Bisher stand das nicht in Ihrem Fokus. Ich kann das deswegen sagen, weil wir lange genug im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss zusammengearbeitet haben. Ich weiß nicht, wie oft Sie schon in Maroldsweisach waren, vielleicht das erste Mal. Es ist nicht unbedingt gut, wenn Sie dann darüber sprechen. Zudem widersprechen Sie sich. Sie sagen, Maroldsweisach würde ein Bildungsticket wesentlich helfen. Vorher haben Sie gesagt, dort gebe es überhaupt kein Angebot. Sollen sich die Menschen das Bildungsticket hinter die Autoscheibe klemmen? – In diesem Punkt sollte man schon konsequent sein.
Von daher ist es wichtig, zunächst einmal den Nahverkehr auszubauen. Ihr Fraktionsvorsitzender hat das zumindest vor einigen Monaten noch gewusst. Es ging um den kostenlosen Nahverkehr. Bei der Darstellung der Standpunkte der Fraktionen in der "Bayerischen Staatszeitung" war von Markus Rinderspacher zu lesen: Ja, aber erst muss der ÖPNV im großen Stil ausgebaut werden.
(Markus Rinderspacher (SPD): Das war ihr erster Satz! – Natascha Kohnen (SPD): Das war mein erster Satz!)
Dem habe ich mich in meinem Standpunkt angeschlossen. Im Übrigen haben das auch alle weiteren Fraktionen gesagt.
Sie beklagen, dass dies in einigen Landkreisen nicht unbedingt im Fokus steht. Da haben Sie völlig recht. Das kann ich selber bestätigen. Wir wissen, dass nur in 37 von 71 Landkreisen Nahverkehrspläne existieren.
Aber Sie müssen schon konsequent sein und sagen, dass wir die Gesetze ändern müssten. Künftig sollten dann nicht mehr die Kommunen als Aufgabenträger hierfür zuständig sein. Das müssten wir von München aus machen, weil wir das besser können. – Das wäre die Konsequenz. Ich bin nicht bereit, diese mitzugehen. Das wissen Sie auch. Ich gehe davon aus, dass Sie meinen früheren Äußerungen zugehört haben.
Liebe Frau Kohnen, im Hinblick auf die Elektrifizierung stimme ich Ihnen zu. Das haben wir im Wirtschaftsausschuss immer wieder kritisiert. Wir haben gemeinsam Anträge beschlossen, mit denen auf den Nachholbedarf verwiesen worden ist. Lediglich 49 % der Strecken in Bayern sind elektrifiziert. Auf Bundesebene sind es 60 %. In der Schweiz sind es 100 %.
Das gehört zu Anstand und Haltung. Das wird bei der SPD plakatiert. Seien Sie bitte ruhig und hören Sie einmal zu; dann können wir wieder über Anstand und Haltung reden.
Wir sind uns einig, dass die Elektrifizierung der Strecken stark ausbaufähig ist. Das ist jedoch Sache des Bundes. Zwar stellen Sie im Bund derzeit nicht den Verkehrsminister, aber Sie haben ihn lange gestellt. Während dieser Zeit ist deutlich weniger elektrifiziert worden als in den letzten Jahren. Von daher wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig mit falschen Schuldzuweisungen.
(Margit Wild (SPD): Wer hat den Verkehrsminister in den letzten Jahren gestellt? – Dr. Paul Wengert (SPD): Ihr habt das lange verschlafen!)
Es ist völlig unstrittig, dass wir mehr Elektrifizierung brauchen. An dieser Stelle sollten wir miteinander arbeiten.
Ich freue mich, dass ich im Rahmen der Aktuellen Stunde die Gelegenheit erhalte, in meiner vorletzten Parlamentswoche noch einmal an das Rednerpult zu treten. Ich kann fortsetzen, was wir in der letzten Debatte vor der Sommerpause besprochen haben. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie dort anwesend waren. Wir haben sehr ausführlich darüber gesprochen, und jetzt kann ich noch einmal darlegen, dass wir eine Verkehrsoffensive in Bayern längst eingeläu
tet haben. Das haben wir nicht erst in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und mit dem Beschluss der Staatsregierung vom 10.07. getan. Wir kämpfen schon seit Jahren dafür, den ÖPNV auszubauen.
Auch aufgrund der Ballungsraum- und Umlandproblematik müssen wir den öffentlichen Nahverkehr ausbauen.
