Protokoll der Sitzung vom 08.04.2014

(Beifall bei der CSU)

(nicht autorisiert) Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen, bitte. – Die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Nein. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 8 zurück. Jetzt folgt die beantragte Einzelberatung zur Listennummer 13 der Anlage zur Tagesordnung:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verbot von Bisphenol A in Kinderspielzeug (Drs. 17/522)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Steinberger. Bitte schön.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

(nicht autorisiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag beschäftigt sich mit dem Stoff Bisphenol A, auch BPA genannt. Dieser Zusatzstoff in Weichmachern ist in vielen Kunststoffen enthalten, unter anderem in solchen, die in der Spielzeugindustrie eingesetzt werden.

Bisphenol A ist ein gefährlicher Stoff. Der Bayerische Landtag hat schon im November 2010 auf das Gefahrenpotenzial hingewiesen. Bereits damals hat der Landtag ein prophylaktisches Verbot angeregt. Dieses sollte geprüft werden – passiert ist bisher leider nichts. Damit ergibt sich gleich der Bezug zu dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die heute genau das Gleiche wie damals fordern. Aber schon damals war der Antrag wirkungslos.

Wenn BPA in den Organismus aufgenommen wird, entfaltet es schon in sehr geringen Dosen seine Wirkung, vor allem deshalb, weil sie hormoneller Natur ist. Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, hat in vielen Untersuchungen festgestellt, dass dieser Stoff schädigende Wirkungen auf Leber und Nieren hat. Aus diesem Grund ist BPA in der Produktion von Babyflaschen bereits verboten. Und das ist gut so.

Uns geht das nicht weit genug. Gerade Kleinkinder nehmen Spielzeug oft in den Mund. Die Gefahr, dass dadurch BPA in den Körper eines Kindes gelangt, ist einfach zu groß. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schutz des kindlichen Körpers vor schädigenden Substanzen ist uns allen ein großes Anliegen. Deshalb verstehe ich nicht, wieso unser Antrag auf Verbot von BPA in Kinderspielzeug in zwei Ausschüssen mit den Stimmen der CSU abgelehnt wurde. Ist Ihnen nicht bewusst, dass Kleinkinder besonders empfindlich auf chemische Substanzen, vor allem auf Hormone, reagieren? Ist Ihnen nicht bewusst, dass Grenzwerte keinen absoluten Schutz bieten? Gerade Kinder reagieren doch besonders empfindlich auf Schadstoffe.

Darüber hinaus ist der derzeit gültige Grenzwert nur vorläufig, da weitere Risiken auch von der EFSA nicht ausgeschlossen werden können. Genau die europäische Regelung, auf die Sie von der CSU-Fraktion in

Ihrem Antrag Bezug nehmen, entfaltet aber keinerlei Wirkung.

Es ist durchaus begrüßenswert, dass die EU den Grenzwert stark gesenkt hat. Aber im Endeffekt ist dieser Grenzwert immer noch als industriefreundlich zu werten. Ich sage Ihnen: Erst dann, wenn dieser gefährliche Stoff in Kinderspielzeug grundsätzlich verboten worden ist, werden wir unsere Kinder tatsächlich wirksam schützen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kollegin von der CSU, ich kenne Ihre Argumentation. Demnach müsse die Industrie dann einen Ersatzstoff finden, der unter Umständen noch gefährlicher als BPA sein könne. Liebe Kollegen, welch verquere Argumentation ist das denn! Dann könnten wir ja nie etwas verbieten, und sei es noch so gefährlich.

(Zurufe von der CSU: Ihr wollt ja immer nur ver- bieten! – Wir geben unseren Kindern Holzspiel- zeug!)

Es ist ein interessanter Einwand, dass Sie Ihren Kindern nur Holzspielzeug geben. Das würde ich gern einmal überprüfen.

Ich bleibe dabei: Wenn die Gefährlichkeit eines Stoffes erwiesen ist, dann muss man ihn verbieten. Das werden Sie wohl nicht abstreiten. Wenn die schädliche Wirkung eines Stoffes so klar erwiesen ist wie im vorliegenden Fall, dann sind wir es der Bevölkerung – vor allem den Schwächsten, den Kindern – schuldig, vorsorgend tätig zu werden.

Wir sollten schnell handeln; denn sollte das Freihandelsabkommen, das Sie von der CSU wohl alle anstreben, in Kraft treten, ist es zu spät. Dann wird die Industrie dieses Verbot per Schadensersatzklagen verhindern. Wenn, dann müssen wir jetzt handeln. Deshalb appelliere ich an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Schützen Sie unsere Kinder vor einem Stoff, dessen Gefährlichkeit eindeutig bewiesen ist!

Dem Antrag der CSU-Fraktion können wir leider nicht zustimmen, weil er absolut wirkungslos ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

(nicht autorisiert) Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion: Kollege Brückner. Bitte schön.

