Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Die Aufgabe für uns als Politikerinnen und Politiker ist es eigentlich, die Bürgerinnen und Bürger vor derartigen skrupellosen Machenschaften zu schützen. Wir wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht beeinflussen, sondern wir wollen sie informieren und ihnen eine vernünftige Grundlage an die Hand geben, um ihre Kaufentscheidung zu treffen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu benötigt man Transparenz, und Transparenz heißt in diesem Fall einfach eine ganz klare Kennzeichnung als genaue Information zum Produkt und dessen Herstellungshintergründen. Wir als SPD-Fraktion unterstützen deshalb vorbehaltlos den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Staatsregierung ihre Möglichkeiten wahrnimmt und über den Bundesrat auf Europaebene für eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht aller - ich betone: aller – Pelzprodukte eintritt, und zwar mit eindeutigen Angaben zur Herkunft der Tiere, der Tierart und der Haltungsbedingungen. Wir werden also dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgen.

Es reicht nicht - ich habe damit gerechnet; der Kollege Flierl ist dem heute auch entsprechend nachgekommen -, wie es die Staatsregierung immer wieder gerne tut, einfach auf andere Kompetenzebenen zu verweisen nach dem Motto: Wir sind dafür nicht zuständig. Aber: Gute Politik fängt auch von unten an. Dazu gehören wir als Landesparlament.

Ich fordere Sie auf: Tragen Sie der Forderung vieler bayerischer Bürgerinnen und Bürger, Verbraucherinnen und Verbraucher endlich Rechnung! Dafür sind nämlich wir zuständig, hier im bayerischen Parlament. Ich denke, dass die Regelungen eben nicht ausreichen, und von daher bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.

Wir wollen, dass diese Regelungen, auch die EU-Regelungen, hier ganz klar entsprechend ausgeführt werden. Ein Appell zu freiwilligen Selbstverpflichtungen reicht eben nicht aus. Echtfellprodukte und deren Herkunft sind oftmals für den Verbraucher nicht eindeutig gekennzeichnet. Es besteht Handlungsbedarf. Wir hoffen auf Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Jetzt hat Herr Kollege Zierer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Trotz der fortgeschrittenen Zeit halte ich es für wichtig, auch diesen Punkt mit der nötigen Sorgfalt zu behandeln. Es wäre zwar übertrieben zu sagen, es zeigt Leidensfähigkeit, dass wir jetzt

diesen Punkt diskutieren, aber man muss bedenken, welches Leid Tieren angetan wird, die nicht in Deutschland, nicht in Europa aufgezogen und für diese Pelzproduktion verwendet werden.

Am Montag wurde im Bundestag eine Petition behandelt, bei der es genau um das Thema dieses Antrags ging. Der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums hat erklärt, dass er eine nationale Regelung nicht für nötig hält. Da muss ich mich schon fragen: Haben wir Tierschutz nur bei uns im Landkreis, nur in Bayern, nur in Deutschland und nur in der EU, oder soll Tierschutz denn nicht auch für die ganze Welt gelten beziehungsweise für Produkte, die wir verwenden?

Die jetzige Kennzeichnung in der EU verlangt lediglich den Vermerk "Nichttextile Bestandteile tierischen Ursprungs". Das ist viel zu wenig. Das verrät einem zwar, ob Tierfelle oder Leder verarbeitet worden sind, aber mehr nicht. Das gilt genauso für Pelzmäntel oder Lederjacken, weil die eben nicht als Textilien angesehen werden. Nach der Schweizer Regelung, auf die sich dieser Antrag bezieht, müssten aber auch die gekennzeichnet werden, und das ist richtig. Denken Sie nur, was von den Landwirten in der EU verlangt wird: Nachverfolgung der Produktion, Kennzeichnung der Tiere. Jede Kuh, jedes Tier muss mit Ohrmarken herumlaufen. Da machen wir es richtig. Aber wenn wir etwas von außen einführen, trauen wir uns nicht. Diese Denkweise ist absolut unverständlich.

Viele von uns haben im Fernsehen oder im Internet Bilder gesehen, wie in chinesischen Pelztierfarmen gearbeitet wird, wie dort die Tiere gehalten und getötet werden. Ich glaube, der Verbraucher soll durchaus wissen, wenn er sich so etwas kauft, wo das herkommt - nicht nur, was es ist, sondern auch, wo es herkommt. Dann wird er sich Gedanken machen, ob er sich das anschafft oder nicht. Es gibt in Bayern keine Pelztierfarmen, in Deutschland nur einige. Da wird mit anderen Maßstäben gearbeitet. Darum soll der Verbraucher wissen, wenn diese Dinge vom Ausland kommen, wo sie herkommen. Das ist absolut wichtig für eine Kaufentscheidung. Um eine gute Kaufentscheidung zu treffen, muss das gekennzeichnet werden. Der Verbraucher kann sich dann nicht rausreden, dass er nicht weiß, was er sich zugelegt hat. Bei der Regelung, wie sie im Antrag gefordert wird, muss das alles angegeben werden, egal ob verschlüsselt oder mit Kennzahlen.

