Herr Adelt, hinsichtlich Ihrer Ausführungen zur Abgrenzung bei hergestellten Straßen und der Lösung der CSU-Fraktion sind wir einer Meinung. Was Sie sagen, kann ich nur unterstreichen. Das entspricht genau unserem Gesetzentwurf. Sie haben gefragt, wo das Geld herkommen soll, wenn man bis 2014 zurückgeht. Die Antwort ist: Zum jetzigen Nachtragshaushalt haben wir 250 Millionen Euro beantragt. Das sind diese 4 mal 60 Millionen Euro für die vier Jahre. Woher soll das Geld kommen? – Die CSUFraktion hat einen Nachtragshaushalt über 987 Millionen Euro vorgelegt. Wir haben unsere Änderungsanträge mit einem Volumen von einer Milliarde Euro unterlegt. Das ist exakt der gleiche Betrag. Die 250 Millionen Euro sind also genau so gegenfinanziert wie das, was die CSU vorgeschlagen hat, oder das, was von Ihnen im Nachtragshaushalt kam. Es kann jetzt geregelt und beschlossen werden. Ich füge hinzu: Es muss jetzt geregelt und beschlossen werden. Das geht im Übrigen auch an die Adresse der SPD, die zwar nicht ganz so weit zurückgeht wie wir, aber auch zurückgeht. Für eure Forderung braucht ihr auch noch eine Deckung im Haushalt.
Den Vorwurf, die Sache mit der Ersterschließung sei Populismus pur, kann ich nicht stehen lassen. Es steht bereits im Gesetz, dass 25 Jahre nach Beginn der Herstellung aus der Erschließungsmaßnahme eine Ausbaumaßnahme wird. Wir haben lediglich den Stichtag vom 01.04.2021 auf den 01.01.2018 vorverlegt, um höchst problematische und schwierige Rechtsstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten zu verhindern bzw. zu beenden. Außerdem sollte verhindert werden, dass alles auf den letzten Drücker zulasten der Bürger abgeschlossen wird. Das wäre nie gemacht worden, wenn wir das KAG in diesem Punkt nicht geändert hätten.
Wenn ich mir die Uhr anschaue, dann stell ich fest, ich brauche bei Ihren langen Zwischenfragen überhaupt nicht mehr zu antworten. Die Zeit läuft nämlich dann automatisch ab. Ich möchte aber zum Zurücksetzen des Datums für die Ersterschließung etwas sagen: Ihnen fehlt die Einsicht in die
Praxis der Kommune. Häufig ist es notwendig, eine Straße endgültig abzurechnen, indem der Bebauungsplan abgeändert wird. Es muss klipp und klar gesagt werden, dass die Straße nicht anders ausgebaut werden kann und somit abrechnungsfähig ist. Wie lange dauert so etwas nach Anhörung aller Beteiligten? – Das ist nicht in vier bis zehn Monaten zu erledigen. Manche Dinge wie die Fertigstellung der letzten Teerdecke oder Ähnliches müssen noch abgeschlossen werden. Es ist kommunalunfreundlich, die Kommune auf den ausstehenden Beiträgen sitzen zu lassen, indem einfach zurückdatiert wird.
Vielen Dank, Herr Kollege Adelt. – Ich darf nun dem Kollegen Mistol für die GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte sehr.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Straßenausbaubeiträge hat uns beinahe die komplette Legislaturperiode über begleitet. So intensiv wie mit diesem Thema haben wir uns zumindest im Innenausschuss mit kaum einem anderen Thema beschäftigt. Es polarisiert und ist hochgradig emotional behaftet; es findet mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch die CSUMehrheit im Hause zumindest für diese Legislaturperiode ein Ende. Dennoch bin ich skeptisch, ob mit dem heutigen Tag tatsächlich das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen ist.