Wir sind für ein bayernweites E-Ticketing und flächendeckende Verbundstrukturen. Das bedeutet: ein Ticket für die gesamte Reisekette. Das baut Barrieren ab im ÖPNV. Aber das alles wird uns nur gemeinsam mit den Leistungserbringern gelingen. Das ist das Entscheidende: nur gemeinsam mit den Leistungserbringern und insbesondere mit den Aufgabenträgern. Es geht um die Ausweitung des Stundentaktes im Schienenpersonennahverkehr. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hat bereits eine Bestandsaufnahme gemacht und wird noch im Laufe dieses Jahres die entsprechenden Priorisierungen vornehmen, und zwar nach Fahrgastzahlen, nach Netzwirksamkeit und selbstverständlich auch nach den Kosten; denn manchmal müsste dafür gehörig Infrastruktur ausgebaut werden.
Wir sind für den Aufbau und Ausbau eines landesweit bedeutsamen Netzes von Buslinien zur Ergänzung im SPNV, weil die Schienenstrecken zentral auf München zulaufen und die Querverbindungen fehlen. Wir erhoffen uns davon eine Entlastung der Züge von denjenigen Fahrgästen, die München nicht als Ziel haben, sondern über München hinaus weiterfahren bzw. zurückfahren müssen.
Frau Kohnen, wir werden flexible Mobilitätsangebote verstärkt fördern, und zwar in jedem Landkreis, überall dort, wo es beantragt wird. Das wird einen wesentlichen Teil der 100 Millionen Euro ausmachen, die wir zusätzlich im zweiten Nachtragshaushalt beschlossen haben. Es scheint Ihnen auch entgangen zu sein, dass wir entsprechend mehr Geld zur Verfügung stellen.
Das muss noch einmal deutlich gesagt werden. Diese flexiblen Angebote können die schwach besiedelten
Landkreise in den Bereichen in Anspruch nehmen, in denen sich ein großer und regelmäßig verkehrender Bus nicht lohnt.
Wir werden die Fahrzeugförderung dauerhaft verstärken. Wir haben 30 Millionen Euro im zweiten Nachtragshaushalt zusätzlich, und auch das wird entsprechend fortgesetzt werden. Das betrifft Busse, das betrifft U-Bahnen, und das betrifft natürlich auch Straßenbahnen.
Jetzt kommt etwas ganz Entscheidendes: Wir wollen das Bayerische GVFG fortführen. Das ist für ÖPNV und Kommunalstraßen unverzichtbar. Das heißt, wir brauchen eine dauerhafte Folgeregelung für die wegfallenden Entflechtungsmittel. Wir haben als CSUFraktion vor zwei Jahren einen entsprechenden Antrag eingebracht, dem Sie auch zugestimmt haben. Das werden die kommenden Parlamentarier bei den Haushaltsberatungen dann selbstverständlich auch zu berücksichtigen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schreiben die Erfolgsgeschichte des Schienenpersonennahverkehrs fort.
Seit der Regionalisierung haben die Angebote im Bahnverkehr um 50 % zugenommen, und wir haben 75 % mehr Fahrgäste. Das zeigt, dass das Ganze ein Erfolgsmodell ist. Es wird zunehmend eng in den Zügen. Das können alle bestätigen, die regelmäßig Bahn fahren. Ich gehöre dazu. Die Appelle zum Umstieg fruchten. Verstärkte Angebote werden genutzt. Natürlich wollen die Bürger nicht länger im Stau stehen oder mit Parkplatzsuche wertvolle Zeit vergeuden, wobei der Erfolg der Suche ohnehin nicht immer gewährleistet ist.
Wir haben also eine starke Zunahme der Fahrgäste im ÖPNV, in den Zügen im Zulauf auf die Ballungsräume und insbesondere in der S-Bahn München. Beim Start 1972 waren es 250.000 Fahrgäste täglich, jetzt sind es 840.000, und das im Wesentlichen auf demselben Schienennetz. Daher ist der entsprechende Ausbau natürlich dringend geboten. Die S-Bahn darf nicht an ihrem eigenen Erfolg ersticken. Aus diesem Grund benötigen wir als Basis die zweite Stammstrecke und darüber hinaus selbstverständlich die zahlreichen netzergänzenden Maßnahmen, die Ausbaumaßnahmen zum Bahnknoten München. Hierfür ist eine gemeinsame Anstrengung nötig, primär der Bahn, aber natürlich auch des Bundes, des Freistaates und der Landeshauptstadt.
Zur Kostenfreiheit im ÖPNV. Das klingt natürlich nach einer guten Idee, aber Qualität muss Vorrang haben: Bahnhöfe und Haltestellen modernisieren, Takte verdichten, neue Linien einführen, Signaltechnik und Streckenführung verbessern, Fahrzeugparke erweitern, Busse und Bahnen umrüsten auf schadstoffarme Fahrzeuge.
