Ja, zu den Strukturveränderungen und -stärkungen in dieser Zeit gehört auch das neue Bayerische Oberste Landesgericht. Dessen Einrichtung erfordert netto zehn Stellen mehr. Die übrigen Stellen kommen aus der bisherigen Verwendung an den Oberlandesgerichten. Von rund 2.000 neuen Stellen werden zehn für das Bayerische Oberste Landesgericht vorgesehen, eine Einrichtung, die – das hat Kollegin Guttenberger sehr treffend ausgeführt – für die Rechtseinheitlichkeit in Bayern besonderen Stellenwert hat.
Auch vor dem Hintergrund des hohen Stellenwerts, den die Justizpraxis dem Vorhaben beimisst, bin ich, Herr Vorsitzender, Frau stellvertretende Vorsitzende, für die sehr offene und konstruktive Begleitung des Vorhabens im Rechtsausschuss, aber auch in den anderen Ausschüssen dankbar und möchte mich insbesondere für die Diskussion im zuständigen federführenden Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, an der ich selbst teilnehmen konnte, ausdrücklich bedanken.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einige wesentliche Punkte des Gesetzentwurfs und der Diskussion herausgreifen.
Das neue Bayerische Oberste ist bundesweit einmalig und wird das neue Aushängeschild der bayerischen Justiz sein. Es knüpft an die große Tradition des Bayerischen Obersten an. Dass im Gesetzestitel nicht explizit von einer erneuten Errichtung gesprochen wird, ändert daran nichts. Unser Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine erneute Errichtung handelt, und auch im Gesetzentwurf selbst wird an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, Kolleginnen und Kollegen.
Meine Damen und Herren, mir ist auch wichtig, zu betonen: Die Auflösung des Gerichts hat sich nie gegen das Gericht selbst gerichtet; sie erfolgte damals aus rein fiskalischen Gründen. Daher haben wir nunmehr
bei der Wiedereinführung auch ein besonderes Augenmerk auf das Gebot sorgsamer Haushaltsführung gelegt. Ich meine auch, Kolleginnen und Kollegen, dass man hier nicht rein rückwärtsgewandt argumentieren, sondern die sich nun ergebende Chance für die bayerische Justiz nutzen sollte. Diese Chance bestmöglich im Sinne der dritten Gewalt zu nutzen, ist mir ein Kernanliegen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf sieht die Ausgestaltung des Gerichts als Rechtsmittelgericht vor. Damit wirkt das Bayerische Oberste Landesgericht gleichsam als Klammer für die Rechtsprechung in Bayern. Durch eine Konzentration der Musterverfahren in Kapitalanlagesachen wird der Verbraucherschutz gestärkt. Die erst kürzlich neu geschaffene Möglichkeit zur Konzentration auch der Musterfeststellungsklagen beim Bayerischen Obersten Landesgericht schafft weitere Perspektiven. Durch die Konzentration der verschiedenen Zuständigkeiten im Bereich des Gesellschaftsrechts können weiterhin Rechtssicherheit und kurze Verfahrensdauern gewährleistet werden. Das ist ein wesentlicher Standortfaktor und für die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns wichtig.
Betrachtet man all dies, so wird die teilweise in der Diskussion verwandte Bezeichnung als "Bayerisches Oberstes Light" dieser Bedeutung des neuen Bayerischen Obersten nicht gerecht. Auch den Vorwurf, es hätte eine ausführliche Aufgabenkritik erfolgen müssen, kann ich nicht nachvollziehen. Die im Gesetzentwurf angelegte Struktur, die auch Raum für spätere Aufgabenzuwächse bietet, wurde seitens der Richterschaft und seitens der Verbände begrüßt.
Der Entwurf wurde auch in verschiedenen Gesprächen und in der Verbandsanhörung diskutiert. Meine Damen und Herren, die Zustimmung war enorm. Insoweit ist für mich nicht ersichtlich, warum das Projekt, meine Damen und Herren, zeitlich geschoben hätte werden sollen. Dann wäre doch eher der Vorwurf gekommen, die Staatsregierung betreibe eine reine Ankündigungspolitik, setze die Projekte aber nicht um.
Meine Damen und Herren, wir gehen die Sache auch mit der erforderlichen Sorgfalt an. Lassen Sie mich das kurz darlegen. Das Gericht wird zum 15. September 2018 errichtet werden. Damit gehen auch die ersten Zuständigkeiten in bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten auf das Gericht in München über. Die Möglichkeit, über den künftigen Präsidenten bereits ab dem 18. Juli zu entscheiden, ändert hieran nichts. Vielmehr ist es sinnvoll, die Beschlussfassung des Ministerrates vor der eigentlichen Einrichtung herbeizuführen. Die Ernennung soll natürlich erst zum 15. September – das wurde schon angesprochen –
wirksam werden. Mit der Beschlussfassung des Ministerrats kann aber schon eine offizielle Einbeziehung der künftigen Gerichtsleitung in den organisatorischen Aufbau erfolgen. Meine Damen und Herren, das ist organisatorisch sehr sinnvoll. Dies dient einem sorgfältigen, einem sorgsamen Aufbau des Gerichts. Hätten wir etwas anderes vorgesehen, wäre doch wieder der Vorwurf gekommen, wir würden ohne die notwendige Weitsicht agieren. Am 1. Februar 2019 werden dann die weiteren gesetzlich zu übertragenden Aufgaben übergehen.
