Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Es wird ein kleines Lob für Ihr Haus geben, das aber erst später.

(Harald Güller (SPD): Aber nur für das Haus!)

Nur für das Haus!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, worüber reden wir hier? – Über einen Nachtragshaushalt zum Nachtragshaushalt. Wann wird in der Regel ein Nachtragshaushalt aufgestellt? – Da wir Doppelhaushalte in Bayern haben, wird für das zweite Haushaltsjahr ein Nachtragshaushalt aufgestellt. Das ist in Ordnung, das ist sinnvoll, man korrigiert Fehler, die im Laufe der Zeit aufgetreten sind.

Wann wird ein zweiter Nachtragshaushalt aufgestellt? – Wenn sich unvorhergesehene Entwicklungen auftun, wenn zum Beispiel die Steuereinnahmen einbrechen oder andere Notlagen oder Katastrophen eintreten. Ist in Bayern eine Katastrophe eingetreten?

(Harald Güller (SPD): Ja! – Peter Winter (CSU): Wenn man euch zuhört, schon!)

Ist Bayern in einer Notlage, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Nein. Bayern ist nicht in einer Notlage, die CSU ist in einer Notlage, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Tobias Reiß (CSU): Das hättet ihr gerne!)

Die CSU ist in einer Notlage, denn sie hat Angst, die absolute Mehrheit im Bayerischen Landtag zu verlieren. Um dies zu verhindern, würde sie alles tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das mit der Großmutter sage ich jetzt nicht. – Deshalb braucht der neue Ministerpräsident drei Monate vor der Wahl noch schnell eine Milliarde, und die Landtagsmehrheit trägt das mit.

(Peter Winter (CSU): Wir haben doch fünf!)

Bei den vielen Ankündigungen und den immensen Ausgabensteigerungen mit dem ersten und diesem zweiten Nachtragshaushalt drängt sich der Eindruck auf, dass es gar nicht wichtig ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Hauptsache ist, dass das Geld rausgeht und rechtzeitig vor dem 14. Oktober unter die Menschen kommt. Damit das auch klappt, dürfen Beamte für den Staat Nebentätigkeiten im Akkord ausüben, um Förderbescheide schneller als üblich abstempeln zu können. In einer Bananenrepublik würde es auch nicht anders laufen.

(Peter Winter (CSU): Würdest du das in Bayern nicht tun?)

Schauen wir uns kurz den Nachtragshaushalt mit den Augen eines Haushälters an. Ja, das muss hier besonders betont werden, denn dieser Nachtragshaushalt ist Marketing, und da darf man als Haushälter schon einmal genau hinschauen.

Wichtig war Finanzministern und Ministerpräsidenten in diesem Hause bisher immer die Investitionsquote. Sie wurde der Opposition wie ein Pokal entgegengestreckt: Schaut her, sie liegt über 12 % und ist natürlich besser als anderswo.

(Peter Winter (CSU): Da hast du recht!)

Doch wie ist die Investitionsquote? – Seit 2011 hat die Investitionsquote, die besagt, welcher Anteil des Haushalts in die Investitionen geht, nie mehr die 12 % erreicht. Zwischendurch ist sie sogar unter 11 % gesunken. Jetzt erreicht sie mit diesem neuen Rekordhaushalt erstmals wieder die magische Zahl von 12,4 %. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden aber sicher mit mir übereinstimmen, dass so ein Haushalt wie dieser nicht jedes Jahr möglich ist. Also muss sich an der Ausgabenpolitik etwas ändern, wenn unsere Haushalte auch künftig finanzierbar sein sollen.

Jetzt kommt der zweite Punkt, die Finanzierung dieses Haushalts. Ich kann mich gut an den 1. Nachtragshaushalt erinnern. Wir GRÜNE hatten uns erdreistet, Investitionen in Umwelt, Naturschutz, Bildung, Klimaschutz und die Infrastruktur unseres Landes aus der Rücklage zu finanzieren. Große Aufregung gab es damals. Wo ist denn Hans Herold? – Er ist nicht da.