Kolleginnen und Kollegen, fest steht: Ein kompletter Wechsel eines seit 40 Jahren bestehenden Beitragssystems hat seine Tücken. Die Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs der CSU hat die Krux der Abschaffung verdeutlicht. Im Zuge der Beratungen sind zahlreiche Fallkonstellationen zu Tage getreten, die neue Ungerechtigkeiten befürchten lassen. Das belegen zahlreiche Schreiben sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von Städten und Gemeinden, die im Hinblick auf die vorgesehenen Regelungen zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge erhebliche Bedenken angemeldet haben. Zu unterschiedlich gestalten sich die Bedingungen in den Kommunen beim Vollzug der noch gültigen Satzungen. Deshalb ist davon auszugehen, dass eine größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit durch diesen Gesetzentwurf nicht erreicht werden kann.
Das haben auch die kommunalen Spitzenverbänden in ihren Stellungnahmen ganz deutlich zum Ausdruck gebracht: Zu viele Details geben noch Anlass zur Diskussion. Ich gebe dem Kollegen Adelt wirklich recht: Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU
Fraktion, wollten die Abschaffung im Hopplahopp-Verfahren vom Tisch haben. Derart schnell ist kaum ein anderes Thema über die Bühne gegangen. Da die Mitberatungsfrist entsprechend verkürzt worden ist, ist zu befürchten, dass der Dauerzank um die Beiträge bestehen bleiben wird. Sie haben wesentliche Kritikpunkte der kommunalen Spitzenverbände nicht berücksichtigt.
Deswegen haben wir GRÜNE einen Änderungsantrag eingebracht, dessen Inhalt ich zumindest kurz skizzieren möchte. Ist der Kollege Ländner noch da? Wo ist er? – Er ist nicht mehr da. Dann kann ich ihn auch nicht mehr ansprechen. Offensichtlich ist ihm das Thema nicht so wichtig, um bei der ganzen Debatte anwesend zu sein. Ich möchte ihm mitgeben, dass jede Stichtagsregelung natürlich Härten mit sich bringt. Das ist völlig klar. Für mich sind Härten Ungerechtigkeiten. Wir GRÜNE fordern im Gegensatz zur CSU im Sinne einer verlässlichen Politik eine Stichtagsregelung zum 1. Januar 2017 – ein Jahr vor der CSU. Das halten wir für angemessen. Das kommt insbesondere den Beitragspflichtigen entgegen.
Zudem ist auch die Forderung der kommunalen Spitzenverbände plausibel, bei der Konkretisierung des Wortlautes des Gesetzes auf den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abzustellen, weil diese an objektive und nachprüfbare Kriterien geknüpft ist. Gerade für Vorauszahlungen – die Vorredner haben es bereits gesagt – ergeben sich gravierende Unterschiede zwischen den Gemeinden und damit auch für die einzelnen Beitragspflichtigen. Da es sich bei der Erhebung um Ermessensentscheidungen der jeweiligen Gemeinden handelt, können diejenigen, die es sich leisten können, nachträglich abrechnen, wenn alles vorbei ist, die anderen fordern Vorausleistungen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie das gehandhabt wird. Vorauszahlungen werden nicht einheitlich für alle Maßnahmen erhoben. Durch eine erweiterte Stichtagsregelung und das Abstellen auf die sachliche Beitragspflicht sollen nach Vorstellung von uns GRÜNEN derartige Ungerechtigkeiten zumindest abgemildert werden.
Jetzt ist Herr Kollege Ländner wieder da. Jetzt kann ich ihn auch ansprechen. Sie sagen: Bescheid ist Bescheid. Das ist eine schöne und einfache Worthülse. Mit dieser rigorosen Haltung werden Sie Schiffbruch erleiden. Das sage ich Ihnen jetzt schon voraus.
Das wird so nicht akzeptiert werden. – Kolleginnen und Kollegen, viele Städte und Gemeinden haben in der aktuellen Übergangsphase und in Erwartung eines Klarheit schaffenden Gesetzentwurfes bewusst auf die Ausschreibung von Straßenausbaumaßnahmen verzichtet. Oftmals stehen hinter solchen Maßnahmen jahrelange aufwendige Planungen. Die Voraussetzungen für die Erstattung ergangener Beiträge sollten deshalb auch auf Aufwendungen für Ausführungsplanungen erweitert werden. Das ist auch von den kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagen worden.