(Ingrid Heckner (CSU): Verschlüsselt finde ich ganz …)

Es ist wichtig, man kann nachschauen, jeder hat im Internet die Möglichkeit, das zu recherchieren.

Einen zusätzlichen Kontrollaufwand für staatliche Behörden wird es nicht geben. Der Umweltausschuss hat eine Anhörung dazu durchgeführt, und das LGL, das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit macht bereits Stichproben.

Darum würde ich Sie bitten, wenn wir schon vom Tierschutz reden: Begrenzen wir ihn nicht auf unser Land, nicht nur auf Deutschland, sondern weiten ihn aus auf unsere Verantwortung und das, was wir kaufen. Darum ist dem Antrag uneingeschränkt zuzustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann ist die Aussprache geschlossen.

Ich komme zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe die Listennummern 4 und 31 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung I Änderung der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes - Qualifiziertes Personal für eine gute frühkindliche Bildung und Betreuung (Drs. 17/436)

und

Antrag der Abgeordneten Angelika Weikert, Doris Rauscher, Arif Tasdelen u. a. (SPD) Beste Bildung - von Anfang an III: Verbesserung der Gewichtungsfaktoren nach Art. 21 Abs. 5 BayKiBiG (Drs. 17/2160)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Ich darf als Erster Frau Kollegin Rauscher das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die Uhrzeit kann man schon fast von bester Sendezeit sprechen – beste Sendezeit für interessante Themen,

weil es bei dem Antrag um Ihre Kinder, um Ihre Enkelkinder geht.

- Sandmännchen ist schon vorbei. Schön, dass Sie immer noch hier sitzen und nicht ins Bett mussten. Es geht um das Thema frühkindliche Bildung, um beste Bildung von Anfang an. Deswegen interessiert es Sie bestimmt alle, auch wenn es schon spät ist.

Es ist nicht nur ein Thema, das der vorliegende Antrag beschreibt, sondern ein Thema, mit dem sich meine Fraktion aus Grundüberzeugung auseinandersetzt, und nicht nur meine Fraktion, sondern alle Experten aus dem Bereich frühkindliche Bildung. In der Kita – das dürfte Ihnen bekannt sein – wird der Grundstein für gelingende Entwicklung der Kinder gelegt. Es besteht ein direkter Zusammenhang von Qualität der frühkindlichen Bildung in unseren Kitas und späteren schulischen und beruflichen Erfolgen. Das ist keine Erfindung meiner Fraktion, sondern das ist durch unterschiedliche Studien belegt, dass es sogar auf den beruflichen Erfolg Auswirkungen hat, wie der Grundstein in der frühkindlichen Bildung gelegt wird.

Weil das eben so ist, haben wir uns entschieden, wenigstens einen unserer Anträge vom Juni aus dem Sozialausschuss, aus unserer Sicht einen zentralen Antrag, nochmals hier im Plenum zu platzieren. Wir brauchen zwingend eine Verbesserung. Wir brauchen beste Qualität in allen Kitas, aber vor allem in den Krippen; denn das, was Kinder in den ersten Lebensjahren erfahren, ist prägend für ihr ganzes Leben.

(Beifall bei der SPD)

Das darf nicht unterschätzt werden.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Jetzt gilt es, dementsprechend verantwortungsvoll zu handeln; denn die Schere zwischen dem Erforderlichen und dem tatsächlich Machbaren geht in der Praxis ziemlich weit auseinander. Wir alle, wie wir hier sitzen - und es sind ja doch noch einige –, sind verantwortlich, jetzt die Weichen für die Jüngsten richtig zu stellen und uns auf die Verschiedenheit und die Besonderheit, auf die Vielfalt in unseren Kitas und in unseren Krippen einzulassen.

Krippenausbau allein reicht nicht. Qualitätsausbau ist absolut erforderlich. Um das gewährleisten zu können, braucht es neben zahlreichen weiteren Faktoren auch finanzielle Mittel, um den Bildungs- und Betreuungserfolg sicherzustellen für uns, für die Kinder und für die Eltern.

Gerade die Kleinsten brauchen eine zeitintensivere, aufwendigere Betreuung. Sie binden mehr Zeit des

pädagogischen Fachpersonals. Auch bei Kindern mit Behinderung oder drohender Behinderung, bei Kindern mit Beeinträchtigung ist eine intensivere Begleitung der individuellen Entwicklungsprozesse maßgeblich wichtig, und das nimmt Zeit in Anspruch. Dieser unterschiedliche Aufwand muss über die Gewichtungsfaktoren im BayKiBiG endlich angemessen abgebildet und ordentlich refinanziert werden.