(Hans Herold (CSU): Doch!)

Doch, da ist er.

(Harald Güller (SPD): Aber er ist viel ruhiger als damals!)

Hans, du hast dich sogar zu der Aussage hinreißen lassen, das sei eine unseriöse Haushaltspolitik, das sei man von den GRÜNEN gar nicht gewöhnt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, lieber Hans, man sieht sich immer zweimal. Woraus wird denn dieser zweite Nachtragshaushalt finanziert? – Raten Sie einmal.

(Peter Winter (CSU): Aus den angesparten Leistungen! – Harald Güller (SPD): Aus der Rücklage!)

Aus der Rücklage! Unseriöse Haushaltspolitik ist das, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Harald Güller (SPD): Für die SPD ist beides falsch, eures und das von der CSU! Wir haben es konsequent gemacht!)

Ja, die SPD. Was soll ich dazu sagen? – Der Unterschied zwischen der CSU und uns ist der, dass wir in den Erhalt und die Zukunftsfähigkeit unserer Infrastruktur investiert hätten. Sie geben das Geld mit vollen Händen aus.

(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Für Pflegebedürftige und Familien!)

Nur zwei Beispiele dafür, wie die Haushaltspolitik unter dem Finanzminister und dem Ministerpräsidenten Söder aus dem Ruder lief und aus dem Ruder läuft, mit Risiken für die Zukunft, aber dazu später.

Ich muss einiges aus der Einbringungsrede des Ministerpräsidenten zitieren, denn das kann man so nicht stehenlassen. Er hat von Anspruch und Haltung gesprochen. Er hat von zentralen Fragen gesprochen, die uns bewegen, und ist dabei aber nur auf Digitalisierung und Globalisierung eingegangen. Andere Dinge hat er weggelassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Herausforderungen vor unseren Türen stehen, wissen Sie alle. Darauf komme ich später noch. Er wollte die Zukunft managen, aber er ist kein Manager. Er ist der Ministerpräsident, der für die Menschen dieses Landes verantwortlich ist. Er muss dafür sorgen, dass dieses Land gut aufgestellt wird. Er ist eben kein Manager einer Firma, in der Menschen entlassen werden können, wenn es vielleicht nicht gut läuft. Er kann abschieben – das tut er. Sie wollen keine endlosen Streitereien in der Regierung. Er will keine endlosen Streitereien in der Regierung wie in Berlin. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir wollen das auch nicht. Wir brauchen keine Ego-Shooter, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik total zerstören. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das brauchen wir nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schließlich der 10-Punkte-Plan: Ich möchte mit dem beginnen, was er gesagt hat. Ich ziehe ein paar Beispiele heraus. Er hat gesagt, wir bräuchten in Bayern mehr Wohnungen. Ich komme jetzt nicht zur GBW. Herr Kollege Güller hat dazu und zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus in Bayern bereits etwas gesagt. Herr Söder hat gesagt, dass wir 500.000 Wohnungen in Bayern brauchen. Gleichzeitig hat er gesagt, dass die anderen das machen sollen. Er sagte: Wir bauen 10.000 Wohnungen. Der Freistaat will 2 % der benötigten Wohnungen bauen. Liebe Kolleginnen