Außerdem soll gewährleistet werden, dass die Höhe der Erstattungsleistungen insgesamt nicht durch die in einem Kalenderjahr zur Auszahlung im Staatshaushalt bereitgestellten Mittel begrenzt ist. Das steht in unserem Änderungsantrag. Für uns GRÜNE steht fest, dass die Kommunen für den Wegfall der Straßenausbaubeiträge wirklich vollumfänglich entschädigt werden müssen. Wir wollen nicht, dass am Ende die Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben, indem die Kosten auf die Kommunen abgewälzt werden.
Eines möchte ich für die GRÜNEN sagen: Für uns steht der Straßenerhalt über dem Straßenneubau. Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge darf nicht dazu führen, dass kommunale Straßen, insbesondere in den finanzschwachen Kommunen, verlottern und der Sanierungsstau, der heute schon vorhanden ist, größer wird. Bei Straßenausbaubeiträgen geht es nicht nur um die Straße selber, sondern auch um Rad- und Gehwege. Diese müssen sicher sein. Es muss gewährleistet sein, dass dieses Vermögen, das der Allgemeinheit gehört, nicht abhandenkommt.
Aus diesen Gründen ist es entscheidend, dass die Finanzierung für künftige Ausbaumaßnahmen seitens des Freistaats und in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden auf solide finanzielle Beine gestellt wird. Die derzeit in Rede stehenden 100 Millionen Euro pro Jahr werden die Städte und Gemeinden unabhängig vom Verteilmodus nicht in die Lage versetzen, das Ganze ausreichend finanzieren zu können. Das reicht tatsächlich vorne und hinten nicht. Klar ist auch, dass beim Wegfall der Straßenausbaubeiträge – das muss man wahrheitshalber sagen – nicht nur die Grundstücksbesitzerinnen und Grundstücksbesitzer, sondern alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, alle Bürgerinnen und Bürger, künftig für den Straßenausbau aufkommen müssen. Daran führt schlicht und einfach kein Weg vorbei.
Kolleginnen und Kollegen, weil den Forderungen in unserem GRÜNEN-Änderungsantrag nicht Rechnung getragen wurde, werden wir uns bei dem Gesetzentwurf der CSU enthalten. Den Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER lehnen wir ab. Er ist tatsächlich nicht bezahlbar. Wenn schon jemand aus der SPD sagt, das sei nicht bezahlbar, heißt das was.
Kolleginnen und Kollegen, die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge geht gerechter. Davon bin ich überzeugt. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist sicher auch noch nicht gesprochen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Mistol. – Bitte bleiben Sie. Herr Kollege Pohl hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.
Herr Kollege Mistol, Sie haben gesagt, es werde Härten und Ungerechtigkeiten geben. Bei Letzterem muss ich Ihnen widersprechen. Über die Frage, was gerecht und ungerecht ist, entscheidet dieses Parlament. Hierzu gibt es verschiedene Auffassungen. Die CSU hält "Bescheid ist Bescheid" für gerecht. Die GRÜNEN, die FREIEN WÄHLER und die SPD stellen auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ab. Daran kann man ermessen, was "gerecht" für die einen und "gerecht" für die anderen bedeutet.
Der zweite Punkt betrifft das Verlottern der Straßen. Wir sagen dazu Nein. Deswegen fordern wir nicht nur 150 Millionen Euro zur Kompensation für die wegfallenden Straßenausbaubeiträge, sondern zusätzliche 150 Millionen Euro für den kommunalen Straßenbau durch eine Erhöhung des Anteils am Kraftfahrzeugsteuerersatzverbund, wie es früher einmal war.