(nicht autorisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Her

ren Abgeordnete! Heute stimmen wir über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab, Bisphenol A in Kinderspielzeug zu verbieten. Ich kann Ihnen gleich vorab sagen, dass wir als verantwortungsbewusste Politiker dem Antrag in dieser Form nicht zustimmen können.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Vorweg Folgendes: Selbstverständlich will keiner der Anwesenden in Kinderspielzeug einen Stoff haben, der unseren Nachwuchs gefährdet. Aber noch weniger wollen wir stattdessen einen Stoff im Kinderspielzeug, der für unsere Kinder noch viel gefährlicher sein kann.

(Zurufe von den GRÜNEN: Welche denn?)

Leider zeigt der Antrag, dass Sie eine fast schon sture Beratungsresistenz aufweisen, was Ihre Antragskultur betrifft. Wieder einmal fallen Sie in alte Verhaltensmuster zurück. Sie stellen einen Antrag, der mit den Emotionen und Ängsten der Menschen spielt, und wissen keinen anderen Rat, als Verbote zu verhängen, ohne die potenziell negativen Folgen dieses Verbotes im Blick zu haben.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Wir wollen ein Verbot von Bisphenol A in Kinderspielzeug nicht ganz ausschließen, wollen aber auf jeden Fall das Risiko etwaiger Ersatzstoffe überprüft haben. Einen entsprechenden Umformulierungsvorschlag zu Ihrem Antrag hatten wir im Umweltausschuss vorgeschlagen. Diesen Kompromiss haben Sie jedoch abgelehnt. Deshalb können wir gar nicht anders, als Ihren Antrag abzulehnen, da er in Bezug auf Ersatzstoffe viel zu kurz greift. Ihr Antrag sieht ein Verbot von Bisphenol A in Kinderspielzeug vor, ohne auf die möglichen Ersatzstoffe einzugehen. Weichmacher sind jedoch bis zu einem gewissen Grad in Kunststoffprodukten erforderlich, da Plastik sonst spröde wird und splittern könnte. Auch das stellt eine Gefahrenquelle für die Kinder dar.

Die Ersatzstoffe, die anstelle von Bisphenol A angewandt würden, müssen jedoch auch untersucht sein. Andernfalls läuft man Gefahr, dass nach einem Verbot Stoffe zum Einsatz kommen, die weit weniger gut bewertet und vielleicht viel bedenklicher sind. Zumindest ist Bisphenol A sehr gut untersucht und bewertet. So gibt es einen Entwurf der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, Bisphenol A neu zu bewerten. Dabei wird nicht nur die Aufnahme über die Nahrung, sondern werden auch andere Aufnahmewege berücksichtigt, zum Beispiel über die Haut wie bei Thermopapier von Kassenzetteln. Im Zuge der Neu

bewertung empfiehlt die EFSA, den bisherigen Wert für die unbedenkliche Aufnahmemenge um den Faktor zehn zu senken.

Sie können nun argumentieren, dass vor gerade einmal drei Jahren hier im Landtag Ihr Antrag auf vorläufiges Verbot von Bisphenol A in Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen beschlossen wurde. Hierzu möchte ich gleich vorwegnehmen, dass die heutige Ausgangssituation eine völlig andere ist, da die Reduzierung von Bisphenol A in der EU sehr wahrscheinlich ist. Darüber hinaus wird Bisphenol A unter deutscher Federführung derzeit im Rahmen der EUChemikalienverordnung einer eingehenden Stoffbewertung unterzogen. Diese Ergebnisse sollten auf jeden Fall abgewartet werden, bevor wir über den Bereich Spielzeug hinaus über weitergehende Verbote von Bisphenol A, etwa in bestimmten Verbrauchsprodukten, endgültig entscheiden können.

Unser Ziel und das Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist es, Belastungen der Verbraucher mit Bisphenol A möglichst gering zu halten. Dabei sollten die Ergebnisse der Bisphenol-A-Neubewertung durch die EFSA auf jeden Fall in entsprechende Gesetzesvorgaben einfließen. Neben einer möglichen Senkung des aktuellen, im Rahmen der Europäischen Spielzeugrichtlinie vorgeschlagenen Migrationsgrenzwertes für Bisphenol A sollte auf Basis der gesundheitlichen Bewertung deshalb ein prophylaktisches Verbot von Bisphenol A in Kinderspielzeugen geprüft werden. Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass toxikologisch bewertete sichere Ersatzstoffe zur Verfügung stehen.