(Beifall bei der SPD)

Trotz dieser Feststellung wurden seit 2005 mit der Einführung des BayKiBiG die Gewichtungsfaktoren nicht angehoben. Eine ehemalige Kollegin von der CSU-Landtagsfraktion hat einmal gesagt, dass das BayKiBiG immer als Gesetz gedacht war, das atmen muss. Nur muss ich leider dem Patienten eine schlechte Gesundheit attestieren. Die Lungenfunktion des BayKiBiG ist wirklich bedrohlich schlecht. Sie hat sich nämlich bezüglich der Gewichtungsfaktoren nicht verändert, bezüglich des Basiswertes minimal, aber auch nicht so, dass man wirklich eine gute Gesundheit attestieren könnte. Ein Vergleich zeigt: Die entsprechenden Ausgaben im Freistaat Bayern liegen deutlich niedriger als in anderen Bundesländern. Die Bertelsmann-Stiftung hat einen Unterschied von 600 Euro pro Kind unter sechs Jahren im Bundesdurchschnitt bestätigt. Deswegen ist es an der Zeit, zunächst einmal wenigstens an den Gewichtungsfaktoren zu schrauben, um eine Differenzierung gerade in diesem sensiblen Altersbereich auf den Weg zu bringen. Betreuung, Bildung und Erziehung unserer Kleinsten, und zwar von Anfang an, müssen dem Freistaat endlich mehr wert sein. Es ist Zeit! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie um Unterstützung unseres Antrags zum Wohle der Jüngsten.

Noch ein paar Takte zu dem Antrag der GRÜNENFraktion: Wir haben im Ausschuss bereits vorberaten. Leider können wir dem Antrag nicht zustimmen. Die Forderungen gehen nach unserem Empfinden nicht weit genug. Ein Beispiel: Wir wollen nicht lediglich den empfohlenen Anstellungsschlüssel, sondern auch den gesetzlich vorgeschriebenen Anstellungsschlüssel verbessern. Das bewegt uns dazu, dem Antrag in dieser Fassung nicht zuzustimmen.

Meine Redezeit ist um. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kolle

gin Rauscher, wir legen mit unserem Antrag einen realistischen, machbaren Vorschlag zur Verbesserung der Qualität der frühkindlichen Bildung vor. Wir stehen mit unserem Antrag auch gegen den Stillstand bei der Verbesserung der Betreuung in den Kindertagesstätten.

Wir fordern die Bildung multiprofessioneller Teams und eine spezielle Förderung für das Erzielen besserer Leistungen. Es geht uns aber auch um eine bessere Förderung generell, insbesondere durch Verlängerung der Öffnungszeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der empfohlene Anstellungsschlüssel muss von derzeit 1 : 10 auf 1 : 9 verbessert werden.

Wenn die Gewichtungsfaktoren erhöht werden, muss dies unmittelbar zu einer Veränderung des Stellenschlüssels führen. Die Veränderung des Gewichtungsfaktors allein hilft nicht weiter, wenn es darum geht, dass mehr Zeit da sein soll, sich um die Kinder zu kümmern.

An dieser Stelle möchte ich es in aller Kürze bewenden lassen. Allerdings weise ich noch einmal darauf hin, dass mit der Planungssicherheit für die Träger der Einrichtungen im Argen liegt. Im vergangenen Jahr ist eine umstrittene Fehlzeitenregelung getroffen worden, die vielen Einrichtungen sehr große Probleme bereitet hat. Der Sozialausschuss des Bayerischen Landtags hat die Umsetzung quasi ausgesetzt und der Staatsregierung aufgegeben, bis zum Beginn dieses Kindergartenjahres eine verbesserte Fehlzeitenregelung auf den Weg zu bringen. Wir müssen leider feststellen, dass dies immer noch nicht geschehen ist. Die Einrichtungen wissen immer noch nicht genau, wie sie ihr Personal zu kalkulieren haben und welche Konsequenzen die Fehlzeitenregelung hat. Das ist wirklich ungut. Das Mindeste, was die Träger der Einrichtungen verdient haben, ist Klarheit der Rahmenbedingungen; diese haben sie bisher nicht.

Wir haben heute intensiv über Flüchtlinge diskutiert. Auch an dieser Stelle ein Satz dazu: Es kommt vor, dass Flüchtlingsfamilien in einen Ort kommen und dort plötzlich ein erhöhter Bedarf an Kindergartenplätzen vorliegt. Für einen kurzen Zeitraum wird die Gruppengröße vielleicht überschritten. Die Einrichtungen brauchen Klarheit, wie sie damit umgehen sollen, wenn in einem Übergangszeitraum zwei oder drei Kinder mehr da sind als vorgesehen. Kurzfristig sind die Rahmenbedingungen zu verbessern, mittelfristig ist der Anstellungsschlüssel zu verbessern.