzugsdienst –, gibt das Anlass, massiv gegenzusteuern. Das würde auch Anlass dazu geben zu sagen: Liebe Staatsregierung, was habt ihr im Innenministerium in den letzten zehn Jahren gemacht? Habt ihr in diesem Ministerium gepennt, oder warum ist dieser Altersaufbau so? – Das ist kein Grund für Selbstgefälligkeit, Kolleginnen und Kollegen.
Ähnliches gilt bei der Altersstruktur der Beamtinnen und Beamten in den Finanzämtern; auch dort befindet sich der überwiegende Teil der Mitarbeiter in der Altersgruppe 50 bis 64 Jahre. Obwohl ich mir hier von Ihnen anhöre, was wir beim Steuervollzug alles gemacht haben, ist das der 21. Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes in Folge – eine traurige Zahl –, der den Vollzug des Steuerrechts in Bayern in einzelnen Bereichen kritisiert. Das ist der sechste Bericht, in dem der Herr Ex-Finanzminister Söder dafür die Verantwortung trägt. Auch das ist keinerlei Grund für eine Entlastung der Staatsregierung und für Selbstgefälligkeit, Kolleginnen und Kollegen.
Wer angesichts all dieser Fakten, die Sie einfach nachlesen können, noch immer glaubt, die Staatsregierung für die Haushaltsrechnung 2016 entlasten zu können, der tut mir wirklich leid. Dem hat es die Optik nämlich komplett verzogen. Die SPD wird das jedenfalls nicht tun. Herr Kollege Herold, wir meinen nämlich, man sollte den ORH nicht immer im ersten Satz seiner Rede loben und sagen, wie toll er gearbeitet hat, wenn man dann alle Tipps und alle Bemerkungen, die er macht, einfach in den Wind schreibt. Sie sagen: Wir ändern an unserer Politik nichts. – Man muss auch Konsequenzen aus der Arbeit des Obersten Rechnungshofes ziehen.
Das hätten wir von Ihnen erwartet. Dem sind Sie auch in diesem Jahr wieder nicht nachgekommen, Kolleginnen und Kollegen der CSU. Wir lehnen die Entlastung ab.
Danke schön, Herr Kollege Güller. – Nun hat Herr Kollege Pohl für die FREIEN WÄHLER das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Herold, es ist richtig, dass Bayern finanziell gut dasteht.
Erstaunt dich das so? – Es ist richtig, dass in Bayern über Jahrzehnte von allen Fraktionen dieses Hauses und auch von der Staatsregierung mit Steuergeld verantwortungsvoll umgegangen wurde.
Es ist aber auch richtig, dass es ein Landesbank-Desaster gab, welches die Bilanz deutlich verhagelt hat. Hier hätte die Bayerische Staatsregierung in ihrer Verantwortung im Verwaltungsrat der BayernLB um ein Haar die Zukunft des Freistaats am Roulette-Tisch verspielt, und dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich möchte aber durchaus attestieren, dass die Ausführungen zur allgemeinen Finanzlage durchaus meine Zustimmung finden. Hier geht es aber nicht um die allgemeine Finanzlage des Freistaats, hier geht es vielmehr darum, ob die Haushaltsrechnung so ordnungsgemäß war, dass man die Entlastung erteilen kann. Da aber steckt der Teufel im Detail. Man muss sich schon mit den einzelnen Feststellungen des Bayerischen Obersten Rechnungshofes befassen. Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich sagen: Herzlichen Dank an sämtliche Mitarbeiter des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, allen voran und an der Spitze seinem Präsidenten, der mit seiner Behörde eine ganz wertvolle Arbeit für uns Parlamentarier leistet. Wir haben die Aufgabe, die Staatsregierung zu kontrollieren. Dafür liefert uns der Rechnungshof die fachlichen Inputs.
Ich muss sagen, hier liegt doch einiges im Argen. Es kann deshalb nicht in Frage kommen, dass man der Staatsregierung für die Haushaltsrechnung 2016 die Entlastung erteilt. Dass wir dem Bayerischen Obersten Rechnungshof die Entlastung erteilen, versteht sich von selbst. Diese Arbeit ist sorgfältig, diese Arbeit ist gründlich. Man muss nicht in allen Punkten einer Meinung sein, aber die Arbeit ist sorgfältig, gründlich und beanstandungsfrei. Außerdem ist sie für unsere Arbeit sehr wertvoll.
