Protokoll der Sitzung vom 20.05.2014

Alle haben dieses Wertefundament. Genau deswegen sage ich: Martin Schulz hat sich mit seinen Aussagen disqualifiziert.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Wir sind stolz auf "Made in Germany". Wir sind stolz darauf, als Partei weiterhin die bayerischen Interessen zu vertreten.

Zum Abschluss zitiere ich aus dem "Südkurier" vom 17. Mai. Die Überschrift lautet: "Europawahl: Kein Kreuz für Martin Schulz". Ich finde, das muss am nächsten Sonntag entsprechend gewürdigt werden.

(Beifall bei der CSU)

Herr Förster ist Musiker. Keine Sorge, ich werde nicht anfangen zu singen. Das überlasse ich an der Stelle Frau Nahles. Ich möchte es noch einmal deutlich sagen. Die Kollegen können an der Stelle gerne mithelfen: Kein Kreuz für Martin Schulz. Kein Kreuz für Martin Schulz!

(Widerspruch bei der SPD)

Können wir uns bitte wieder beruhigen?

Das müssen wir immer wieder rufen.

(Beifall bei der CSU – Unruhe)

Wenn sich die Unmutsäußerungen beruhigen, erteile ich Georg Rosenthal von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade haben wir erlebt, wie man über das Thema Europa sicherlich nicht sprechen und diskutieren sollte. Über den Kern sind wir uns eigentlich einig: Es ist kein Europa der Ökonomen. Deswegen haben wir Europa zu Recht als Europa der Bürger, als Europa der Demokratie bezeichnet. Der Erste Weltkrieg war der Wendepunkt der europäischen Idee. Eine Epoche ging zu Ende, aber aus der kulturellen Identität und der kulturellen Kraft Europas entstand ein Einigungsprozess, auch wenn dieser durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft brutal verhindert und verändert wurde.

Wir können aus dieser Zeit lernen, dass ökonomische Verflechtungen ein Europa nicht verhindern, das in kriegerischer Auseinandersetzung verwickelt ist. Das Europa der Bürger ist ein Europa, das in den Herzen und in der Empathie der Menschen entstehen und sich festigen muss. Das hat die Idee am Anfang auch getan. Was wir jetzt hier erlebt haben, ist nicht das, was Europa braucht.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Schreyer-Stäblein, wenn man zitiert, sollte man auch sauber zitieren.

(Beifall bei der SPD)

Gott sei Dank braucht Martin Schulz nicht Ihr Kreuzchen, sondern er wird viele andere Kreuzchen bekommen, weil er für ein emotionales Europa steht, für ein Europa, das die kulturelle Identität sprechen lässt. Denn auf unserem kulturellen Erbe bauen wir auf, und auf seiner Grundlage haben wir immer wieder Krisen bewältigt. Zahlen, Zeichen und wirtschaftliche Prosperität sind wichtig, aber sie genügen nicht, um Teilhabe zu organisieren und politische Prozesse zu verstehen: Meinen Sie, dass die Debatte, die Sie eben angezettelt haben, irgendein Bürger nachvollziehen kann?

(Beifall bei der SPD)

In der aktuellen Presse wird das Zitat einer hochgestellten Persönlichkeit wie folgt wiedergegeben:

Dieser Buchhändler aus Würselen, den keine Sau in Europa kannte, bis ihn ein durchgeknallter Lustgreis … beschimpft hat.

An dieser Veranstaltung hat auch Markus Ferber teilgenommen. Ich habe nicht gehört, dass er aufgestanden ist und gesagt hat: Herr Imkamp, das geht zu weit.- Das hätte ich mir gewünscht.

(Beifall bei der SPD)