und Kollegen, in diesem Zusammenhang darf ich an den Verkauf des Grundstücks am Neudeck – das ist schon länger her – erinnern. Die CSU sagt jetzt: Alle Grundstücke werden für den Wohnungsbau genutzt, Wohnungsbau ist oberster Staatsbedarf für alle Menschen. Damals hat sich die CSU gegen ein soziales Hotelprojekt entschieden und das Grundstück an einen privaten Investor verkauft. Dieser baut Wohnungen in das ehemalige Gefängnis am Neudeck, die 15.000 Euro pro Quadratmeter kosten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Wohnungsbaupolitik in Bayern. Wohnungen für Superreiche – das ist die Realität des Wohnungsbaus in Bayern. Das ist ein Beispiel dafür.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich nenne ein weiteres Beispiel. Das ist kein Quatsch. Das können Sie nachlesen. Ihr Ministerpräsident hat gesagt, Bayern sei innovativ. Er will ein Entwicklungszentrum für Batterietechnologie bauen. Deutschland sei bei der Batterietechnologie zurückgefallen. Keiner habe sich des Problems angenommen. Jetzt kommen die Bayern. Zudem hat er betont, wie eng man mit der Autoindustrie zusammenarbeite – Hand in Hand und nicht gegen sie. BMW baut jetzt eine Batteriefabrik zusammen mit den Chinesen. Sie wissen wo, nämlich in Thüringen. Ich gönne das den Thüringern. Der Punkt ist: Während Sie ein Entwicklungszentrum für Batterietechnologie bauen, machen andere Bundesländer Nägel mit Köpfen. So sieht das aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hinsichtlich der Investitionen in den ÖPNV ist jeder Satz des Ministerpräsidenten eine Perle. Ein massiver Einsatz für den ÖPNV sei notwendig – ja, klar. Wenn man den ÖPNV über Jahrzehnte vernachlässigt, Linien ausgedünnt und Bahnstrecken abgebaut hat, nur noch Schülerverkehre in den Regionen fahren lässt, keinen Stundentakt auf der Schiene anbietet, sich gegen jede Streckenreaktivierung wehrt, hohe Hürden für die Reaktivierung aufbaut, Geld für die zweite Stammstrecke hortet und damit jahre- und jahrzehntelang die Erweiterung des Angebots auf der Schiene torpediert, ist jeder Euro für den ÖPNV notwendig, weil man dies über Jahrzehnte nicht getan hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir einmal zu dem, was er nicht gesagt hat. Da ist eine große Leerstelle im Kramladen des großen Geldausgebens: Umweltschutz, Naturschutz, Klimaschutz und Artensterben. In Bayern sind wir jetzt auch massiv vom Klimawandel betroffen. Starkregenereignisse und Überschwemmungen betreffen auch immer mehr Bayern und seine Bevölkerung. Eines der wichtigsten Themen, wenn nicht das wichtigste

Thema, bleibt unbearbeitet. Bayern als stärkste Volkswirtschaft in Deutschland trägt natürlich zur Klimakrise bei und hat daher eine besondere Verantwortung für den Klima- und Umweltschutz.

Gestern erst haben wir im Rahmen der Aktuellen Stunde darüber geredet, warum so viele Menschen nach Bayern kommen. Sie kommen nicht wegen der vielen Gewerbegebiete oder der Zersiedelung unserer Landschaft. Sie kommen wegen einer unzerstörten Natur und einer besonderen Landschaft. Während sich die Klimakrise, das Artensterben und die Vermüllung mit Plastik ungehemmt fortsetzen, wehren Sie sich sogar gegen die Erhöhung der Mitarbeiterzahl an den unteren Naturschutzbehörden, die für die Ausweisung von Naturschutzgebieten und die Umsetzung von Plänen, die schon lange auf dem Tisch liegen, zuständig wären. An dieser Stelle stehen Sie nicht vorne. Sie wehren sich mit Händen und Füßen. Das ist Umweltschutz, wie ihn die CSU versteht.

Es werden keine Investitionen in den Klimaschutz, in die Renaturierung der Moore als große CO2-Speicher und in die energetische Sanierung getätigt. Dafür werden zusätzliche 20 Millionen Euro für die Staatsstraßen bereitgestellt. Das ist Klimaschutz à la CSU. Selbst der ORH hat Ihnen im letzten Bericht die Leviten gelesen, indem er konstatierte, dass die Staatsregierung der größten Herausforderung der Menschheit nicht wirklich etwas entgegenzusetzen habe. Was die Staatsregierung tue, mache sie unkoordiniert und ohne Plan.