Drittens muss ich eine Frage an Sie stellen: Der Entwurf der GRÜNEN schlägt als Stichtag den 01.01.2017 vor. Im Nachtragshaushalt stellen Sie jedoch kein Geld dafür bereit, um die Zahlungen für diejenigen, die ab dem 01.01.2017 bezahlt haben, abwickeln zu können. Das müssen Sie tun. Wir beraten gerade den Nachtragshaushalt. Wir wollen für vier Jahre 250 Millionen Euro bereitstellen. Das ist übrigens bezahlbar. Sie sagen, das sei völlig unbezahlbar. Das ist bezahlbar. Das steht in unserem Entwurf zum Nachtragshaushalt. Sie müssen nachbessern. Ansonsten bleiben die Kommunen auf diesem Geld sitzen. Das wollen wir nicht. Ich hoffe, Sie wollen das auch nicht.
Herr Kollege Pohl, was gerecht ist, bestimmen nicht wir im Parlament. Das ist vielleicht die juristische Sicht der Dinge. Ich bin kein Jurist. Was die Menschen draußen als gerecht empfinden, das können wir nicht beschließen. Es ist egal, was wir heute beschließen werden. Dies wird von einem Teil der Leute als ungerecht empfunden werden. In diesem Punkt bin ich mir ganz sicher. Die Leute, die dies als ungerecht empfinden, würde ich zu Ihnen schicken. Dann können Sie diesen Leuten sagen: Das ist aber gerecht.
Sie können die Diskussion führen. Diese Diskussion bringt uns jedoch nicht weiter. Es ist schön, wenn Sie das im Nachtragshaushalt mit einem eigenen Antrag unterfüttern und daran glauben, dass dem tatsächlich zugestimmt wird.
Sie waren im Innenausschuss dabei. Dort hat die CSU signalisiert, wie sie mit den Änderungsanträgen der Opposition umzugehen gedenkt. Was wir beantragen, wird nicht ausgeführt. Insofern ist das Erbsenzählerei. Das müssen wir nicht machen.
Danke schön, Herr Kollege Mistol. – Nun erteile ich für die Staatsregierung Herrn Staatssekretär Eck das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Detail wurde genügend diskutiert. Ich hätte mich eigentlich nicht mehr zu Wort melden wollen, aber es sind einige Aussagen getätigt worden, die ich nicht so im Raume stehen lassen kann.
Damit es nicht untergeht, lieber Kollege von den FREIEN WÄHLER, Herr Pohl: Sie sagen: Bescheid ist Bescheid und bringen das in Form einer Kritik.
Ihr Begehr zielt immer auch auf einen Bescheid für die Bürgerinnen und Bürger ab und setzt damit einen Stichtag. Deshalb bitte ich Sie dringlich, zunächst ein
Herr Pohl, Sie können sicherlich eine Zwischenbemerkung machen. Aber Sie brauchen nicht dazwischenzuquatschen, wie wir es von Ihren ganzen Beiträgen vorhin gewöhnt sind.
Wenn man die Diskussionsbeiträge mancher Kolleginnen und Kollegen betrachtet, fragt man sich, wovon hier eigentlich die Rede ist. Sind wir im Freistaat Bayern oder in der Bundesrepublik Deutschland? Wir haben seit dem Zweiten Weltkrieg eine großartige Erfolgsgeschichte; denn wir haben eine kommunale Selbstverwaltung aufgebaut, die im Vergleich zu allen anderen Bundesländern in Bayern bestens funktioniert. Wir diskutieren in diesem Zusammenhang letzten Endes ein Stück weit über die kommunale Selbstverwaltung und darüber, dass Bayern kommunale Straßen finanziert.
Und nun sollten wir für die Zukunft überlegen, ob wir es bei den Straßenausbaubeiträgen belassen. Oder kommen wir dann auch zur Kanalisation oder zu den Wasserleitungen? Wo endet diese Diskussion? – Das ist politischer Popanz; es ist Wahlkampf, der in meinen Augen schier unerträglich geworden ist.