Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Sehr gut, Frau Präsidentin. – Frau Rauscher, weshalb Sie mit Ihren Aussagen unrecht haben müssen: Wir haben heute in Bayern 18.000 Erzieherinnen mehr als im Jahr 2006. Diese leisten eine ganz hervorragende Arbeit.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Damals hatten wir die Betreuung für die Unter-Dreijährigen noch gar nicht!)

Sie können doch nicht sagen, wir hätten keine Erzieherinnen. Unsere Erzieherinnen machen einen ganz hervorragenden Job. Die Tätigkeit mit den Kindern bringt Freude. Ich erlebe das jedes Mal, wenn ich in der Einrichtung bin. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen mit Freude ihrem Beruf nach. Reden Sie das nicht schlecht. Wir haben in Bayern noch nie mehr Erzieherinnen gehabt als heute. Deshalb kann Ihre Aussage nicht richtig sein. Hören Sie auf mit Ihren Behauptungen!

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Wir haben heute viel mehr Kinder, die betreut werden!)

Die Fakten sprechen eine andere Sprache.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogel. Bitte, Frau Kollegin Schmidt. – Ich bitte Sie, Frau Kollegin Schmidt zuzuhören.

: Sehr geehrte Präsidentin, ich habe gedacht, wir würden um diese Uhrzeit einen ruhigen Abgang machen. Ich habe nicht gedacht, dass es noch so temperamentvoll wird.

Herr Kollege Vogel, Sie haben am 10. Juli angekündigt, Sie strebten langfristig die Anhebung der Gewichtungsfaktoren für Kinder unter drei Jahren an. In der letzten Woche haben Sie es geschafft, einen Antrag zu diesem Thema einzubringen. Das war jedoch so eine Art Heiratsschwindelei oder Bigamie nach dem Motto: Schmeiß mich ins Wasser, aber mach mich nicht nass. Sie wollen veränderte Gewichtungsfaktoren kostenneutral erreichen. Bei Ihrer Herdprämie, die wir dafür gut hätten einsetzen können, wurde auch nicht gefragt, was sie kostet. Kein Mensch hat damals bei Ihnen über Kosten gesprochen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Herr Vogel, selbstverständlich haben wir 18.000 Erzieherinnen mehr im Gegensatz zum Jahr 2006. Das ist klar; denn damals haben wir noch nicht so viele Kinderkrippen gehabt. Wenn wir mehr Kinderkrippen

haben, brauchen wir auch mehr Erzieherinnen. Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Alles, was unsere Kinderbetreuung verbessert, verbessert auch unsere Zukunft; denn wir leben auf Pump zulasten der nächsten Generationen. Da wir gerade beim Thema sind, möchte ich das kindgerecht erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kinder, die wir jetzt betreuen, sind die, die einmal Ihre Rente aufbringen müssen. Dass manche bei Ihnen die Notwendigkeiten von Kinderbetreuung nicht verstehen, damit habe ich kein Problem. Das sind traditionelle Werte. Ich habe jedoch kein Verständnis dafür, dass Gleichaltrige dieses Thema nicht verstehen; denn da gehen die Frauen arbeiten. Sie wollen nicht mit einem Taschengeld hinter dem Herd stehen. Wir wollen, dass die Kinder ordentlich betreut werden. Wir wünschen, dass die Inklusion dabei einkalkuliert wird. Ich wünsche einmal jedem von Ihnen, dass er zehn Kleinkinder am Hals hat ohne einen Anspruch auf Betreuung.

(Michael Hofmann (CSU): Diese Formulierung ist ungeheuerlich, "zehn Kinder am Hals haben"!)

- Ihnen würde ich keine Kinder anvertrauen. Sie wären ausgeschlossen.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass dies nicht das Problem wäre. Ich möchte jetzt auch Schluss machen. Wir waren vorhin bei den Themen Tierschutz und Arbeitsschutz. Bei einer so langen Zeit ohne Essen und Trinken würde der Tierschutz einspringen. Ich möchte es damit bewenden lassen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wir werden beiden Anträgen zustimmen. Die Kinder, deren Erziehung Sie auf Pump finanzieren wollen, bezahlen Ihre Renten. Wir können das auch noch bunt aufmalen, damit es jeder versteht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Jetzt müssen sich die beiden Kollegen einigen, wer die Zwischenfrage stellt. Herr Kollege Vogel, bitte.

Frau Schmidt, ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie sagen: Ich wünsche Ihnen zehn Kinder am Hals. Ich finde das absolut unpassend. Das disqualifiziert eindeutig den Erzieherinnenberuf.

(Beifall bei der CSU)

: Ich wünsche sie Ihnen an die Beine.

Ich habe eine Frage.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Der Antrag der SPD, dem Sie mit Ihrer Fraktion zustimmen wollen, sieht ein Kostenvolumen von 261 Millionen Euro vor. Wie würden Sie den Betrag gerne finanzieren? Würden Sie Schulden aufnehmen, oder würden Sie anderswo Zahlungen reduzieren, etwa für die Breitbandversorgung? Dazu gibt es genug Beispiele.

: Herdprämie!

Das ist eine Sache des Bundes.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Dritte Startbahn! Länderfinanzausgleich! – Weitere Zurufe von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Vorhin haben Sie schon sehr kindlich den Vergleich zur Vertreibung gezogen. Noch einmal konkret: Die "Herdprämie" kommt aus Bundesmitteln. Ich hoffe, das wissen Sie.

: Das weiß ich.