Erster wesentlicher Mangel ist die Personalplanung. Unser Freistaat baut auf seine Verwaltung, die ihn verantwortlich managt; er baut auf seine Beamten und Angestellten, auf seine Mitarbeiter. Jeder weiß, wie wichtig es ist, dass wir hier endlich die Praxis ändern und bei der staatlichen Verwaltung kontinuierlich einstellen, anstatt nach Bedarf einzustellen. Man darf nicht immer nur auf Sicht fahren, sondern man muss eine vernünftige Personalplanung betreiben. Kontinuierliche Einstellung bedeutet mehr Qualität, mehr Kontinuität statt Mangelverwaltung. Wir haben in vielen Bereichen, gerade bei der Bildung, erhebliche personelle Defizite. Wir diskutieren beispielsweise über nicht ausreichende Lehrerreserven und darüber, ob wir einen gesetzlich garantierten Anspruch verankern wollen, dass keine Schulstunden und kein Unterricht ausfallen. Wenn wir das diskutieren müssen, dann ist doch klar, dass hier einiges im Argen liegt.
Wenn wir uns mit der Polizei befassen, die in den Jahren 2005 bis 2007 unter Ministerpräsident Stoiber arg gekürzt und zusammengespart wurde, dann wird einiges deutlich. Im Jahr 2008 und in den folgenden Jahren, seit wir im Landtag sind, haben wir fraktionsübergreifend versucht, diese Defizite aufzuarbeiten. Wir mussten aber sehen, dass es nicht ohne Weiteres geht, von heute auf morgen ausreichend Beamte einzustellen. Mit einer vernünftigen Personalplanung wäre das leichter gefallen. So aber haben wir feststellen müssen, dass ganze Jahrgänge in Pension gegangen sind und wir plötzlich so viele Beamte verloren haben, dass es fast nicht möglich war, die Stellen nachzubesetzen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der Staatsstraßenbau. Bayern ist ein Flächenland. Bayern ist darauf angewiesen, dass wir in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Wenn ich aber lesen muss "Teilerfolge beim Staatsstraßenbau ohne zu bauen", dann wäre das fast eine kabarettistische Bemerkung, wenn es nicht so traurig wäre, weil es auf Fakten beruht. Wir müssen hier selbstverständlich eine andere Form der Evaluierung wählen. Wir müssen darauf abstellen, wie viele Kilometer gebaut, wie viele Kilometer saniert wurden und wie viele Projekte verwirklicht wurden. Wir dürfen doch nicht darauf abstellen, ob der vorgegebene Kostenrahmen ausgeschöpft wurde. Das sagt nämlich nichts darüber aus, was mit dem Geld geschehen ist und wie effizient gebaut worden ist.
Das Thema Länderfinanzausgleich ist ein Trauerspiel. Es ist wirklich ein Trauerspiel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben oft darüber diskutiert. Ich kann mich noch an die Worte des damaligen Finanzministers erinnern, der gesagt hat: Wir müssen uns hier um zwei Milliarden Euro verbessern. Das habe ich für richtig befunden. Wir haben diese Vorgabe geteilt; es
muss um zwei Milliarden Euro besser werden. Wir haben aber gerade einmal die Hälfte erreicht, und das für viele, viele Jahre. Nach wie vor sind wir der Zahlmeister, der Lastesel. Wir sind aber nicht etwa der Zahlmeister für Mecklenburg-Vorpommern, für Sachsen oder für Sachsen-Anhalt. Nein, wir sind es für Berlin. Das muss man sich schon einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wir sind der Zahlmeister für eine Bundeshauptstadt. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden hier in Bayern in einem Finanzausgleich die Landkreise Freyung-Grafenau, Hof, Kronach usw. bitten, die Landeshauptstadt München zu alimentieren. Das ist doch schlicht absurd. Der Länderfinanzausgleich ist alles andere als ein Ruhmesblatt dieser Staatsregierung.
Lesen wir weiter. Bei den Schulämtern gibt es organisatorische Defizite. Das Kultusministerium ist gefordert. Zu viel Personal und Verwaltungsaufgaben. – Ist das ein Ruhmesblatt, was der Oberste Rechnungshof Ihnen hier ins Stammbuch schreibt? Die Abrechnung des Schulaufwands gegenüber den privaten Förderschulen ist im Durchschnitt drei Jahre im Rückstand. Es gibt zum Teil Rückstände bis zum Jahr 2005. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kaum zu glauben, dass solche Dinge in Bayern passieren, wo hier doch angeblich alles so perfekt sein soll.
Zu- und Wegzüge in andere Bundesländer: Es gab keine Abrechnung der Steuern gegenüber diesen Bundesländern und sieben Millionen Euro Ausfall, weil diese Gelder nicht eingefordert wurden. Noch ein letzter Punkt, und den kann jeder bestätigen, der damals der Sitzung des Haushaltsausschusses beigewohnt hat: Es geht um die Förderprogramme des Wirtschaftsministeriums. Ein Mitarbeiter des Ministeriums musste uns im Haushaltsausschuss berichten, die Förderprogramme seien nicht evaluierbar. Man weiß nicht wozu, man weiß nicht, was es bringt; Hauptsache, es wird Geld ausgegeben.
