Protokoll der Sitzung vom 18.09.2018

Ja, beides, am besten gleichzeitig, logisch. Zusätzlich werden wir in den nächsten fünf Jahren entsprechend dem Regierungsprogramm unseres Ministerpräsidenten 2.000 Tagespflegepersonen finanzieren, damit den Erzieherinnen mehr Zeit für die individuelle Betreuung bleibt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Werden, werden!)

Ja, richtig, werden. Wir haben neben dem, was wir bereits getan haben, auch noch etwas vor. Die Regierung ist erst seit sechs Monaten im Amt, Herr Kollege, aber sie arbeitet bereits jetzt an der Zukunft.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Wir bauen die Betreuung sukzessive aus. Schließlich werden wir auch mit dem Bund zusammen den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter umsetzen. Wir hoffen, dass dann hier auch die Sozialdemokraten dabei sind. Bis 2025 sollen 10.000 Hortplätze geschaffen werden.

Herr Kollege, die volle Kostenfreiheit lehnen wir ab, weil sie qualitativ nichts bringt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Fünf Stunden!)

Sie fordern fünf Stunden, die SPD fordert sieben Stunden. Wer fordert mehr? Das bringt qualitativ auch

nichts. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Das ist ein alter bayerischer Spruch.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Dann müssen wir wieder Schulgeld einführen!)

Schon jetzt weiß man aus den Bundesländern, die eine volle oder weitgehende Kostenfreiheit haben, dass dort massive Qualitätsprobleme entstehen und viele Fachkräfte fehlen. Ich habe die BertelsmannStudie gelesen. Frau Strohmayr, Beispiel Berlin: Hier zahlen die Eltern am wenigsten, aber dafür ist die Betreuungsqualität mit am schlechtesten. Das steht auch in dieser Studie.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, hat gesagt, dem politischen Versprechen der Beitragsfreiheit fehle die finanzielle Substanz. Aktuell sei zu befürchten, dass die Qualität auf der Strecke bleibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wir nicht.

(Doris Rauscher (SPD): Das haben wir in der Hand!)

Wir wollen in Bayern in die Qualität und in unsere Fachkräfte investieren.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Warum haben Sie das dann nicht schon getan?)

Dazu gehören auch eine attraktive Bezahlung und eine attraktive Ausbildung. Eines ist doch klar: Mehr Plätze und mehr Qualität gehen nur mit gut geschulten Fachkräften; die müssen wir aber erst gewinnen. Herr Kollege, Sie haben vorher angesprochen, wie schwierig es ist, diese Fachkräfte zu bekommen.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Herr Aiwanger, der Freibier-Ansatz der FREIEN WÄHLER sendet völlig falsche Signale aus, und zwar an die heutigen Fachkräfte und an die von morgen.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Früher hat die CSU mit Freibier Wahlen gewonnen!)

Die Bertelsmann Stiftung beziffert die jährlichen Kosten deutschlandweit – um auch diese Zahl zu nennen – auf 15,3 Milliarden Euro, wenn die Kitas kostenlos werden und gleichzeitig die Qualität gewährleistet bleiben soll. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch unseren Eltern in Bayern ist es wichtig, dass ihre Kin

der gut betreut sind. Herr Aiwanger, Ihr Ansatz zielt auf eine billige Betreuung, nicht auf eine hoch qualitative Betreuung.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Demnach wäre das letzte Kindergartenjahr auch eine billige Betreuung!)

Dann ist das vielleicht eine Effekthascherei von Ihnen.

Herr Aiwanger, ich bitte um etwas Ruhe.

Seien Sie halt einmal still; das ist ja furchtbar.

(Beifall bei der CSU)

Der Vorstand der Bertelsmann Stiftung hat auch dazu etwas gesagt: Gute Qualität in den Kitas ist Eltern wichtig und dafür sind sie auch bereit zu zahlen. Das Ergebnis dieser Umfrage von 2018 – ich zitiere –:

Trotz der Belastung durch Kita-Beiträge und Zusatzgebühren wäre – unabhängig vom Einkommen – die Mehrheit der Eltern bereit, für eine bessere Qualität noch höhere Kita-Beiträge zu bezahlen: 59 % der Eltern oberhalb, aber auch 53 % der Eltern unterhalb der Armutsrisikogrenze würden für mehr Personal und bessere Ausstattung auch höhere Beiträge akzeptieren.

Deswegen erkläre ich Ihnen noch einmal ganz kurz unseren Ansatz: Der Freistaat Bayern leistet im letzten Kindergartenjahr einen Beitragszuschuss von 100 Euro monatlich. Das bedeutet für viele, gerade in den ländlichen Regionen, fast Beitragsfreiheit. Seit September 2018 – das haben wir heute schon mehrfach gehört – können die Familien auch das Familiengeld für die Finanzierung der Kita-Beiträge einsetzen. Diese Dinge zusammen sind uns wichtig. Sie ergeben auch ein Stück weit Wahlfreiheit. Gerade weil wir auch die Familien, die Verantwortung und das Engagement der Eltern wertschätzen und ihren Entscheidungsspielraum respektieren, geben wir Geld nicht nur für die Kinderbetreuung und Beitragsentlastung aus, sondern eröffnen den Familien auch die Möglichkeit, selbst zu entscheiden.