Kein Kontinent der Erde hat in Jahrtausenden auf so einem kleinen Raum eine derart vielfältige kulturelle Landschaft entwickelt. Daraus hat Europa immer wieder Kraft geschöpft. Diese Kraft war so groß, dass es damit auch andere Kontinente beerben konnte. Es gilt, diesen Kulturraum Europa zu stärken und wieder mit Leben zu erfüllen. Dazu ist ein grenzüberschreitender Dialog notwendig, aber es ist auch notwendig, die Ideen und die kulturelle Identität anderer Länder und Regionen verstehen zu wollen. Wenn ich den Dialog aufmerksam genug verfolgt habe, gelange ich zu dem Schluss, dass wir in dieser Hinsicht einen gehörigen Nachholbedarf haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir können auch lernen, dass die Kultur in Krisenzeiten ihre identitäts- und gemeinschaftsstiftende Kraft immer wieder entwickelt hat. Darauf sollten wir uns besinnen, wenn wir über ein Europa der Bürger reden, über ein Europa der demokratischen Formen. Wir sollten uns auch immer wieder darauf besinnen, dem Europa der Ökonomen diese identitätsstiftende Kraft der europäischen Kultur entgegenzustellen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächste hat Frau Staatsministerin Dr. Beate Merk das Wort. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße den Konsens, dass die Bedeutung Europas für uns alle unbestritten ist. Wir wollen und brauchen ein besseres Europa. Wir brauchen mehr Diskussionen, wie wir sie in den vergangenen Wochen geführt haben; ich bedanke mich bei all denen, die sich darin eingebracht haben. Wir müssen Europa hier in diesem Haus einen Platz einräumen. - Unbestritten ist aber auch das Akzeptanzproblem, das heute immer wieder angesprochen worden ist. Sowohl Herr Kollege Förster als auch die Kollegen von der CSU, Herr Rieger, Frau Wittmann und Frau Schreyer-Stäblein, haben dazu Beispiele angeführt.

(Zuruf von der SPD: Die Letzte wohl nicht!)

Deshalb müssen wir uns dem Problem stellen und Europa gemeinsam zukunftsfest machen. Ich habe die nötigen Schritte für ein besseres Europa aus Sicht der Staatsregierung in meiner Regierungserklärung vor diesem Hohen Haus dargestellt. Wir haben hier darüber intensiv und gut diskutiert. Viele dieser Vorschläge sind heute in den Reden wieder aufgeschienen.

Ehrlicherweise muss ich hinzufügen, dass manche Vorschläge nicht zu dem Ziel führen, was wir uns vorstellen. Sie sprechen von einer Sozialunion. In diesem Zusammenhang muss vieles aufgeklärt werden. Was bedeutet denn Sozialunion? Per se ist das zwar ein schönes Wort, aber wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern auch erklären, was es bedeutet, und das haben Sie nicht getan. Sie reden von einer europäischen Arbeitslosenversicherung und der Vereinheitlichung historisch gewachsener nationaler Sozialsysteme. Wer die Europäische Union für die Fehler der nationalen Sozialpolitik von anderen Mitgliedstaaten verantwortlich macht, trägt als Erster zum Akzeptanzverlust bei.

(Beifall bei der CSU)

Was wäre denn passiert, wenn wir Ihrem Vorschlag gefolgt wären, Eurobonds einzuführen? Diesem Vorschlag zufolge tragen die sieben kräftigsten und stabilsten Euroländer das Zinsrisiko für die übrigen Euroländer mit. Das hätte bedeutet, dass Deutschland zwei Prozentpunkte mehr an Zinsen, das sind 47 Milliarden Euro pro Jahr, hätte aufbringen müssen. Außerdem hatten Sie die Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Eine solche Versicherung bedeutet nichts anderes, als dass die Staaten mit wenig Arbeitslosen die Kosten der hohen Arbeitslosigkeit in anderen Staaten mit übernehmen.

(Beifall bei der CSU)

Letztlich müssten dadurch die Versicherungsbeiträge zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland massiv ansteigen. Sollen wir wirklich die Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland künftig die Arbeitslosigkeit in Europa mitfinanzieren lassen? Ist das der richtige Weg? – Ich sage: Nein. Es ist sehr wichtig, zu verdeutlichen, dass die Wege, die wir gegangen sind, der Druck und die Hilfen zur Selbsthilfe der richtige Weg waren. All das hat den Menschen geholfen.

Sie haben die Euro-Rettungspolitik angegriffen. Sie drücken hier die Augen fest zu, um die Erfolge nicht zu sehen. Die vorher noch explodierenden Zinsen sind gesunken. Alle Staaten haben sich im Fiskalpakt auf ausgeglichene Haushalte verständigt. Der Reihe nach verlassen alle Krisenstaaten den Rettungsschirm. In Irland, Portugal, Spanien und bald auch in

Griechenland sind Erfolge zu sehen. Dahinter steht zwar eine unwahrscheinliche Anstrengung, aber wir sehen, dass es klappt.

