Bayern ist eine der attraktivsten Wirtschaftsregionen Europas und bestrebt, als erstes Land in Europa schuldenfrei zu sein und damit ein Vorbild für die Überwindung der Schuldenkrise zu geben. Deutschland und insbesondere Bayern haben frühzeitig und mit aller Schärfe darauf gedrängt, dass Europa keine Schuldenunion werden darf. Meine Damen und Herren, seitdem hat es merkliche Fortschritte im Kampf gegen die Verschuldung in Europa gegeben. Diese Politik muss uneingeschränkt weitergeführt werden. Das oberste Ziel einer gemeinsamen Währungspolitik muss die Stabilität unserer Währung, die Stabilität des Euro sein. Eine Aufweichung der Stabilitätsregeln ist der falsche Weg.
Die deutsche und insbesondere die bayerische Wirtschaft ist eine der wettbewerbsfähigsten und innovativsten der Welt, die global bestehen muss. Die Antwort Europas kann nicht sein, Deutschland dafür zu kritisieren oder Deutschland deswegen sogar zu bremsen – die Antwort muss vielmehr sein, dass sich unsere europäischen Nachbarländer anstrengen und selbst wettbewerbsfähiger werden. Auch in Europa gilt: Man hilft den Schwachen nicht, indem man die Starken schwächt.
Meine Damen und Herren, neben einem wirtschaftlich gesunden und starken Europa brauchen wir aber darüber hinaus auch ein Europa der Bürger. Wir brauchen das gerade deshalb, weil Europa bisher oft als Projekt der Eliten empfunden wurde. Europa muss aber ein Projekt der Bevölkerung werden. Es muss die Menschen nicht nur mitnehmen, sondern direkt einbinden. Deshalb ist es uns als CSU auch ein unglaublich wichtiges Anliegen, das Volk direkt mitstimmen zu lassen. Wir wollen Volksabstimmungen bei wichtigen europäischen Fragen.
Genauso wichtig für eine größere Akzeptanz der EU ist auch das Bekenntnis zu unseren christlichen Wer
Dazu gehört vor allem auch die häufigere und konsequentere Verwendung der deutschen Sprache in den EU-Institutionen.
Meine Damen und Herren, ein gelebtes Europa, ein Europa der Bürger kann man nicht allein durch Verträge oder Regulierungen schaffen. Ein Europa der Bürger muss in den Herzen der Menschen entstehen und wachsen. Dafür stehen wir als CSU. Wir brauchen nicht mehr Europa, sondern ein besseres Europa, das heißt, ein transparenteres und bürgernahes Europa. Das ist unser Ziel. Dann wird Europa auch weiterhin das großartige Friedenswerk sein, zu dem es in den letzten Jahrzehnten geworden ist. Das vereinte Europa wird vor allem auch eines sein: nämlich stets im Dienst und zum Wohle der Menschen auf unserem Kontinent. Das wollen wir alle.
Als Nächster hat Herr Kollege Hubert Aiwanger von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über das Thema Europa, und das ist gut so. Wir sollten das öfters tun. Wir sollten öfter darüber diskutieren, wie sich Entscheidungen aus Brüssel auf unsere Heimat auswirken und wie wir an einem Europa konstruktiv mitarbeiten können, dem ich gerne den Arbeitstitel "Gebt den Bürgern ihr Europa zurück" verpassen will. Denn der Punkt ist, dass die Bürger zwar zu Europa stehen, aber häufig nicht mehr mitgehen, weil sie sehen, dass im Namen Europas politischer Trickbetrug betrieben wird, wenn es heißt: Du musst für den Euro-Rettungsschirm die Hand heben, weil sonst Europa in Gefahr wäre. Dieses Wegbewegen von den Maastricht-Kriterien, die damals besagten, jeder haftet für seine Schulden selbst, wäre jetzt dringend nötig, um die Eurozone und den Frieden Europas zu retten. Genauso billig ist jetzt der Versuch aufseiten der Union, die SPD abzustempeln mit der Aussage: Ihr müsst klarstellen, wie ihr zu Eurobonds steht.
Sie brauchen die Eurobonds gar nicht mehr, um eine Schuldengemeinschaft auf den Weg zu bringen. Wir sind mittendrin, weil über den Rettungsschirm und über die EZB de facto bereits eine Gemeinschaftshaftung besteht. Das wissen Sie auch. Das wissen auch die Bürger draußen. Deshalb ist hier die Botschaft der FREIEN WÄHLER ganz klar, zu soliden Kriterien zu
rückzukehren und der Finanzindustrie keine bloße rote Linie zu zeichnen, sondern endlich einmal eine rote Wand aufzustellen. Denn, meine Damen und Herren, wir wissen von Kindesalter an, dass über Linien drübergesprungen worden ist. Deshalb braucht man hier eine Wand, damit die Herren, die jetzt schon wieder fröhliche Urständ feiern, nicht in wenigen Monaten und Jahren wiederkommen und sagen werden: Wir müssen weiter mit Milliarden versorgt werden, damit der Laden weiterläuft.