Wo würden Sie im bayerischen Staatshaushalt 261 Millionen Euro abzwacken, um damit die Kosten zu finanzieren, die sich aus diesem Antrag ergeben?

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Die Hälfte der Zinsen aus dem Landesbankdesaster!)

: Ich denke jetzt in die Zukunft. Zuerst müssten Sie zustimmen und ein Konzept mitmachen. Dann wird es noch Jahre dauern. Ich gehe davon aus, bis Sie zustimmen, haben wir endlich die Rettung der Landesbank abbezahlt. Aus dem dann verfügbaren Betrag würde ich das Geld nehmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Für die Staatsregierung hat Frau Staatsministerin Müller um das Wort gebeten.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich muss sagen: Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir es nicht überziehen. - Bitte schön, Frau Staatsministerin.

(Beifall bei der CSU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema kommt spät am Abend und auch noch kurz vor dem Abendessen, wie Frau Schmidt es ausgedrückt hat; aber ich glaube, seine Behandlung ist angebracht. Die finanzielle Ausstattung der bayerischen Kindertageseinrichtungen weiter zu verbessern, ist ohne Zweifel ein Anliegen, das nahezu jeder in der Kinderbetreuung vorbehaltlos unterschreiben kann. Uns allen ist es ein Anliegen, dass unsere Kinder ein Fundament für die Persönlichkeitsentfaltung bekommen, und zwar so früh wie möglich.

Die Anforderungen an die frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung sind gerade in den letzten Jahren noch weiter gestiegen. Inklusion, Integration und der notwendige Erwerb von Basiskompetenzen setzen den Einsatz von hochqualifizierten Erzieherinnen und Erziehern voraus. Diese müssen sich stets weiterbilden. Darin besteht auch unser Ansatz. Erforderlich ist außerdem ein bestmögliches PersonalKind-Verhältnis.

Dies alles kostet natürlich Geld, das ist gar keine Frage. Daher ist es wichtig, dass der Träger durch die zuständigen bayerischen Kommunen angemessen finanziert wird. Sie sind auf eine auskömmliche Mitfinanzierung durch den Freistaat angewiesen. Schon jetzt trägt in Bayern der Staat den höchsten Finanzierungsanteil im Vergleich zu den Kommunen; er liegt höher als in jedem anderen Bundesland. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamts.

Wir machen hier nicht halt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir planen, die Erweiterung des Beitragszuschusses auf das vorletzte Kindergartenjahr vor der Einschulung zurückzustellen und die Mittel stattdessen für eine weitere Qualitätsverbesserung einzusetzen. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres wollen wir jährlich bis zu 63 Millionen Euro zusätzlich für die bayerischen Kindertageseinrichtungen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CSU)

Die jeweilige Kommune muss in gleicher Höhe mitfinanzieren und erklären, die Mittel für Qualitätsverbesserung einzusetzen. Insgesamt fließen damit bis zu 126 Millionen Euro als sogenannter Basiswertaufschlag zusätzlich in die Einrichtungen. Das geschieht

bei einem Ansatz an staatlicher Betriebskostenförderung von jetzt schon über 1 Milliarde Euro.

Ich bin überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Eine Änderung des Gewichtungsfaktors führt zwar grundsätzlich auch zu einer Qualitätsverbesserung, sie schafft aber auch erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Träger. Deshalb prüfen wir gerne einmal nach, wie es denn aussieht. Auf jeden Fall bedeutet es unmittelbar einen hohen Verwaltungsaufwand für die Einrichtungen, wenn man sogar noch einen Gewichtungsfaktor für ADHS-Kinder einführt. Außerdem ist eine Erhöhung der Gewichtungsfaktoren zwangsläufig mit einem höheren Personalbedarf verbunden.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aber mit weniger Stress für die Einzelnen!)

Stattdessen wollen wir mit dem geplanten Basiswertaufschlag die allgemeine Finanzierungsgrundlage für alle Einrichtungen verbessern. Auf diesem Weg können die Gemeinden und Einrichtungen individuell entscheiden, bei welchen Stellschrauben sie diese Mittel einsetzen. In vielen Fällen wird das den personellen Bereich betreffen. Vorhin ist schon die Aufstockung bei Teilzeitarbeitsverhältnissen angesprochen worden. Weitere Möglichkeiten sind die Entfristung von Arbeitsverhältnissen und die Möglichkeiten, Personal zusätzlich dazu zu nehmen, oder die Freistellung der Einrichtungsleistung. Es kann sich aber auch um neue Ausbildungsstellen und zusätzliches Lern- und Spielmaterial handeln. Bei einer Erhöhung des Gewichtungsfaktors gäbe es diese Flexibilität nicht. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ab. Dieser Antrag zielt auf strenge personelle Vorgaben ab, zum Beispiel auf eine Verschärfung der Fachkraftquote oder des Anstellungsschlüssels.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über das Ziel sind wir uns sicher alle einig. Ich möchte aber den Trägern einen größeren Spielraum einräumen, ohne diesen Spielraum sofort wieder einzuengen. Der allgemeine Basiswert und die Erhöhung lässt den Trägern genügend Luft, die für sie passenden Schritte hin zu einer höheren Betreuungsqualität zu finden. Aus diesem Grund bin ich auch der Auffassung, dass zum jetzigen Zeitpunkt nicht in einer Erhöhung der Gewichtungsfaktoren oder einer Verschärfung der personellen Vorgaben der richtige Weg besteht, sondern in dem geplanten Basiswertaufschlag um bis zu 126 Millionen Euro jährlich.