Der Personenkreis, der immer wieder vergessen wird, der tatsächlich auf Beitragsfreiheit angewiesen ist, wird entlastet. Schauen Sie sich die Wirtschaftliche Jugendhilfe an; die dürfen wir doch bei der ganzen Diskussion nicht vergessen: Von der Wirtschaftlichen Jugendhilfe werden die Kita-Beiträge derer übernommen, die ein geringeres Einkommen haben. Liebe FREIE WÄHLER, liebe SPD, Kitas kostenlos zu stel

len, hilft – die Kollegin hat es vorhin in ihrem Wortbeitrag auch angesprochen – meines Erachtens den besserverdienenden Familien.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Auch das sind Menschen!)

Ich leite daraus ab, dass Sie nur den besserverdienenden Familien helfen wollen. Das Familiengeld bekommen alle – hoffentlich –, wenn wir das durchsetzen, was momentan ein Bundesminister in Berlin verhindert.

Abschließend noch ein Berechnungsbeispiel: Das vielgelobte und vielzitierte Hessen – dort gilt Beitragsfreiheit – zahlt bis zur Einschulung eines Kindes 4.900 Euro. 137 Euro monatlich mal zwölf Monate mal drei Jahre ergeben gerundet 4.900 Euro. In Bayern zahlen wir mit dem Familiengeld und mit dem bezuschussten letzten Kindergartenjahr je Kind 7.200 Euro bei ein und zwei Kindern und rund 7.800 Euro ab dem dritten Kind.

Jetzt können Sie an dem Beispiel von Hessen und Bayern selbst errechnen, in welchem Bundesland die Familien besser fahren. Ich gebe Ihnen die Antwort: die Familien in Bayern. Wir haben ein Gesamtkonzept; das sind ja nicht nur einzelne Bausteine. Wenn man sich dieses Gesamtkonzept anschaut, so sieht man: Kein anderes Land unterstützt seine Familien in dieser Art und Weise. Angesichts der Gesamtleistungen – Ausbau, Kinderbetreuung, Investitionskostenzuschüsse, Kindergartenbeitragszuschuss im letzten Jahr und jetzt auch das Bayerische Familiengeld – fahren die Familien in Bayern besser.

Liebe Kollegen von der SPD, in Ihrem Antrag steht, Bayern solle Familienland Nummer eins werden. Ich sage: Wir wollen, dass Bayern Familienland Nummer eins bleibt.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Die Kollegin Gottstein erhält das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

Herr Huber, fangen wir bei Ihrem Beispiel, bei den 7.200 Euro in Bayern im Vergleich zu den 4.900 Euro in Hessen, an. Die Praxis zeigt halt, dass ich, wenn ich dieses Geld für mein zwei- oder dreijähriges Kind bekomme, es nicht aufhebe, bis das Kind in den Kindergarten kommt.

Zum anderen bitte ich Sie um gewisse Vorsicht im Umgang mit Zahlen. Sie sagen, die anderen Bundesländer gäben viel weniger aus. Das muss man dann

einfach grundsätzlich auf ein Kind herunterrechnen; denn man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Sie argumentieren, Sie wollten Qualität und wir würden ohnehin keine Fachkräfte bekommen. Da frage ich mich, warum Sie nicht unser Schulsystem kostenpflichtig machen; denn wir haben momentan auch nicht genügend Grundschullehrer. Die würden wir dann ja auch anderweitig bekommen.

Auch argumentieren Sie, wir wollten nur die Besserverdienenden unterstützen. Somit unterstützen Sie mit dem jetzigen Schulsystem auch nur die Besserverdienenden; denn ab der Grundschule kostet die Bildung nichts.

Wenn ich sage, Bildung ist wichtig, dann ist sie ab dem Moment, ab dem Bildung erforderlich ist, bereitzustellen.

(Lachen der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Immer wenn Sie sagen, Sie täten in der letzten Zeit so viel, vergessen Sie, dass Sie bis vor 20 Jahren negiert haben, dass man in Bayern überhaupt frühkindliche Bildung braucht. Sie und ich waren nicht allein in einem Kreistag. Die CSU-Meinung war ganz klar: In unserem anständigen Bayern bleibt die anständige Mutter zu Hause. Wir brauchen keine Kinderkrippen und keine Kindergärten.

(Zurufe von der CSU)

Ich zeige Ihnen die Protokolle von Sitzungen in Kreistagen vor 20 Jahren. Das war so.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU – Glocke der Präsidentin)