Was soll heute alles beschlossen werden? Wer hat diese Ideenbörse eröffnet? Sind die Ideen in den Ministerien geboren worden? War das schon lange geplant? – Auch das haben wir schon gehört: Dies wäre von langer Hand vorbereitet. Betroffene hätten darauf schon lange gewartet. – Nein, die Staatskanzlei hat das Tischfeuerwerk angezündet, ohne Rücksprache und ohne Vergewisserung. Das kam dabei heraus.

Es wurden ein Familiengeld für 260 Millionen Euro und ein Pflegegeld für 400 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Der Vorschlag, eine bayerische Kavallerie zu schaffen und Reiterstaffeln aufzustellen, hat selbst innerhalb der Polizei für großen Aufruhr gesorgt. Diese Reiterstaffeln bringen kein Mehr an Sicherheit. Die Vorschläge aus der Polizei selbst wurden hingegen abgelehnt. Dies wurde mit Geldmangel begründet. Mit der Grenzpolizeidirektion wird eine weitere Verwaltungsebene eingeführt – 15 Millionen Euro dafür. Für die Grenzpolizei sollen mindestens 50 Millionen Euro sowie 1.000 Stellen zur Verfügung gestellt werden.

Die Ausgaben für repräsentative Verpflichtungen in der Staatskanzlei steigen um eine Million Euro. Marketing ist natürlich wichtig. Zu den neuen Beauftragten komme ich später noch. Die Personalkosten für das Landesamt für Pflege betragen 25 Millionen Euro. Für Personal- und Sachausgaben für das Landesamt für Asyl und Rückführungen sind für das Jahr 2018 10 Millionen Euro vorgesehen. Das wird sich angesichts des angekündigten Personals noch vervielfältigen.

Für die Eigenheimzulage werden 150 Millionen Euro bereitgestellt. Dann gibt es noch das Baukindergeld Plus neben dem Baukindergeld auf Bundesebene – 37,5 Millionen Euro. Das sind beides Vorschläge aus der wohnungsbaupolitischen Mottenkiste, die im Bund wegen Mitnahmeeffekten sogar schon eingestellt wurden. Ich sage nur: Subventionsabbau. In Bayern führt man dies wieder ein und setzt noch eines oben drauf. "Billiger bauen für Besserverdienende" – das ist eine Überschrift aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". So nennt man das. Dort wurde über ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung berichtet, das sich mit dem Baukindergeld und dessen Wirkungen auseinandergesetzt haben. Zu welchem Urteil kommen die? – Das Bundesbaukindergeld – Sie setzen noch eines drauf – führt zu Mitnahmeeffekten und höheren Grundstückspreisen. Obere Einkommensschichten hätten keine oder weniger Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Es gebe eine regionale Lenkungswirkung. Selbstverständlich senkt das Baukindergeld auf dem Land, wo Grundstücke günstiger sind, die Belastung des Eigentumserwerbs. In den Städten ist es jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung spricht in diesem Zusammenhang von Unsinn und sagt weiter: Mitnahmeeffekte sind groß, Großstädte mit besonders starken Preisanstiegen und hohen Mieten profitieren am wenigsten. – Wenn Sie für das ganze Land arbeiten wollen, sind die beiden Maßnahmen kontraproduktiv.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hebammenbonus – 4 Millionen Euro, Staatstheater Augsburg – 2,9 Millionen Euro, Staatsstraßen – 20 Millionen Euro, Fakultät für Luft- und Raumfahrt in Ottobrunn, "Bavaria One", Flugtaxis – noch nicht beziffert, 18.000 zusätzliche Studienplätze – das sind im wahrsten Sinne des Wortes hochfliegende Pläne der Staatsregierung. Wenn ich mich recht erinnere, hat das eine Zeitung sogar kommentiert und gefragt: Wer bekommt über diesen 2. Nachtragshaushalt eigentlich kein Geld? – Es müsste der alleinstehende Homosexuelle in der Großstadt sein, der über 80.000 Euro verdient. Der bekommt von Ihnen kein Geld, aber der passt auch nicht in Ihr Weltbild.

(Karl Freller (CSU): Quatsch!)

(nicht autorisiert) Daher wundert uns das nicht. (Beifall bei den GRÜNEN)