Protokoll der Sitzung vom 06.06.2018

Einen kleinen Moment noch! Wir haben eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen von Brunn. Bitte schön.

Herr Kollege Runge, man kann unterschiedlicher Meinung sein. Die Landeshauptstadt München hat natürlich einen Seniorenbeirat. Sie hat auch einen Migrationsbeirat.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Man kann sich darüber konstruktiv streiten. Allerdings hat – vielleicht finden auch Sie das merkwürdig – weder der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung irgendetwas zu dem Thema Senioren gesagt, noch sehe ich, dass sich die zuständige Ministerin in die heutige Debatte einschaltet. Wenn wir vonseiten der CSU kritisiert werden, wir hätten hier einen "zu leichten" Gesetzentwurf vorgelegt, dann erwarte ich, dass auch die Staatsregierung hier ihre Ansichten fundiert vorträgt.

(Beifall bei der SPD)

Danke für die Zwischenintervention. Auch ich sehe das als merkwürdig an; das ist überhaupt keine Frage. Vielleicht hält sich der Ministerpräsident selbst noch für so jugendlich; ich mag es jetzt nicht einsortieren. Wenn ein solcher Gesetzentwurf hier in Zweiter Lesung behandelt wird, dann ist es auf jeden Fall angesagt, dass die zuständigen Mitglieder der Staatsregierung hier anwesend sind. Dass dem nicht so ist, zeigt, was sie von diesem Thema halten. Weiter möchte ich das nicht kommentieren. – Ich weiß nicht, wie knapp wir schon an der Viertelstunde dran sind.

Passt genau.

Dann können wir jetzt abstimmen. Sonst könnte ich noch zu einigen anderen Themen etwas erzählen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Dr. Runge, und auch herzlichen Dank für das zeitliche Mitspielen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit

ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur namentlichen Abstimmung.

Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/19755 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Damit kann ich die namentliche Abstimmung eröffnen. Sie haben fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 17.50 bis 17.55 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Abstimmung und bitte, das Ergebnis außerhalb des Plenarsaals zu ermitteln. Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die

Tagesordnungspunkte 7 und 8 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Aufhebung des "Handyverbots" in Bayerns Schulen (Drs. 17/20321) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Dr. Simone Strohmayr u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Handynutzung in Schulen sinnvoll regeln (Drs. 17/20501) - Zweite Lesung

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Fraktionen haben sich auf eine Beratungszeit von 24 Minuten verständigt. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erster Redner ist Kollege Gehring für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 7. Februar haben wir hier in Erster Lesung über diesen Gesetzentwurf miteinander geredet. Es geht nicht immer so schnell. Genau vier Monate später bei der Zweiten Lesung ist das, was ich damals angedeutet habe und was unser Gesetzentwurf auch ausdrückt und zur Konsequenz hat, in Bayern eigent

lich schon Realität geworden. Jetzt ist es eigentlich nur notwendig, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, damit verwirklicht werden kann, was verwirklicht werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe damals gesagt – und das hat sich bestätigt –, dass das Handyverbot, das über elf Jahre bestanden hat, sich nicht bewährt hat. Das Handy ist trotzdem Realität an den Schulen, und es muss Realität bleiben. Es hilft nicht, diese Realität auszusperren. Man muss das Thema Handy in den Schulen aufnehmen und vor Ort an den Schulen regeln, wie damit umzugehen ist.

Ich darf auf eine Aussage der CSU-Landesgruppe im Bundestag verweisen. Da hieß es: In der modernen Schule gehört das Smartphone auf den Tisch zum Lernen und nicht unter den Tisch für WhatsApp. Wir brauchen tatsächlich Regelungen für den Umgang mit dem Handy an den Schulen. Schule heißt nicht nur Klassenzimmer, sondern auch Pausenhof, weil dort die pädagogische Verantwortung nicht aufhört. Deswegen muss das geregelt werden.

Warum muss die Handynutzung an der einzelnen Schule geregelt werden? – Schulen sind sehr unterschiedlich. Wir brauchen an Grundschulen andere Regeln als an beruflichen Schulen oder an Gymnasien. Wichtig ist die Beteiligung aller, also der Eltern, der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler. Hinter der Handynutzung muss ein pädagogisches Konzept stehen. Pädagogik findet, wie schon gesagt, auch auf dem Schulhof statt. Letztendlich hat eine Regelung, die gemeinsam getroffen wird, eine höhere Verbindlichkeit für alle als ein Gesetz, das niemand mehr beachtet oder niemand mehr akzeptiert.