Die Kunden erwarten ein attraktives Fahrtangebot, die Kunden erwarten einen ÖPNV, der sie zuverlässig, bequem und pünktlich ans Ziel bringt. Trotz hoher Zuschüsse kann auf Fahrgeldeinnahmen ohne einen vollständigen Ausgleich nicht verzichtet werden. Gegen eine Verbilligung der Tickets, zum Beispiel ein 365-Euro-Ticket, das es in Wien bereits gibt, das es in meinem österreichischen Nachbarland Vorarlberg gibt, ist weiß Gott nichts einzuwenden. Aber eine geldwerte Leistung braucht auch nicht völlig gratis angeboten werden, weil man, wie gesagt, die zusätzlichen Mittel zunächst für die Qualitätsverbesserung verwenden muss.
Die Leute nehmen den ÖPNV gerne in Anspruch, aber ein entsprechendes Angebot muss auch im ländlichen Raum vorhanden sein. Da stimme ich Ihnen zu. Aber da sind die Aufgabenträger zuerst gefordert. Wenn diese die entsprechenden Anträge stellen, dann werden die seitens der Staatsregierung auch kräftig unterstützt. Ich freue mich, dass die jetzige Verkehrsministerin da ist, dass der vormalige Verkehrsminister da ist, und darf mich bei beiden ganz herzlich bedanken. Was in den vergangenen Jahren hier an weiteren Verbesserungen gekommen ist, ist ganz wesentlich auch auf diese beiden Personen zurückzuführen.
Ich darf mich aber auch bedanken für die im Wesentlichen wirklich gute und sachbezogene Zusammenarbeit, die wir fraktionsübergreifend als Verkehrspolitiker in den vergangenen Jahren hier gepflegt haben. Herr Kollege Mistol, das gilt auch für den Wohnungsbau. Ich glaube, ich habe Ihren Blick richtig gedeutet. Ich kann nur sagen, es geht alle an. Führen Sie es gemeinsam fort. Dann werden wir das große Ziel erreichen, den ÖPNV noch weiter auszubauen. Ohne das wird es nicht gehen, wir brauchen diesen verbesserten ÖPNV, im Ballungsraum, aber auch im ländlichen Raum. Miteinander werden wir das schaffen. – Vielen Dank fürs Zuhören.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herr Kollege Glauber. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Als Gemeinderat und als Kreisrat staunt man über die Debatte, die wir heute führen. Man hört nur super Forderungen, Superlative in den Zahlen. Es ist ja schön, wenn man den kostenfreien ÖPNV fordert. Das betrifft natürlich vorwiegend die Metropolen. Ich komme aus einem Landkreis, der mittlerweile schon Verdichtungsraum zur Metropole ist, aber ein kostenfreier ÖPNV ist dort undenkbar, weil die Busse gar nicht fahren würden. Wir investieren als Landkreis sehr viel eigenes Geld, das wir als Gemeinden gerne über die Kreisumlage bezahlen und freudig an den Landkreis Forchheim überweisen, weil der Bund und der Freistaat sich aus ihrer Verantwortung stehlen.
Die SPD spricht hier davon, wie leistungsstark der ÖPNV sein könnte. Aber es war doch die rot-grüne Regierung, die in Berlin 2003 begonnen hat, die Finanzierung des ÖPNV nach § 45 zu reduzieren, und zwar in einem Maße, das uns heute noch in den Landkreisen wehtut. Im Jahr 2003 haben Sie in Berlin damit begonnen, die Länder unterzufinanzieren.
Was ist passiert? – Heute ist es so, dass sich der Bund mit 25 Millionen rausgezogen hat. Was hat der Freistaat aus den 25 Millionen gemacht? – 40 Millionen. Die CSU-Regierung hat noch mal 15 Millionen draufgelegt und überlässt alles den Landkreisen. Das geht so nicht. Das tolerieren wir als FREIE WÄHLER nicht. Wir brauchen hier nicht über kostenfreien ÖPNV zu diskutieren, wenn hier die Verantwortung nicht übernommen wird und man sich Jahr für Jahr aus der Verantwortung stiehlt.
Lassen Sie mich die Zahlen vorlesen. Wir sind 2008 gewählt worden. Davor gab es 61 Millionen Euro an ÖPNV-Zuweisungen. 2008 waren es 50,2 Millionen, 2009 50,4 Millionen, 2010 50,6 Millionen, 2011 50,5 Millionen. So geht das bis 2017. Und dann spricht der Kollege Rotter davon, wie kraftvoll hier investiert wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie zu: In der Zeit hat der Freistaat Bayern 40 % mehr Geld eingenommen. Und Sie haben es geschafft, dem ÖPNV keinen Euro mehr zu geben. Damit übertragen Sie die Aufgaben den Landkreisen und den Gemeinden. Sich hier hinzustellen und zu sagen, wie kraftvoll man Verkehrspolitik macht, ist mehr als lächerlich.