Europa wird nicht infrage gestellt. Ich glaube, es gibt in diesem Saal – nicht einmal in diesem Land – kaum jemanden, der radikal gegen Europa ist. Das ist eine Minderheit im Promillebereich. Die Definition macht es aus. Wir müssen uns politisch zutrauen, Fehlentwicklungen, die im europäischen Namen passieren, den Schleier herunterzuziehen und zu fragen: Ist das denn im Sinne Europas, oder trägt es nur die Überschrift "Europa", um den kleinen Bürger einzuschüchtern und damit zum Mitmachen bei Themen zu bewegen, bei denen er eigentlich anderer Meinung ist?
Wenn Sie von Volksabstimmungen zu Europa reden, ist das leider Gottes nicht mehr als eine billige Wahlkampfpatrone. Sie, die Sie in Bayern noch den Bürgerentscheid zur dritten Startbahn infrage stellen und sagen, wir bauen sie trotzdem, Sie, die Sie sagen, wir machen in Bayern eine Volksabstimmung, aber nicht mit Entscheidungskompetenz, sondern nur als eine Art TED-Umfrage, um zu wissen, was das Volk so denkt, Sie suggerieren dem Wähler, Sie wollten zu europapolitischen Themen ernsthaft eine Abstimmung durchführen. Das ist leider Gottes nicht der Fall.
Wir fordern Sie auf – hier ist Schwarz wie Rot gefordert, Sie bestimmen das Handlungsregime zum europäischen Freihandelsabkommen mit Amerika –, diese Debatte in die Öffentlichkeit zu bringen und das Ganze nicht von einem Handelskommissar und ein paar Spitzenbeamten abwickeln zu lassen, sondern die Bevölkerung einzubinden. Sie werden sehen: Sie müssen mit den Menschen diskutieren. Wir FREIEN WÄHLER sind dafür, am Ende dem Souverän, dem Volk, dieses Machwerk zur Abstimmung vorzulegen. Dann kann es eben sein, dass man in der Autoindustrie die gleiche Blinkerfarbe bekommt. Aber die Bürger wollen im Gegenzug nicht das Chlorhühnchen auf den Tisch bekommen. Dann wird sich Ihr Freihandelsabkommen eben auf die Themen beschränken, die mehrheitsfähig und sinnvoll sind, wobei am Ende nicht Dinge mit eingekauft werden, die wir gar nicht wollen.
Lassen Sie hier das Volk mitreden und am Ende hierüber auch abstimmen. Das ist mein Appell an Sie. Ansonsten durchschaut der Bürger das Theaterspiel,
bei dem Sie immer zwei Spielkarten in der Jackentasche haben. Je nach Volk, das Sie gerade vor sich haben, ist Europa mal eine Ansammlung der Flaschenmannschaft – "Hurra, Schenkelklopfer", sagt jemand anderes, und ähnliche Sprüche –, mal eine Verantwortungs- und Friedensgemeinschaft. Am Ende wird dann der Frieden zitiert. Dann muss jeder, der irgendetwas kritisiert, in Deckung gehen, weil er sich sonst gegen Europa versündigt. Je nach Gefechtslage wird also mal munter drauflos kritisiert oder der große Heilsbringer Europa an die Wand gemalt. Die Wahrheit liegt in der Mitte.
Die Bürger wollen Europa und stehen zu Europa. Aber die Bürger stehen zu einem Europa der Bürger – nicht zu einem Europa der Lobbyisten und Konzerne. Wenn wir das gemeinsam vernünftig auf den Weg bringen, hat dieses Europa Zukunft. Ansonsten wenden sich die Menschen von Europa ab. Momentan sind wir genau auf der Wegmarke, wo wir noch beide Wege beschreiten können. Ich appelliere an Sie, den Bürgerweg zu beschreiten.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist absolut unstrittig, dass die europäische Einigung eine Erfolgsgeschichte ist. Es ist auch absolut unstrittig, dass wir auf diesem Kontinent den Nationalismus und vor allem die mörderischen Kriege, die uns im letzten Jahrhundert immer wieder begleitet haben, überwunden haben.
Ich möchte aber gleich am Anfang auf folgenden Punkt eingehen: Das europäische Projekt ist für junge Menschen in den letzten zehn Jahren eine Selbstverständlichkeit geworden. Selbstverständlich ist etwa, dass man ein paar Jahre im Ausland studiert – es muss nicht immer die deutsche Hochschule sein –, dort lebt oder zur Ausbildung ins Ausland geht, dort arbeitet und später wieder zurückkommt. Das ist ganz wichtig.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, entscheiden zu können, in welchem europäischen Land man seinem Arbeitsweg gehen möchte.