Meine Damen und Herren, ich halte es auch weiterhin für richtig und sinnvoll, Außensenate einzurichten. Es ist ein Mehrwert für eine Region, wenn dort ein Gericht mit diesem Ruf angesiedelt ist. Zudem werden auch vor Ort Beschäftigungs- und Beförderungsmöglichkeiten geschaffen, die sonst eher rar gesät sind. Dies trägt zur Zufriedenheit auch der in den Bereichen Nürnberg und Bamberg tätigen Beschäftigten und zur Ausgeglichenheit der Rechtsstandorte bei. München wird dadurch nicht vernachlässigt. Würde man die frühere Struktur anlegen, so würden in Bamberg und Nürnberg zusammen vier und in München sechs Senate insbesondere im Zivilrecht entstehen. Ich bitte aber um Verständnis, dass die genaue Zahl der Senate in München erst zusammen mit dem Präsidenten und dem Präsidium besprochen werden soll. Das entspricht übrigens meinem Verständnis von einem Miteinander in der Justiz.
Auch der Vorwurf, die Außensenate würden zu einer Zersplitterung des Gerichts führen, lässt sich bei näherer Betrachtung nicht halten. Die Kommunikationsmöglichkeiten sind heute so ausgeprägt, dass ein sinnvoller Kontakt zwischen Nürnberg, Bamberg und München möglich ist. Auch die Erfahrungen des Bundesgerichtshofs, meine Damen und Herren, mit dem auswärtigen Strafsenat in Leipzig zeigen, dass ein solches Modell funktioniert.
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich abschließend noch einmal für die große Unterstützung des Vorhabens in den Ausschüssen bedanken und bitte Sie, im Interesse der Justiz und des Rechtsstaates in Bayern die signalisierte Zustimmung zu vollziehen. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
antrag auf Drucksache 17/22902 sowie die Beschlussempfehlung des endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/23197 zugrunde.
Der Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in den §§ 2 und 3 die jeweils letzte Änderung des Gesetz- und Verordnungsblattes aktualisiert wird.
In den §§ 3 und 4 sollen jeweils das Datum "1. Februar 2019" und in § 5 das Datum der "1. August 2019" eingefügt werden. In § 6 soll als Datum des Inkrafttretens der "15. September 2018" und als Datum des Außerkrafttretens der "14. September 2018" eingefügt werden. Abweichend davon treten die in § 6 Absatz 2 bezeichneten Regelungen am "18. Juli 2018" und ebenfalls am "1. Februar 2019" in Kraft. – Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/23197.
Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordnete Muthmann (fraktionslos). Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch dagegen erhebt sich nicht.
Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordnete Muthmann (fraktionslos). Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist so beschlossen.
Das Gesetz ist angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Errichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts".
Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung hat der Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/22902 seine Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Petra Guttenberger, Jürgen W. Heike, Bernd Kränzle u. a. (CSU) für ein Gesetz zur datenschutzrechtlichen Anpassung der Bayerischen Vollzugsgesetze (Drs. 17/21687) - Zweite Lesung
Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich demgemäß an der Redezeit der stärksten Fraktion. Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist die Frau Kollegin Guttenberger von der CSU. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf sollen Anpassungen vorgenommen werden bzw. Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Zum einen soll der Bereich des bayerischen Justizvollzugs und des bayerischen Maßregelvollzugs eine Anpassung an die Datenschutzrichtlinie erfahren. Zum anderen soll eine Befugnisnorm zur weiteren Verarbeitung der im Anwendungsbereich des bayerischen Strafvollzugsbereichs erhobenen Daten für vollzugsfremde Zwecke angepasst werden. Das Ganze soll dadurch an die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden.
Hierdurch – das ist ein sehr wichtiger Punkt – soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um den Mitgliedern des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe die Möglichkeit zu geben, in die Akten Einsicht zu nehmen, wenn diese Anstaltsvisitationen vornehmen. Bislang musste ihnen die Einsicht in die Gefangenenakten aus Gründen des Datenschutzes verwehrt werden, weil es dafür keine Rechtsgrundlage gab.