So kann man nicht Politik machen. Wenn man allerdings so Politik macht, muss man damit rechnen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER der Staatsregierung aufgrund dieser Haushaltsrechnung keine Entlastung erteilen kann. Wir werden die Entlastung ablehnen und gegen den Antrag stimmen. Dem Obersten Rechnungshof stellen wir ein gutes Zeugnis aus; dessen Entlastung werden wir selbstverständlich befürworten und mittragen.
Vielen Dank, Kollege Pohl. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Kollege Hartmann gemeldet. Bitte schön.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da wir noch eine lange Tagesordnung vor uns haben, möchte ich nicht alles wiederholen, was die beiden Vorredner aufgeführt haben. Ich möchte mich aber natürlich dem Dank an den Obersten Rechnungshof für seine Arbeit anschließen. Bitte geben Sie ihn an die Mitarbeiter weiter.
Ich möchte mich auf zwei Bereiche beschränken. Ein Bereich wurde schon angesprochen, aber ich möchte dazu etwas tiefer einsteigen. Etwas stößt mir immer wieder auf – eigentlich ist es jedes Jahr das Gleiche, es wiederholt sich immer wieder –: die hohen Haushaltsreste, die sich ansammeln. Sie sind wieder um 11 % gestiegen und haben die Rekordsumme von jetzt fast sechs Milliarden Euro erreicht. Hier sammeln sich ungefähr 10 % des Haushaltsvolumens eines Jahres an. Damit ist praktisch etwas wie ein kleiner Schattenhaushalt entstanden, weil viele Bereiche miteinander verrechnet werden können.
Nach der Debatte über den ÖPNV, die wir vorhin hier geführt haben, muss man sich die Frage stellen, ob es überhaupt Sinn macht, die Regionalisierungsmittel zurückzulegen, um den Schienenweg zum Beispiel auf der Zweiten Stammstrecke auszubauen, statt mit dem Geld das zu machen, worauf die Menschen in Bayern vor allem in Ballungsgebieten, die sich jeden Morgen in überfüllte S-Bahnen hineinquetschen müssen, warten: dass wir auf bestehenden Strecken längere Züge einsetzen. Dafür können wir eigentlich jetzt schon das Geld ausgeben. Es sollte sich nicht sozusagen als Haushaltsrest ansammeln. Wir möchten, dass das Pendelangebot für die Bürgerinnen und Bürger deutlich besser wird und das Geld nicht angesammelt wird.
Ein weiteres Thema aus dem ORH-Bericht wurde bereits angesprochen; es war auch schon im vorletzten Bericht enthalten und betrifft das Wirtschaftsministerium. Das ist schon interessant. Man fragt sich immer: Was macht das Wirtschaftsministerium eigentlich? – In erster Linie legt es Förderprogramme auf und will lenkend und steuernd eingreifen. Aber der Überblick über die Förderprogramme ist praktisch schon verloren gegangen. Das haben wir bereits mit dem vorletzten Bericht erfahren.
Bei diesem Bericht fand ich echt interessant – der Kollege Güller hat es bereits angesprochen –, was der Oberste Rechnungshof zum Thema Energiewen
de sagt. Im Jahre 2011 haben Vertreter aller Parteien im Bayerischen Landtag gesagt: Wir bringen die Energiewende voran; das ist ein großes Projekt, ein Generationsprojekt, das wir gemeinsam anpacken müssen. – Im Bericht des Rechnungshofs heißt es zu den Förderprogrammen zur Energiewende unter anderem: "Das Wirtschaftsministerium verfolgt seine mit dem ‚Bayerischen Energieprogramm‘ gesetzten Ziele unzureichend."
Es wird auch auf die Frage hingewiesen, ob wir bis 2025 die Ziele zu den erneuerbaren Energien erreichen. Darüber haben wir auch schon diskutiert; damals war noch Frau Aigner zuständig. Damals haben Sie schön vorgerechnet, wie bis 2025 eine schlagartige Vermehrung eintritt. Der Rechnungshof zeigt ganz klar schwarz auf weiß: Das kommt nur rechnerisch zustande, weil die Produktion von Atomstrom in Bayern wegfällt; dadurch wird der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion in Bayern natürlich größer. Das ist selbstverständlich. Wir haben das damals als Taschenspielertrick bezeichnet. Das wird uns durch den ORH-Bericht deutlich bestätigt.
Ich finde auch den letzten Satz unter der Schlussbemerkung sehr interessant. Er besagt, dass man für eine Energiewende, die wirklich gelingt, einen Fahrplan und ein Ziel braucht, an dem man arbeiten muss. Wenn man einfach nur Geld für ein Förderprogramm bereitstellt, ohne genau darauf zu achten, was das Förderprogramm bewirkt, funktioniert es nicht.