Ich habe damals, am 7. Februar, gesagt: Wenn es einen Runden Tisch im Kultusministerium gibt, dann zeigt das meistens, dass ein Gesetz nicht mehr lange hält, dass bestehende Regelungen fallen werden und dass eine Neuregelung kommen wird. Wie oft habe ich recht gehabt? – Tatsächlich ist es so. Die alten Regelungen fallen, und es wird neue Regelungen geben.

Anfang Mai hat der Kultusminister gesagt, der Runde Tisch habe ergeben, dass wir schulinterne Regelungen auch für den privaten Gebrauch des Handys brauchen. Das müsse über das Schulforum geregelt werden. Auch die private Nutzung an den Schulen müsse auf ein breites Fundament gestellt werden. Das Handy gehöre zur Lebenswirklichkeit unserer Schülerinnen und Schüler. Wenn vor Ort entschieden werde, stärke das die Akzeptanz in der Schulfamilie. Das klingt so ähnlich, wie ich es damals gesagt habe.

Tatsächlich brauchen wir jetzt diese Regelungen. Deswegen muss das Handyverbot abgeschafft werden. In dem bisher bestehenden Gesetz heißt es, dass das Handy ausgeschaltet bleiben muss, bis die Lehrkraft in Ausnahmefällen das Einschalten gestattet. Wenn wir aber Regelungen dafür haben wollen, wann das Handy zum privaten Gebrauch genutzt werden kann und wann es im Unterricht eingesetzt werden kann, dann wird die Ausnahme zur Regel. Das Handy wird tatsächlich viel im Unterricht eingesetzt. Damit ist das bisherige Gesetz obsolet.

Deswegen gehe ich davon aus, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Gesetzentwurf zustimmen werden. Damit machen wir den Weg frei für moderne Regelungen über den Umgang mit dem Handy an den Schulen. Für eine moderne Schule brauchen wir die Regelungen, die notwendig sind. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit der Abschaffung des Handyverbots in eine digitale Zukunft der Schulen gehen werden, die von der ganzen Schulfamilie getragen wird. Das ist ein guter Weg. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, machen Sie den Weg frei!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Gehring. – Frau Kollegin Dr. Strohmayr für die SPD. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir brauchen ein modernes Gesetz zur Regelung der Handynutzung an den Schulen. Wir brauchen ein Gesetz, das der Tatsache Rechnung trägt, dass heute jeder Schüler – eine Studie spricht von 96 % der Schüler – ein Handy hat. Wir leben in einem digitalen Zeitalter und sind verpflichtet, die Schüler in den digitalen Entwicklungen fit zu machen. Digitale Souveränität nennt man das.

Wir schlagen vor, dass das strikte Handyverbot, wie es derzeit an den Schulen gilt – der Kollege Gehring hat es bereits angesprochen –, gelockert wird und die Schulfamilie künftig gemeinsam über die Nutzung von Handys an den Schulen entscheidet. Das derzeitige Gesetz verbietet die Benutzung von Mobilfunkgeräten strikt. Lehrkräfte müssen im Einzelfall die Nutzung ausdrücklich erlauben.

Diese Regelung ist einfach nicht mehr zeitgemäß, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dies wurde an verschiedenen Vorfällen deutlich, die sich Anfang des Jahres an verschiedenen Schulen ereignet haben und durch die Presse gingen. Eltern haben sich – mit Recht – beschwert, dass unterschiedliche Lehrer total unterschiedliche Regelungen aufstellen: In der einen Stunde war die Handynutzung erlaubt, in der nächs

ten Stunde war sie verboten, aus überhaupt nicht nachvollziehbaren Gründen. Diese Willkür haben Schüler und Eltern – mit Recht – angeprangert. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, und es stellt sich die Frage: Was ist denn eine zeitgemäße Regelung? Genau diese Frage haben wir im Vorfeld in den letzten Monaten vielen Eltern, Schülern und Lehrern gestellt. Dabei mussten wir immer wieder feststellen: Auf der einen Seite sagen viele: Ja, es ist erst einmal gut, dass die Schule handyfreie Zone ist, dass man sich auf die Schule konzentrieren kann und das Gerät einfach aus ist. Es würde vielleicht auch uns guttun, wenn das Handy mal aus wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Beifall! – Ingrid Heckner (CSU): Vormachen!)