Unstrittig ist auch die Bedeutung der offenen Grenzen, des freien Warenflusses, aber auch der gemeinsamen Währung. Sie ist ein großer Garant für den Wohlstand in Bayern. Wir haben viele Unternehmen,
Ich freue mich, dass die SPD heute diesen Titel für die Aktuelle Stunde gewählt hat. Wer sich die Rede des CSU-Kollegen Dr. Rieger angehört hat, guckt sich fast schon lieber den Werbespot des Ministerpräsidenten an, der um einiges europafreundlicher ist. Wie ich heute "Spiegel Online" entnehmen konnte – es gibt auch eine Uncut Version, die noch europafreundlicher wirkt –, ist das erst einmal positiv. Es scheint, als hätte es die Attacken der CSU-Kolleginnen und CSU-Kollegen auf die Europa-Union und auf den SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz nie gegeben. Aber die Hoffnung, dass es besser wird, ist nicht sehr begründet; denn aktuell steht die europäische Einigung nicht gerade auf festem Grund. Das gilt nicht nur wegen der rechten Parteien und der neuen populistischen Parteien, sondern bis weit in konservative Parteien hinein werden Vorurteile gegenüber EU-Staaten geschürt. Auf Mitgliedstaaten, die wirklich vor gewaltigen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, die für uns unvorstellbare wirtschaftliche Probleme und eine Jugendarbeitslosigkeit von über 60 % haben, wird herabgeschaut und gesagt, wie sie Politik betreiben sollen.
In Europa wächst vor allem in den südlichen europäischen Staaten eine junge Generation heran, die in den Medien bereits als verlorene Generation bezeichnet wird. Es ist jetzt an der Zeit, dass Europa zeigen muss: Wir sind mehr als eine bessere Freihandelszone.
Wer das Wahlprogramm der CSU zur Europawahl überfliegt und heute die Rede und den Werbespot des Ministerpräsidenten gehört hat, kann in Bezug auf das Wahlkampfkonzept Gerhard Polt zitieren: "Ein klares Ja zum Nein zu Europa."
Ich möchte jetzt nicht auf alle Punkte eingehen, die in den letzten Wochen im Zuge des Europawahlkampfes diskutiert worden sind, sondern nur einen Bereich erwähnen, der mich erschreckt und erstaunt hat: Wer das Wahlprogramm der CSU liest, stellt immer wieder fest, dass Sie vom EU-Ausländer sprechen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, EU-Bürger sind Bürgerinnen und Bürger wie Sie und ich. Es sind
Einer Partei, die EU-Bürger als EU-Ausländer abstempelt, fehlt es nicht nur an einer Vision für Europa; die CSU ist und bleibt auch eine bayerische Provinzpartei, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CSU.
Es ist vollkommen richtig, was die Vorredner gesagt haben. Dem kann man sich anschließen. Wir alle wissen, dass die europäische Einigung nicht frei von kritikwürdigen Begleiterscheinungen ist. Kritik ist in vielen Bereichen angebracht. Darüber muss offen diskutiert, auch gestritten werden. Mit breiter Bürgerbeteiligung wollen wir dafür sorgen, dass Europa nicht eine Veranstaltung der Regierungen der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission, sondern der Bürgerinnen und Bürger ist. Richtig ist auch: Europa braucht mehr Transparenz und weniger Entscheidungen in Hinterzimmern, mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und weniger Einfluss von Lobbyisten. Vor allem muss uns die europäische Einigung eine Herzensangelegenheit sein; sie darf nicht auf einen technischen Prozess reduziert werden.
Am Schluss möchte ich noch einen Punkt ansprechen, der uns von der Regierungspartei deutlich unterscheidet. Wenn Sie von der CSU Probleme mit Entscheidungen in Europa haben, dann schimpfen Sie meist pauschal auf die EU, statt sich vor Ort dafür einzusetzen, dass die Entscheidungen anders gefällt werden. Beispiele sind die Gentechnik, die Privatisierung der Trinkwasserversorgung und das Freihandelsabkommen mit den USA. Entscheiden Sie in Europa richtig mit! Das ist Ihre Aufgabe.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Mechthilde Wittmann von der CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Europa der Bürger – genau das wollen wir. In einem Punkt teile ich die Auffassung meines Vorredners: Die Bürger, die noch relativ jung sind, haben nichts anderes erlebt als ein Europa ohne Grenzen und ohne Hindernisse, ein Europa, in dem die Kommunikation zwischen Bürgern unterschiedlicher Mitgliedstaaten etwas Selbstverständliches ist. Genau diese Bürger erwarten von uns, dass wir Europa so entwickeln, dass alle Menschen möglichst gute Lebensbedingungen haben.
Wir hatten mit dem Vertrag von Amsterdam begonnen, Europa auszuweiten, um dessen Attraktivität auch anderen Ländern zugänglich zu machen. Im Vertrag von Nizza haben wir nachgearbeitet. Ziel ist es gewesen, die europäischen Institutionen so zu reformieren, dass sie in der Lage sind, die Aufnahme neuer Länder tatsächlich zu realisieren und dennoch nahe am Bürger zu bleiben. In der Präambel des Vertrages von Lissabon ist schließlich die Absicht festgehalten worden, Europa noch demokratischer zu gestalten.