(Bernhard Roos (SPD): Weil die EZB unbegrenzt Staatsanleihen ankauft!)

Das ist der Erfolg der Bundesregierung. Das ist der Erfolg der Union, die eine Politik der Hilfe zur Selbsthilfe, eine Politik, die die Reformen in den Mittelpunkt stellt, durchgesetzt hat.

Wir können nicht auf Dauer nur Gelder transferieren und dabei zuschauen, wenn Länder sich nicht in der Lage sehen, Reformen durchzusetzen. Das wesentliche Kriterium ist, mit der Unterstützung durch die kollegialen Mitgliedstaaten den Mut und die Kraft zu haben, auf Reformen zuzugehen. Das müssen wir einigen der Länder, die jetzt noch in Schwierigkeiten sind, näherbringen.

Herr Kollege Förster hat das Thema Bürgernähe angesprochen. Bürgernähe ist immer das zentrale Thema unserer Politik gewesen. Sie bedeutet, im Gespräch mit den Bürgern zu sein, von ihnen zu hören, wo es Probleme gibt, Lösungswege zu diskutieren, Defizite zu benennen und zugleich eine Lösung in petto zu haben. Die Staatsregierung fordert seit Langem, die Bürgerinnen und Bürger bei wichtigen europapolitischen Fragestellungen stärker zu beteiligen. Wir bekennen ganz klar: Wir haben keine Angst vor Demokratie, sondern wir setzen darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger uns auf den Weg verweisen, den sie für richtig halten, und gemeinsam mit uns Lösungen finden. Das sehen nicht alle so, leider auch nicht SPD und GRÜNE. An ihnen scheiterte unsere Initiative, mit der wir Volksabstimmungen zu wichtigen europapolitischen Fragen auf Bundesebene verankern wollten.

Beim Thema soziales Europa möchte ich auch auf das Freihandelsabkommen eingehen. Hier wird vielfach mit Schlagworten Angst geschürt. Auf Entwicklungen wird nicht eingegangen. Da fehlt die Kenntnis, wie man ein so großes Verhandlungspaket mit einem so immensen Umfang überhaupt auf den Weg bringen kann. Es wird zum Beispiel nicht gesagt, was wir bereits an Transparenz erreicht haben, dass die Kommission inzwischen ein Konsultationsverfahren auf den Weg bringt, dass viel mehr Informationen an die Bürgerinnen und Bürger weitergereicht werden, dass wir uns längst klipp und klar dafür ausgesprochen haben, dass es an unseren Standards keine Abstriche geben darf, und sollte das doch der Fall sein, dann wird das Freihandelsabkommen von uns nicht unterstützt.

Mit einem Freihandelsabkommen dafür zu sorgen, dass mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze in Europa neu entstehen können, ist der richtige Weg, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Zukunft selbst zu gestalten, selbstständig zu leben. Sie bekommen in den Ländern, in denen sie derzeit zu 50 % und mehr arbeitslos sind, wieder Arbeitsplätze. Das ist der Weg zu einem sozialen Europa.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wie, wenn nicht durch ein engagiertes Auftreten, soll man denn für Europa werben? Insofern kann ich nur sagen: Ich verstehe viele Ihrer Erklärungen nicht. Bei aller Kritik an Ihren Vorstellungen von Europa sind wir uns dennoch in einem Punkt einig: Es ist gut, dass wir leidenschaftlich über dieses Europa reden und über den richtigen Weg zu einem besseren Europa streiten. Das hat lange gefehlt. Ich möchte vor dem Hintergrund der brandgefährlichen Situation in der Ukraine sagen: Die große Friedensleistung Europas und die Kraft der europäischen Idee werden uns jetzt wieder deutlich.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Sie hat jetzt wieder große Überzeugungskraft für die Menschen. Deswegen, meine ich, ist es wichtig, die Menschen aufzurufen, zu den Wahlen zu gehen und die Parteien zu wählen, die europafreundlich sind, und nicht die Parteien, die extrem oder radikal sind.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Weikert (SPD) – Margarete Bause (GRÜNE): Wie die CSU!)

Sie sollten sehr deutlich zeigen: Das Wahlrecht, der Rechtsstaat, die Demokratie liegen uns am Herzen, wir unterstützen diejenigen mit unserer Stimme, die darum so sehr ringen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.