Dann wird dadurch eine allgemeine Befugnisnorm zur Datenübermittlung an juristische Personen des öffentlichen Rechts, um Forderungen geltend zu machen, sowie explizit eine Rechtsgrundlage für anlassunabhängige und automatisierte Anfragen der Anstalten beim Landesamt für Verfassungsschutz geschaffen.
In diesem Gesetz wird auch eine spezielle Rechtsgrundlage geschaffen, um Datenspeichermedien, die Gefangene ohne Erlaubnis in Gewahrsam haben, entsprechend auslesen zu können. – Auch eine Akzentuierung des Opferschutzes ist im Rahmen dieses Gesetzes vorgesehen. Bei Anfragen von Opfern nach Haftauskünften sollen fortan die Opferdaten einen verbesserten Schutz erfahren.
Wir halten diese Rechtsgrundlagen bzw. die Schaffung derselben für in hohem Maße erforderlich und bitten deshalb um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Ritter von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist völlig unstrittig, dass die EU-Verordnung zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in die bayerischen Vollzugsgesetze übernommen und dort umgesetzt werden muss. Allerdings muss man bei diesem Gesetz feststellen, dass es in zweifacher Hinsicht sozusagen unter falscher Flagge segelt. Zum einen ist das deshalb so, weil der Titel suggeriert, es würden reine Anpassungen an die EU-Verordnung vorgenommen. Der Gesetzentwurf enthält aber eine ganze Reihe von substanziellen Änderungen bei den Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte von Strafgefangenen. Diese können – dieser Auffassung sind wir natürlich – gerechtfertigt sein. Dann muss aber die Notwendigkeit tatsächlich begründet werden. Auch wenn Strafgefangene von Haus aus eingeschränkte Rechte haben, muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.
Der zweite Grund, warum dieser Gesetzentwurf unter falscher Flagge segelt, besteht darin, dass dies eigentlich gar kein Gesetzentwurf der CSU ist, sondern einer, der von der Staatsregierung erstellt wurde und lediglich der CSU übermittelt worden ist. Das ist mitnichten illegal. Das kann man machen. Allerdings erspart man sich damit die Verbändeanhörung und die zwangsweise Anhörung anderer Stellen wie beispielsweise der Datenschutzstelle und damit mögliche kritische Stellungnahmen aus Fachkreisen. Eine Bitte an den Datenschutzbeauftragten, seine Einschätzung des Gesetzentwurfs im Ausschuss vorzutragen, hat die CSU im Ausschuss folgerichtig verhindert. Auch wenn es um Strafgefangene geht, ist es unsere Aufgabe, die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit im Ausschuss und in der Beratung in diesem Hause zu prüfen. Dafür brauchen wir die entsprechenden Möglichkeiten. Kolleginnen und Kollegen, einfach Einschränkungen ohne die Prüfung durchzupressen, zeigt ein ganz seltsames parlamentarisches Verständnis, das die Kolleginnen und Kollegen von der CSU hier an den Tag legen.
Folgerichtig bleiben wichtige Fragen unbeantwortet, beispielsweise welche Vorkommnisse es tatsächlich
notwendig machen, dass nicht mehr wie bisher anlasslose Anfragen bei den Verfassungsschutzbehörden getätigt werden, sondern eine automatisierte Regelanfrage für alle erfolgt. Es gab nach Aussage der Staatsregierung keinerlei Vorkommnisse, die ein entsprechendes Vorgehen rechtfertigen würden. Auch die Befugnis zum Auslesen von Datenträgern ist mit der heißen Nadel gestrickt, und es bleibt eine ganze Reihe offener Fragen.
Vonseiten der SPD ist festzustellen: Auch wenn der Entwurf in einigen Punkten durchaus wichtige Änderungen enthält, die wir vom Prinzip her unterstützen könnten, ist er in der Gesamtschau zugleich von einer ganzen Reihe von Einschränkungen geprägt, die deutlich überzogen sind. In den Beratungen wurden die Datenschutzexpertise und andere fachliche Expertise bewusst ausgegrenzt. Unserer Auffassung nach ist dieser Gesetzentwurf nicht verhältnismäßig. Wir werden ihn deshalb ablehnen.
Danke schön, Herr Kollege. – Die Frau Kollegin Guttenberger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin Guttenberger.
Herr Kollege Ritter, es ist richtig, dass sich der Datenschutzbeauftragte jederzeit in jedes Gesetzgebungsverfahren einschalten kann.
Verehrte Kollegin, es ist auch richtig, dass der Bayerische Landtag jederzeit die Möglichkeit hat, den Datenschutzbeauftragten mit der Bitte um Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf zu seinen Sitzungen zu bitten.
Ja, auch das. Beides ist richtig. Selbstverständlich können wir als dieses Haus den Datenschutzbeauftragten jederzeit bitten, in die Ausschusssitzungen zu kommen und dort eine Stellungnahme abzugeben. Dem haben Sie sich massivst verweigert.