Wir haben heute einen Antrag zu dem Thema eingereicht, der dem zitierten Umformulierungsvorschlag entspricht. Wir wollen, dass sich die Staatsregierung auf der Basis der aktuellen wissenschaftlichen Informationen für verbindliche europäische Regelungen für Bisphenol A in Kinderspielzeug einsetzt. Ein prophylaktisches Verbot von Bisphenol A sollte geprüft werden. Zudem - und das ist der Unterschied zwischen unserem und Ihrem Antrag und der entscheidende Punkt - muss darauf hingewirkt werden, dass die Erforschung und Entwicklung unbedenklicher Stoffe für die Verwendung in Spielzeug vorangetrieben wird. Mit unserem Antrag haben wir einen echten Kompromiss, einen gangbaren Weg aufgezeigt und finden unsere Lösung richtig. Deshalb bringen wir unseren Vorschlag als Antrag auf den Weg. Auch wir wollen kein Bisphenol A, aber was wir auf gar keinen Fall wollen, ist ein schlechter Ersatz. Wir wollen nicht die Pest mit der Cholera austreiben. Uns liegen echte Verbesserungen am Herzen, nicht eine Verbotspolitik, die eine große Spielwiese für das Ungewisse mit sich bringt. Ihr Antrag beweist wieder einmal, dass gerade ohne

die nötige Weitsicht gut gemeint nicht unbedingt gut gemacht bedeutet.

(Karl Freller (CSU): Sehr richtig!)

Denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Deswegen haben die Bürger uns den Regierungsauftrag übertragen. Dafür und für Ihre Aufmerksamkeit herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Brückner. – Ich bitte für die SPD Herrn Kollegen Florian von Brunn ans Rednerpult. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bisphenol A ist ein Plastikgrundstoff, der zu den meistproduzierten Kunststoffen der Welt gehört. Er unterliegt der EU-Gefahrenstoffkennzeichnung. Es gibt Grenzwerte für ihn, weil er – wie die Kollegin Steinberger schon ausgeführt hat – eine hormonelle Wirkung mit Auswirkungen auf die Gesundheit hat, die die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bestätigt hat. Andere ergänzende Studien sehen den Stoff als möglichen Verursacher von Brust- und Prostatakrebs oder Diabetes. Inzwischen kann Bisphenol A bei 90 % der Menschen im Blut nachgewiesen werden. Besonders schnell und intensiv wird es über den Mund aufgenommen. Soviel will ich zum Stichwort Kinderspielzeug sagen.

Der Umgang mit Bisphenol A auf EU-Ebene ist in den letzten Jahren sehr widersprüchlich gewesen. Man kann geradezu von einem Schlingerkurs sprechen. Ich darf das kurz wiedergeben: Im Jahr 2006 wurde der bis dahin geltende Grenzwert um den Faktor fünf auf 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und täglich aufgenommener Menge erhöht. Im Jahr 2011 wurde ein EU-weites Verbot für Bisphenol A in Babyflaschen erlassen. Nach einer Auswertung von 450 Studien zum Thema seit dem Jahr 2012 empfiehlt die EFSA inzwischen eine Absenkung des Grenzwertes – der Kollege Brückner hat es gerade gesagt – um den Faktor zehn. Erst ging der Grenzwert rauf, dann gab es ein Verbot, dann wurde der Höchstwert wieder abgesenkt.

Aber einen ähnlichen Schlingerkurs, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, findet man auch bei Ihnen. So haben Sie unseren Antrag betreffend "Kein Gift im Kinderspielzeug" im Februar 2011 hier im Plenum abgelehnt. Sie haben dann dem Antrag der GRÜNEN betreffend "Vorläufiges Verbot von Bi

sphenol A in Lebensmittelbedarfsgegenständen" im März 2011, einen Monat später, zugestimmt. Unseren Antrag betreffend "Verbot von Bisphenol A in Nahrungsmittelverpackungen für Säuglinge und Kleinkinder" haben Sie im letzten Jahr wiederum abgelehnt. Heute kommen Sie uns mit einem Berichtsantrag zum Thema. Wie lange wollen wir noch über dieses Thema debattieren und berichten lassen?

Wir brauchen nur einmal in andere Länder zu schauen: In Dänemark gibt es seit 2010 ein Verbot von Bisphenol A in vielen Kinderprodukten. In Österreich ist es seit 2011 in Schnullern verboten. In Frankreich gibt es seit 2013 ein Verbot bei Lebensmittelverpackungen für Produkte für Kinder unter drei Jahren. Ab 2015 gilt dies dort für alle Lebensmittelverpackungen. Auch Schweden plant ein Verbot.

Das Bundesumweltamt hat seit 2010 empfohlen, auf alternative Stoffe umzusteigen. Wenn das Umweltbundesamt es empfiehlt, scheint es solche Stoffe zu geben. Vielleicht könnte man dort einfach einmal anrufen.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß nicht, wie wir die Industrie dazu bringen, Ersatzstoffe tatsächlich in die Produktion zu bringen. Meinen Sie, die Industrie macht das freiwillig, wenn sie einen eingeführten Stoff hat, den sie günstig verwenden kann? Ich glaube das nicht. Deswegen wollen wir diesem Antrag zustimmen. Wir wollen Verantwortung für die Kinder übernehmen, statt Bedenkenträgerei zu praktizieren und weiterhin tatenlos zu warten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER erteile ich dem Herrn Kollegen Kraus das Wort. Bitte sehr.