Auf der anderen Seite wünschen sich die Schüler natürlich ganz klare, nachvollziehbare Regelungen für die Handynutzung. Wenn viele Schüler heute den ganzen Tag in der Schule sind und Ganztagsunterricht haben, dann ist doch klar, dass sie dann zum Beispiel auf dem Pausenhof ihr Handy einmal anschalten und irgendetwas organisieren wollen. Das tun wir doch genauso. Warum sollen wir es den Schülern verbieten? Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Aus diesem Grund haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, der genau diese beiden Parameter beinhaltet: Zum einen soll das Handy grundsätzlich an der Schule ausgeschaltet bleiben, sodass man Zeit hat und sich auf den Unterrichtsstoff konzentrieren kann. Zum anderen sollen klare Regeln geschaffen werden, wann die Handynutzung an der Schule möglich ist. Wir meinen, es wäre am sinnvollsten, wenn es die Schulfamilie festlegt, also die Lehrerkonferenz zusammen mit dem Elternbeirat bzw. bei älteren Schülern das Schulforum oder der Berufsschulbeirat. Genau diese Regelungen fordern auch die Elternverbände.

Es ergibt durchaus Sinn – Kollege Gehring wies bereits darauf hin –, dass sich die Schulen selbst Gedanken machen, wann die Geräte eingeschaltet sein können, dass also die Schulen selbst Regeln schaffen. Eine solche gemeinsam geschaffene Regel findet doch eine ganz andere Akzeptanz. Ich glaube, dass die Schüler ganz anders mit den Handyregelungen umgehen würden, wenn sie selbst mitsprechen dürften, wann die Geräte eingeschaltet sein dürfen.

Der Ansatz der GRÜNEN geht uns allerdings zu weit. Aus unserer Sicht muss auch in Zukunft gelten: erst einmal Handy aus- und in klar definierten Fällen anschalten. Darüber sind Sie, lieber Herr Gehring, aus meiner Sicht etwas zu lasch hinweggegangen. Es ist

ja nicht so, dass ihr nur sagt: "Wir wollen, dass die Schulfamilie entscheidet", sondern ihr wollt, dass sie entscheidet, wann das Gerät ausgeschaltet sein soll. Damit, meine ich, ist die Schulfamilie überfordert. Der umgekehrte Weg wäre der viel bessere, nämlich der, den wir vorschlagen: Handy grundsätzlich aus, und in klar definierten Fällen bzw. an klar definierten Orten darf es an sein. Nebenher lernen die Kinder, was auch vielen Erwachsenen guttun würde: das Handy sinnvoll zu nutzen und es eben auch mal auszumachen.

Es gab einen Runden Tisch zu diesem Thema, der sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat, und siehe da: Der neue Staatsminister hat sich ganz in unserem Sinne geäußert und gesagt: Aus unserem konstruktiven Dialog habe ich mitgenommen, dass sich viele Lehrer, Eltern und Schüler die Möglichkeit wünschen, schulinterne Regelungen für den privaten Gebrauch des Handys an Schulen zu definieren.

Also, liebe Mehrheit, warum tut ihr es nicht einfach? Stimmt einfach heute unserem Gesetzentwurf zu, dann schaffen wir es noch in dieser Legislaturperiode, unsere Schulen für das digitale Zeitalter fit zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Strohmayr. – Um das Wort gebeten hat die Staatsregierung: Herr Staatsminister Sibler, bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal eine Klarstellung, wie die Handynutzung heute geregelt ist: Der Begriff "Handyverbot" geht mir eigentlich zu weit. Eigentlich haben wir ein "Handygebot"; denn tatsächlich kann das Handy bereits heute, wenn es der Lehrer für pädagogisch angemessen hält, eingesetzt werden. Wenn der Lehrer sagt: "Handy raus zur Recherche", dann ist die Nutzung bereits heute möglich. Das ist ein ganz entscheidender und wichtiger Punkt: Man muss erkennen, dass wir nicht die Situation haben, die der Begriff "Verbot" suggeriert – das Handy überhaupt nicht einsetzen zu können –; denn es ist bereits heute möglich, es für Unterrichtszwecke zu verwenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Februar und im März hatten wir die Debatte im Ausschuss, und die CSU vertrat die Position, diesen Gesetzentwurf abzulehnen. Dieser Position schließe ich mich ausdrücklich an – aus ganz einfachen Gründen:

Selbst nach der Debatte, die wir am Runden Tisch geführt haben – dazu später noch einige Sätze mehr –,

gab es eine ganze Reihe von Leserbriefen, Meinungsäußerungen und Stimmen, auch aus dem pädagogischen Umfeld, die sagten: Langsam reiten, Freunde! Lasst uns die Dinge noch etwas differenzierter ansehen. Es gibt durchaus auch eine große Gruppe, die, was den pädagogischen Umgang mit dem Gerät betrifft, Bedenken hat.